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Zehn Thesen zu einer Strategie des Bruchs in Griechenland

Eingereicht on 6. März 2015 – 13:58

Politik ist eine ernste Angelegenheit. Vor allem linke Politik, die den Anspruch erhebt, eine Alternative zu den zunehmend brutaleren Angriffen des Kapitals gegen die Errungenschaften der vergangenen Periode aufzubauen. Und dies trifft sicher für Griechenland zu, gerade für die neue Regierung unter der Führung von SYRIZA. SYRIZA wurde auf der Grundlage des Wahlprogrammes, wie es in Thessaloniki im September 2014 verabschiedet wurde, gewählt. Darin steht, dass eine SYRIZA-Regierung beispielsweise die Löhne und die Renten anheben und die brutalsten der von der Troika auferlegten Massnahmen rückgängig machen wird; dies vor dem Hintergrund einer Erleichterung des Schuldendienstes und eines teilweisen Schuldenschnitts.

Nur knapp einen Monat nach dem Regierungsantritt ist klar: selbst die demokratisch abgestützten und gegenüber früher nun viel gemässigteren Forderungen  sind am entschlossenen Widerstand der europäischen Bourgeoisie gescheitert. Es stellen sich damit einige wichtige strategische  Fragen für die Linke: kann auf die Machtergreifung allein über Wahlen gesetzt werden, wie es den Projekten der breiten Parteien in ganz Europa eingeschrieben ist? Unabhängig vom Zustand der kollektiven Initiativen und der Massenkämpfe oder gar der Entstehung von Ansätzen einer Doppelmachtsituation? Kann die griechische Arbeiterklasse die Wucht der Angriffe auf ihre Lebensgrundlagen überhaupt alleine abwenden, unabhängig vom Zustand der europäischen Linken und der Arbeiterbewegung? Ist die sogenannte «leninsche» Konzeption des Parteiaufbaus und des Aufbaus von Gegenmacht wirklich überholt, eine Auffassung, die ebenfalls den breiten Parteien gemeinsam ist – und wie sie übrigens seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in der Sozialdemokratie zunehmend hegemonial wurde?

Der Autor des folgenden Beitrages geht auf einige dieser Fragen ein. Er hat an der Universität von Kreta, der Panteion Universität, der Ägäischen Universität und der Universität von Athen politische Philosophie unterrichtet. Seine Forschungsschwerpunkte  umfassen die Marxistische Philosophie, das Werk von Louis Althusser und die politischen und sozialen Bewegungen in Griechenland. Er ist Leitungsmitglied von ANTARSYA. Der Beitrag wurde unmittelbar nach der Regierungsbildung, am 28. Januar 2015, veröffentlicht und erschien auf viewpointmag.com. Die Übersetzung aus dem Englischen und die Zwischentitel wurden von maulwuerfe.ch besorgt.

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Panagiotis Sotiris

I Ein historischer Wendepunkt

Der 25. Januar 2015 markiert in der neueren griechischen Geschichte einen historischen Wendepunkt. Nach fünf Jahren einer zerstörerischen Austeritätspolitik, einer sozialen Krise bislang unbekannten Ausmasses in Europa, einer Reihe von Kämpfen, die vor allem in der Periode von 2010 bis 2012 gelegentlich beinahe die Formen eines Aufstandes annahmen, hat ein wichtiger politischer Bruch stattgefunden. Die Parteien, die verantwortlich waren für die strenge Überwachung der sogenannten Troika (EU-EZB-IWF) erlitten eine schmerzliche Niederlage. PASOK, die noch 2009 beinahe 44 % der Stimmen gewann, kam nun nur mehr auf 4.68 % und die PASOK-Abspaltung von Giorgos Papandreu, dem ehemaligen Premier Minister, der die Austeritätsprogramme startete, kam lediglich auf 2. 46 %. Nea Demokratia erreichte mit 27.81 % beinahe 9 % weniger als SYRIZA. Der elektorale Aufstieg der faschistischen Goldenen Morgenröte konnte gestoppt werden, trotz der weiterhin besorgniserregenden 6 % der Stimmen. Eine andere pro-Austeritätspartei, RIVER, die die neoliberale Agenda repräsentiert (trotz ihrer Herkunft aus der Zentrums-Linken) bekam nur 6.05 %, trotz einer intensiven Unterstützung in den Medien.

In einem gewissen Sinne ist dies die Rache der Wählerinnen und Wähler, die gelitten und gekämpft haben gegen die, die ihnen diese Leiden auferlegt haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass in Griechenland die Arbeitslosigkeit auf 27 % – und die Jugendarbeitslosigkeit auf über 50 % – gestiegen und die Wirtschaftsleistung um 25 % eingebrochen ist und dass die Löhne und die Renten massiv gekürzt wurden. Währenddessen wurden tiefgreifenden Gesetze für die Privatisierung, die Liberalisierung des Arbeitsmarktes und einer neoliberalen Universitätsreform verabschiedet.

II Resultat eines langen Kampfzyklus

SYRIZA errang einen wichtigen Wahlsieg mit 36.34 % der Stimmen und 149 Abgeordneten – sie hätte für eine absolute Parlamentsmehrheit nur zwei Sitze mehr bedurft. Symbolisch ist dies ein historischer Sieg. Zum ersten Mal in der modernen europäischen Geschichte bildet eine Partei der nicht-sozialdemokratischen Linken eine Regierung. Und dies in einem Land, wo die Linke über einen grossen Teil des zwanzigsten Jahrhunderts verfolgt wurde; so erscheint der erste Akt des Premier Ministers nach der Ablegung seines Amtseides – der Besuch des Ortes, an dem am 1. Mai 1944 200 Kommunisten hingerichtet wurden – wie eine symbolische Rehabilitierung einer ganzen Geschichte von Kämpfen. Diese Linkswende ist das Resultat tektonischer Verschiebungen in den politischen und elektoralen Repräsentations-Verhältnissen, die nicht alleine durch die wirtschaftliche und soziale Krise verursacht wurden, sondern ebenso durch den langen Kampfzyklus gegen die Austeritätspolitik. Dieser wirkte als Katalysator für die Herausbildung neuer radikaler politischer Identitäten und neuer Formen der Beteiligung. Als solche senden sie eine wichtige Botschaft von Veränderung und des Widerstandes über ganz Europa und sie wurden bereits zu einer Quelle der Inspiration, was an der enthusiastischen Reaktion der übrigen europäischen Linken gut ersichtlich ist.

III Rechtswende der SYRIZA-Führung auf der Suche nach Bündnispartnern

Während des Wahlkampfes wurde die «realistische» Rechtswende der SYRIZA-Führung immer offensichtlicher. Die SYRIZA-Führung liess die Forderung nach einer sofortigen Ungültigkeitserklärung des Memorandums (d.h. der an die Schulden geknüpften Bedingungen) fallen, welches der zentrale Pfeiler der Wahlkampagne von 2012 gewesen war. Sie entfernte sich von der «Kein Opfer für den Euro» – Position. Die Nationalisierung der Banken ist keine unmittelbare Forderung mehr. Die hauptsächliche programmatische Position von SYRIZA ist ein Versuch, die Austeritätspolitik zu beenden und gleichzeitig innerhalb des institutionellen, monetären und finanziellen Rahmens der Eurozone und der EU zu verbleiben. Sie beruhten auf der Annahme, mit den Gläubigern – der EU und dem IWF – eine Restrukturierung und eine mögliche Reduzierung der Schulden aushandeln zu können. Gleichzeitig wies die SYRIZA-Regierung sie auf die Möglichkeit hin, die Politik der monetären Lockerung, wie sie von der EZB gerade eingeleitet wurde, als Alternative zur Austeritätspolitik einzusetzen. Zudem betonte sie die Möglichkeit einer Änderung in der Führung der EU, aufgrund des Aufstiegs von linken Kräften in Südeuropa oder in Irland und der Meinungsverschiedenheiten zwischen der deutschen Regierung und der EZB oder zwischen Angela Merkel und Matteo Renzi. Die Hauptstossrichtung einer einmal gewählten SYRIZA-Regierung wird, gemäss den Erklärungen im Wahlkampf, die Schaffung eines sozialen Sicherungsnetzes sein, mit der Wiedereinführung eines Minimallohnes von 751 €, der Wiederherstellung der grundlegenden Gewerkschaftsrechte, der Rückgängigmachung der Entlassungen von Angestellten des öffentlichen Sektors, der sofortigen Entrichtung von Unterstützung an die 300‘000 Familien unterhalb der Armutsgrenze, der Schaffung von Stellen und der Anhebung der Altersrenten. Dies sind zweifelsohne dringend erforderliche Massnahmen.

In der aktuellen Kräftekonstellation in der EU wird jedoch selbst eine so milde Lockerung der Austeritätspolitik kaum möglich sein. Nicht, dass ein solcher Bruch mit der Austeritätspolitik finanziell nicht möglich wäre. Es geht eher darum, dass die führenden Sektoren der europäischen Bourgeoisie angesichts der tiefen Krise der Euro-Zone – diese selbst ist ein Resultat des in die «Europäische Integration» eingebauten und institutionalisierten Neoliberalismus  – alles fürchten, was nach einem Paradigmenwechsel aussehen könnte. Dies gilt insbesondere angesichts der Schuldenkrise in Italien und der gestiegenen Budgetdefizite in Frankreich. So ist es wahrscheinlicher, dass die EU während Verhandlungen Druck in Richtung einer Fortsetzung der Austeritätspolitik – in welcher Form auch immer – aufsetzen wird, um an alle die Botschaft zu senden, dass niemand der Norm entrinnen kann. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Griechenland immer noch von der EU-Finanzierung und EZB-Geldmitteln abhängig  ist und dass die neue Regierung vor der Tatsache von leeren Staatskassen und dringend notwendiger Ausgaben steht. Diese dringenden Probleme angesichts des Drucks der EU werden eine der ersten Herausforderungen sein, mit denen die neue Regierung zu tun haben wird. Überdies gilt es zu bedenken, dass die Griechenland als Teil des Austeritätsprogrammes angebotene finanzielle Rettungsleine nicht nur an Budgetziele geknüpft ist, wie etwa einen Primärüberschuss (was an sich bereits eine Form von Austeritätspolitik darstellt), sondern auch an die Umsetzung von neoliberalen Gesetzen und Reformen. Und die Troika wird versuchen, mit dem gleichen Druck gegen irgendwelche abgeschwächte Formen von Entschuldung vorzugehen.

So schrieb die Finan­cial Times: «Keiner der von Mr Tsipras vorgelegten Vorschläge zur Entschuldung wird wohlwollend angehört werden, ausser wenn er verspricht, mit den tiefgehenden Reformen der griechischen Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung fortzufahren.»

IV Notwendigkeit eines Bruches mit den EU-Verträgen

Im Lichte der obigen Herausforderungen gewinnt die Notwendigkeit eines Bruches mit den Schulden, dem Euro und den EU-Verträgen eine neue Dringlichkeit. Es ist offensichtlich, dass nur eine Einstellung oder ein Moratorium im Schuldendienst und ein Prozess der Schuldabschreibung der griechischen Regierung die Möglichkeit verleihen kann, die öffentlichen Ausgaben zu erhöhen, um die Folgen der Austeritätspolitik rückgängig zu machen. Es ist ebenfalls offensichtlich, dass eine fortschrittlichere Politik nur möglich sein wird, indem die grosse Menge der über die vergangenen Jahre Griechenland aufgezwungenen neoliberalen Reformen zurückgenommen wird. Ein solcher Prozess wird unvermeidlich in eine Konfrontation mit dem ganzen Überwachungsapparat der EU und den Bestimmungen und Massnahmen führen, wie sie in den Rahmen der Eurozone eingeschrieben sind. In diesem Sinne bleibt der Bruch mit dem Euro und so eine Rückkehr zu einer währungspolitischen Souveränität eine dringende Notwendigkeit – als Beginn einer wirklich fortschrittlichen Politik.

V Einleitung eines neuen Entwicklungs-Paradigmas

Überdies ist klar, dass die Leute über die vergangenen Jahre für weit mehr als ein «soziales Sicherungsnetz» kämpften. Die Behebung der sozialen Katastrophe, wie sei durch die Austeritätspolitik verursacht wurde, ist selbstverständlich ein erster und notwendiger Schritt. Die tiefe politische und soziale Krise in Griechenland bietet jedoch – als ein «kathartisches» Moment – die Chance für einen Alternative, weg vom Neoliberalismus und einem schuldengetriebenen Konsumerismus. Das bedeutet, dass der Ausweg aus der Austeritätspolitik nicht einfach als eine Rückkehr zu «Wachstum» gesehen werden kann sondern als Einleitung eines Prozesses mit der Erprobung eines alternativen Entwicklungs-Paradigmas, das auf Selbstverwaltung, neuen Formen von demokratischer und partizipativer Planung, das sich auf die kollektive Erfahrung und den Erfindungsreichtum der kämpfenden Menschen abstützt.

VI Die Koalition mit der rechts-konservativen ANEL

Da SYRIZA die notwendige Parlamentsmehrheit fehlte, formte sie mit der Partei der  Unabhängigen Griechen (ANEL) eine Regierung. Die Unabhängigen Griechen sind eine spezielle Mischform aus Populismus und traditionell rechten Werten, mit Verbindungen zu den griechischen Unternehmern und der griechisch-orthodoxen Kirche. Sie waren seit ihrer Abspaltung von der Nea Demokratia gegen die Austeritätspolitik. Die SYRIZA-Führung hat bereits recht früh ihre Absicht bekundet, mit den Unabhängigen Griechen eine Regierung zu bilden, auch wenn sie eine absolute Mehrheit bevorzugt hätten. Dies war Teil einer Veränderung der politischen Rhetorik von der Position einer «linken Regierung» zu derjenigen einer «Anti-Austeritäts-Regierung der gesellschaftlichen Rettung um SYRIZA.» Überdies führte Panos Kammenos, der Führer der Unabhängigen Griechen und neuer Verteidigungsminister den Wahlkampf unter der Losung: «Bringt mich in die Regierung so dass ich kontrollieren kann, dass SYRIZA nicht zu links wird.»

Gleichzeitig gab es nie eine Diskussion über ein Bündnis mit der Kommunistischen Partei (KKE), da ein solches Bündnis die Möglichkeit einer radikalen anti-EU-Koalition bedeuteten würde. So etwas wollen weder SYRIZA noch die KKE: SYRIZA aufgrund ihrer befürwortenden Position sowohl zur EU wie auch zum Euro; KKE aufgrund ihres sektiererischen Defätismus und ihrer Weigerung, irgendeine Chance zur Änderung zu sehen. In wirtschaftlicher Hinsicht wird eine Einigung innerhalb der Regierung möglich sein. Tatsächlich könnte man sogar sagen, dass die Unabhängigen Griechen «populistischer» sind als die SYRIZA-Führung. Die Unabhängigen Griechen sind weder gegen die EU noch gegen den Euro. Somit wird es an dieser Front von keiner Seite her Divergenzen geben. Was Rechte angeht (z.B. LGBT-Rechte), das Verhältnis zu der Kirche, Einwanderungspolitik usw., könnten gewisse Spannungen auftreten. Aber alles in allem – angesichts der «realistischen» Wende der SYRIZA-Führung – scheint es, dass die neue Koalition funktionieren wird, zumindest am Anfang. Diese Koalition hilft der SYRIZA-Führung auch, die neue Regierung nicht nur als eine Regierung der Linken, sondern als Anti-Austeritäts-Regierung darzustellen.

VII Andere Strömungen in der Linken

Was andere Tendenzen innerhalb der Linken anbelangt, so muss hervorgehoben werden, dass die Kommunistische Partei eine leichte Zunahme der Stimmen (auf 5.47 % von 4.5 % im Juni 2012) verzeichnet. Während der Kampagne trat sie recht sektiererisch auf und beschrieb SYRIZA als eine Alternative im System und bezeichnete die Stärkung der KKE als einzigen Ausweg. Der für die politische Linie der KKE charakteristische Zug ist ihr Beharren auf der Losung, dass solange der «Opportunismus» nicht besiegt ist, es keinen Prozess sozialer Veränderung geben kann. Diese recht defätistische Position bildet die Grundlage der sektiererischen Praxis der Partei. Die radikale anti-EU Linke, wie sie durch ANTARSYA-MARS repräsentiert wird, schnitt besser ab als 2012 (0.64 % gegenüber 0.33 % vom Juni 2012). Sie kam jedoch in den stark polarisierten Wahlen unter heftigen Druck.  Trotz ihres Versuches, als nicht-sektiererische linke Opposition gegen die Rechtswende von SYRIZA aufzutreten, gelang es ihr nicht, ein Wahlergebnis zu erzielen, das ihrer Verankerung in den sozialen Bewegungen entsprochen hätte.

VIII Erste Priorität: der Neuaufbau der Bewegung

Die vor uns liegende Periode bringt grosse Herausforderungen, insbesondere für die radikale Linke. Die grösste Herausforderung besteht im wahrsten Sinne im Neuaufbau der Bewegung. Die politische Veränderung und der neue Optimismus der unteren Bevölkerungssegmente muss in einen neuen Aufschwung der Kämpfe umgesetzt werden. Dies ist notwendig, um gegenüber der SYRIZA Regierung den nötigen Druck aufzubauen, damit sie ihren Versprechungen nachkommt und die soziale Situation tatsächlich verbessert; dies reicht von der Wiedereinstellung entlassener Angestellter im öffentlichen Sektor über die Wiedereröffnung von ERT (der öffentlichen Rundfunkanstalt) bis zum Kampf um die  Rücknahme von neoliberalen Reformen. Dafür sind starke soziale Bewegungen und Mobilisierungen mehr als notwendig. Dies wird den Menschen das Vertrauen in ihre Fähigkeiten zurückgeben, dass sie ihre Lebensbedingungen tatsächlich verändern können. Sie werden eine radikalere Politik fordern, ein notwendiges Gegengewicht gegen den Druck und die Erpressungen durch die internationalen Organisationen.

Ohne eine kämpfende Gesellschaft, eine Gesellschaft, die sich in einer kollektiven Praxis des Widerstandes und der Transformation  betätigt, kann kein Prozess gesellschaftlichen Wandels eingeleitet werden. Der eindrückliche Kampf-Zyklus über die vergangenen Jahre war der Katalysator für die Linkswende der Mehrheit der Wählerschaft. In gewissem Sinne waren die Wahlresultate auch politische Übersetzungen der Dynamik der Proteste und des Widerstandes. In der aktuellen Situation brauchen wir eine Neubelebung der Bewegung, eine Neubelebung der Kämpfe aber auch der Hoffnungen. Einen notwendigen Zuwachs an sozialer Kraft sowohl als Druck auf die Regierung wie auch als Gegengewicht zu den Erpressungen von Seiten der EU wie auch als Katalysator für neue Formen der Radikalisierung.

IX Welche Strategie?

Zudem muss die Debatte über Strategie fortgesetzt werden. Die vor uns liegende Herausforderung besteht nicht einfach darin, irgendeine Form von progressiver Regierung innerhalb der durch die EU und die Eurozone auferlegten Zwänge zu haben. Die Herausforderung besteht darin, eine neue Dialektik von unmittelbaren Forderungen und radikalen Veränderungen zum Ausdruck zu bringen. Nicht nur im Sinne eines notwendigen Bruches mit der Schuldenlast und mit dem Euro, sondern auch damit – und dies hauptsächlich –, neue gesellschaftliche Konstellationen zu erproben. Für ANTARSYA und die breitere radikale griechische anti-EU Linke läuft diese Herausforderung nicht einfach und nicht hauptsächlich auf eine «Linke Opposition zu SYRIZA» hinaus, wie nutzbringend dies in einem politischen Umfeld auch sein mag, wo jede Opposition gegen SYRIZA von der Rechten her kommt. Die Herausforderung besteht in der Entwicklung einer linken Alternative, einer Strategie von Rissen und Brüchen  (mit dem in den Euro, in die Schulden eingebauten Neoliberalismus usw.); dies ist genau die Art von notwendiger Strategie, wenn SYRIZA gegen die Wand der EU-Erpressung und die Gegen-Angriffe der Kräfte des Kapitals stösst.

X Entwicklung eines Laboratoriums der Hoffnung

Wir sind in eine neue historische Phase getreten. Wir haben die Chance, gemeinsam eine neue Seite in der Geschichte zu schreiben. Griechenland wurde zum Test-Terrain für das aggressivste neoliberale Experiment seit dem Chile von Pinochet. Wir besitzen noch immer das Potential, es in ein Laboratorium der Hoffnung zu verwandeln! Dies erfordert ein Vertrauen in das Potential der Massenkämpfe und in ein Denken jenseits der herrschenden Denkmuster. Aber ist nicht dies gerade das Wesen radikaler Politik? Die wirkliche Herausforderung für die Menschen besteht nun im Festhalten an ihren Hoffnungen – der Hoffnungen von Menschen, die ihr Leben tatsächlich in die Hand nehmen.

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