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Ukraine-Krieg: Für einen militärischen Block mit Russland!

maulwuerfe.ch. Mit der militärischen Sonderoperation des russischen Regimes in der Ukraine hat sich auf der Linken die seit Jahrzehnten bestehende Verwirrung über revolutionäre Strategien verschärft, auch gerade bei jenen, die sich weiterhin als radikale oder gar als revolutionäre Linke bezeichnen. Dies betrifft gerade Formationen in den imperialistischen Zentren und in derem Hegemon, imUS-Imperialismus. In vielen Fällen stellen sich diese politischen Aufbauprojekte offen oder implizit auf die Seite des Imperialismus, indem sie den Widerstand des ukrainischen Volkes bedingungslos unterstützen; selbstverständlich ist damit nicht die russische Minderheit gemeint, die immerhin etwa einen Drittel der ukrainischen Bevölkerung ausmacht und seit bald neun Jahren unter einer militärischen Aggression und den Zerstörungen durch das Kiewer Regime leidet; gegen diese Gewalttaten wurde weder vom Imperialismus noch von den Linken je die Stimme erhoben. Auch werden in dieser bedingungslosen Solidarität mit dem ukrainischen Volk die Augen verschlossen vor der unbestreitbaren Tatsache, dass die faschistoiden Kräfte in der Ukraine politisch und militärisch einen entscheidenden Einfluss ausüben – nebst dem Imperialismus, der seit je auf diese gut organisierten und bewaffneten Kräfte setzt! Der US-Imperialismus will den Krieg «bis zum letzten Ukrainer» und bis zur vollständigen Zerstörung der Ukraine weiterführen – es warten schliesslich Aufträge für ihre Firmen in Billionen-Höhe, wenn es um den Wiederaufbau geht. Zudem wird in diesem Krieg, je länger er andauert, der innerimperialistische Konflikt vor allem zwischen den USA einerseits und Europa, insbesondere Deutschland und Frankreich andererseits, zugunsten des US-Imperialismus verschärft. Diese politische und ökonomische Zurückstufung Europas ist ein ebenso wichtiges Kriegsziel der USA wie die totale Niederlage Russlands, das nach der Niederlage weitergeplündert werden kann, wie in den 1990er Jahren.

Die erste Gruppe der «radikalen» Linken, die «pro-Nato» Linken, bezeichnet Russland als imperialistisch, ohne in diesem Zusammenhang auf die geschichtlichen und systemischen Hintergründe dieses tragischen Krieges einzugehen – denn dies gilt bei diesen Formationen als sogenannter «Putinismus», auch dieser Begriff stammt aus der Kriegsrhetorik des Imperialismus. Sie übernehmen ausdrücklich nicht die strategische Bedeutung dieses polit-ökonomischen Begriffs, wie er in der Tradition des revolutionären Marxismus verwendet wird: dies würde sie nämlich auf eine Position des revolutionären Defaitismus führen, ausser der sogenannte Wertewesten wird nicht systematisch als imperialistisch und dieser Krieg nicht als Stellvertreterkrieg des Imperialismus analysiert. Diese Gruppe erfüllt eine Hilfsfunktion auf der linken Flanke des Imperialismus und muss als sozialpatriotisch im eigentlichen Sinne eingestuft werden.

Dann gibt es Organisationen der «revolutionären» Linken, die zwar auf der Position eines revolutionären Defaitismus agieren: für sie sind sowohl Russland wie auch der Wertewesten imperialistisch. Dabei wird bezüglich Russlands das Hauptaugenmerk, wie bereits in der ersten Gruppe, auf die Tatsache der militärischen Intervention Russlands gelegt und weniger eine vertiefte polit-ökonomische Argumentation geführt. Aber da es sich in dieser Gruppe um einen Krieg zwischen zwei imperialistischen Mächten handelt, wollen sie keine der beiden Kriegsparteien unterstützen, ganz in der Tradition des «revolutionären Defaitismus». Diese Gruppe verschliesst zumindest nicht die Augen vor der offensichtlichen Realität des Stellvertreterkrieges in der Ukraine. Sie sind damit nicht alleine: Immerhin wird diese Sichtweise des Stellvertreterkrieges mittlerweile auch in dem offiziellen Diskurs der Nato und des Imperialismus verwendet. Diese Gruppe der radikalen Linken benutzt eigentlich immer noch die gleiche Imperialismus Definition wie die erste Gruppe der «pro-Nato» Linken, die sich in erster Linie auf die Tatsache der militärischen Intervention Russlands stützt.

Die dritte Gruppe der radikalen Linken, oft aus der stalinistischen Tradition, führt einfach ihre hergebrachte Solidarität mit der ex-Sowjetunion weiter und überträgt diese auf das russische Regime. Diese Gruppe der «pro-Russland» Linken führt für ihre Einschätzung die traditionelle Linie des sogenannten «Anti-Imperialismus» weiter, wo die Sowjetunion beziehungsweise Regimes – so entartet sie auch sein mögen –, die einst aus einem revolutionären Prozess hervorgingen, bedingungslos unterstützt wurden, auch gegen die Erhebungen der Arbeiterklasse und der Bauern. Diese Position, so schematisch und holzschnittartig sie auch sein mag, führt in diesem Stellvertreterkrieg doch auf einen Kurs, der vieles für sich hat.

Die hier dargelegte Position des sogenannten «militärischen Blocks», wie sie gelegentlich in der Tradition des Bolschewismus-Leninismus, des Trotzkismus, wird im aktuellen Kontext von einigen eher propagandistischen Organisationen verfochten, um nicht in die Fallen der obenerwähnten drei Gruppen zu tappen: es geht nicht um bedingungslose Solidarität mit einem äusserst reaktionären Regime, wie hier mit Russland oder der Ukraine, aber auch nicht um Neutralität in diesem Konflikt, der seine historischen und systemischen Wurzeln hat. Sondern um die Erkenntnis, dass wenn Russland in diesem Krieg unterliegt, erstens für das russische Volk ein Prozess der Zerstörung einsetzt, wie einst in Jugoslawien und dass sich der Imperialismus aus seiner sich dramatisch vertiefenden Krise zumindest zeitweilig erholen kann: er kann Russland ausrauben und die Ukraine aufbauen – beides auf Kosten der internationalen Arbeiterklasse!

Die Tragödie in diesem Krieg liegt gerade darin, dass die Kräfte, die ihn antreiben, nur entstehen konnten, weil die internationale Arbeiterklasse, insbesondere deren reformistische Führungen, über die vergangenen hundert Jahre mehrere entscheidende Chancen verpasst hat; die Folgen dieses Scheiterns werden seit mindestens drei Jahrzehnten immer dramatischer. Denn die neoliberalen Strategien der Erhöhung des absoluten und des relativen Mehrwerts durch eine vertiefte Ausbeutung der globalen Arbeiterklasse stossen an ihre Grenzen. Damit wächst der interne Druck des Imperialismus, militärische Lösungen zu finden für die räumliche Ausweitung der Mehrwertquellen. Die Zerschlagung Russlands würde eine entsprechende Perspektive eröffnen, abgesehen davon, dass damit die Einkreisung Chinas einen entscheidenden Schritt weitergetrieben werden könnte. Zumindest für eine gewisse Periode.

Immerhin gab es in der Ostukraine, insbesondere im Donbass, beim Zusammenbruch der Sowjetunion eine verzweifelt kämpfende Arbeiterklasse, die von den stalinistischen Regimes zerschlagen wurde.  Diese Schlussfolgerung aus den historisch verpassten Chancen muss weltweit, aber gerade auch auf Europa, die USA und Russland angewandt werden, wo die die Arbeits- und Lebensbedingungen unter den immer tiefer gehenden neoliberalen Angriffen für breite Segmente der Bevölkerung geradezu einbrechen, die ökologische Zerstörung immer schärfere Auswirkungen hat und die Kriegsgefahr als drohendes Gespenst ihren Blutabdruck an die Wand malt.

Die Position des «militärischen Blocks» mit Russland erlaubt unseres Erachtens am besten, hier, vor Ort in den imperialistischen Zentren glaubwürdige und tragfähige Kampagnen zu führen gegen die Inflation, die Klimakrise, für die Unterstützung der Arbeiterklasse in ihrem Kampf gegen die Verschlechterung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen und gegen die Repression und die Militarisierung und Kriegstreiberei. Gerade die erste der oben erwähnten Gruppen, die sogenannte «pro-Nato» Linke, verstrickt sich diesbezüglich in Widersprüche und Unglaubwürdigkeit. Denn sie darf die Sanktionspolitik gegen Russland keinesfalls als eine wichtige Ursache von Inflation anerkennen. Aber diese Gruppe hat eh kaum eine intellektuelle Tradition, die die Ursachen von ökonomischen Krisen und von den inneren Zusammenhängen und Dynamiken des Imperialismus als «verfaulendem Kapitalismus» erfassen kann. Diese Gruppe ist auch diejenige, die im Allgemeinen kaum politische Strategiearbeit leistet und die deshalb sehr anfällig ist für postmodernistische moralisierende Modeströmungen.

Forderungen

  1. Keine Waffenlieferungen an die kriegführenden Parteien
  2. Aufhebung aller ökonomischen und politischen Sanktionen weltweit
  3. Sofortiger Abzug alles Nato-Militärpersonals aus der Ukraine und Osteuropa
  4. Sofortige Auflösung der Nato
  5. US-Militär raus aus Europa
  6. Offene Flüchtlingspolitik für alle Kriegsflüchtlinge, wie im Fall der Ukraine
  7. Entmilitarisierung der Ukraine
  8. Volksentscheid in den Volksrepubliken der Ostukraine und auf der Krim über die Zugehörigkeit zu Russland oder zur Ukraine
  9. Stärkung der Selbstorganisierung der Arbeiterklasse weltweit