Nein zur Kriminalisierung der Palästina-Solidaritätsbewegung!
Martin Suchanek. Der Unterschied könnte nicht größer sein. Am 15. Mai, dem bisherigen Höhepunkt der Solidaritätsbewegung mit dem Widerstand in Palästina und einer neuen, entstehenden Intifada, gingen in Deutschland Zehntausende, in Europa Hunderttausende auf die Straße. In Palästina erhebt sich eine neue Generation gegen die weitere Vertreibung, gegen Entrechtung und Annexion, gegen Neokolonialismus und Imperialismus. Der Generalstreik in Israel und in den besetzten Gebieten, die Solidarität mit der Bevölkerung in Gaza, die Erhebung in den Flüchtlingslagern und unter der palästinensischen Diaspora verdeutlichen, dass wir am Beginn einer neuen Massenbewegung stehen. Sie wird von einer neuen Generation von KämpferInnen getragen, von denen viele nach einer politischen Alternative zur Fatah, zur Palästinensischen Autonomiebehörde und zur Hamas suchen.
Alle, die sich mit dem palästinensischen Volk solidarisieren, haben schlichtweg begriffen, dass es sich um einen gerechtfertigten Kampf gegen die Unterdrückung und für Selbstbestimmung handelt. In den Ländern Europas und auch in der Bundesrepublik gingen in den letzten Wochen vor allem die am meisten unterdrückten Teile der Gesellschaft auf die Straße: migrantische ArbeiterInnen und Jugendliche. Unterstützt wurden sie von jenen Teilen der Linken und der ArbeiterInnenklasse, die für Internationalismus und Antiimperialismus stehen. In Ländern Südeuropas wie Italien oder in Skandinavien solidarisieren sich außerdem auch Gewerkschaften, linke Parteien und demokratische Bewegungen mit Aktionen bis hin zu Arbeitsniederlegungen und Boykottaktionen in den Häfen, um die Verschiffung von Waffen nach Israel zu blockieren.
Parlamentarische Inszenierung
Das Kontrastprogramm zu diesem Akt internationaler Solidarität liefert das politische Establishment in Europa und der Bundesrepublik: Die bedingungslose Solidarität mit Israel, mit dem Unterdrücker. In der EU geht diese sogar so weit, dass der ungarische Premierminister, Rassist und Antisemit Orbán, zugleich ein enger politischer Freund des israelischen Regierungschefs Netanjahu, eine Resolution der EU-AußenministerInnen blockieren ließ, weil diese nicht einseitig genug war. Darin wurde zwar die Hamas als Aggressorin benannt und Israels „Selbstverteidigungsrecht“ betont, aber auch die Forderung nach einem „sofortigen Stopp aller Gewalt“ und der „Umsetzung einer Waffenruhe“ erhoben. Schon das ging dem Rechtsaußen zu weit.
Die Scharade um die EU-Außenpolitik soll jedoch keine Zweifel aufkommen lassen, wo die imperialistische Allianz unter deutsch-französischer Führung steht – auf Seiten des imperialistischen Vorpostens. Von AfD, über FDP, CDU/CSU, SPD, Grüne bis hin zu den SprecherInnen der Linkspartei herrscht im deutschen Bundestag eine wirklich breite, reaktionäre Einigkeit: Die bedingungslose Solidarität mit Israel gilt als Staatsräson. Ob für Beatrix von Storch oder Gregor Gysi, Christian Lindner oder Olaf Scholz, Armin Laschet oder Annalena Baerbock: Alle stehen auf Seiten des Aggressors, alle verteidigen die Vertreibung der PalästinenserInnen. Geteilter Meinung sind sie allenfalls dann, wenn darüber räsoniert wird, ob Israel nicht „übertrieben“ hätte mit Unterdrückung und Repression, ob es nicht auf weitere Annexionen und Vertreibungen verzichten solle. Dass der US-amerikanische Imperialismus und die EU die israelische Regierung zu einem Waffenstillstand zwangen, spiegelt vor allem wider, dass sie ein breiteres Bündnissystem unter Einschluss der Türkei und arabischer Regime stabilisieren wollen, nicht an einer ehrlichen Sorge um Menschenrechte. Den parlamentarischen Worten folgen daher in Deutschland und Europa auch Taten gegen die Solidaritätsbewegung.
Kundgebung der KriegstreiberInnen
Bei Reden im Bundestag wollen es die Parteien nicht belassen. Unter dem Motto „Solidarität mit Israel – Gegen jeden Antisemitismus“ sprachen VertreterInnen der israelischen Botschaft, der Stadt Berlin, des Bundestages und aller Bundestagsparteien mit Ausnahme der AfD am 20. Mai am Brandenburger Tor. Die AfD, an deren Israelsolidarität und antimuslimischem und antiarabischem Rassismus kein Zweifel bestehen kann, wurde aus Gründen der politischen Korrektheit nicht angefragt, um der ganzen Angelegenheit einen demokratischen Anstrich zu geben. Inhaltlich nachvollziehbar ist es eigentlich nicht, warum der Rechtspopulismus bei dieser chauvinistischen Versammlung von KriegstreiberInnen fehlen soll.
Umso erbärmlicher ist, dass sich nicht nur die Grüne Baerbock und der SPD-Vize Scholz mit ihren Bekenntnissen zur Staatsräson einfinden sollten, sondern auch DGB-Chef Hoffmann und der Spitzenkandidat der Linkspartei zu den Bundestagswahlen, Dietmar Bartsch. Verwunderlich ist das zwar nicht, schließlich gehören Sozialchauvinismus und proimperialistische Positionen zum täglichen Brot deutscher staatstragender, sozialpartnerschaftlicher GewerkschaftsbürokratInnen oder reformistischer Apparatschiks und Abgeordneter. Aber die offene Verteidigung des Aggressors und Unterdrückerstaates Israel offenbart, wie tief die deutsche ArbeiterInnenbewegung, DGB, SPD, aber auch die Linkspartei politisch gesunken sind.
Mit dieser ungeschminkten Parteinahme heben sie sich negativ von den meisten ihrer europäischen Schwesterorganisationen ab, die eine „neutrale“ oder sogar eine propalästinensische Position einnehmen bis hin zur Unterstützung der Protestkundgebungen, der BDS-Bewegung oder sogar direkter gewerkschaftlicher Aktionen. In der Bundesrepublik erscheint das undenkbar. Hier treten PolitikerInnen wie Bartsch sogar im Gegensatz zu den Beschlüssen der Linkspartei auf, um ihre Nähe zur Regierung auszudrücken. Auch den Sozialdemokraten und DGB-Vorsitzenden Hoffmann kümmern die zahlreichen friedenspolitischen und pazifistischen Beschlüsse von Gewerkschaftstagen nicht weiter, wenn er beim Support für die modernste und best ausgerüstete Militärmacht im Nahen Osten dabei sein darf.
Mit dieser reaktionären Politik, die Kritik an Israel und Widerstand gegen seine neokoloniale Politik mit Antisemitismus gleichsetzt, entfremden sich die deutschen Gewerkschaften und reformistischen Parteien weiter von MigrantInnen und Geflüchteten, ja wirken regelrecht abstoßend. Und das zu Recht. In der aktuellen Situation stellen sie als Organisationen der ArbeiterInnenaristokratie, also der relativ privilegierten Lohnabhängigen, eine soziale Hauptstütze des deutschen Imperialismus und seiner Außenpolitik dar. Die Solidarität mit Israel beinhaltet daher immer auch die Unterstützung der ökonomischen und geostrategischen Interessen des deutschen Kapitalismus und der von ihm dominierten EU.
Flankendeckung für Hetze
Damit erleichtern DGB, SPD und auch weite Teile der Linkspartei den offen bürgerlichen Parteien und Medien ihre systematische Desinformation und Hetze sowie den Ruf nach noch mehr Überwachung, Kriminalisierung und Verbot von palästinensischen Organisationen und Vereinen.
Einen Aspekt dieser Hetze bildet die pauschale Diffamierung von Demonstrationen gegen die israelische Politik als antisemitisch und als Unterstützung von angeblichen TerroristInnen. Dies findet mehr oder weniger deutlich in ganz Europa statt. So wettert in Frankreich auch Macron eifrig gegen die Aktionen von PalästinenserInnen, AraberInnen und ihre UnterstützerInnen in der französischen Linken. Im Unterschied zu Deutschland stimmen die Parteien der französischen Linken – einmal von den SozialdemokratInnen abgesehen – nicht darin ein. Auch viele Gewerkschaften kritisierten zumindest die israelische Politik, manche beteiligen sich auch offen an Solidaritätsaktionen mit Palästina.
In Deutschland hingegen rechtfertigt die große Mehrheit der ReformistInnen und BürokratInnen die israelische Politik, verteidigt letztlich die UnterdrückerInnen. Daher werden die Demonstrationen der letzten Wochen unisono als antisemitisch diffamiert.
Um diese Entstellung und Demagogie zu rechtfertigen, werden Übernahmeversuche der Demonstrationen durch die türkische Rechte (AKP, Graue Wölfe) sowie Einzelfälle antisemitischer Äußerungen als Vorwand verwendet, um die Solidaritätsdemonstrationen insgesamt zu diffamieren.
Geflissentlich wird dabei verschwiegen, dass bei der großen Mehrheit der Aktionen überhaupt kein Antisemitismus zutage trat und deren OrganisatorInnen die Abgrenzung zu etwaigen antisemitischen Kräften systematisch betrieben. So erklärte „Palästina Spricht“ in einem vor dem Nakba-Tag veröffentlichten Statement:
„Allen, die meinen, sie müssen ihren Antisemitismus unter dem Vorwand der Palästinasolidarität verbreiten, sei Folgendes ans Herz gelegt: Wir brauchen Eure ‚Solidarität’ nicht. Wenn Ihr Juden hasst, habt Ihr nichts bei uns verloren. Wir sind für ein freies Palästina, weil wir gegen alle Formen von Unterdrückung und menschenbezogener Feindlichkeit sind. Wir sind gegen den zionistischen Apartheidstaat Israel, aber wir sind auch gegen seine Gleichsetzung mit dem Judentum. Diese Gleichsetzung ist genauso antisemitisch wie der Spruch ‚Scheiß Juden’. Wir stehen an der Seite der Juden und Jüdinnen, die nun von einigen für die Taten Israels verantwortlich gemacht und angegriffen werden, nur weil sie Juden und Jüdinnen sind. Und wir rufen gleichzeitig dazu auf, die brutale Gewalt, die von Israel ausgeht, und Dutzende Menschenleben kostet, zu verurteilen.“
Nicht nur die Worte sind deutlich und klar, auch die OrdnerInnen und RednerInnen agierten in den meisten Städten gemäß dieser Erklärung. Überhaupt bestand die große Stärke vieler Massendemonstrationen gerade in der Vielfalt der TeilnehmerInnen, in deren internationalem und internationalistischem Charakter.
Daher bedienen sich die GegnerInnen der Palästinasolidarität einschließlich ihrer Anhängsel in Gewerkschaften, reformistischen Parteien und unter sog. radikalen Linken einfach einer Umdefinition des Begriffs Antisemitismus. Demzufolge gelten sogar die Losung „From the river to the sea, Palestine will be free“, der Aufruf zu einer Intifada oder die Forderung nach einer Einstaatenlösung und dem Rückkehrrecht für alle PalästinenserInnen als „antisemitisch“ und „gewalttätig“.
Kurzum, das Eintreten für eine demokratische Lösung sowie für die Abschaffung und Aufhebung aller Formen der Unterdrückung der PalästinenserInnen, die in der Forderung nach dem Rückkehrrecht und einem gemeinsamen multinationalen Staat ausdgerückt ist, erscheint als „antisemitisch“ – und das, obwohl die Zweistaatenlösung in der Realität längst erledigt ist. Der Ruf nach einer neuen Intifada wird als „gewalttätig“ diffamiert. Wir bekennen uns schuldig. Wir verteidigen nicht nur das Recht der Unterdrückten, sich gegen ihre Unterdrückung zu erheben. Die Erfahrung von Jahrzehnten hat vielmehr gezeigt, dass nur der organisierte Massenwiderstand wie jüngst im Generalstreik und massenhafte internationale Solidarität Erfolg bringen können. Sie sind es auch, die die reaktionäre Einheit von jüdischer Bourgeoisie und ArbeiterInnenklasse im zionistischen Israel aufbrechen und die antizionistische Linke stärken können.
Der deutsche Staat und seine ParteigängerInnen in Gewerkschaften und reformistischen Parteien lehnen eine solche Perspektive der Veränderung ab. Sie verteidigen vielmehr den Status quo, der im Krieg hunderten PalästinenserInnen den Tod durch Bomben und im Frieden den Tod durch Blockade, Hunger und Überausbeutung bringt. Sie verteidigen einen Status quo, der auf systematischer Unterdrückung basiert und damit einen wirklichen Frieden, ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen Juden/Jüdinnen und PalästinenserInnen verhindert. Und sie verharmlosen den wirklichen wachsenden Antisemitismus der extremen Rechten und des Rechtspopulismus in Deutschland und Europa.
Es ist daher unbedingt notwendig, dass die internationalistische und klassenkämpferische Linke die Solidaritätsbewegung mit Palästina unterstützt und gleichzeitig den Kampf gegen die prozionistischen KriegstreiberInnen und HetzerInnen in der ArbeiterInnenbewegung aufnimmt. Unmittelbar ist sicherlich die Auseinandersetzung in der Linkspartei von großer Bedeutung, weil es dort noch verhältnismäßig viele GegnerInnen der Besatzungspolitik gibt. Aber strategisch nicht minder bedeutend ist es auch, diese Konfrontation in die AnhängerInnenschaft der SPD und vor allem in die Gewerkschaften zu tragen, um die ideologische Vorherrschaft des Sozialchauvinismus zu bekämpfen und vor allem die Gewerkschaften zu Instrumenten der internationalen Solidarität umzugestalten.
Nein zur Kriminalisierung! Schluss mit Überwachung und Terrorlisten!
Der Kampf gegen die Solidaritätsbewegung nimmt nicht nur die Form von Hetze, Lügen und ideologischen Rechtfertigungen an. Seit Jahren finden sich zahlreiche palästinensische politische Organisationen und Vereine auf den sog. Terrorlisten in Deutschland und der EU. Die Aktivitäten von GenossInnen und AktivistInnen werden überwacht, deren demokratisches Rechte auf Meinungs- und Organisationsfreiheit eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt. Legale Vereine werden bespitzelt und überwacht. Dies betrifft sowohl islamistische Organisationen wie die Hamas als auch jene der Linken wie beispielsweise die PFLP.
In Frankreich, aber auch in Deutschland und Österreich wurden in den letzten Wochen Demonstrationen in Solidarität mit Palästina verboten oder aufgelöst. Einerseits wurde den OrganisatorInnen eine Unterstützung des „Terrorismus“, also die Solidarität mit dem Widerstand, vorgeworfen, zum anderen „Antisemitismus“ und der Verstoß gegen den Infektionsschutz.
Die ArbeiterInnenbewegung und die Linke müssen alle diese Verbote kategorisch ablehnen und bekämpfen. Der deutsche, französische oder österreichische Staat, ihre Polizeikräfte und Gerichte sind keine vorgeblich neutralen SchiedsrichterInnen im sog. Nahostkonflikt. Sie stehen letztlich auf Seiten einer Partei, des Unterdrückers, weil Israel auch ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen verteidigt.
Daher lehnen wir das Verbot aller palästinensischen Organisationen ab, die sich auf den sog. Terrorlisten befinden. Zweifellos finden sich darunter auch reaktionäre Organisationen wie die Hamas, die auch zurecht des Antisemitismus beschuldigt werden. Doch es ist eine verlogene Vorstellung, dass es bei diesen Verboten um den Kampf gegen reaktionäres Gedankengut ginge. Schließlich findet sich in der illustren Gemeinschaft der europäischen Volkspartei nach wie vor Fidesz, um nur ein Beispiel zu nennen, unter den Mitgliedsorganisationen. In den Reihen und im Umfeld von FPÖ, AfD und RN finden sich zahlreiche militante, hartgesottene RassistInnen, AntisemitInnen und sonstige kleinbürgerliche ReaktionärInnen. An ein Verbot dieser AnhängerInnen weißer Vorherrschaft denkt in der EU oder in der Bundesrepublik niemand. Schließlich könnten sie ja wieder oder noch als KoalitionspartnerInnen und als VerteidigerInnen des Abendlandes gebraucht werden.
Beim Verbot der Hamas und anderer islamistischer Organisationen geht es also nicht um den Kampf gegen den Antisemitismus, sondern um imperialistische Herrschaftssicherung und Rassismus. Zudem bildet das Verbot reaktionärer Organisationen in migrantischen Communities Gerichten, Verfassungsschutz und Polizei einen Vorwand zur Bespitzelung und zu Untersuchungen aller MigrantInnen und Geflüchteten und zu einer unerträglichen Gesinnungsschnüffelei. Nichts anderes nämlich sind die Forderungen von rechten und konservativen PolitikerInnen, dass der Aufenthaltsstatus von MigrantInnen an Bekenntnisse zum Existenzrecht Israels gebunden werden solle (und damit selbst das Eintreten für einen demokratischen, säkularen binationalen Staat schon als Abschiebegrund interpretiert werden könnte).
So wichtig der Kampf gegen reaktionäre, islamistische Strömungen auch ist, so handelt es sich dabei um eine politisch-ideologische Auseinandersetzung, die von einer klassenkämpferischen und internationalistischen Linken nur gewonnen werden kann, wenn sie sich klar gegen jede Kriminalisierung, jede rassistische Überwachung und Ausgrenzung der Communities stellt. Generell kann der Kampf gegen populistische, autoritäre oder gar faschistische Organisationen – egal ob deutsche oder türkische FaschistInnen wie die Grauen Wölfe – nicht dem bürgerlichen Staat überlassen werden. In den Händen des deutschen, französischen oder sonstigen demokratisch-imperialistischen Staates würden solche Verbote vor allem zu einem Vorwand für rassistische Unterdrückung und polizeiliche Kontrollen.
Dies zeigt sich vor allem auch darin, dass die Verbote und Kriminalisierungsversuche der EU und der westlichen Staatengemeinschaft linke Organisationen, Befreiungsbewegungen oder Solidaritätskampagnen weitaus mehr als rechte treffen. Letztere verfügen in der Regel über finanzkräftigere Unterstützung, Verbindungen zu reaktionären Regimen und damit auch mehr Mittel, der Repression auszuweichen.
Gegen linke Organisationen wie die PFLP oder die PKK hingegen arbeiten die deutschen, französischen oder europäischen Geheimdienste und Polizeibehörden eng zusammen. Natürlich kollaborieren sie dabei auch mit verbündeten reaktionären Regimen, seien es die Türkei oder arabische Staaten.
Zum Schweigen bringen
Die Repression gegen linke Befreiungs- und Widerstandsorganisationen trifft dabei nicht nur ihre AktivistInnen, ihre Infrastruktur oder Versammlungsräume. Vor allem dient sie auch dazu, diese politisch zum Schweigen zu bringen. Das Verbot ihrer Aktionen, Veranstaltungen und Publikationen bedeutet auch, dass sie ihre politische Strategie, ihre Politik und ihr Programm nicht offen vertreten und zur Diskussion stellen können. Sie sind gezwungen, diese vor der Öffentlichkeit zu verbergen.
So wie widerständige SklavInnen im Kolonialismus (und wie im Grunde alle in die Illegalität gezwungenen Organisationen) sind sie gezwungen, ihre Überzeugungen und Auffassungen in einer Art SklavInnensprache zu formulieren, die Sprache des antiimperialistischen Widerstandes durch jene des bürgerlich-demokratischen Protests zu ersetzen und zu verwässern. Diese staatlich auferlegte Zensur führt über die unmittelbare Repression hinaus auch zu einer Verschiebung des öffentlichen Diskurses und trägt so zur Marginalisierung und Kriminalisierung der politischen Auseinandersetzung um Strategien unter verschiedenen Strömungen der Linken bei. Mit dem Verbot linker Organisationen wird also nicht nur deren Handlungsfreiheit eingeschränkt, es führt auch zu einer generellen Einschränkung der Meinungsfreiheit und zu einer Verengung des politischen Horizonts und Diskurses in der Linken. Zur Herausbildung eine revolutionären Strategie (inklusive der Kritik von falschen Konzepten von Linken und Befreiungsorganisationen) bedarf es aber einer möglichst offenen, kontroversen Diskussion. Ansonsten wird die politische Formierung eines revolutionären Subjekts selbst erschwert, ja blockiert. Dies ist kein Abfallprodukt der Kriminalisierung und Einschränkung demokratischer Freiheiten für linke, klassenkämpferische, revolutionäre und antiimperialistische Organisationen, sondern ein essentieller Bestandteil ebendieser. Der Kampf gegen die EU-Terrorlisten, gegen die Kriminalisierung von Organisationen wie der PFLP oder der PKK ist daher nicht nur ein unerlässlicher Akt internationaler Solidarität, sondern auch ein wichtiger Bestandteil für die Neuformierung einer revolutionären, internationalen Bewegung der ArbeiterInnenklasse selbst.
Quelle: arbeiterinnenmacht.de… vom 22. Mai 2021
Tags: Deutschland, Imperialismus, Palästina, Repression, Sozialdemokratie, Widerstand, Zionismus
Neueste Kommentare