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Ein entscheidender Wendepunkt in der Krise des amerikanischen Imperialismus

Eingereicht on 2. April 2015 – 11:05

Nick Beams,2. April 2015. Vor zwei Tagen lief die Frist für Länder ab, die sich als Gründungsmitglieder der von China unterstützten Asien Infrastruktur Investitionsbank Bank (AIIB) eintragen lassen wollten. Dieses Datum wird als Markstein einer bedeutenden Niederlage für die globalen außenpolitischen und strategischen Ziele des US-Imperialismus in die Geschichte eingehen.

Gegen energischen Widerstand Washingtons haben mehr als 40 Länder nun angezeigt, dass sie an der AIIB teilnehmen wollen. Europäische Großmächte, darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland, sowie Norwegen, Dänemark und die Niederlande machen mit. Fast alle Länder in der Region Südostasien, die China als ihren wichtigsten Handelspartner betrachten, haben auch unterschrieben. Auch Indien ist Unterzeichner, ebenso wie Taiwan.

Der bedeutendste Schlag gegen die USA wurde von England geführt, ihrem wichtigsten europäischen Verbündeten, der seine Beitrittserklärung am 12. März bekannt gab. Dies öffnete Tür und Tor für andere, darunter zwei der wichtigsten US-Verbündeten in der Region Asien-Pazifik, Australien und Südkorea. Von Japan wird ebenfalls berichtet, es erwäge einen Beitritt – möglicherweise bereits im Juni.

Die volle Ausmaß und die gravierenden Folgen der amerikanischen Niederlage werden erst sichtbar, wenn man sie in historischer Perspektive betrachtet.

Einer der wichtigsten Einwände der Obama-Regierung gegen die neue Bank lautete, sie untergrabe den Einfluss des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Zusammen mit dem Abkommen von Bretton Woods aus dem Jahr 1944 bildeten diese die zentralen Säulen der ökonomischen Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Vereinigten Staaten eingeführt wurde. Dieser Ordnungsrahmen spielte die zentrale Rolle beim Wiederaufbau des Weltkapitalismus nach der Verwüstung der 1920er und 1930er Jahre und den Kriegen und revolutionären Kämpfen, die diese produzierte.

Natürlich wirkten diese beiden Institutionen gemeinsam mit dem Marshall-Plan für die Restabilisierung des vom Krieg zerstörten Europas zum wirtschaftlichen und strategischen Vorteil des amerikanischen Imperialismus.

Aber auch wenn Amerika enorme Gewinne aus der Nachkriegsordnung zog, war sie nicht nur selbstsüchtig konzipiert. In den herrschenden politischen und wirtschaftlichen Kreisen herrschte die Erkenntnis, dass der amerikanische Kapitalismus, wenn er überleben wollte, alle zu seiner Verfügung stehenden Mittel einsetzen musste, um das Wachstum und die Expansion der anderen kapitalistischen Mächte sicherzustellen. Das betraf vor allem auch diejenigen Länder, gegen die die USA einen bitteren und blutigen Kampf geführt hatten.

Der Wiederaufbau nach dem Krieg ermöglichte die Expansion der deutschen Wirtschaft und verwandelte das Land wieder in das industrielle Machtzentrum Europas. Gleichzeitig öffneten Zugeständnisse an Japan bezüglich seiner Währung die Exportmärkte für seine Industrie – der Yen wurde im Verhältnis 360 zu 1 an den Dollar gekoppelt. Die Entscheidung im Koreakrieg, Lastkraftwagen und sonstige Rüstungsgüter in Japan zu bauen, legte den Grundstein für die Entwicklung der japanischen Automobilindustrie, die die fortschrittlichen Produktionstechniken der USA erst übernahm und dann weiter entwickelte.

Die industrielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Vereinigten Staaten – auch wenn sie reaktionäre Formen annahm, wie im Fall des Korea-Krieges – wurde genutzt, um eine neue Phase der globalen kapitalistischen Expansion zu ermöglichen – den Nachkriegsboom.

Was für ein Gegensatz zur gegenwärtigen Situation! Der amerikanische Kapitalismus ist nicht mehr das industrielle Machtzentrum der Welt, das die Erweiterung der kapitalistischen Wirtschaft als Ganzer gewährleistet. Vielmehr agiert er als Chefschmarotzer der Welt, dessen räuberische Banken, Investmenthäuser und Hedge-Fonds die Welt nach Profitmöglichkeiten durchkämmen. Dabei ist er nicht darum bemüht, neuen Reichtum zu produzieren, sondern sich den Reichtum anzueignen, der an anderer Stelle geschaffen wurde, oftmals durch kriminelle oder halbkriminelle Aktivitäten.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit waren die Vereinigten Staaten ein Verfechter des Freihandels. Sie anerkannten, dass die Handelsbeschränkungen und die konkurrierenden Abwertungen der 1930er Jahre eine Katastrophe produziert hatten. Heute zielt Washington darauf ab, durch Maßnahmen wie die Trans-Pacific-Partnership (TPP) und ähnliche Abkommen mit Europa (TTIP), exklusive Verträge zu schmieden, um die Monopolstellung der US-Unternehmen zu schützen. Amerika, so erklärt Obama, müsse die globalen Regeln für Handel und Investitionen im 21. Jahrhundert bestimmen.

Der amerikanische Einfluss in der Nachkriegszeit war nicht auf den unmittelbaren wirtschaftlichen Bereich beschränkt. Ungeachtet ihrer widersprüchlichen Eigenschaften schien die amerikanische Gesellschaft der ganzen Welt, die Jahrzehnte unter Krieg, Faschismus, Militärdiktaturen und wirtschaftlichen Katastrophen gelitten hatte, etwas zu bieten zu haben

Auch hier könnte der Kontrast mit der gegenwärtigen Situation nicht größer sein. Die amerikanische Demokratie, einst als Vorbild für den Rest der Welt angesehen, ist eine verwelkte Karikatur ihrer selbst, nicht mehr in der Lage, die Diktatur der Finanz- und Wirtschaftseliten zu verschleiern.

Die soziale Lage ist durch blanke Not und staatliche Gewalt gekennzeichnet, die sich nicht zuletzt in dem täglichen Töten Unschuldiger durch die Polizei äußert. Amerika hat die höchste Gefangenenrate der Welt, und in Detroit, einst das Zentrum der amerikanischen Industrie, wo die höchsten Löhne gezahlt wurden, wird heute massenhaft das Wasser abgestellt. Die US-Regierung foltert, entführt und ermordet die eigene Bevölkerung und bespitzelt sie und andere auf der ganzen Welt massenhaft. Das Land wird von Kriminellen regiert, die nicht für ihre Verbrechen verantwortlich gemacht werden können.

Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991 und damit des Wegfalls des globalen Rivalen von der Bühne, wurde die amerikanische herrschende Klasse von der Idee ergriffen, dass die amerikanische Vorherrschaft trotz ihrer stark geschwächten wirtschaftlichen Position – der Börsencrash des Jahres 1987 war ein Vorbote der Dinge, die da kommen sollten – dennoch mit militärischen Mitteln aufrecht erhalten werden könne.

Aber wie Friedrich Engels schon früher gegen einen anderen Vertreter der „Macht-Theorie“ aufzeigte, ist die Vorstellung, wirtschaftliche Entwicklungen – der Fortschritt von Industrie, Kredit und Handel – und die Widersprüche, die sich daraus ergeben, ließen sich „mit Krupp-Kanonen und Mauser-Gewehren wieder aus der Welt schießen“, eine Täuschung.

Die letzten 25 Jahre amerikanischer Außenpolitik, die auf Marschflugkörpern und Drohnen, kombiniert mit Invasionen und auf Lügen gegründeten Regimewechsel-Operationen basierten, haben ein Debakel nach dem anderen geschaffen.

Jetzt holt sie die Vergangenheit ein. Andere kapitalistische Mächte, große und kleine, kommen zum Schluss, dass die Ankuppelung an den amerikanischen Moloch der sicherste Weg in die Katastrophe ist. Das ist die historische Bedeutung ihrer Entscheidung, der AIIB beizutreten.

Wie wird der amerikanische Imperialismus reagieren? Durch die Erhöhung seiner militärischen Provokationen und die Drohung, die Welt wieder einmal in einen Krieg zu stürzen.

Als er den Aufstieg des amerikanischen Imperialismus in den späten 1920er Jahren schilderte, stellte Leo Trotzki fest, dass seine Hegemonie in Zeiten der Krise „offener und rücksichtsloser als in der Zeit des Aufschwungs“ agieren werde und dass er versuchen werde, sich von seinen Schwierigkeiten und Krankheiten auf Kosten seiner Rivalen zu befreien, gegebenenfalls mit Hilfe des Krieges.

Es gibt aber noch einen anderen und in letzter Konsequenz entscheidenden Aspekt des wirtschaftlichen Niedergangs des amerikanischen Imperialismus, der in den jüngsten Ereignissen stark zum Ausdruck kommt.

Jahrzehntelang war die amerikanische Arbeiterklasse von der Vorstellung einer kontinuierlich steigenden Wirtschaftskraft und der Behauptung, Amerikas „schönste Tage“ lägen immer voraus, irregeführt. Die Realität ist nun ein Augenöffner – mit immer größerer Macht.

Die Ereignisse erschüttern die Illusionen der Vergangenheit. Sie werden die amerikanische Arbeiterklasse auf den Weg revolutionärer Kämpfe führen und dadurch die Voraussetzungen für die Vereinigung der internationalen Arbeiterklasse im Kampf für die sozialistische Weltrevolution schaffen.

Quelle: www.wsws.org

 

Eingefügt aus <http://www.wsws.org/de/articles/2015/04/02/asia-a02.html>

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