Schweiz
International
Geschichte und Theorie
Debatte
Kampagnen
Home » Debatte, International

Die USA, Beispiel eines Mafia-Staates

Eingereicht on 15. Dezember 2016 – 16:47

Seit bald vierzig Jahren generieren die Wahlen in den USA Regimes, die immer unverschämter nur noch die Interessen einer sehr dünnen Schicht von Kapitalisten wahrnehmen und diese immer reicher machen,

während für einen immer grösseren Teil der Bevölkerung die Arbeits- und Lebensbedingungen und die Einkommen immer stärker beschnitten werden. Ganz abgesehen davon, dass sich dabei langsam aber unerbittlich das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation, wie es Karl Marx im ersten Band des Kapitals im dreiundzwanzigsten Kapitel beschreibt, durchsetzt, werden im Rahmen dieser Entwicklung auch die politischen, institutionellen und kulturellen Parameter so verändert, dass die Arbeiterklasse immer grössere Hürden überwinden müsste, um den Lauf der Dinge in eine für sie günstigere Bahn zu lenken.

Dies gerade machte die USA seit dem Beginn der 1980er-Jahre zum Modell für die internationale Bourgeoisie, um die Errungenschaften der Arbeiterklasse vor allem aus den 30 Jahren davor wieder rückgängig zu machen und zu zerschlagen. So auch in der Schweiz, wo die Altersvorsorge, der Zugang zum Gesundheitssystem für alle, die Arbeitsbedingungen und die Löhne, die Sozialversicherungen unter immer einschneidenderen Abstrichen bröckeln. Und wo der Repressionsapparat beinahe ungehindert ausgebaut wird. Auch hier wie überall unter tatkräftiger Mithilfe der Sozialdemokratie.

Der folgende Beitrag drückt das sich verbreitende Unbehagen anhand des Gebarens des gewählten US-Präsidenten D. Trump aus, das sich bis weit in die Mittelschichten hinein in einer Art Untergangsstimmung äussert. Die NZZ als Leitmedium der Schweizer Bourgeoisie, hat sich nach der Wahl von Trump ebenfalls die Augen gerieben und befürchtet nun Schlimmes – allerdings typischerweise nicht für die Arbeiterklasse, für die Umwelt, für die Andersfarbigen oder für die Restbestände einer demokratischen Kultur, sondern dass die kriegerische Politik gegenüber Russland nun etwas an der unter Obama aufgedrehten Forschheit einbüssen könnte.

Der Beitrag erschien auf truthdig.com…und wurde von der Redaktion maulwuerfe.com gekürzt und übersetzt.

Chris Hedges. Regierungssysteme, die von einer winzigen intrigierenden Bande an sich gerissen werden, werden zu Mafia-Staaten. In früheren Jahren wurde in den USA unter Ronald Reagan und Bill Clinton versprochen, dass die Plünderungen allen zugutekämen. Später, unter George W. Bush und Barack Obama, wurde erklärt, dass es nun besser würde, obwohl es schlimmer wurde. Am Ende der Jahre, unter Donald Trump, sehen wir die irren Zwerge, die Hedgefonds-Parasiten, Betrugskünstler, Verschwörungstheoretiker und Verbrecher nun in aller Offenheit zu einer Orgie von Raub und Korruption ansetzen.

Die Reichen bekommen nie genug. Je mehr sie kriegen, umso mehr wollen sie. Es ist eine Krankheit. Die Bosse verlangen und bekommen eine Bezahlung, die 200-mal höher liegt als der Lohn ihrer Arbeiter und Arbeiterinnen. Selbst wenn sie Betrug im grossen Massstab begehen, wie zum Beispiel die Rechnungsstellung an Hundertausende von Wells Fargo Kunden für Konten, die nie existiert haben, so entgehen sie der Bestrafung, und sie bereichern sich daran. Der in Ungnade gefallene Boss von Wells Fargo, John Stumpf, bekam beim Abgang ein Paket mit einer jährlichen Bezahlung von annähernd 15 Millionen $. Richard Fuld kassierte zwischen 1993 und 2007, dem Jahr als er Lehmann Brothers in die Wand fuhr, annähernd eine halbe Milliarde Dollars.

Die Liste der Finanzgrössen, Trump eingeschlossen, die von einem betrügerischen Finanzsystem und von Betrügereien profitiert haben, ist unendlich lang. Viele des reichsten Prozentes verdienen Geld, indem sie Lobbyisten einsetzen und Politiker kaufen, damit ihnen dienliche Gesetze und Regeln erlassen werden und indem sie unangreifbare Monopole aufbauen. Sie treiben die Preise von Produkten ebendieser Monopole hoch. Oder sie verleihen an die 99 Prozent Geld zu stark überhöhten Zinsen. Oder sie nützen ihre Kontrolle über die Regierung und die Gerichte aus, um Arbeitsplätze nach Mexico oder China zu verlagern, wo die Stundelöhne bis zu nur 22 Cents betragen und lassen so die amerikanische Arbeiterklasse verelenden. Der Neoliberalismus ist staatlich unterstützte Erpressung. Er ist ein staatlich orchestriertes Schneeballsystem.

Diese fieberhafte Spekulation und ansteigende Ungleichheit, wie sie durch die zwei herrschenden Parteien ermöglicht wurden, zerfrassen und zerstörten die Mechanismen und Institutionen, die eine demokratische Teilhabe und einen gewissen Schutz für die Arbeiterklasse gewährleisteten. Von Reagan an wurden die Politiker und Politikerinnen ganz hübsch von ihren Geldgebern dafür belohnt, dass sie ihre gutgläubigen Unterstützer der Guillotine der Unternehmerinteressen auslieferten. Der Staatsstreich der Unternehmer schuf einen Mafia-Kapitalismus. Wie bereits die Wirtschaftswissenschafter Karl Polanyi Joseph Stiglitz warnten, schuf dieser Mafia-Kapitalismus ein mafiöses politisches System. Die finanzielle und persönliche Macht in der Hand von Institutionen wie Goldmann Sachs und der Clinton Foundation dient nur mehr zu persönlicher Bereicherung. Die Obamas werden uns in wenigen Wochen in aller Offenheit vorführen, wie der getreue Dienst für den Staat der Unternehmer sich in persönlicher Bereicherung niederschlägt.

Adam Smith schrieb, dass die Profite häufig in den Nationen am höchsten sind, die vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stehen. Diese Profite, so schrieb er, werden durch eine massive Verschuldung der Wirtschaft erzielt. Eine Klasse von Rentnern aus Managern von Hedgefonds, Banken, Finanzfirmen und anderen Unternehmen verdient ihr Geld aus der Kontrolle von ökonomischen Renten und nicht aus der Herstellung von Gütern. Um ihre Profite zu erhöhen, fordern Kreditkartenfirmen, Geldverleiher und andere immer höhere Zinsen. Sie benutzen ihre Monopole dazu, die Öffentlichkeit abzuzocken. Das Pharmaunternehmen Mylan ist ein klassisches Beispiel dafür: es erhöhte 2007 den Preis eines Adrenalin-Injektors zur Behandlung von Allergien von 57 $ auf ca. 500 $.

Diese Profite werden als wirtschaftliches Wachstum gezählt. Dies aber ist eine Täuschung, ein Taschenspielertrick, wie die Arbeitslosenstatistik oder der Index der Konsumentenpreise, dazu da, die Wirklichkeit der Spekulation zu verbergen.

«Der Boss von Goldmann Sachs sagte, dass die Arbeitenden bei Goldmann Sachs weltweit am produktivsten sind», erzählte mir der Wirtschaftswissenschafter Michel Hudson. «Dies sei der Grund für ihre hohen Löhne. Die amerikanische Auffassung von Produktivität ist Einkommen geteilt durch Arbeit. Wenn sie also bei Goldmann Sachs wären und sich selbst einen Jahreslohn von 20 Millionen $ plus Boni bezahlen würden, so wird angenommen, dass sie 20 Millionen $ zum BIP beigetragen haben; dies ist dann ungeheuer produktiv.»

«Wir reden hier in Tautologien» sagte Hudson, der Verfasser von «How Financial Parasites and Debt Bondage Destroy the Global Economy.» «Wir gebrauchen hier zirkuläre Argumente. Es geht darum, ob Goldmann Sachs, Wall Street und räuberische Pharmaunternehmen tatsächlich Reichtum schaffen oder ob sie einfach andere Leute ausnehmen. Dies ist der Grund, weshalb ich den Begriff <Parasiten> in den Titel meines Buches gesetzt habe. Die Leute verstehen unter einem Parasiten jemanden, der Blut aus einem Wirt saugt, oder der Geld aus der Wirtschaft zieht. In der Natur ist dies alles viel komplexer. Ein Parasit kann sich nicht einfach einnisten und etwas wegnehmen. Zuerst muss er den Wirt einlullen. Er verfügt über ein Enzym, das den Wirt gegenüber der Anwesenheit des Parasiten vorerst unempfindlich macht. Und dann wendet der Parasit ein anderes Enzym zur Beeinflussung des Hirns des Wirts an. So wird der Wirt dazu gebracht, den Parasiten als einen Teil seines eigenen Körpers anzusehen und der deshalb beschützt werden muss. Das ist in den Grundzügen das, was Wall Street gemacht hat… Das Ergebnis ist eine Umkehrung der klassischen Ökonomie…»

Die Eliten verabscheuen Trump, weil er ungehobelt, vulgär und rüpelhaft ist. Er ist nicht Teil der feinen Gruppe von Mandarins, die in den Elite-Universitäten und den Business Schools dazu herangezogen wurden, Plutokraten zu werden. Er eignete sich nie die süsslich-faule Patina der Vornehmheit und der sorgfältig austarierten Rhetorik unserer Klasse der Höflinge an.

Trump und seine Clique aus Halbschlauen, Kriminellen, Rassisten und Abartigen sind wie die Snopes in den Romanen von William Faulkner. Die Snopes erwuchsen aus dem Machtvakuum des Zerfalls des Südens und entrissen den degenerierten aristokratischen Eliten rücksichtslos die Kontrolle. Flem Snopes und seine breitere Familie – zu der ein Mörder, ein Pädophiler, ein in Doppelehe Lebender, ein Brandstifter, ein geistig Behinderter, der es mit einer Kuh treibt und ein Verwandter, der Eintrittskarten zu seinen Bestialitäten verkauft, gehören – sind fiktionale Darsteller des Abschaums, den wir an die Spitze der US-Regierung gewählt haben. Sie sind Verkörperungen des Ethos des modernen Kapitalismus, vor dem uns Faulkner warnte.

«Der übliche Verweis auf die Unmoral, obwohl zutreffend, trifft die Sache nicht genügend genau und ermöglicht uns als solche nicht, sie dem historischen Moment zuzuordnen, wohin sie gehören», schrieb der Kritiker Irving Howe über die Snopes. «Die vielleicht wichtigste Sache, die darüber gesagt werden muss, ist, dass sie das sind, was nachher kommt: die aus der Verwüstung hervorgekrochenen Kreaturen, noch mit dem Schleim auf ihren Lippen».

«Die grossen römischen Historiker Livius und Plutarch schrieben den Niedergang des Römischen Reiches den räuberischen Gläubigern und dem Grossgrundbesitz zu», meint Hudson. «Die Gläubiger rafften alles Geld und wollten damit immer mehr Land kaufen und verdrängten dabei die anderen Leute. Das Ergebnis war as Mittelalter; dieses kann sehr lange dauern. Das Mittelalter tritt ein, wenn die Rentner die Herrschaft übernehmen.»

«In den 1930er-Jahre sagte Trotzki, dass der Faschismus die Folge der Unfähigkeit der Sozialistischen Parteien war, mit einer Alternative weiterzukommen». Dann fährt Hudson fort: «Sofern die Sozialistischen Parteien und die Medien keine Alternative zu diesem Neofeudalismus entwickeln, so werden wir einen Rückfall in den Feudalismus erleben. Aber, statt dass die Normannen das Land militärisch erobern, wird das Land finanziell übernommen. Das Finanzkapital ist zur neuen Art der Kriegsführung geworden.»

Was als Nächstes kommt wird nicht angenehm sein, wie die Geschichte gezeigt hat. Eine grausame und moralisch bankrotte Elite wird, unterstützt durch die staatlichen Repressionsorgane und das juristische System, die Bürgerschaft mit staatlich unterstütztem Diebstahl, Krieg, Austerität und Schuldsklaverei zugrunde richten – so wie dies im antiken Griechenland im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung durch die Eupatriden geschah. Jeglicher noch so unschuldige Dissens wird kriminalisiert und zerschlagen werden. Die amerikanischen den Snopes gleichenden Eliten kennen keine internen oder externen Schranken. Sie sind Barbaren. Sie müssen von der Macht vertrieben werden, oder wir treten in ein neues Mittelalter.

Tags: , ,