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Die Kriegsverbrechen des Kapitalismus

Eingereicht on 6. Dezember 2017 – 9:21

Rob Ferguson. Wie sollten wir Gewalt gegen Bevölkerungsgruppen wie die Rohingya definieren? Seit August sind mehr als eine halbe Million Rohingya aus ihren Häusern und Dörfern im Bundesstaat Rakhine in Myanmar geflohen. Im Rahmen der „Räumungsoperationen“ des Militärs wurden Dörfer, Häuser und Moscheen in Brand gesetzt. Tausende von Zivilisten, darunter auch Kinder, wurden brutal getötet, viele wurden gefoltert und vergewaltigt.

Die Vereinten Nationen bezeichnen die Rohingya als „eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Welt“. In zwei Monaten wurde die Hälfte der Rohingya-Bevölkerung (1,1 bis 1,3 Millionen, stand 2015) aus ihren Häusern vertrieben. Über eine Million Rohingya sind seit den 1970er Jahren aus Myanmar geflohen.

Die Rohingya-Krise ist das jüngste schreckliche Beispiel für die Art von Massengewalt gegen eine Bevölkerungsruppe aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Nationalität, Rasse oder Religion, die heute als „ethnische Säuberung“ bezeichnet wird. Wie können wir solche Explosionen von Gewalt, Unterdrückung und Massentötung erklären?

Die meisten Kommentare gehen davon aus, dass solche Spaltungen, selbst wenn sie die historischen Wurzeln dieser Gewalt anerkennen, irgendwie eine unvermeidliche Folge von Konflikten sind, die auf ethnischen oder religiösen Unterschieden beruhen. Für Sozialisten stellt sich jedoch die Frage, wie sich der Ursprung dieser Form von Gewalt innerhalb des Kapitalismus selbst verorten lässt.

Die Begriffe „Völkermord“ und „ethnische Säuberung“ sind beide erst in neuerer Zeit geprägt worden. Der Begriff „Völkermord“ stammt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bezeichnung „ethnische Säuberung“ fand erstmals während des Balkankriegs in den 1990er Jahren breitere Anwendung. Beide sind mittlerweile allgemein anerkannte Begriffe, die ein düsteres Merkmal der modernen Geschichte beschreiben.

Unter „ethnischer Säuberung“ versteht man im Allgemeinen die Anwendung von Massengewalt gegen einen Teil der Zivilbevölkerung, um Territorium zu beschlagnahmen; „Völkermord“ bezeichnet den Versuch, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu vernichten. Dennoch ist die Verwendung und Definition beider Begriffe umstritten. In der UN-Definition von „Völkermord“ zum Beispiel ist Massentöten keine notwendige Bedingung. Sowohl „ethnische Säuberung“ als auch „Völkermord“ werden manchmal verwendet, um dieselben Ereignisse zu beschreiben. Es gibt auch Debatten darüber, ob künstlich herbeigeführte Hungersnöte als Völkermord angesehen werden sollten, oder ob Völkermord auch Massenmorde an politischen Gegnern beinhalten kann.

Die Definition dieser beiden Begriffe ist also nicht immer eindeutig, hinzu kommt, dass ihre Anwendung oft politisch motiviert ist: Regierungen und Staaten sind schnell bereit, Gräueltaten eines Rivalen anzuprangern, während sie diejenigen ignorieren, die von ihnen selbst oder ihren Verbündeten begangen wurden. Die USA und Großbritannien sind nur dann bemüht, solche Verbrechen zu identifizieren, wenn militärische Interventionen legitimiert werden sollen. So ignorierten sie zunächst Saddam Husseins völkermörderische Al-Anfal-Kampagne gegen die Kurden in den 1980er Jahren, als sie den Irak im Iran-Irak-Krieg unterstützten. Später wurde genau diese Kampagne zynischerweise als einer der Gründe genannt, um die Irak-Invasion zu rechtfertigen.

Zynismus

Dieser Zynismus findet sich auch in historischen Darstellungen. Einige britische Historiker versuchen, das Britische Empire als wohltätig darzustellen, trotz des Verderbens, der Konflikte und der Toten, die es zu verantworten hat. Der Staat Israel lehnt es ab, den armenischen Völkermord von 1915 anzuerkennen, weil er die Türkei, einen wichtigen Verbündeten in der Region, nicht verärgern will.

Manchmal verstricken auch wir uns in dieser Problematik. Wenn wir ein bestimmtes Verbrechen gesondert hervorheben möchten, kann es geschehen, dass wir eine Gräueltat gegen eine andere aufwiegen, auf eine Weise, die die Opfer trennt oder gegeneinander ausspielt. Für Sozialisten ist es jedoch wichtig, aus diesen Geschehnissen universelle Lehren über das System zu ziehen, in dem wir leben.

Massaker und Massentötungen von Zivilisten in Religionskriegen und Eroberungen hat es in den Klassengesellschaften zu allen Zeiten gegeben. Mit Beginn des kapitalistischen Systems entstanden die Nationalstaaten, wie wir sie heute kennen, definiert über gemeinsame Sprachen und „Kultur“. Bei der Gründung dieser Nationalstaaten wurden Minderheiten in ihren Kulturen, Religionen, Sprachen und Dialekten oft gewaltsam unterdrückt.

Karl Marx beschrieb die Geburt des Kapitalismus als „von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend.“ Der Sklavenhandel, der das Leben von schätzungsweise 12 Millionen Schwarzafrikanern ruinierte, befeuerte die industrielle Revolution. Der Siedler-Kolonialismus erschloss sich die gewaltigen Ressourcen Amerikas und Australiens durch den Völkermord an ihren indigenen Völkern.

Als das kapitalistische System sich weiterentwickelte, führte der Wettbewerb zwischen Hauptstädten und Staaten zu dem, was Marxisten „Imperialismus“ nennen. Dabei geht es nicht einfach nur um Großmächte, die militärische Macht und Herrschaft über andere ausüben, sondern um ein System von wirtschaftlichem und militärischem Wettbewerb, in welches alle Staaten eingebunden sind. Von Diesem Verständnis des Weltsystems müssen wir ausgehen, wenn wir untersuchen wollen, wie solche Gewaltformen wie ethnische Säuberungen und Völkermord entstehen.

In den ethnischen Säuberungen, die das ehemalige Jugoslawien heimsuchten, erlebte das europäische Festland zum ersten Mal seit 1945 wieder diese Dimension von Massengewalt und Terror. Die Namen der Städte, die jetzt von Krieg und ethnischer Gewalt zerrissen wurden, kannten viele Europäer bis dahin vor allem aus Reisebroschüren.

In anderen Teilen der Welt hatten ethnischen Säuberungen und Völkermord bereits viele Opfer gefordert. Einige Beispiele aus dem Zeitraum seit den 1970er Jahren: die vietnamesischen „Boat People“ – die aus Vietnam vertriebenen ethnischen Chinesen; Millionen von Bengalen, die während des Krieges von 1971 vom pakistanischen Militär aus Bangladesch vertrieben wurden; der kambodschanische Genozid unter Pol Pot; die kurdische Bevölkerung im Nordirak während Saddam Husseins „Al-Anfal“ -Kampagne; das Abschlachten von Tutsis durch das Hutu-Regime in Ruanda; die afrikanische Bevölkerung von Darfur im Sudan und die Schiiten, Sunniten und Kurden, die nach dem Irak-Krieg von rivalisierenden Milizen aus ihren Vierteln und Regionen vertrieben wurden.

Wie diese Beispiele zeigen, haben imperialistische Eroberungen und Kriege zwischen Staaten in vielen Fällen als Antriebsmotoren für ethnische Massaker gedient.

Während der russisch-türkischen Kriege des 19. Jahrhunderts starteten die Zaren Vernichtungsaktionen gegen die Tscherkessen/Adyge und andere muslimische Völker. Hunderttausende flohen in das Osmanische Reich, nur um nach der osmanischen Niederlage in den Balkankriegen von 1912/13 erneut fliehen zu müssen.

Der Erste Weltkrieg wurde durch Konflikte im ethnisch gemischten Balkan ausgelöst. Im Jahr 1915 begannen die Herrscher des Osmanischen Reiches mit der Deportation und der ethnischen Säuberung der armenischen Bevölkerung, was schliesslich in einem Völkermord endete.

Ruinen

Nach dem Zusammenbruch der deutschen, osmanischen und österreichisch-ungarischen Reiche im Jahr 1918 entstanden neue Nationalstaaten aus den Ruinen. Diese waren ethnisch gemischt, es gab viele Minderheiten. Die Siegermächte bestanden auf Verträgen, die diesen Minderheiten Rechte und Freiheiten garantierten, nicht aus Sorge um deren Schicksal, sondern aus Angst vor weiterer Instabilität und Konflikten nach der Katastrophe des Krieges.

Die Verträge wurden nicht eingehalten. Griechenland und die Türkei begannen einen „Bevölkerungsaustausch“, in dem Muslime aus Griechenland und orthodoxe Christen aus der Türkei vertrieben wurden, insgesamt wurden 2 Millionen Menschen umgesiedelt. Dieser erzwungene „Austausch“ wurde vom Völkerbund gefördert und überwacht. Nach dem Ersten Weltkrieg erhoben viele Staaten Ansprüche auf Teile der Nachbarländer, da die Staatsgrenzen nicht den Grenzen zwischen den Völkern entsprachen; Diese Forderungen lösten im zweiten Weltkrieg viele Konflikte aus.

Der Holocaust war der systematischste industrialisierte Völkermord der Neuzeit. Die Vernichtung von 6 Millionen Juden entsprach der Absicht der Nazis, jeden einzelnen Juden in Europa auszulöschen. Millionen von Polen, Slawen, Roma und anderen wurden aus rein rassischen Gründen getötet.

Im Gegensatz zu kolonialistischen Völkermorden ging es im Holocaust der Nazis um Ideologie, nicht um Territorien. Der Prozentsatz der getöteten jüdischen Bevölkerung in Europa überstieg die Opfer anderer Völkermorde um ein Vielfaches, nur noch die Roma erlitten ähnliche Verluste. Das soll nicht heißen, dass es keine Verbindung zwischen der Endlösung und den Millionen anderer Opfer gab, ganz im Gegenteil. Die Nazis glaubten, dass ihre Utopie nur durch die Zerstörung der „jüdischen Herrschaft“ erreicht werden könne; Dieser Glaube war ein Antrieb für ihre Eroberungskriege.

Es ist wichtig, den einzigartigen Charakter des Holocaust anzuerkennen, nicht zuletzt auch, weil rechtsextreme und faschistische Organisationen zur Zeit wieder auf dem Vormarsch sind. Aber die gleichen Kräfte des Nationalismus, Rassismus und Imperialismus, die die Schrecken verursachen, die wir hier diskutiert haben, trieben auch den Holocaust an. Diese Ereignisse sind in diesem Sinne also alle untrennbar miteinander verbunden.

Deshalb ist es ein Fehler, das Leiden einer Gruppe von Opfern gegen eine andere auszuspielen. Rechte Regierungen in Osteuropa relativieren oder bagatellisieren den Holocaust mittlerweile systematisch, indem sie auf andere Opfer des Krieges verweisen. Dies dient dazu, die Kriegsverbrecher und Nazi-Kollaborateure der Vorkriegsregime zu rehabilitieren und gleichzeitig den rassistischen und islamophoben Hass von Flüchtlingen und Migranten zu fördern.

Einige Anhänger Israels rechtfertigen die ethnische Säuberung der Palästinenser auf der Grundlage, dass Juden aufgrund des Nazi-Völkermords einen höheren Anspruch auf eigenes Territorium haben. Dies provoziert manchmal eine Gegenreaktion, in der die Bedeutung des Holocaust heruntergespielt wird. Beidem muss man entgegentreten. Der Holocaust ist die ultimative Schande nicht nur des Faschismus, sondern des kapitalistischen Systems, das diesen hervorgerufen hat, ein System, das von Anfang an ethnische Säuberungen und Völkermord verursacht hat.

Der Holocaust war der extremste unter den vielen Angriffen auf Minderheiten während des Zweiten Weltkriegs. Bis zu 2 Millionen Polen wurden aus von Deutschland annektierten Gebieten vertrieben. In der Sowjetunion ordnete Stalin die Deportation der Krimtataren und der gesamten muslimischen Bevölkerung Tschetscheniens und Inguschetiens in den Gulag an; bis zu 40 Prozent starben an Krankheiten und Unterernährung. Am Ende des Krieges wurden Millionen von Deutschen aus Osteuropa vertrieben.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden 1947 sechs Millionen Muslime aus Indien vertrieben. Fünf Millionen Hindus und Sikhs wurden in umgekehrter Richtung ethnisch gesäubert. Im Jahr 1948 vertrieben zionistische Milizen in der Nakba (Unglück/Katastrophe) 700.000 Palästinenser von ihrem Land.

Obwohl „ethnische Säuberung“ ein allgemeiner Begriff ist, der verwendet wird, um Vertreibungen von Bevölkerungen zu beschreiben, gibt es signifikante Unterschiede zwischen den hier diskutierten Beispielen. Die ethnische Säuberung der Krimtataren, der Armenier und der Palästinenser sind Beispiele für eine unterdrückte Bevölkerung, die von einem mächtigen Staat (oder im Falle von Palästina von kolonialen Siedlermilizen) durch Gewalt und Terror vom Territorium ausgeschlossen wurde.

Im Fall des „Bevölkerungsaustauschs“ zwischen Griechenland und der Türkei in den 1920er Jahren oder der Teilung Indiens 1947 trieben jedoch rivalisierende herrschende Klassen auf beiden Seiten die Vertreibungen und ethnischen Säuberungen voran. Das galt auch im Wesentlichen für den Balkankrieg in den neunziger Jahren. Die herrschenden Eliten Kroatiens, Sloweniens, Serbiens und Bosniens versuchten, ihren Rivalen Territorien abzunehmen, und verwendeten ethnische Spaltungen als einen Mechanismus dafür. Bosnische Muslime waren die Hauptopfer (obwohl die größte Ausweisung die von 200.000 Serben aus der Krajina war). Der Konflikt wurde also von den herrschenden Klassen angetrieben, die für ihre neuen Staaten möglichst viel Gebiet an sich reissen wollten.

Solche Unterscheidungen sind wichtig, weil unser Interesse als Sozialisten darin besteht, die Arbeiter aller Nationen gegen ihre Herrscher zu vereinen. Dies bedeutet Solidarität mit allen unterdrückten Nationen und Minderheiten, besonders seitens der Arbeiter in den „unterdrückenden“ Nationen. Aber nicht in jedem dieser Konflikte lassen sich Unterdrücker und Unterdrückte ausmachen. Wir müssen dem Argument widerstehen, dass interkommunale Gewalt die unvermeidliche Folge tief verwurzelter ethnischer, kultureller oder religiöser Gegensätze ist. Dieses Argument wird verwendet, um solche Spaltungen zu akzeptieren und zu institutionalisieren.

Die Konflikte, die hier angesprochen wurden, müssen im Kontext einer imperialistischen Weltordnung verstanden werden. Die Balkankriege von 1912-13 entstanden durch dieselben Rivalitäten, die 1914 zum Weltkrieg eskalierten. Der griechisch-türkische Krieg und der Bevölkerungsaustausch waren eine Folge der Streitigkeiten um die regionale Vorherrschaft nach dem Krieg. Der Balkankrieg der 1990er Jahre war ein Ergebnis europäischer Mächte, insbesondere Deutschlands, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre Interessen durchsetzten: Deutschland ermutigte Kroatien und Slowenien, sich aus dem ehemaligen Jugoslawien zu lösen, um die imperialistischen Interessen der Europäischen Union zu fördern. Die Nato unterstützte die nationalen Spaltungen, während die bosnischen Muslime von Srebrenica von den Vereinten Nationen den serbischen ethnischen Säuberungen ausgeliefert wurden. Die Nato-Kampagne unter dem Banner der „humanitären Intervention“ lieferte dann eine Vorlage für die Kriege in Afghanistan und im Irak.

Im Fall der Rohingya konzentrieren sich Medien und Politiker auf das Militärregime von Myanmar und den Unwillen der einstigen Menschenrechtsikone Aung San Suu Kyi, das Gemetzel zu verurteilen. Doch die ethnische Säuberung der Rohingya lässt sich nicht allein anhand der Innenpolitik Myanmars erklären.

Die herrschende Klasse in Myanmar hat seit der Unabhängigkeit darum gekämpft, eine nationale Identität durchzusetzen in einer ethnisch geteilten Bevölkerung, die ein Erbe der britischen Kolonialherrschaft ist. Heute jedoch übt die imperialistische Konkurrenz enormen Druck auf das Regime aus. Myanmar ist zum Dreh- und Angelpunkt der geopolitischen Dominanz in Südostasien geworden; Sein Territorium bietet China die Möglichkeit eines Land- und Seewegs, der die Malakka-Straße umgeht, die von der US-Seemacht dominiert wird. China, Indien und Myanmar wollen Sittwe (an der Küste des Bundesstaates Rakhine) als wichtige Hafenstadt ausbauen, die die geopolitischen Verhältnisse der Region verändern könnte. In diesem Kontext führt das Regime seinen Angriff auf die Rohingya in Rakhine durch.

Konflikte müssen konkret untersucht werden. Es gibt Gründe, zwischen Massengewalt zur Landnahme und der ideologisch motivierten Vernichtung einer Bevölkerung zu unterscheiden. Das heißt nicht, Opfer in eine Hierarchie des Leidens einzuordnen. Der Völkermord an amerikanischen Ureinwohnern begann als Kolonialprojekt zur Landnahme. Ethnische Säuberung und Vertreibung können sich wie bei den Armeniern zu Völkermord entwickeln und zu Situationen wie in Srebrenica führen, die viele Merkmale eines Völkermords aufweisen.

Terminologie ist wichtig; Das Hauptanliegen der Sozialisten besteht jedoch darin, zu kämpfen, um ein Weltsystem zu beenden, das von Anfang an das Abschlachten ganzer Bevölkerungen verursacht hat.

Wahre Menschlichkeit

Für den liberalen Mainstream sind Verbrechen wie Völkermord und ethnische Säuberung Verfehlungen, eine Abkehr von den Normen der Gesellschaft, die es dank der modernen staatlichen und globalen Institutionen bald nicht mehr geben wird. Das Völkerrecht wird als Korrektiv angeführt, aber ignoriert, sobald es den wahren Interessen im Weg ist. Doch wie der Philosoph und Sozialtheoretiker Zygmunt Bauman argumentiert, sind solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit kein „Versagen“, sondern ein „Produkt“ der kapitalistischen Gesellschaft.

Der Holocaust, der Völkermord an den Armeniern, die Nakba, der Balkankrieg, die Teilung Indiens und die ethnische Säuberung der Rohingya sind schreckliche Episoden einer langen Geschichte rassischer und religiöser Gewalt. Das Schicksal der Palästinenser, der Rohingya und anderer unterdrückter Völker sollte für uns alle Anlass für Solidarität und gemeinsamen Kampf sein.

Sie sind aber auch eine Konsequenz einer in konkurrierende Nationalstaaten gespaltenen Welt, die sich auf Vorstellungen von rassischer und ethnischer Überlegenheit gründet, dominiert vom Imperialismus und zerrissen von der Krise. Der Kampf, das spezifische Leiden der unterdrückten Völker zu beenden, muss Teil eines breiteren revolutionären Kampfes für eine völlig andere Gesellschaft sein, eine Gesellschaft der internationalen Solidarität und der wahren Menschlichkeit.

Dieser Artikel von Rob Ferguson erschien zuerst im Socialist Review Nr. 429 und wurde von San Holo übersetzt

Quelle: diefreiheitsliebe.de… vom 6. Dezember 2017

 

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