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Palästina: Kolonialistische Barbarei und die internationale Solidaritätsbewegung

Eingereicht on 21. November 2023 – 11:11

Josefina Martinez. Angesichts des israelischen Massakers in Gaza finden weltweit so große Antikriegsproteste wie seit 20 Jahren nicht mehr statt. Die Palästina-Solidarität muss überall klare politische Ziele unabhängig von der Politik der Regierungen formulieren.

Mehr als 10.000 Palästinenser:innen wurden in den letzten vier Wochen durch die israelische Bombardierung getötet, mehr als ein Drittel davon Kinder. Diese erschreckende Zahl übersteigt bei weitem die Zahl aller Palästinenser:innen, die in den letzten 15 Jahren durch israelische Militärangriffe getötet wurden. Die israelische Bombardierung des Flüchtlingslagers Jabalia im Norden des Gazastreifens forderte innerhalb von Sekunden mindestens 150 Todesopfer. Der Einschlag von bis zu sechs Bomben aus US-amerikanischer Produktion pulverisierte Gebäude und riss zwei große Krater auf, in denen noch immer die Leichen von Kindern, älteren Menschen und Jugendlichen gefunden werden. Die israelischen Behörden feierten die Militäraktion und behaupteten, sie hätten einen Hamas-Führer ausgeschaltet. Einige Tage später wurden ein Krankenwagenkonvoi und mehrere Krankenhäuser bombardiert. Die Vorstellungskraft, die das Schreckliche manchmal mit einem einzigen Bild erfassen kann, hat Mühe, die Dimensionen des anhaltenden Massakers zu begreifen.

Wir sind Zeugen einer „Verschmelzung von kolonialer und völkermörderischer Gewalt alter Schule mit hochmodernen schweren Waffen“, wie Saree Makdisi, ein amerikanischer Professor palästinensisch-libanesischer Herkunft, schreibt. Es komme immer wieder zu massiven ethnischen Säuberungen (im September dieses Jahres wurden mehr als 130.000 Armenier:innen von der aserbaidschanischen Armee mit türkischer Unterstützung aus der Region Bergkarabach vertrieben). In keinem Fall jedoch „wurde die ethnische Säuberung durch den Einsatz massiver Artillerie und schwerer Bombardements mit hochmodernen Waffensystemen durchgeführt, einschließlich der Ein-Tonnen-Bomben (und noch schwererer Munition zur Zerstörung von Bunkern), die von den Israelis mit den neuesten US-Jets abgeworfen wurden“. In der ersten Woche der Bombardierung haben die Israelis „nach eigenen Angaben 6.000 Bomben auf den Gazastreifen abgeworfen, eine Zahl, die einem Monat Bombardierung auf dem Höhepunkt der US-Kriege im Irak und in Afghanistan entspricht – Länder, die viel größer sind als der Gazastreifen“. Die „kollektive Bestrafung“, die Israel dem palästinensischen Volk auferlegt, kann als ein neuer Völkermord verstanden werden, der live über die sozialen Medien in die ganze Welt übertragen wird.

In einem kürzlich erschienenen Artikel wies Raphael Poch darauf hin, dass „die westlichen Mächte mit ihrer Komplizenschaft mit Israels völkermörderischem Vorgehen ihrer Vergangenheit treu bleiben, aber vor allem in die Zukunft blicken“ und stellte fest, dass „die Haltung der westlichen Regierungen, ihrer Medien und Propagandisten eine klare Warnung darüber enthält, wie der privilegierte Teil dieser Welt der Sackgasse entkommen kann, in die uns das von ihnen erfundene und verteidigte kapitalistische System in diesem Jahrhundert geführt hat“.

Die israelischen Massaker in Gaza sind zweifellos Teil einer Dynamik der zunehmenden Militarisierung und Kriegstreiberei der imperialistischen Mächte, die seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine an Fahrt aufgenommen hat. In den 20 Monaten seit der russischen Invasion und dem Beginn des Krieges ist es den imperialistischen Regierungen gelungen, eine ziemlich geschlossene Front aufrechtzuerhalten. Dazu legitimierten sie vor der Öffentlichkeit die Finanzierung und Lieferung von Waffen an die Ukraine mit der angeblichen Verteidigung der „ukrainischen Selbstbestimmung“ und der „Demokratie“ gegen Putins Autoritarismus. Während dieser ganzen Zeit hatten diejenigen von uns, die Mobilisierungen gegen den Krieg unterstützten und eine unabhängige Position beibehielten, die die reaktionäre Rolle Putins und der imperialistischen NATO-Regierungen anprangerte, mit starkem Gegenwind zu kämpfen.

Die politische Situation hat sich jedoch schlagartig geändert. Das von Israel verübte Massaker löste eine Welle der Empörung und der Sympathie für die palästinensische Sache aus, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hatte. Von der arabischen Welt bis nach Europa, den Vereinigten Staaten und Lateinamerika ist eine massive Bewegung zur Unterstützung des palästinensischen Volkes und gegen die Verbrechen Israels entstanden, die auch auf die Komplizenschaft des Imperialismus mit dem zionistischen Staat hinweist.

Bewegung gegen Krieg und Imperialismus

Seit Israel am 7. Oktober als Reaktion auf die Angriffe der Hamas mit der Bombardierung des Gazastreifens begonnen hat, finden in weiten Teilen der Welt massive Mobilisierungen statt. Von Washington bis Oslo, von Paris bis London, von Rabat bis Buenos Aires. In der arabischen Welt, wo ein großer Teil der Bevölkerung die palästinensische Sache als ihre eigene empfindet, haben sich in den letzten Tagen Millionen Menschen mobilisiert. In Jordanien (wo mehr als zwei Millionen Palästinenser:innen leben), im Irak, in Katar, im Libanon, im Jemen, in Pakistan, in Ägypten und in Marokko kam es zu massiven Demonstrationen. Viele Analyst:innen weisen darauf hin, dass die palästinensische Sache die „offene Wunde“ des arabischen Nationalbewusstseins ist und eine Menge Unzufriedenheit über die Missstände in Israel und den Imperialismus in der Region bündelt. Hinzu kommt die Wut, die durch die ständigen zionistischen Provokationen an Orten entsteht, die dem Islam heilig sind, wie dem Tempelberg in Jerusalem.

Die jüngsten Massendemonstrationen im Nahen Osten stellen die Politik der „Normalisierung“ der diplomatischen Beziehungen zu Israel durch mehrere arabische Regierungen in Frage. Diese war bereits vor den jüngsten Ereignissen bei großen Teilen der Bevölkerung verpönt. Im September 2022 ergab eine Umfrage, dass in neun von elf befragten Ländern weniger als jede:r Fünfte Normalisierungsabkommen mit Israel befürwortete, darunter weniger als jede:r Zehnte in Mauretanien (8 Prozent), Libyen (7 Prozent), Palästina (6 Prozent), Jordanien (5 Prozent) und Ägypten (5 Prozent). In Marokko, wo sich vor einem Jahr noch 39 Prozent für eine Normalisierung aussprachen, kam es in diesen Wochen zu massiven Demonstrationen in Unterstützung Palästinas und in Ablehnung der Beziehungen zu Israel. In einer Zeit, in der die Unruhe über die wirtschaftliche Lage nach der Pandemie, die Inflation, die Sparpläne und die Verschlechterung der Lebensbedingungen groß ist, betrachten die Bourgeoisien und der Imperialismus in der Region die zunehmende Abkehr der Bevölkerung von den arabischen Regierungen mit Sorge.

Die Solidaritätsbewegung mit Palästina hat ihre eigene Dynamik in den imperialistischen Zentren, wo sich die Demonstrationen direkter gegen die Komplizenschaft der Regierungen selbst mit Israel richten. In diesen Ländern hat es seit der Anti-Irakkriegs-Bewegung im Jahr 2003 keine derart massiven Demonstrationen mehr gegeben (auch wenn sie dieses Ausmaß noch nicht erreicht haben). Die größten Demonstrationen fanden in Großbritannien statt, wo am 14. Oktober 150.000 Menschen demonstrierten und zwei Wochen später fast 500.000. Die Innenministerin der konservativen Regierung, Suella Braverman, hatte gewarnt, dass das Schwenken einer palästinensischen Flagge oder das Skandieren des Slogans „From the river to the sea, palestine will be free“ als Verherrlichung des Terrorismus angesehen werden könnte. Dennoch gingen Hunderttausende auf die Straße und skandierten diese Parole, die in diesen Tagen auch bei Massendemonstrationen in Paris, Rom, Berlin, Barcelona und Madrid zu hören ist.

In den Vereinigten Staaten füllten am Samstag, den 4. November, Zehntausende die Straßen von Washington bei der größten Mobilisierung zur Unterstützung Palästinas in der Geschichte des Landes. In den letzten Wochen wurden in New York, Chicago, Los Angeles und anderen Städten Demonstrationen organisiert, zusätzlich zu mutigen Aktionen von antizionistischen Jüd:innen unter dem Motto „Not in our name“. Aktionen von Studierenden auf dem Campus von Eliteuniversitäten wie Harvard und Columbia haben die dortige Debatte polarisiert, da Beamte und Professor:innen Verbindungen zu Investmentfonds haben, die mit der zionistischen Lobby sympathisieren. An vielen Universitäten in den USA, in Belfast, Madrid und Barcelona sind von Hunderten von Professoren und Student:innen unterzeichnete Petitionen erschienen, in denen die Universitäten aufgefordert werden, die Beziehungen zu Israel abzubrechen.

In Großbritannien, in Frankreich und in Deutschland widersetzen sich die Demonstrationen weiterhin den Verboten der Regierungen, die versuchen, die Unterstützung des palästinensischen Volkes als „Entschuldigung für den Terrorismus“ oder „Hassverbrechen“ gegen Israel zu kriminalisieren. In Deutschland und Frankreich wurden Organisationen, die Palästina unterstützen, wie das Samidoun-Netzwerk, bereits verboten, und es wurden sogar polizeiliche Ermittlungen gegen linke Parteien wie die französische NPA eingeleitet. Auch in mehreren Städten Spaniens, Italiens und Irlands gab es massive Aktionen für Palästina. In lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien, Uruguay, Chile und Mexiko kam es ebenfalls zu Demonstrationen und Kundgebungen, unter anderem in Argentinien.

Es stellt sich die Frage, ob sich diese entstehende Bewegung weiterentwickeln wird und ob es ihr gelingen wird, radikalere politische Ziele zu setzen und die Rolle der imperialistischen Staaten deutlicher anzuklagen. Die Tatsache, dass wir erst am Anfang der Bodeninvasion in Gaza stehen, lässt vermuten, dass die aktive Unterstützung für das palästinensische Volk weiter zunehmen wird. Verschiedene bürgerliche, reformistische und bürokratische Strömungen wirken dem jedoch entgegen. Sie versuchen, die Mobilisierung einzudämmen oder sie auf das Ausüben von „Druck“ auf die Regierungen zu beschränken.So wollen sie auf ein Ende des Krieges durch Verhandlungen hinwirken, entweder unter Vermittlung der Vereinten Nationen oder auf Grundlage anderer imperialistischer Vorschläge mit „humanitärem“ Anstrich.

In einem Artikel, der in Mondoweiss veröffentlicht wurde, argumentiert der Autor, dass die aktuellen Demonstrationen für Palästina die größten seit der Antikriegsbewegung in den USA im Jahr 2003 sind. Unter dem Strich weist er darauf hin, dass die größte Beschränkung dieser Bewegung darin bestand, dass sie letztlich auf die Unterstützung für die Demokratische Partei hinauslief. Die Bewegung war unter der Präsidentschaft des konservativen George Bush sehr massiv und aktiv – es wurden Hunderttausende von Demonstrationen organisiert –, ging aber stark zurück, als Barack Obama Präsident wurde. Im Gegensatz zu damals sitzt jetzt der Demokrat Biden im Weißen Haus und Tausende von Demonstrant:innen weisen auf der Straße auf seine Komplizenschaft mit dem Staat Israel hin. Dies äußert sich in Slogans wie „Israel bombs, USA pays, how many kids did you kill today?“ („Israel bombardiert, USA finanziert, wie viele Kinder habt ihr heute getötet?“) oder „Stoppt alle US-Hilfen für Israel“. Einige eher linke Kreise bezeichnen Biden sogar als „Genocide Biden“. Mit Blick auf die US-Wahlen im Jahr 2024 gibt es jedoch einige, die eine offene Konfrontation mit dem derzeitigen Präsidenten vermeiden wollen. Wird sich die Bewegung radikalisieren können oder wird sie erneut von der Demokratischen Partei eingedämmt werden?

Wenn wir die Analogie zwischen der Antikriegsbewegung von 2003 und heute weiterverfolgen, finden wir auch in Europa eine andere politische Situation vor. Am 15. Februar 2003 kam es in Europa im Rahmen einer Antikriegsbewegung, an der sich Millionen von Arbeiter:innen, Jugendlichen und Teilen der Mittelschicht beteiligten, zu den größten Massenmobilisierungen der jüngeren Geschichte. An diesem Tag demonstrierten fast drei Millionen Menschen in Madrid und Barcelona, eine Million in London, eine halbe Million in Berlin und Hunderttausende in Paris und Rom an einem europäischen Antikriegstag, an dem sogar einige italienische und spanische Gewerkschaften zu Streiks aufgerufen hatten.

Die Antikriegsdemonstrationen fanden damals vor dem Hintergrund statt, dass sich die deutsch-französische Achse der EU gegen die Invasion der US-geführten Koalition im Irak stellte. Während Großbritannien unter Blair und Spanien unter Aznar Bush unterstützten, vertraten die französische und die deutsche Regierung eine „europäistische“ Ideologie, die angeblich auf demokratischen Werten beruhte, und lehnten den „unilateralen“ und interventionistischen Weg der USA ab. Intellektuelle wie Jacques Derrida und Jürgen Habermas gingen sogar so weit zu sagen, dass am 15. Februar 2003 eine „europäische Identität“ im Gegensatz zur amerikanischen geboren wurde. Solche bürgerlich-pazifistischen Positionen förderten die Illusion, der Krieg könne durch den Druck der „internationalen Gemeinschaft“ und der europäischen Diplomatie gestoppt werden, wobei die imperialistischen Interessen dieser Mächte verschleiert wurden. Die Anti-Kriegs-Bewegung war sehr massiv, aber sie hat sich nicht radikalisiert, sie hat keinen offeneren antiimperialistischen Charakter angenommen und es fehlte an energischen Aktionen der Gewerkschaften, um den Krieg effektiv zu stoppen.

Heute, nach dem 7. Oktober, haben sich alle europäischen Regierungen auf die Seite des Staates Israel gestellt und dessen „Recht auf Selbstverteidigung“ unterstützt. Angesichts des Ausmaßes der israelischen Massaker an der Bevölkerung des Gazastreifens haben sie in den letzten Tagen zwar begonnen, die Notwendigkeit eines „humanitären Waffenstillstands“ anzusprechen und versuchen, Druck auf Israel auszuüben, damit es seine Angriffe mildert. Dennoch machen sie sich weiterhin offen mitschuldig an seinen Verbrechen. Sektoren wie die Grünen in Deutschland, die ihre pazifistische Vergangenheit längst hinter sich gelassen haben und seit dem Ukrainekrieg einen obszönen kriegstreiberischen Diskurs führen, haben ihre Berliner Zentrale mit der israelischen Flagge drapiert. Diese Komplizenschaft mit Israels Massakern, die der israelische Historiker Ilan Pappé als „schleichenden Völkermord“ bezeichnet hat, wird von Hunderttausenden von Menschen und Demonstrant:innen wahrgenommen, die dies in Sprechchören wie „Israel mordet, Europa sponsert“ zum Ausdruck bringen, die bei jeder Demonstration skandiert werden.

Die „progressiven“ Koalitionen, die verschiedene Strömungen der reformistischen Linken neben der linken Mitte umfassen, werden von den Debatten über den Palästina-Konflikt durchzogen. Im Falle Spaniens verteidigt die PSOE offen das Recht Israels auf „Selbstverteidigung“, während die Vizepräsidentin Yolanda Díaz von der Wahlplattform Sumar Netanjahu mäßig kritisch gegenübersteht. Die Kommunistische Partei Spaniens beteiligt sich an den Mobilisierungen zur Unterstützung Palästinas, verteidigt aber die Regierungsabkommen mit der PSOE für eine neue Legislaturperiode als „großartig“. Natürlich enthalten diese keine einzige Kritik an den zionistischen Massakern und sehen auch nicht den Abbruch der diplomatischen Beziehungen vor. Die Podemos-Minister:innen haben ihrerseits in öffentlichen Erklärungen den Abbruch der Beziehungen zu Israel, die Verhängung von Sanktionen und eine Klage gegen Netanjahu vor dem Internationalen Strafgerichtshof gefordert. Sie besetzen jedoch weiterhin Ministerien in der imperialistischen Regierung und bereiten sich darauf vor, Teil einer neuen Regierung mit der PSOE zu sein.

In Deutschland stimmte die reformistische Partei DIE LINKE im Parlament gemeinsam mit allen Parteien, einschließlich der ultrarechten AfD, für eine Erklärung zur Unterstützung Israels und unterstützte das Verbot von Organisationen, die sich mit Palästina solidarisierten. Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen wiederholte mit der SPD, dass „Israels Sicherheit deutsche Staatsräson“ sei. Sahra Wagenknecht, die vor kurzem mit der Partei DIE LINKE gebrochen hat, um eine „linkskonservative“ Partei zu gründen, war die einzige, die eine kritische Haltung zu Israel äußerte, was ihr Kritik von der Führung der Partei DIE LINKE eingebracht hat.

In Frankreich hat seit den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober eine reaktionäre Kampagne der Regierung und der Medien an Fahrt gewonnen, die all jene kriminalisiert, die den Widerstand des palästinensischen Volkes verteidigen und Veranstaltungen und Demonstrationen verbietet. Anführer:innen von La France Insoumise wie Mélenchon und Organisationen der radikalen Linken wie die NPA oder Révolution Permanente wurden des „Antisemitismus“ bezichtigt. Die Kommunistische Partei Frankreichs drohte sogar damit, die NUPES-Koalition mit Mélenchon zu brechen, während Mélenchon in den Medien der „Terrorismus-Apologetik“ bezichtigt wurde.

In Großbritannien richten sich die massiven Demonstrationen gegen die Politik der Labour-Führung. Seit seiner Wahl zum Labour-Vorsitzenden im Jahr 2020 hat Keir Starmer eine Kampagne gegen die Parteilinke und insbesondere gegen Jeremy Corbyn geführt und ihn wegen seiner Kritik am Staat Israel des „Antisemitismus“ beschuldigt.

Die verschiedenen Strömungen der reformistischen Linken, die sich an den Mobilisierungen beteiligen, versuchen, auf einen Stopp der israelischen Bombardements zu drängen, indem sie über die UN oder andere Institutionen der „internationalen Gemeinschaft“ einen Ausweg auf dem Verhandlungsweg suchen. Als ob es möglich wäre, den Massakern des israelischen Staates ein Ende zu setzen, ohne die zionistische Besetzung der palästinensischen Gebiete zu beenden und ohne die Politik des Imperialismus in der Region konsequent anzugreifen.

Für eine große anti-imperialistische Bewegung zur Unterstützung des palästinensischen Volks

Es ist wichtig, Proteste zu entfachen, um einen sofortigen Stopp der Bombardierungen und den Abbruch der diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen aller Regierungen mit Israel zu fordern, zusammen mit dem Rückzug der imperialistischen Truppen aus dem Nahen Osten. Um in diese Richtung voranzukommen, wird vorgeschlagen, dass die entstehende Antikriegsbewegung in der Lage sein sollte, mit klaren Zielen und einer von allen bürgerlichen Flügeln unabhängigen Politik zu kämpfen.

In vielen Ländern entstehen Versammlungen, gemeinsame Plattformen oder lokale Räume, um zu Aktionen aufzurufen und Solidarität zu organisieren. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Bewegung von unten zu entwickeln, indem alle Arten von Initiativen, Versammlungen und Komitees an Arbeits- und Studienplätzen organisiert werden, wobei alle politischen Strömungen, die die Sache des palästinensischen Volkes unterstützen, frei teilnehmen können sollten. Nur so kann die Bewegung wachsen, indem Organisationen, die seit Jahren die Unterstützung des palästinensischen Volkes organisieren, mit Aktivist:innen aus verschiedenen sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und politischen Organisationen der Linken zusammenkommen und neue Schichten von Jugendlichen und Arbeiter:innen hinzukommen, die in vielen Fällen zum ersten Mal aktiv werden, weil sie von den Geschehnissen bewegt sind.

Die Studierendenbewegung steht vor der Aufgabe, an die besten Traditionen des antiimperialistischen Kampfes anzuknüpfen, als in den 1960er und 1970er Jahren an den Universitäten und Schulen Komitees zur Unterstützung des algerischen und vietnamesischen Volkes gebildet wurden. Angefangen damit, die finanziellen und akademischen Abkommen vieler Universitäten mit dem Staat Israel in Frage zu stellen und das Universitätsleben aufzurütteln, damit die Universitäten nicht länger ein Elfenbeinturm sind, während ein Völkermord begangen wird.

Die Arbeiter:innenklasse in den imperialistischen Ländern besteht aus Millionen von Migrant:innen der ersten, zweiten und dritten Generation aus dem Nahen Osten oder dem Maghreb, Asien und Afrika, die die palästinensische Sache als ihre eigene empfinden. Viele von ihnen nehmen in diesen Tagen an den Mobilisierungen teil. In diesem Sinne sind die Kampagnen der Regierungen, die darauf abzielen, die Solidarität mit Palästina zu kriminalisieren, eine Fortsetzung der rassistischen und islamfeindlichen Politik gegenüber großen Teilen der arbeitenden migrantischen Bevölkerung.

Gleichzeitig kann in den vom Imperialismus unterdrückten Ländern, die unter den Anpassungen des IWF leiden, die Sympathie mit dem palästinensischen Volk auch als internationalistische und antiimperialistische Bewegung unter der Arbeiter:innenklasse, den Frauen und der Jugend wachsen.

Wenn sich die Bewegung nicht in Demonstrationen ohne klare Ziele erschöpfen soll, ist es notwendig, von den Gewerkschaften zu fordern, dass sie ihre Passivität (wenn nicht sogar ihre direkte Komplizenschaft mit Israel) aufgeben und zu Streiks und Blockaden aufrufen. Wenn die einheimische und ausländische Arbeiter:innenklasse in verschiedenen Ländern mit ihren Kampfmethoden interveniert, um die Komplizenschaft der imperialistischen Regierungen mit dem völkermörderischen Staat Israel anzuprangern, könnte sie zu schlagkräftigen Aktionen ausholen. Die Initiative der belgischen Transportgewerkschaften, die eine Blockade der Rüstungslieferungen nach Israel angekündigt haben, oder der Aufruf der griechischen Gewerkschaften, einen Generalstreik in Europa zur Unterstützung Palästinas durchzuführen, sind noch kleine, aber sehr wichtige Beispiele, die es in allen Ländern zu fördern gilt, insbesondere in denen, die große Waffenlieferanten des zionistischen Staates sind.

In diesem Sinne haben die Gruppen der FT-CI und das internationale Netzwerk von La Izquierda Diario in Europa, den Vereinigten Staaten und Lateinamerika aktiv mit militantem Internationalismus interveniert. In Frankreich fördern die Genoss:innen von Révolution Permanente trotz des Verbots der Regierung aktiv Demonstrationen, Veranstaltungen, Versammlungen und Komitees zur Verteidigung des palästinensischen Volkes in mehreren Städten. Mit Du Pain et Roses („Brot und Rosen“) haben sie eine gemeinsame Erklärung mit Dutzenden von Organisationen für Feminismus und sexuelle Vielfalt zur Unterstützung des palästinensischen Volkes gefördert und zu einem gemeinsamen feministischen und LGTBI-Block für Palästina mobilisiert. In ähnlicher Weise nehmen wir von Pan y Rosas in mehreren Ländern an gemeinsamen Plattformen teil, um eine globale Aktion von Feministinnen für Palästina am 25. November vorzubereiten.

In den Vereinigten Staaten nimmt Left Voice an Aktionen und Demonstrationen teil und hat die Trommelgruppe The Red Snare ins Leben gerufen, um Demonstrationen zu unterstützen und Teile der Jugend zu organisieren. In Spanien beteiligen sich die Genoss:innen der Jugend von Contracorriente – Pan y Rosas (CRT) nicht nur an den Massendemonstrationen, sondern fördern auch zusammen mit anderen Organisationen die Bildung von Komitees und Versammlungen zur Unterstützung des palästinensischen Volkes an Universitäten und Schulen. Sie haben auch den Streik von Gymnasiast:innen für Palästina unterstützt und sind Teil von Einheitsplattformen in Stadtvierteln und an Arbeitsplätzen. In einigen Städten wurde unter den Beschäftigten des Gesundheitswesens eine Unterschriftensammlung zur Unterstützung des Krankenhauspersonals in Gaza durchgeführt. Auch in Deutschland und Italien entwickeln Genoss:innen von RIO und FIR aktiv Solidarität mit Palästina. An der Freien Universität Berlin versammelten sich diese Woche fast 300 Studierende zu einer Kundgebung, die von der Gruppe Waffen der Kritik gemeinsam mit unabhängigen Studierenden geplant wurde.

In Lateinamerika haben Genoss:innen der LTS in Mexiko an mehreren Demonstrationen vor der US-Botschaft teilgenommen, ebenso wie die Front der Linken und Arbeiter:innen (FIT) in Argentinien sowie in Chile, Uruguay und anderen Ländern. In Argentinien nahm die PTS in der FIT am 3. November an einer großen Kundgebung vor dem Kongress teil. Myriam Bregman, nationale Abgeordnete der PTS in der FIT, war die einzige Präsidentschaftskandidatin, die in der Fernsehdebatte das palästinensische Volk unterstützte und den Staat Israel in Frage stellte, was eine Drohkampagne gegen sie durch Teile der Rechten auslöste.

Schließlich bedeutet die bedingungslose Unterstützung des Kampfes des palästinensischen Volkes gegen den zionistischen Staat und den Imperialismus nicht, dass man die verschiedenen politischen Strömungen und Strategien des palästinensischen Widerstands nicht offen in Frage stellen oder offen kritisieren kann. In der Tat gibt es in mehreren Ländern eine offene Debatte über die Position der Linken gegen die Strategie und die Methoden der Hamas, wie sie in diesem Artikel, in diesem und auch in diesem Artikel angesprochen wird. In unserem Fall haben wir gegen ihre Methoden und Strategien polemisiert und argumentieren, dass der einzige wirkliche Ausweg, um die Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes zu erreichen, der Kampf für ein freies, säkulares und sozialistisches Palästina der Arbeiter:innen ist, in dem Araber und Juden im Rahmen einer Föderation der Sozialistischen Republiken des Nahen Ostens in Frieden zusammenleben können.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Spanisch auf La Izquierda Diario.

Quelle: klassegegenklasse.org… vom 21. November 2023

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