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Griechenland: Privatisierungen gehen weiter – aber auch der Widerstand

Eingereicht on 25. Juni 2016 – 11:44

Georgbrzoska. Nachdem der Übergang der 14 lukrativen Regionalflughäfen an Fraport beschlossen ist und noch in diesem Jahr erfolgen soll, sucht die griechische Privatisierungsagentur HRADF jetzt kurzfristig auch Käufer für die restlichen, noch nicht privatisierten 23 griechischen Flughäfen. Wie verschiedene Medien berichteten, löst damit Griechenland eine Verpflichtung ein, die es in den letzten Verhandlungen gegenüber den Kreditgebern eingegangen ist. Der Verkauf soll noch bis zum September dieses Jahres abgeschlossen sein. Man darf gespannt sein, ob dies gelingen wird, da diese Flughäfen nicht profitabel sind, zumal die von der HRADF gesetzte Bieterfrist bereits am 24.06.2016 ausläuft. Um welche Flughäfen es sich im Einzelnen handelt, kann dieser Quelle entnommen werden.

Der Widerstand der Beschäftigten gegen diese weiteren Privatisierungen, wie auch gegen den Fraport-Deal wird fortgesetzt. Nachdem sich z.B. die Fluglotsen immer wieder den landesweiten Streiks gegen die Rentenkürzungen etc. angeschlossen hatten, werden derzeit vom 20.06. bis zum 25.06. die Regionalflughäfen aus Protest gegen die Fraport-Übernahme bestreikt. Einem Bericht von airliners.de zufolge hat die Gewerkschaft OSYPA das Flughafenpersonal, 1200 Mitarbeiter aus Bodenabfertigung und Check-in, zum Streik aufgefordert. Das Auswärtige Amt hat deshalb einen Reisehinweis herausgegeben, dass von den Streiks auch der Tourismus betroffen sein kann.

Noch stärkeren Widerstand gab es in den letzten Wochen gegen die Privatisierung der Häfen von Piräus und Thessaloniki. Inzwischen herrscht helle Aufregung in der Tourismusindustrie, nachdem jetzt mehr als drei Wochen lang die Hafenarbeiter gegen die Privatisierung streikten und insbesondere der Kreuzfahrtverkehr betroffen ist. Touristen mussten ihr Gepäck selbst entladen, große Kreuzfahrtschiffe wurden in kleinere Häfen umgeleitet, weil sie in Piräus nicht abgefertigt wurden (mit entsprechendem Stress für die in Bussen transportierten Sightseeing-Touristen) – insgesamt beliefen sich die Streikkosten für die betroffenen Unternehmen bereits am 9. Juni laut greekreporter.com auf 20 Mio. Euro. Kreuzfahrtveranstalter wie TUI oder Holland America haben Brandbriefe an die Hafengesellschaft, Cosco und auch die Regierung gesandt und davor gewarnt, dass Piräus aus den Kreuzfahrt-Häfen gestrichen werde, wenn das so weiter gehe.

Die Reaktionen ließen nicht auf sich warten: Pitsiorlas, der Chef der Privatisierungsbehörde HRADF, erklärte im Fernsehen: „Dieser Streik könnte katastrophale Folgen für die Häfen haben“. Die streikenden Hafenarbeiter haben hingegen Unterstützung durch ihre europäischen Kollegen erfahren. In der letzten Woche haben sich ca. 30 Mitglieder des International Dockworkers Council (IDC, Internationaler Rat der Hafenarbeiter) aus 10 Ländern mit ihren griechischen Kollegen in Athen getroffen, um sie zu unterstützen und die Bedeutung der Entwicklungen für die Rechte der Hafenarbeiter in Gesamteuropa zu diskutieren. In einem Interview stellte der französische Vertreter Manuel Lanus einen direkten Zusammenhang zu den französischen Kämpfen um die Arbeitsgesetzgebung her.

Die Auseinandersetzung der Hafenarbeitergewerkschaften mit der griechischen Regierung wird von der Zeitung Ef.Syn inzwischen als „Kommunikationskrieg“ bezeichnet. Am vergangenen Wochenende kam es zu einer wechselseitigen Veröffentlichung vorn Verlautbarungen. Vorangegangen war ein Treffen der verschiedenen Gewerkschaften mit dem Schifffahrtsminister Dritsas am vergangenen Freitag (17.06.2016). Dritsas sicherte dabei zu, dass die Arbeitsrechte bei der Privatisierung gewährleistet bleiben würden. Nachdem die Gewerkschaftsvertreter das als nicht zufriedenstellend bezeichnet hatten, hatten sie erklärt, den Streik fortsetzen zu wollen und den Premierminister aufgefordert, sich in den Konflikt einzuschalten. Wenige Stunden später gab Regierungssprecherin Gerovasili eine Erklärung ab, in der sie den Kampf der Arbeiter als berechtigt bezeichnete und erklärte, dass die Regierung sicherstellen werde, dass es zu keiner Deregulierung der Arbeitsbeziehungen im Hafen kommen werde. Am letzten Montag, wurde daraufhin der Streik ausgesetzt mit der Begründung, dass die Forderungen der Arbeiter nun weitgehend abgedeckt seien und der gleichzeitigen Ankündigung, dass sie den Streik bei weiteren Angriffen auf Arbeiterrechte sofort wieder aufnehmen würden. Dazu ist es schon am gestrigen Abend, dem 21.06. gekommen. Nach einem Treffen mit ihren Kollegen aus Thessaloniki hat OMYLE (die Gewerkschaft der Hafenarbeiter) die Fortsetzung der Streiks in den Häfen von Piräus und Thessaloniki um weitere 48 Stunden beschlossen. In einem Marsch zum Schifffahrtsministerium am Donnerstag soll die Forderung im Zentrum stehen, dass die übernehmende Cosco nicht das Recht erhalten soll, die Allgemeine Personalordnung, die die Arbeiterrechte schützt, außer Kraft zu setzen. Im Anschluss wollen die Gewerkschaften über das weitere Vorgehen entscheiden.

Auch viele andere Privatisierungsthemen sind derzeit in der Diskussion: Der Minister für Infrastruktur Christos Spirtzis hat z.B. in einem Interview erklärt, dass er sich gegen die Privatisierung des öffentlichen Nahverkehrs ausspricht. Auch wenn der Betrieb des öffentlichen Verkehrs über viele Jahre ausgeplündert und durch Misswirtschaft ruiniert worden sei – dieses Problem müsse durch interne Rationalisierung gelöst werden. Der privatisierte Nahverkehr in Thessaloniki habe gezeigt, dass Privatisierung keine Lösung der Probleme sein kann: Dadurch habe sich eine Verfünffachung der Kosten ergeben.

Aus der Privatisierung der Bahngesellschaft TRAINOSE möchte sich Spiritzis sich demgegenüber heraushalten und der HRADF die Zuständigkeit überlassen. Er betonte nur die Zuständigkeit des Staates für die Infrastruktur der Bahn.

Weitere Quellen:

09.06.2016 http://greece.greekreporter.com/2016/06/09/revenue-losses-continue-as-piraeus-port-workers-extend-strike/

13.06.2016 http://www.iefimerida.gr/news/272113/diagonismos-expres-apo-taiped-psahnei-symvoylo-gia-23-perifereiaka-aerodromia

16.0.6.2016 http://www.efsyn.gr/arthro/den-yparhei-poythena-stin-eyropi-montelo-idiotikopoiisis-opos-toy-olp

17.06.2016 http://www.airliners.de/griechische-gewerkschaft-streiks-fraport-deal/38865

18.06.2016 http://www.efsyn.gr/arthro/sygkroysi-gia-ta-ergasiaka-ston-olp

19.06.2016 http://www.efsyn.gr/arthro/den-tha-ginei-idiotikopoiisi-ton-astikon-sygkoinonion

21.06.2016 http://www.efsyn.gr/arthro/giati-stamatisan-tin-apergia-ergazomenoi-ston-olp

21.06.2016 http://www.efsyn.gr/arthro/synehizei-ton-agona-i-omyle

Quelle: griechenlandsoli.com…   vom 22. Juni 2016

 

 

 

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