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Die Despotie der Fabrik und der Vor-Schein der Freiheit

Eingereicht on 24. Juli 2018 – 17:43

Andrea Gabler. Der Marxismus hat ein eigentümliches Verhältnis zur Sphäre der Arbeit. Einerseits steht sie im Mittelpunkt seiner theoretischen und praktischen Perspektive. „Das Kapital“ bildet, nach der Formulierung von Karl Korsch, nur nominell den Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie. Deren „wirklicher Gegenstand ist ‘Die Arbeit’ in ihrer gegenwärtigen ökonomischen Form der Unterjochung durch das Kapital und in ihrer Entwicklung zu einer neuen, durch den revolutionären Kampf des Proletariats freigesetzten, direkt gesellschaftlichen und sozialistischen Form.“ Andererseits konnte Harry Braverman über hundert Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes des „Kapital“ nicht ganz zu Unrecht feststellen, daß nach dem Marxschen Hauptwerk die Entwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses keiner „umfassenden marxistischen Analyse (mehr) unterzogen worden“ sei. Die Arbeit steht im Zentrum, doch sie ist kein Thema systematischer Untersuchungen.

Dieses eigentümliche Verhältnis war zunächst die Konsequenz einer in der marxistischen Orthodoxie lange Zeit vorherrschenden theoretischen Optik, die Arbeit und Arbeitskraft eben nur in ihrer ökonomischen Form wahrzunehmen vermochte und deren Kategorien allein eine vermeintlich objektive, gesetzmäßige historische Entwicklung dieser Form reflektieren sollten. Zur Charakterisierung ihres sozialen Inhalts genügte es, auf die Marxschen Analysen der kapitalistischen Kooperation, der Arbeitsteilung und der Maschinerie zu verweisen und die dort erhobenen Anklagen gegen die Verkrüppelung des Detailarbeiters oder die – der Anarchie des Marktes kontrastierende – Despotie der Fabrik zu wiederholen. Ansonsten war es für eine solche Optik – um eine Formulierung aus der „Heiligen Familie“ zu variieren – völlig gleichgültig, wie dieser oder jener Proletarier einstweilen arbeiten und was er sich dabei auch vorstellen mochte, da ja theoretisch bereits verbürgt schien, was er geschichtlich zu tun gezwungen sein würde. Ohnehin galt die Organisation der industriellen Arbeit keineswegs als ein Ort gesellschaftlicher Emanzipation.

Die lange Krise des Marxismus ließ auch solche ökonomistischen und objektivistischen Vorstellungen vom gesellschaftlich-geschichtlichen Verlauf obsolet werden. Die Versuche, Auswege aus dieser Krise zu finden und die Erfahrungen mit dem Niedergang der revolutionären Arbeiterbewegung und der revolutionären Theorie zu verarbeiten, sind vielgestaltig und kaum überschaubar. Ein gemeinsamer Zug dieser Versuche dürfte jedoch darin bestehen, die Bedeutung des Bewußtseins, der menschlichen Praxis und Subjektivität als Konstituenzien des historischen Prozesses stärker zu gewichten, gerade auch, um den subjektiven Bestimmungsgründen für die Blockaden und Niederlagen der revolutionären Bewegungen des 20. Jahrhunderts auf die Spur zu kommen. Ein besonderer Ansatz zur Erforschung der Arbeit und zur Analyse der Erfahrungen der Arbeitenden mit dem sich weiterentwickelnden Produktionsprozeß wurde indes in kaum einem Fall als notwendig empfunden, geschweige denn formuliert.

Den ganzen Aufsatz lesen: Die Despotie der Fabrik…

Quelle: wildcat.de… vom 24. Juli 2018

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