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Die Medien: Unisono für den NATO-Kurs

Submitted by on 26. Dezember 2025 – 13:53

In den etablierten Medien (öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der Privatsender ntv, Tageszeitungen) dominieren – von wenigen Ausnahmen abgesehen (wie Cicero, der Freitag, Berliner Zeitung) nahezu ausnahmslos Positionen, die das Narrativ von NATO und Bundesregierung stützen.

Ein Forschungsbericht für die Otto Brenner Stiftung mit dem Titel »Die Qualität der Medienberichterstattung über den Ukraine-Krieg« analysiert die Berichterstattung acht deutscher Leitmedien zwischen dem 24. Februar und dem 31. Mai 2022. Er kommt zu folgenden Ergebnissen:

In den untersuchten Medien kommen nahezu ausschließlich Vertreter von Regierungsparteien zu Wort. Kritiker des Kriegskurses kommen kaum vor. »Linkspartei und AfD hatten in der Kriegsberichterstattung praktisch keine Medienpräsenz.«

Die Ukraine und ihr Präsident Selenskyj erhielten »nahezu ausschließlich positive Bewertungen«, Russland und Präsident Putin wurden »fast ausschließlich negativ bewertet«. Das blieb so über den untersuchten Zeitraum.

Noch positiver als die Ukraine und ihr Präsident schnitt Außenministerin Baerbock ab. Kanzler Scholz und die Bundesregierung wurden überwiegend negativ bewertet. Die untersuchten Medien »bewerteten […] nur die grünen Minister Baerbock und Habeck […] deutlich positiv, während sie die übrigen Regierungsmitglieder überwiegend kritisierten«.

Kritisiert wurde Scholz insbesondere bei Diskussionen um Waffenlieferungen, »deutlich überwiegend« wurde er als »zögerlich/zaudernd« dargestellt.

In nahezu allen Beiträgen (93 Prozent) wurde Russland und Präsident Putin »die alleinige Verantwortung für den Krieg zugeschrieben. ›Der Westen‹ wurde in nur 4 Prozent als (mit-)verantwortlich bezeichnet, die Ukraine noch seltener (2 Prozent)«.

In 71 Prozent der Beiträge wurde das russische Motiv für den Krieg als das des Großmachtstrebens benannt, in 28 Prozent der Beiträge wurde als zentrales Motiv die Verteidigung gegen die NATO genannt.

Militärische Unterstützung für die Ukraine wurde von den Medien am meisten thematisiert (im Vergleich zu diplomatischen oder humanitären Maßnahmen). Die militärische Unterstützung der Ukraine wurde in 74 Prozent der untersuchten Medienbeiträge außerordentlich positiv bewertet. Diplomatische Verhandlungen wurden hingegen in weniger als der Hälfte der Beiträge (43) als sinnvoll erachtet. »Unsere Analysen zeigen, dass die Lieferung schwerer Waffen von allen untersuchten Medien mit Ausnahme des Spiegel deutlich überwiegend befürwortet wurde.«

 »Folgen der Eskalation des Konfliktes durch die westliche Unterstützung der Ukraine wurden […] kaum thematisiert. Größere Unterschiede zwischen den untersuchten Medien waren hier nicht erkennbar.«

Der Mainstream in der Berichterstattung richtet sich weitgehend konform an den Narrativen der NATO aus. Russland trage die alleinige Verantwortung für diesen Krieg, Waffenlieferungen (je mehr, desto besser) seien die einzige Lösung, Diplomatie werde nicht/kaum wirken, Russland sei (immer noch) imperialistisch, Putin sei die Verkörperung des Bösen etc.. Die Medien setzten die Regierung im Sinne dieser Annahmen politisch unter Druck. Kritik an der Regierung gab und gibt es dann, wenn Waffen nicht ausreichend und nicht schnell genug – aus Sicht der Kritiker – geliefert werden.

»Das Ziel der deutschen Leitmedien war nicht, sachlich zu informieren, sondern die Berichterstattung sollte mit der Verurteilung Russlands enden. […] Das Begreifen dieses Konflikts wäre etwas ganz anderes als Partei zu ergreifen – gegen Russland, für die eigene Regierung« [Hervorhebungen im Original]. Mit ihrer weitestgehend uniformen Parteilichkeit leisten die Medien einen wichtigen Beitrag, um die Loyalität der Bevölkerung zu sichern. Im Untersuchungszeitraum ist »ein relativ starker Zusammenhang zwischen der Tendenz der Medienberichterstattung und der über Umfragen gemessenen Bevölkerungsmeinung zu Waffenlieferungen erkennbar«.

Sprachregelungen sorgen für die politisch korrekte Wahrnehmung. Russland führt einen »völkerrechtswidrigen Angriffskrieg«, die russische Regierung wird stets als »Putin-Regime« bezeichnet. »Regime« wird hier nicht als sozialwissenschaftliche Beschreibung bestimmter Herrschaftsstrukturen (»Migrationsregime«) benutzt, sondern als denunziatorische Bezeichnung einer Regierung, der es an Legitimität ermangelt.

Interviews: Verständnisvoll oder feindlich gesonnen

Manchmal sind Interviewfragen mindestens so aussagekräftig wie die Antworten. Die drei Redakteure, die für die Süddeutsche Zeitung Verteidigungsminister Pistorius interviewen, sind nicht nur Stichwortgeber für den Minister. Sie geben deutlich zu erkennen, dass sie die Narrative zum Krieg teilen. »Russland führt zunehmend einen hybriden Krieg gegen EU-Staaten, dazu gehört etwa Sabotage. Muss der Westen zurückschlagen?« »Hat sich das Bewusstsein der Deutschen für solche Gefahren geändert?« Oder: »Sind die Deutschen noch zu naiv?«

In diametralem Gegensatz dazu stehen die Kampfinterviews, die unter anderem mit Sahra Wagenknecht geführt werden. Beispielhaft hier Caren Miosga, Talkshowmoderatorin: »Als Kritiker Russlands sind Sie nun wirklich nicht aufgefallen. Dass Geld aus Moskau in Ihre Kassen fließt, schließen Sie aus?« »Sie fordern auch ein Ende der deutschen Waffenhilfe für die Ukrainer. Damit betreiben Sie Putins Geschäft.«

[…]

Sabotage und doch keine Sabotage?

In einem Beitrag »Russische Sabotage in Europa: wie Russland einen hybriden Krieg in Europa führt« wollen Autoren von Zeit online zeigen, wie Russland europäische Staaten mit planmäßigen Störungen verunsichere. Darin heißt es:

»Russland führt längst Krieg gegen Europa – und nicht nur gegen die Ukraine. Jeder Staat, der die ukrainische Regierung unterstützt, ist für die Machthaber in Moskau ein Gegner, den es zu bekämpfen gilt. Verunsichern, verängstigen, spalten, zersetzen – das sind die Ziele dieses hybriden Krieges, der mit vielen Mitteln und an vielen Orten gegen die Menschen im Westen geführt wird […]. Mit diesen Aktionen will Russland die Verteidigungsfähigkeit der NATO-Mitglieder testen, will schwache und schlecht geschützte Stellen in der Infrastruktur suchen, will die Ermittlungsbehörden überlasten, will für Chaos sorgen. Je mehr Unsicherheit und Zweifel die Attacken provozieren, desto besser in den Augen des Kremls.«

Die Verfasser listen 72 mutmaßliche Sabotageaktionen auf, die russischen oder von Russland beauftragten Akteuren zur Last gelegt werden, darunter auch mehrere Warnungen von Sicherheitsbehörden vor Sabotage. Bei näherem Hinsehen kommen aber Zweifel an der umfangreichen Auflistung auf. In fünf der aufgelisteten Fälle wird kein Verdacht über eine Urheberschaft angeführt. In 22 Fällen werden nur Verdachtsmomente benannt und zum Teil sehr unbestimmte Formulierungen gebraucht. So heißt es unter anderem: »glaubt der militärische Abschirmdienst«, »Die Staatsanwaltschaft Berlin aber stellt im Dezember die Ermittlung ein«, »Sicherheitskreise gehen von einem russischen Anschlag aus«, »Pariser Ermittler vermuten russische Saboteure hinter der Aktion«, »Geheimdienstexperten vermuten, dass Russland dafür verantwortlich ist«. In mindestens zwei der aufgeführten Fälle waren Tatverdächtige identifiziert worden, die nicht mit Russland im Zusammenhang standen. In anderen Fällen werden keine Tatverdächtigen oder nur unbestimmte Verdachtsmomente genannt.

Unter anderem wird Sabotage am Kabelnetz der Deutschen Bahn aufgeführt, die im Oktober 2022 den Zugverkehr in Norddeutschland lahmlegte. »Sabotage durch einen Staat sei wahrscheinlich, sagen Sicherheitsbehörden, denn der Ausfall war nur möglich, weil beide Leitungen des Zugfunksystems durchtrennt worden waren, eine hätte dazu nicht gereicht.« Den Verfassern des am 23. Dezember 2024 erschienenen Beitrags war offensichtlich entgangen, dass die Redaktion der Tagesschau bereits am 28. Juli 2023 festgestellt hatte:

»Als es im Oktober in Norddeutschland zu massiven Zugausfällen kam, hieß es: Es war Sabotage an Kabeln in Berlin und Nordrhein-Westfalen. Nun stellt sich heraus: Die mutmaßlichen Saboteure waren wohl schlicht Kupferdiebe. […] Doch nach mehr als einem halben Jahr Ermittlungen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft steht nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR für die Behörden jetzt zumindest eines fest: Die Taten hatten keinen politischen Hintergrund. Es waren Kabeldiebstähle, wie sie bei der Bahn und auf Großbaustellen fast täglich passieren.«

Ebenfalls in die Liste aufgenommen wurde ein Sabotageangriff auf das TGV-Netz in Frankreich am Tag der Eröffnung der Olympischen Spiele, dem 26. Juli 2024. »Geheimdienstexperten vermuten, dass Russland dafür verantwortlich ist«, heißt es. Auch hier übersahen die Verfasser, dass es bereits am 27. Juli 2024 ein Bekennerschreiben linksextremer Gewalttäter gab. Die Berliner Morgenpost berichtete:

»Die französischen Ermittler nehmen das Bekennerschreiben ›ernst‹, wie die Zeitung ›Le Parisien‹ berichtet. Ihr zufolge deutet das Schreiben auf eine Urheberschaft einer ›an die Ultralinke gekoppelte gewalttätige Protestbewegung‹ hin. Die Mail war auch an die ›New York Times‹ geschickt worden – mit dem Absender ›sabotagetgvjo@riseup.net‹. ›JO‹ bezeichnet auf Französisch die olympischen Spiele. Unterzeichnet war sie durch ›Unbekannte Delegation‹, eine in der Tat unbekannte Organisation. Der Domain-Name RiseUp wird in Frankreich von Linksextremisten, radikalen Umweltschützern und Anarchisten verwendet.«

Ein weiteres Beispiel für einen medial diskutierten vermeintlichen russischen Sabotageakt stellen Schäden an Unterseekabeln in der Ostsee dar, die Ende des Jahres 2024 festgestellt werden. In der Öffentlichkeit wird insinuiert, Russland sei verantwortlich, es handele sich um Sabotageakte. Die NATO setzt verstärkt Kriegsschiffe, U-Boote und Überwachungsflugzeuge für Patrouillen in der Ostsee ein. Ziel ist dabei auch die »Schattenflotte« – jene etwa 600 Tanker weltweit, die Öl aus Russland unter fremder Flagge verschiffen und damit das Embargo des Westens umgehen. Am 26. Dezember 2024 enterte die finnische Küstenwache den Tanker »Eagle S«, der aus dem russischen Hafen Ust-Luga kam und das ägyptische Port Said zum Ziel hatte. Der Crew wurde vorgeworfen, das Stromkabel »EstLink2« beschädigt zu haben. Die politische Brisanz dieser Vorfälle ergibt sich aus dem zentralen politisch-ökonomischen Inte­resse Russlands, über einen ungehinderten, eisfreien Zugang zur Ostsee zu verfügen.

Die Washington Post berichtete am 20. Januar 2025 über Untersuchungen, an denen US-amerikanische und europäische Dienste beteiligt waren. Sie hätten »keinen Hinweis darauf gefunden, dass Handelsschiffe, die im Verdacht stehen, Anker über den Meeresboden zu ziehen, dies absichtlich oder auf Anweisung Moskaus getan haben. Stattdessen sagten amerikanische und europäische Beamte, dass die bisher gesammelten Beweise – einschließlich abgefangener und anderer geheimer Informationen – auf Unfälle hindeuten, die durch unerfahrene Besatzung an Bord von schlecht gewarteten Schiffen verursacht wurden«.105 In der Öffentlichkeit dürfte dennoch die breite Berichterstattung über russische Sabotage in der Ostsee hängen geblieben sein.

Medien am Rande des politischen Spektrums (wie Junge Welt, der Freitag sowie zahlreiche Blogs und Magazine im Netz) nehmen eine kritische Haltung zur vorherrschenden Politik ein. Das ändert nichts daran, dass die etablierten Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender, von wenigen Ausnahmen abgesehen, aktiv eine politische Linie vertreten, die dem Narrativ der NATO entspricht. Das hat erheblichen Einfluss auf die politische Meinungsbildung.

Quelle: overton-magazin.de… vom 6. Dezember 2025

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