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„Schwarze Flut“ rassistischer Gewalt in Italien

Eingereicht on 3. August 2018 – 13:57

Gerhard Feldbauer. Seit dem Regierungsantritt der rassistischen Lega und der rechten »Fünf-Sterne-Bewegung« (M5S) wird Italien von einer »schwarzen Flut« rassistischer Gewalt überzogen. So die Einschätzung der linken Zeitung Il Manifesto, die damit auch auf die Anhänger Mussolinis in ihren schwarzen Hemden anspielt. Jüngstes Opfer war am Sonntag in Aprilia bei Rom ein 43jähriger Marokkaner, der für einen Dieb gehalten wurde. Als er nach einer Verfolgungsjagd aus dem Auto sprang, wurde er von zwei Italienern mit Fußtritten und Schlägen zu Tode geprügelt.

Am Montag wurde die Diskuswerferin Daisy Osakue bei Turin mit Eiern beworfen. Die Sportlerin mit nigerianischer Abstammung ist für die Europameisterschaft in Berlin nominiert. Sie wurde am Auge verletzt und musste im Krankenhaus behandelt werden. Unterdessen kürzte Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini die Unterstützung für die 136.000 Asylsuchenden auf ein Minimum und sperrte den meisten ihre Integrationsmaßnahmen. Dieses Schicksal droht auch rund 600.000 in Italien lebenden Migranten.

Die Aufnahme von Flüchtlingen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen, ist von der Regierung in Rom auf ein Minimum reduziert worden, nachdem Hilfsschiffen mit geretteten Migranten untersagt wurde, italienische Häfen anzulaufen. Laut der Nachrichtenagentur ANSA ermittelt die Staatsanwaltschaft von Trapani auf Sizilien gegen 20 Retter, darunter Mitglieder von »Ärzte ohne Grenzen« und »Save the Children«. Zehn Beschuldigte sollen zur Besatzung der »Iuventa« des Berliner Vereins »Jugend rettet« gehören, die im Mittelmeer Flüchtlinge geborgen hatte.

Nicht nur die Aufnahme von Flüchtlingen soll verhindert werden. Der Rassismus richtet sich auch gegen in Italien lebende Menschen. Anfang dieser Woche wies die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi von M5S die Polizei an, 350 Roma vom sogenannten Camping River im Stadtteil Tiberina zu vertreiben. Der Vorsitzende der antirassistischen Organisation »21. Juli«, Carlo Statolla, nannte das »eine schwerwiegende Verletzung der vom Strasbourger Gerichtshof für Menschenrechte garantierten Freiheiten«.

Mit einem »Sicherheitserlass« will Salvini die Verfolgung von Migranten als legale Maßnahme tarnen. In Italien seien »30.000 Roma in solchen Camps bedroht«, schrieb Manifesto. Außerdem lebten 10.000 Menschen in besetzten Häusern, viele von ihnen sind auch Migranten.

Unter der Losung »Gestern ausgerottet, heute diskriminiert« haben Sinti und Roma zur Protesten vor der Abgeordnetenkammer aufgerufen. Sie wollen an die 2.987 Frauen, Männer und Kinder des »Zigeunerlagers« des nazistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau erinnern, die in der Nacht des 2. August 1944 ermordet wurden. Das Gedenken gilt, wie es in dem Aufruf heißt, »der mehr als einer halben Million unserer Brüder und Schwestern, die in den Vernichtungslagern Europas umgebracht wurden«.

Der Schriftsteller und Antimafiaaktivist Roberto Saviano warnte vor dem Hintergrund der permanenten Krise des Kapitals, die Regierung wolle Migranten für die schwierige wirtschaftliche Lage, die Not und das Elend der Menschen verantwortlich machen. Diese Regierung bedrohe die Mehrheit der Menschen. Er appellierte, diesem menschenfeindlichen Regime mutig entgegenzutreten und die Demokratie zu retten.

Salvini reagiert auf Proteste mit einem Bekenntnis zu Benito Mussolini und übernahm am 29. Juli auf Twitter dessen Slogan »Viel Feind, viel Ehr«. Kein zufälliges Datum, es handelt sich dabei um den Geburtstag des faschistischen »Duce«. Salvini wolle ein »klares Signal an die extreme Rechte senden«, zitiert die Zeitung La Repubblica Federico Fornaro, Fraktionschef der Linkspartei »Liberi e Uguali«.

Quelle: jungewelt.de… vom 3. August 2018

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