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Gegen Erdogans Krieg in Afrin!

Eingereicht on 26. Januar 2018 – 9:08

Nach wochenlanger moralischer Einstimmung, diplomatischem Druck und einer massiven Desinformationskampagne hat der türkische Staat schließlich die mehrheitlich kurdische Enklave Afrin in Nordwestsyrien angegriffen. Dabei nutzt der türkische Präsident geschickt die Rivalitäten zwischen Moskau und Washington aus, um mit einer groß ausgelegten militärischen Operation aus Luftangriffen, islamistischer Bodentruppen und einmarschbereiter Einheiten der türkischen Armee auf syrischem Gebiet erfolgreich loszuschlagen.

Wir wenden uns entschieden gegen diesen Krieg – der zynischerweise auch noch „Olivenzweig“ getauft worden ist und dessen einzige Folge die Zunahme der Spannungen zwischen den türkischen, kurdischen und arabischen Völkern und die Zerschlagung jedweder Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben ist. Letzten Endes wird bloß das Ziel verfolgt, Erdogans Diktatur zu festigen.

Mit dieser Offensive will Ankara eine dreißig Kilometer breite „Sicherheitszone“ jenseits seiner Grenze schaffen, um den für das islamisch-nationalistische türkische Regime nicht hinnehmbaren laufenden Selbstverwaltungsprozess im syrischen Kurdistan zu zerschlagen. Angeblich sollen mit der Besetzung syrischen Territoriums die türkischen Grenzen geschützt werden gegenüber der Machtentfaltung der PYD und ihres bewaffneten Flügels YPG, der mit Washingtons Unterstützung den IS bekämpft. Dabei nutzt Erdogan die (stillschweigende) Zustimmung aus Russland und den allenfalls halbherzigen Protest Washingtons, um außenpolitisch einmal wieder zu punkten. Zugleich verkauft er diese Militäroperation mit starkem antiwestlichem und antiimperialistischem Zungenschlag als eine „nationale Sicherheitsoffensive“.

Tatsächlich verfängt dieser Verweis auf die nationalen Sicherheitsinteressen und die Beschwörung einstiger militärischer und nationaler Größe, um die extreme Polarisierung der türkischen Gesellschaft zwischen Erdogans Anhänger*innen und seinen Gegner*innen zu übertünchen und die gesamte türkische Bevölkerung quer durch die politischen Strömungen und die unterschiedlich orientierten Kapitalfraktionen hinter sich und sein Kriegsgetöse zu scharen. Die größte Oppositionspartei, die republikanische und laizistische CHP – Mitglied der Sozialistischen Internationale – hat sich, wie stets in kritischen Phasen, auf die Seite der AKP geschlagen und ihre „vollständige Unterstützung für die Militäroperation“ bekundet.

Der ohnehin schon äußerst repressive Ausnahmezustand ist durch die Ausrufung des Kriegszustandes noch mal erweitert worden, damit schafft das Erdogan-Regime ein historisch einmaliges Ausmaß von Kriminalisierung jedweder Kriegsgegner*innen. Der aus der kurdischen Bewegung hervorgegangenen linken HDP sind die Hände gebunden, weil sie ohnehin unter schärfster Repression leidet, und etliche Journalist*innen und Kriegsgegner*innen sind gleich zu Beginn der Militärmaßnahmen verhaftet worden, hauptsächlich weil sie pazifistische Parolen über die sozialen Netzwerke verbreitet haben. Künstler*innen und Intellektuelle werden in Acht und Bann getan, wenn sie nicht in das Kriegsgeschrei einstimmen. Auch die leiseste Kritik am Militäreinsatz wird als Unterstützung des Terrorismus und Vaterlandsverrat gebrandmarkt.

Der Kampf für Demokratie in der Türkei schließt notwendigerweise die Bekämpfung des Militarismus ein, und zwar „sowohl des äußeren als auch des inneren Militarismus“, wie Karl Liebknecht, der historische Vertreter des revolutionären Antimilitarismus erklärte. Dies gilt umso mehr in einer Lage, wo regimetreue Zivilist*innen bei der Verfolgung angeblicher Putschisten und sonstiger Störenfriede juristische Immunität genießen und paramilitärische Formationen fröhliche Urständ feiern.

Schafft es Erdogan wieder einmal mehr, sich und seine angeschlagene Vorherrschaft zu retten, so wie 2015, als der Wahlerfolg der HDP sein Regime in Bedrängnis brachte und er einen Krieg hervorzauberte? Dies wird von der Mobilisierungs- und Widerstandsfähigkeit der gesamten demokratischen Opposition und in erster Linie der radikalen Linken abhängen, die sich trotz der beispiellosen Repression noch nicht von der militärischen und nationalen Besoffenheit haben anstecken lassen.

Natürlich stehen die Kriegsgegner*innen, die sich mit den demokratischen Forderungen des kurdischen Volkes solidarisieren, angesichts des nationalistisch-faschistoiden Geheuls aus allen Ecken unter Druck. Aber umso zahlreicher sind die Gründe, weiter für den Frieden zu kämpfen. Daher werden wir nicht schweigen und für unsere internationalistische Pflicht einstehen, statt uns dem autokratischen und korrumpierten Kriegsregime Erdogans zu unterwerfen.

Gegen den Krieg in Afrin, sofortiger Rückzug der türkischen Truppen!

Für das Recht auf demokratische Selbstverwaltung des kurdischen Volkes und aller Völker des Nahen Ostens!

Kein Vertrauen auf imperialistische Kräfte! Die Befreiung der syrischen Völker kann nur durch ihren gemeinsamen Kampf erreicht werden!

Es lebe der proletarische Internationalismus! Es lebe der revolutionäre Antimilitarismus!

SDY ‒ Sosyalist Demokrasi icin Yeniyol / Neuer Weg zu einer Sozialistischen Demokratie, türkische Sektion der IV. Internationale

Übersetzung: MiWe

http://internationalviewpoint.org/spip.php?article5348

 Siehe auch:

http://www.yeniyol.org/emekcinin_degil_sarayin_savasi/

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