Schweiz
International
Geschichte und Theorie
Debatte
Kampagnen
Home » Debatte, Geschichte und Theorie, International

Mother Jones, Pionierin der US-amerikanischen Arbeiterbewegung

Eingereicht on 15. Dezember 2017 – 11:34

Linda Taaffe. Die harten Kämpfe von Gewerkschafts- und sozialistischen AktivistInnen in der US-amerikanischen Geschichte sind heute größtenteils vergessen und trotzdem gibt es viele inspirierende Beispiele dafür. Eine der bemerkenswertesten und entschlossensten KämpferInnen war Mother Jones, die kreuz und quer durch die USA reiste, um für die Rechte von ArbeiterInnen zu streiten.

Mother Jones spielte eine herausragende Rolle in den Kämpfen der Arbeiterbewegung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, trotzdem kennen nicht Viele ihre Arbeit. Als Leo Trotzki ihre Autobiographie geschickt bekam, war er sprachlos: „Ein gewaltiges Buch! […] eine heroische amerikanische Proletarierin […] Mother Jones setzt sich die bescheidensten Ziele: Mehr Lohn und weniger Arbeitszeit. Und sie beschreitet mutige revolutionäre Wege. […] Was für eine unerschütterliche Hingabe an die ArbeiterInnen, was für eine grundlegende Verachtung für die Verräter und Emporkömmlinge, die sich in der ‘Führung’ der ArbeiterInnen befinden.”

Der Sozialist und Gründungsmitglied der 1905 gegründeten Industrial Workers of the World (IWW), Eugene Debs, hat ihr 1907 Anerkennung gezollt: „Kein/e SoldatIn in der revolutionären Sache hat mehr Recht auf Anerkennung […] als Mother Jones. […] allein ihr Name drückt den Geist der Revolution aus. […] Ihre beeindruckende Persönlichkeit verkörpert all ihre Prinzipien.” Diese umherschweifende Agitatorin war zu der Zeit 77 Jahre alt, noch immer aktiv wie jeher, und mit noch mehr spektakulären Ereignissen vor sich – so 1911 in West Virginia, der Schauplatz von extrem bitteren Klassenkämpfen, wo sie fälschlicherweise für eine Mordverschwörung verurteilt wurde.

Politisierung

Ihr Leben als “Radaumacherin” begann erst in den 1870er Jahren. Bis dato war ihr Leben normal für eine Arbeiterin zu dieser Zeit, voller Armut und Tragödie. Sie wurde als Mary Harris in Cork (Irland) im Jahr 1830 geboren, aber ihre Familie emigrierte in ihrer Jugend nach Kanada. Über ihren Großvater wird gesagt, dass er als irischer Freiheitskämpfer gehängt wurde. Nachdem sie nach Tennessee (USA) gezogen war, heiratete sie George Jones, ein aktives Mitglied der Eisenfräsergewerkschaft. Ende 1867 war sie kinderlose Witwe, nachdem ihr Ehemann und ihre vier Kinder in einer Gelbfieberepedemie gestorben waren. Sie zog nach Chicago, um ihr Geschäft als Kleidermacherin wieder aufzunehmen. Wieder kam es zur Tragödie. Ihr Laden und Haus brannten im Großen Brand von Chicago von 1871 nieder. Dort kam sie in Kontakt mit den Knights of Labor [RitterInnen der Arbeit, wichtige US-amerikanische Arbeiterorganisation zu der Zeit, A.d.Ü.].

Große Aufstände begannen 1877 mit der Revolte der BahnarbeiterInnen, der erste landesweite Streik in den USA. Er führte zu 42 Toten in Pittsburgh und starker Zerstörung von Firmeneigentum der Pennsylvania Railroad Company durch aufgebrachte ArbeiterInnen. Mary Jones war vor Ort. Während des folgenden Jahres wurde der Streik zerschlagen, mit um die 100 toten ArbeiterInnen im ganzen Land. Die Bestimmung für den Rest von Mary Jones Leben war gesetzt. Sie kämpfte unaufhörlich an der Seite von ArbeiterInnen bis sie hundert Jahre alt wurde.

Rücksichtslose Chefs

Mother Jones’ Hintergrund war einer der explosivsten Phasen in der US-Geschichte. Karl Marx schrieb, dass der Kapitalismus, trotz dass er vergleichsweise fortschrittlich war, “bluttriefend aus allen Poren” entstand. Auf dem jungfräulichen Gebiet der USA pressten die amerikanischen Kapitalisten – die Mother Jones nur Wall Street-Piraten, Räuber oder Einbrecher nannte – massive Profite aus dem Leib und Leben von Männern, Frauen und Kindern. Bis dato waren ArbeiterInnen in der Lage, weiter nach Westen zu entkommen, um an Land zu kommen. Nun war alles Land in Anspruch genommen. ArbeiterInnen mussten an Ort und Stelle verbleiben und den Weg des bitteren Kampfes für bessere Lebensbedingungen und Bezahlung auf sich nehmen.

Jeder Streik war ein kleiner Bürgerkrieg mit Agenten von Pinkerton, die von den Chefs als Privatarmee genutzt wurden. Sie schmissen streikende Familien raus in die Kälte oder erschossen sie in ihren Betten. Milizen wurden in Unruhegebiete abkommandiert. Streikende wurden durch Militärgerichte gerichtet. Es war wie im Mittelalter. Nirgendwo ähnelten die Bedingungen mehr dem Feudalismus als in den Rockefeller-dominierten Kohlerevieren im südlichen Colorado. Die Bosse hatten die Macht über Leben und Tod von über 12000 Männern und ihren Familien, die in firmen-eigenen Hütten lebten. Löhne wurden in Berechtigungsscheinen ausgezahlt, die im Firmenladen ausgegeben werden mussten und bei der Umwandlung in Bargeld abgewertet wurden. LehrerInnen wurden durch die Firma ausgewählt und bezahlt. BergarbeiterInnen mussten zu einem Firmenarzt gehen. GerichtsmedizinerInnen und RichterInnen im Dienst der Bosse verhinderten, dass ArbeiterInnen bei ihren Beschwerden Gerechtigkeit widerfuhr.

An der Seite der ArbeiterInnen

Mother Jones ging hin, wo immer sie gebraucht wurde, zunächst als Organisatorin für die Vereinigten BergarbeiterInnen von Amerika (United Mine Workers of Amerika, UMWA). Sie war stolz darauf, nicht sesshaft zu sein und sagte, dass ihre Heimat dort ist, “wo immer der Kampf gegen die Räuber ansteht.” Sie hat oft ihre Habseligkeiten in ein Umhängetuch gepackt, sie über die Schulter geworfen und sich auf den Weg gemacht, um kreuz und quer durchs Land zu ziehen, auf dem Boden von Arbeiterhütten schlafend. Mother Jones organisierte Unterstützung für Familien und brachte Bäuerinnen und Bauern dazu, ihre Erzeugnisse zu teilen. Sie ermutigte BergarbeiterInnen mit ihrer Tapferkeit, verurteilte sie sogar für ihre Feigheit, wenn sie zurückwichen. Sie selbst trat Waffen und Haft furchtlos entgegen. Große Menschenmengen kamen zusammen, wo auch immer sie hinkam.

Mother Jones war nicht nur der “Engel der BergarbeiterInnen”, sie reagierte auch auf die Rufe von Stahl-, Kupfer-, Textil-, Kleidungs- und StraßenbahnarbeiterInnen, BrauereiabfüllerInnen und vielen anderen – auf alle mit derselben Energie und Hingabe. Sie weckte Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Einheit, und nannte Arbeiter ihre “Jungs”. Sie erinnerte sich daran, wie sie auf der Landstraße eine Rede hielt und ihr gesagt wurde, dass sie aufhören solle oder anderseits erschossen würde. „Ich antwortete: ‘Ich bin auf einer öffentlichen Landstraße. Sie gehört mir.’ Sie standen dort mit ihren Waffen in ihren Taschen. Sie gaben keinen einzigen Schuss ab.” Sie landete oft im Gefängnis, weigerte sich, jegliche Gefälligkeiten zu akzeptieren und bestand immer darauf, bei ihren Gewerkschaftern zu bleiben. Dabei war sie so höflich zu den Richtern, dass diese ratlos wurden ob dieser überkorrekten weißhaarigen alten Dame. Sie machten ihr manchmal letztlich Komplimente oder empfahlen ihr, besser mit Wohltätigkeitsarbeit anzufangen.

Ausbeutung von Kindern

Die Kinder, die zur Arbeit unter barbarischsten Bedingungen gezwungen wurden, berührten sie am meisten. „Gefangene Jungs”, manche neun Jahre jung, waren durch die Armut ihrer Familien gewungen, „14 Stunden pro Tag unter Tage zu arbeiten für magere 60 Cent, komplett auf sich allein gestellt; nur wenn ein Maultier mit der Kohle ankam, öffneten sie die Falltüren und ließen ein Hauch kalte Luft herein, die ihre kleinen Körper abkühlte.” Sie verurteilte die „Interessen von distanzierten Pfandbrief- und Aktieninhabern, die verursacht haben, dass diese Babies den lieben langen Tag in den dunklen Höhlen unter der Erde gefangen sind.” In Georgia wurde ein Gesetz zum Schutz von Singvögeln erlassen, aber „was ist mit den kleinen Kindern, denen das Singen komplett vergangen ist?”, beklagte sich Mother Jones.

Im Jahr 1903 waren in Philadelphia 16000 der 100000 streikenden TextilarbeiterInnen Kinder. Sie streikten für eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 60 auf 55 Stunden. Kinder kamen in die Gewerkschaftszentralen, „manche ohne Hände, manche mit einem fehlenden Daumen, manche mit am Knöchel abgetrennten Fingern, gebückte kleine Dinger, mager und mit abgerundeten Schultern.” Mother Jones war geschockt und versuchte ihnen Öffentlichkeit zu verschaffen, rannte jedoch gegen Mauern an. Zeitungsherausgeber gaben zu, dass sie dazu nichts drucken können, weil die Textilfabrikbesitzer Anteile an ihren Zeitungen hatten. Sie erwiderte: “Nun ja, ich habe Anteil an diesen kleinen Kindern und organisiere ihnen ein wenig Öffentlichkeit.”

Sie organisierte eine Armee von KindertextilarbeiterInnen, die 200 Kilometer zu Präsident Theodore Roosevelt marschierte, damit er das Jammern der Kinder hören konnte. Sie forderten einen Gesetzesentwurf zum Schutz vor der Gier der Bosse. Was für ein Anblick! Transparente forderten Zeit zum Spielen und mehr Schulen: “Wo ist unser Anteil am Wohlstand?” Sie füllte die Hallen auf dem Weg, unter anderem in Coney Island. Dort arrangierte sie, dass einige Kinder in Tierkäfige gesetzt wurden, um deren Lage unmissverständlich klar zu machen. Sie war unermüdlich. Fünfzig Jahre zuvor hatten die Menschen die Waffen erhoben, um die Sklaverei zu beenden. „Heute wird ein weißes Kind für zwei Dollar pro Woche an den Fabrikanten verkauft.” Sie trafen nie auf den Präsidenten, aber sie befeuerten die massenhafte Unterstützung für Gesetze gegen Kinderarbeit.

Korruption in Gewerkschaften

Im Streik der TextilarbeiterInnen kam sie in Konflikt mit einigen Gewerkschaftsvorsitzenden. Genau genommen scheute sie sich nie, sie zu kritisieren wenn nötig. Sie verurteilte John Mitchell, Präsident der UMWA (United Mine Workers of America), dafür, dass er die BergarbeiterInnen im Norden Colorados dazu drängte, eine Vereinbarung anzunehmen, die BergarbeiterInnen im Süden im Stich gelassen hätte. Mother Jones war entsetzt und drehte die Situation durch die Macht ihres Appells, um jeden Preis zusammenzuhalten. Später schaffte es Mitchell jedoch, die Entscheidung aufzuheben. Nachdem sie bei der Gründung der UMWA im Jahre 1980 zur bezahlten Organisatorin gemacht wurde, kündigte sie nun angewidert.

Mother Jones geißelte John L. Lewis, eine andere Führungsperson der UMWA dafür, dass er wie ein Millionär lebte. In seinem Pass stand war als Beschäftigung Manager, nicht Arbeiterführer, angegeben. Seine Fahrt auf eine Reise war sogar Teil der Klatschspalten in den Zeitungen. Seine Philosophie war, den BergarbeiterInnen zu helfen, indem er den Bergbaubossen half, reicher zu werden. Sie bemerkte, dass manche der Vorsitzenden von all dem Fressen und Champagner so fette Bäuche wie Präsident William Howard Taft bekommen hatten. Sie griff Mitchell scharf dafür an, dass er Teil der Civic Federation [Bürgerbündnis] war. Diese war eine konzertierte Bemühung der amerikanischen Herrschenden, die Gewerkschaftsführungen zu korrumpieren und das Vorrücken der Arbeiterklasse zu schwächen. „Diejenigen, die die ArbeiterInnen in der Civic Federation repräsentieren […], verschwindet dort oder verschwindet aus der Arbeiterbewegung.”

Internationalistin und Antirassistin

Die Phase, in der Mother Jones lebte, war voll von grausamen Niederlagen, aber auch von entscheidenden Siegen. Sie musste gegen all die Dinge ankämpfen, denen AktivistInnen auch heutzutage gegenüberstehen. Sie war Internationalistin, organisierte Unterstützung für mexikanische RevolutionärInnen, die im Auftrag des Diktators Porfirio Diaz in Arizona skrupellos vom US-Militär gejagt wurden. Sie wurden entführt und zurück nach Mexiko verschleppt, um dort einer Haft oder manchmal sogar Hinrichtung entgegen zu sehen. Einige Zeit später half sie dabei, mexikanische BergarbeiterInnen gewerkschaftlich zu organisieren. 1913 traf sie Pancho Villa, einen der Revolutionsführer.

Sie war Antirassistin, sorgte für gewerkschaftliche Organisierung unter europäischen MigrantInnen und wandte sich gegen den Ausschluss schwarzer BergarbeiterInnen, als die Bosse diese als StreikbrecherInnen einsetzen wollten. Sie begrüßte die russische Revolution 1917 erwartungsvoll als Sieg für die Armen und einen Schlag gegen die Gutsherren und den Zaren, obgleich sie Ungewissheit ausdrückte, das jemals auf die USA zu übertragen.

Ihre Perspektive war einfach – jeden Kampf für die Unterdrückten gewinnen – und war mutig in Bezug auf gewählte Taktiken, auch wenn sie keine ausgearbeitete Strategie hatte, wie der Kapitalismus gestürzt werden soll. Sie wusste, dass das nötig war, und äußerte sich oft dementsprechend. Sie wusste, dass der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit solange nicht enden würde, bis alle Industrien übernommen sind: „Ich bin nicht dafür, dass die Regierung 10000 Dollar zahlt, um die Minen zu übernehmen. Ich würde keine 10 Cent bewilligen. Die Natur hat die Kohle nicht dorthin gebracht, damit sie ein Haufen nationale Plünderer und Einbrecher erhalten. Ich will, dass die USA sie ohne Kompensation übernehmen. Es wurde schon genug Kompensation bezahlt.”

Widersprüchliche Ansichten

Mother Jones war mit allen linken politischen Strömungen der damaligen Zeit verbunden. Sie war Gründungsmitglied der IWW, fand deren Grenzen aber schnell zu beengend. Sie arbeitete mit der Socialist Party zusammen, verkaufte eine Zeit lang deren Zeitung Appeal to Reason [Appell der Vernunft], und unterstützte begeistert Eugene Debs in seiner Präsidentschaftskandidatur, bei der er eine Million Stimmen bekam. Bei einer späteren Wahl jedoch, trotz dass er offener Sozialist war, unterstützte sie stattdessen Woodrow Wilson von den Demokraten. Sie war eine fantastische Kommunikatorin. Sie benutzte eine direkte, gottlose Sprache und konnte so eine Zuhörerschaft von ArbeiterInnen faszinieren.

Manchmal nutzte sie Frauen als Kraft, damit diese ihre Ehemänner dazu drängten, in Streik zu treten. Das andere Mal führte sie Frauen für ihre eigenen Rechte an, in Streiks und Demonstrationen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, so wie die Blusenarbeiterinnen in New York. Trotzdem, ziemlich unverständlicherweise, war sie gegen das Frauenwahlrecht. Ihre Ansichten standen im Widerspruch zueinander. Die Chefs behandelten Männer und Frauen brutal, so dass Frauen zurückschlagen mussten, was sie von ganzem Herzen unterstützte. Sie äußerte sich vernichtend gegenüber reichen Frauen, die für ihre Pudel mehr ausgaben als eine Arbeiterin verdiente. Nichtsdestotrotz hatte sie eine idealisierte Ansicht von Frauen als vor allem Hausfrauen und diejenigen, die Kinder erziehen.

Sie hat sich scheinbar von den eher schlichten Aspekten des American Dream beeinflussen lassen. Sie wollte die USA als ein Land, wo tatsächlich jede und jeder PräsidentIn werden konnte und das Leben nicht aus einem herausgepresst wird aufgrund von Gier. Sie erwähnte die Gründungsväter der USA, Thomas Jefferson und Patrick Henry. Sie wurde in späteren Jahren so geehrt, dass sie darum gebeten wurde, Zeugenaussagen in drei Kongressausschüssen abzugeben. Diese untersuchten Bedingungen in den Minen, Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen und die Verfolgung von MexikanerInnen.

Kämpferinnengeist

Als Achtzigjährige war sie immer noch aktiv: „Ich sage dir, mein Sohn, es sind die Gelegenheiten des Kampfes, die mir ein langes Leben bescheren. Wenn ich nicht in so vielen Arbeitskämpfen involviert gewesen wäre, wäre ich schon längst gestorben. […] Ich hatte einfach keine Zeit, krank zu werden.” Letztendlich holte sie die Zeit doch ein, sechs Monate nach ihrem 100. Geburtstag. Bei ihrer Beerdigung umringten 15000 ArbeiterInnen die Kirche. Sie wurde auf dem Mount Olive Friedhof in Illinois begraben, ein passendes Symbol für den Kampf der Arbeiterklasse. Dort zollte Mother Jones im Jahr 1903 denjenigen Tribut, die im Virden Massaker von Oktober 1989 getötet worden waren. Ihnen wurde verweigert, in ihrer eigenen Stadt begraben zu werden, weshalb die Bergarbeitergewerkschaft den Friedhof in Mount Olive etabliert hatte. Mother Jones wurde neben ihren Jungs beigesetzt.

Die herrschende Klasse der USA hat ihr Bestes gegeben, die schändliche Rolle der Bosse, ihrer Regierungen und dem Staatsapparat in dieser geschichtlichen Epoche auszulöschen. Sie versuchten, zynische Mythen über Demokratie, Gesetz und Gerechtigkeit zu erschaffen. Sie haben ebenso Millionen dafür ausgegeben, um gerade nicht die überwältige Rolle von KämpferInnen der Arbeiterklasse, sondern Gewalt von Gangstern zu verherrlichen. Sogar der Begriff “Arbeiterklasse” verschwand aus dem amerikanischen Wortschatz. ArbeiterInnen wurden “Mittelschicht”.

Die phänomenale Geschichte, wie ArbeiterInnen jahrzehntelang gegen die rücksichtslosesten Bürgerlichen kämpften, ist wirklich inspirierend. Und nun wird die Glut wieder entfacht. Die USA befinden sich in einer Phase, die der sehr ähnlich werden könnte, die Mother Jones durchlebte. Damals fand der Kampf vor dem Hintergrund eines Kapitalismus im Aufschwung statt. Nun ist er eher in einem Todeskampf. ArbeiterInnen betreten wieder die Bühne. Unsere erste sozialistische Stadträtin Kshama Sawant wurde 2013 in Seattle gewählt. Der Kampf für einen Mindestlohn von 15 Dollar war bahnbrechend. Danach trat Bernie Sanders hervor und weckte Erwartungen mit seinem Aufruf für eine politische Revolution.

Im Mai 1914 war Mother Jones nach Seattle eingeladen, um beim ersten Gedenktag der ArbeiterInnen zu sprechen und die zu ehren, die in Streikauseinandersetzungen getötet wurden. Im vorangegangenen Monat hatten Milizsoldaten ein Zeltlager von streikenden BergarbeiterInnen und ihren Familien in Ludlow angegriffen und 32 getötet, darunter Frauen und Kinder. Mother Jones reiste aus Colorado an, wo sie 26 Tage in Haft verbracht hatte, und wurde in Seattle von tausend BergarbeiterInnen begrüßt. Wenn sie heutzutage dorthin zurückkehren könnte, würde sie sich sehr ermutigt und begeistert fühlen. Um die Hoffnung einer Gruppe ArbeiterInnen zu wecken, sagte Mother Jones einmal, dass John Brown [Kämpfer gegen die Sklaverei, A.d.Ü.] vielleicht gestorben ist, sein Geist aber weiterkämpft. Das gilt genauso für den Kämpferinnengeist von Mother Jones, und all ihrer großartigen Mit-KlassenkämpferInnen, die in das 21. Jahrhundert marschieren, das Jahrhundert der Revolution.

Dieser Artikel wurde durch die umfassende Arbeit von Philip S. Foner im Buch “Mother Jones Speaks: Speeches and Writings of a Working-Class Fighter” (Pathfinder, 1995) inspiriert.

Quelle: sozialismus.info… vom 15. Dezember 2017

 

Tags: , , ,