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Zur Lage der griechischen Linken und über deren Aufgaben

Eingereicht on 15. August 2015 – 16:53

SOTIRIS Panagiotis. Erneut werden wir Zeuge einer Verspottung ohnegleichen von parlamentarischen Verfahren und einer demokratischen Kultur. Die SYRIZA-ANEL Regierung versucht[1], das neue Anleihepaket mit seinem Memorandum of Understanding und der entsprechenden Gesetzgebung als Vorbedingung zum Anleihepaket durch das Parlament zu drücken.

Dieses Anleihepaket ist sogar noch aggressiver neoliberal und treibt die Sparpolitik noch weiter als die vorhergehenden; in diesem Sinne möchte SYRIZA gerade die gleichen oder gar noch härteren Abbaumassnahmen durchsetzen, gegen die sie einst gekämpft haben.

Die Führung von SYRIZA greift zu allen möglichen Formen der Angriffe auf diejenigen Kräfte in SYRIZA, die sich dem neuen Memorandum entgegenstellen. Speziell heftig und äusserst ungebührlich sind die Angriffe auf die Sprecherin des Parlaments, Zoe Konstantopulu, aber auch gegen Panagiotis Lafanzanis und die Linke Plattform.

Die Führung von SYRIZA argumentiert jenseits aller Realität, dass die Vereinbarung milde sei und dass der deutsche Plan darin bestehe, Griechenland aus dem Euro zu werfen. Ganz abgesehen von ihrem verbrecherischen Schweigen über die sozialen Konsequenzen der neuen Vereinbarung!

In einer sehr hoffnungsvollen Entwicklung veröffentlichten Genossinnen und Genossen aus der Linken Plattform, anderen Tendenzen von SYRIZA, Tendenzen von ANTARSYA (wie etwa ARAN und ARAS) und anderen Gruppen der radikalen Linken eine gemeinsame Verlautbarung. Dies könnte der erste Schritt zu einer linken Einheitsfront sein, die am NEIN-Entscheid und an der Notwendigkeit eines Bruches mit der Eurozone festhält.

Dazu aber braucht es noch viel Arbeit. Die neue Front, die Front des OXI, kann nicht einfach eine breitere Variante der Linken Plattform oder der Einheit der Linken Plattform + ANTARSYA sein. Sie muss diese vielmehr dialektisch überschreiten und als Katalysator für die Zusammenfügung der sozialen Dynamiken der OXI-Stimmen wirken, vor allem mit deren volksnaheren, plebejischen und jugendlichen Segmenten.

Es ist dies eine Zeit der Entscheidungen für die linken Kräfte. Für die Linke Plattform wird es Zeit über die Grenzen der Gruppierungen innerhalb von SYRIZA hinauszudenken und auch über die Rivalitäten der Linken in SYRIZA hinauszugehen. Für ANTARSYA ist es Zeit, sowohl über das Sektierertum wie auch über die Logik einer linksradikalen Opposition hinauszugehen. Für Persönlichkeiten wie beispielsweise Konstatopulu ist die Zeit gekommen, sich zu überlegen, ob sie Teil einer neuen Front werden wollen und nicht einfach weiterhin auf ihre persönliche (und verdiente) Popularität zu bauen.

Alles in allem leben wir in einer Periode der Verantwortung. Die griechische Gesellschaft ist von einer tiefen und offen daliegendenden Spaltung durchzogen; die Herausforderung besteht darin, die Dynamiken der OXI Stimmen als Resultat einer über fünf Jahre dauernden sozialen Zerstörung, politischer Krise, sozialer Bewegungen und Protest zu repräsentieren und umzuwandeln; dies unter dem Ziel, ein Fenster von historischen Möglichkeiten weiterhin offen zu halten. Die Geschichte wird über alle Tendenzen der radikalen Linken aufgrund von deren Antworten auf diese Herausforderung urteilen

Quelle : www-europe-solidaire.org vom 11. August 2015. Der Autor ist Führungsmitglied des Linksbündnisses Antarsya. Übersetzung durch Redaktion maulwuerfe.ch

 

[1] Mittlerweile wurde dieses Memorandum am frühen Freitagmorgen den 14. August mit der Unterstützung der früheren Memorandums-Parteien ND und Pasok von Alexis Tsipras und der Mehrheit von Syriza durchgepeitscht; 42 Syriza-Parlamentsabgeordnete enthielten sich der Stimme oder stimmten dagegen. Das Austeritätsabkommen wurde mit 222 Ja-Stimmen gegen 64 Nein-Stimmen bei elf Enthaltungen angenommen. Sieben der Abgeordneten, die sich diesmal enthalten haben, hatten bei der letzten Debatte über Sparpolitik noch mit der Regierung gestimmt.

Um das Abkommen durchzubringen, stützte sich Premierminister Alexis Tsipras auf die Stimmen seines rechten Koalitionspartners, der Unabhängigen Griechen, und jener Parteien, die die Sparmaßnahmen offen unterstützen, das sind die Neue Demokratie, Pasok und To Potami. Die Linke Plattform innerhalb Syriza, die stalinistische griechische KP (KKE) und die faschistische Goldene Morgenröte stimmten dagegen.

Es wird immer wahrscheinlicher, dass das Syriza-Bündnis nach dieser scharfen Rechtswende in den nächsten wenigen Monaten auseinanderfällt, und die radikale griechische Linke sich neu zusammensetzen wird. [Redaktion maulwuerfe.ch]

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