Welthandel: Gewinner und Verlierer
Karl Wild. Betrachtet mensch die Werte für den Außenhandel an Waren und Dienstleistungen, so fällt deren hoher Anteil am BIP auf. Der dem neoliberalen Diskurs geschuldete Zwang, alle Länder fit für den Weltmarkt zu machen, ist mehr oder weniger eine „Erfolgsgeschichte“. Auf etwa 70 Billionen US-$ Bruttoinlandsprodukt der Welt 2011 kommen im Jahr 2015 Warenexporte im Wert von 15.985 Milliarden oder weit mehr als 20%. Die Verteilung zwischen reich und arm ist auch hier wie beim Wohlstand und der Wertschöpfung relativ gleich.. Welche Länder sind aber nun „Gewinner“ der Exportorientierung,*) welche „Verlierer“? Gibt es ein einheitliches Muster?
1.Die zehn führenden Handelsländer 2015 in Mrd. US-$
Land Handelsvolumen Export-Überschuss/Defizit
China 3.957 +593
USA 3.813 -803
Deutschland 2.379 +279.
Japan 1.273 -23
GB 1.086 -166
Frankreich 1.079 -67
Niederlande 1.073 +61
Hong Kong 1.070 -48
Südkorea 963 +91
Italien 868 +50
*) seit Adam Smith/David Ricardo steht unerschüttlich das Dogma der Wohltätigkeit des Außenhandels im Theorem des (Neo-) Liberalismus bis heute
Unter den 10 größten Außenhandelsmächten, die allein mehr als 50% des Exprt-/Importvolumens aller 200 Länder umschlagen, sind ausnahmslos klassische Industriestaaten und Handelsnationen, keine primär energie- oder rohstoffexportierende Länder. 5 Ländern mit einem Handelsbilanzüberschuss stehen ebenfalls 5 Länder mit einem Defizit gegenüber, wobei die VR China – ablösend GB und USA – nun die „Werkbank“ der Welt ist, währenddessen die USA wie ein „Staubsauger“ (Bonmot bereits aus den 80ziger Jahren) die Güter aller Herren Länder aufsaugen. Das gigantische Defizit beträgt sich steigernd über die Jahrzehnte nun 800 Mrd. $. (Interessanterweise ist GB mit 166 Mrd. Defizit hier die Nr.2. Die Mutterländer des (Neo-) Liberalismus, predigen Wein und saufen Wasser. Ihre Desindustrialisierung ist der Preis des Siegeszuges der Weltmarktorientierung.**)
**) BREXIT und die Wahl von D. Trump sind Ausdruck der Notwendigkeit der Beendigung des Außenhandelsmuster der letzten Jahrzehnte.
2.0 Ausländische Direktinvestitionen 2014 (ADI) in Mrd. US-$
Gleichbedeutend für das Kapital stehen neben dem Waren-Export der Tourismus und die ADI. In allen drei Fällen fließen Devisen ins Heimatland und erhöhen die Akkumulation/Verwertung Der Bestand der im aktiven Besitz gehaltenen ADI (outward-Bestand) lag im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014 bei 22,6 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Der Export betrug dagegen nur etwa 16 Billionen US-$. Unter heftigen Schwankungen – da die Fähigkeit zum Kapitalexport im hohen Maße konjunkturabhängig ist – erfasst die Statistik die ADIs im Fünf-Jahresdurchschnitt und kann so die seit 1970 stetig wachsende Bedeutung der ADIs nachweisen.
2.Tabelle: Regionale Gewichtung der ADIs 2010-14 (in %) von 22,6 Mrd.US-$
Region/Land ADI(outward) ADI(inward)
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Europa (incl. Osteuropa) 48,7 41,9
Nordamerika 27,0 21,9
Asien 18,9 22,5
Australien/Ozeanien 2,1 3,0
Südamerika 2,5 7,9
Afrika 0,8 2,9
davon:
USA 24,0 19,1
China 7,5 9,5
Deutschland 6,9 3,4
Japan 4,5 0,9
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Quelle: UNCTAD
Wie schon bei der Analyse des Export/Imports, fällt die Dominanz der Hauptmächte des Empire auf, trotz der seit 1945 stetigen Entwicklungsversprechen. Zwei Mächte treten aber seit geraumer Zeit ins „Empire“ ein: die ehemals sowjetischen GUS-Staaten, sprich Russland; und die VR China als neues Gravitatuinszentrum des Kapitals. Dennoch entfallen auch 2014 mehr als 80% der im Ausland angelegten ADI auf die klassischen Industriestaaten, während in den zu entwickelnden Staaten seit den 80er Jahren konstant um die 30% ADI angelegt sind. Die so sich ergebende einseitige Verflechtungsstruktur relativiert das Gerede vom „natürlichen Reichtum“ in den meist energie- und rohstofflastigen Ländern des Trikont.
3.0 Tourismus
Tourismus zählt weltweit zu den größten Wirtschaftszweigen. Mit weit über 100 Millionen Beschäftigten gilt der Tourismus als einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige mit zudem hoher Wertschöpfung. Grenzüberschreitende Reisen machen so 25 bis 30 Prozent des Welthandels im Dienstleistungsbereich aus.
3.Tabelle: Regionale Verteilung der Tourismuseinahmen 2014 in Mio US-$*)
Region/Land Erlöse
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Europa(incl. Türkei u. Russland 578.344
Asien 301.078
Afrika 38.184
dvon: Südafrika 10.484
Nordamerika 238.233
Lateinamerika 57.775
Australien/Ozeanien 42.517
davon: USA 220.757
EU 483.344
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*) Quelle: Lexas; nur Länder mit mehr als 1 Mrd. berücksichtigt
Während 86 Staaten weniger als 1 Mrd. erzielen (darunter, aber nicht nur, kleine Inselstaaten), setzt sich hier die sattsam bekannte Verteilung zwischen Industriestaaten und dem Trikont fort. Allerdings in abgeschwächter Form (Mensch denke nur an die Malediven, Ägypten, Türkei, die Bahamas oder Thailand). Gerade im letzten Jahrzehnt wurde die Konzentration auf den Tourismus als Ausweg aus der Verelendung (und ermöglicht durch den Zuwachs an den „Reichen“ in dieser Welt) gepriesen.
Konklusion
Neben den drei oben genannten Formen der Ausdehnung der Akkumulation soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Export von Gastarbeitern/Lohnsklaven, genauer deren Überweisungen ins Heimatland für einige Staaten (Osteuropa; Nepal; Pakistan; Philippinen) durchaus von Gewicht sind.
Bereits Marx sah den Weltmarkt an der Genese der kapitalistischen Proktionsweise wesentlich beteiligt und bis heute – mit wachsendem Tempo – hält die Verflechtung in der globalen kapitalistischen Ökonomie an. Der Siegeszug der neoliberalen Unterordnung aller Lebensbereiche unter das Diktat der Profimaximierung, deren entscheidender Hebel das Überwinden der Ländergrenzen für die Akkumulation ist, findet zunehmend protektionistisch motivierten Widerstand (siehe Ceta, TTIP oder die Wahl von D. Trump). Die Wiederkehr des auch ökonomisch „starken“ Nationalstaates schreitet voran!
Quelle: Scharf Links… vom 19.November 2016
Tags: Freihandel, Imperialismus, Neoliberalismus, Neue Rechte, Politische Ökonomie
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