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Swissport: Steigende Überlastung könnte bald zu spontanen Streiks führen

Eingereicht on 25. Juli 2022 – 17:14

Dossier. Neben vielen anderen Ländern ist nun auch die Schweizer Flugindustrie in der Krise. Die Kolleg:innen haben durch die Corona-Pandemie Lohneinbußen hingenommen, Stellen wurden abgebaut, die Arbeitszeiten ausgedehnt, Urlaubstage und Pausenzeiten gestrichen. Wie auch in anderen Fällen haben die Flugunternehmen trotz Personalmangel ordentlich Flugtickets verkauft, deren Abfertigung jedoch mit der geschrumpften Arbeitskapazität nicht zu bewältigen ist. In Zürich mussten Kolleg:innen jetzt in Nachtschichten arbeiten, um Gepäck und Check-Ins zu bewältigen. (siehe hierzu auch den Artikel von Nicola Imfeld am 30. Juni 2022 auf Blick.ch). Die Kolleg:innen drohen jetzt mit spontanen Arbeitsniederlegungen, sollte der Arbeitsdruck nicht binnen kürzester Zeit nachlassen. Die Gewerkschaft VPOD Luftverkehr hat den Tarifvertrag vorzeitig gekündigt, die Verhandlungen laufen zäh… Siehe weitere Berichte zur Situation in der Schweizer Flugindustrie:

  • Flughafen Zürich: Swissport-Angestellte protestieren mit Buh-Rufen gegen Management – Swissport-Spitze soll bis Mittwoch reagieren 

Mit einem lauten Pfeifkonzert und Buh-Rufen haben am Samstagvormittag rund 200 Swissport-Angestellte am Flughafen Zürich gegen schlechte Arbeitsbedingungen protestiert. Sie verteilten Flyer an Passagiere, auf denen sie für Verständnis für ihre Situation warben. Auf den Betrieb am Flughafen Zürich hatte die Aktion, soweit erkennbar war, keine Auswirkungen. «Die Ansammlung von Mitarbeitenden, die Sie heute wahrnehmen, ist nicht der Grund für allfällige lange Wartezeiten», schrieben die Swissport-Angestellten in dem Flyer, den sie im Terminal 1 den Passagieren in die Hand drückten. Es würden schlicht zu wenig Leute für die Bewältigung des Ferienansturms im Einsatz stehen. Die Mitarbeitenden seien überlastet, die Situation sei eine Zumutung. Vor dem Terminal-Gebäude versammelten sich rund 200 Angestellte mit Trillerpfeifen, Gewerkschaftsfahnen und Karton-Tafeln, auf denen sie ihre Forderung bekräftigen: Bessere Arbeitsbedingungen, ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) auf dem Niveau des früheren GAV. «Kein Krisen-GAV mit Verschlechterungen bei Lohn und Arbeitszeit.» «Kein Krisen-GAV mit Verschlechterungen bei Lohn und Arbeitszeit», forderten sie. Der Krisen-GAV sei immer noch in Kraft, obwohl sich die Luftfahrt nach Corona wieder normalisiert habe. Rund 50 der Demonstrantinnen und Demonstranten zogen schliesslich zum Büro der Swissport-Verantwortlichen, wo sie einen Vorvertrag mit Eckwerten für den neuen GAV deponierten. Die Angestellten fordern, dass das Management diese Eckwerte bis am Mittwoch akzeptiert…“ Meldung vom 23.7.2022 bei SRF

, siehe auch den Tweet von VPOD Schweiz am 23. Juli 2022: „Gestern unter grossem Druck Überzeit geleistet – heute vom eigenen Management im Stich gelassen. Das #Swissport-Personal ist wütend und wird weiterkämpfen für gerechte Arbeitsbedingungen #Unionize #FaireLöhne #FaireArbeit #Bodenpersonal

  • ‘Wir sind total am Anschlag‘
    „… Das Bodenpersonal, sagt sie, fahre auf Abruf Schicht an Schicht weit über das vertraglich abgemachte Arbeitspensum hinaus. Darunter leide das Privatleben enorm. ‚Wir sind total am Anschlag. Erholung ist fast nicht mehr möglich.‘ Für sie sei die Arbeit auf dem Flughafen immer ein Traumjob gewesen. Ob das jetzt unter diesen Bedingungen noch der Fall ist, da ist sich Maya F. nicht mehr so sicher. (…) Daher ist Dampf im System, befeuert auch von der bevorstehenden Ferienzeit. Obschon die Ticketpreise in letzter Zeit gestiegen sind, hält der Preiskampf zwischen den Airlines um die günstigsten Tickets an. Er wird auch auf dem Buckel des Bodenpersonals ausgetragen, Menschen, die im Catering arbeiten, putzen oder die Fluggäste abfertigen. Auch Marvin S.* gehört zum Bodenpersonal. Er schuftet als Rampmitarbeiter, er ent- und belädt die Flugzeuge. Die Zeit für diese Arbeit ist knapp bemessen. Flugzeuge müssen vor allem in Spitzen um die Mittagszeit und am späten Nachmittag innerhalb einer Stunde (oder noch weniger) be- und entladen werden. Mitarbeiter:innen ohne Zusatzfunktionen erledigen diese körperlich harte Arbeit für brutto rund 4500 Franken monatlich, netto liegt die Entschädigung damit knapp über dem Mindestlohn von 4000 Franken. Während der Pandemie mussten die Mitarbeiter:innen zudem Zugeständnisse bei der Arbeitszeit und bei der Schichtplanung hinnehmen: Bei gleichbleibendem Lohn arbeitet das Bodenpersonal ein bis zwei Stunden mehr pro Woche, ausserdem muss es bei der Schichtarbeit enorm flexibel sein. ‚Es kommt regelmässig vor, dass ich von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends eine Schicht fahre – und dann am nächsten Tag eine Frühschicht habe, also um vier Uhr morgens aufstehen muss‘, sagt Marvin S. Auch die sogenannten Splitschichten hätten zugenommen. Das bedeutet: von morgens sechs bis abends sechs Uhr, sechs Tage pro Woche. Bleibt ein Tag Erholungszeit. ‚Dann erledige ich privat das Notwendigste, und den Rest des Freitags liege ich auf dem Sofa oder schlafe. Erholung ist nicht mehr möglich.‘ (…) Die Gewerkschaften kämpfen für Arbeitsbedingungen wie vor der Pandemie und haben den Krisen-GAV vorzeitig gekündigt. Die ersten Verhandlungsrunden haben keine Einigung gebracht. Im Herbst sollen die Verhandlungen weitergeführt werden. (…) Stefan Brülisauer vom VPOD Luftverkehr sagt, Swissport stelle sich auf den Standpunkt, für einen besseren GAV sei kein Geld vorhanden. «Wir sagen: Das ist nicht unser Problem. Wir fordern mehr Freizeit, mehr Erholungszeit auf dem Lohnniveau von vor der Krise.» Auch das Streikverbot ist für die Gewerkschaften nicht sakrosankt. Sollten von Swissport «fundamentale Regeln» gebrochen werden, «stellen wir die Friedenspflicht infrage». Streiks wären also denkbar. Vorerst aber soll es während des Sommers bei Protestversammlungen bleiben…“ Artikel von Andreas Fagetti, erschienen am 7. Juli 2022 in der WOZ
  • Swissport: Gewerkschaften kündigen Krisen-GAV
    Gewerkschaften kündigen den Gesamtarbeitsvertrag und bereiten sich auf Protestaktionen am Flughafen Zürich vor. Der Konflikt mit Swissport ZH und den Gewerkschaften zeichnete sich ab…“ Beitrag von Stefan Brülisauer vom 23.06.2022 bei der VPOD

Quelle: labournet.de… vom 25. Juli 2022

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