Amazons „prime day“ wird (nicht nur) in Madrid bestreikt werden
Am 11. Juli 2018 organisierten die Gewerkschaftsvertreter der größten Amazon-Niederlassung in Spanien, in Torrejon (Madrid) eine Pressekonferenz, während der sie ihren Aufruf (vom Mai, siehe den Verweis auf unseren Bericht dazu am Ende dieses Beitrags) zu drei Streiktagen während des diesjährigen „prime day“ des Unternehmens bekräftigten und konkretisierten – der ja stets im Zusammenhang vertreten wurde mit dem Aufruf zu europaweiten gemeinsamen Aktionen. Der Sprecher der betrieblichen Gewerkschaftsvertretung gab – dem Bericht „Lxs trabajadorxs de Amazon de Torrejón convocan 3 días de huelga y manifestación el 17 de julio“ am 12. Juli 2018 bei kaosenlared zufolge – bekannt, dass der Streik am Sonntagabend beginnen werde mit „Informations-Streikposten“ ab 22 Uhr 30 und mit einer Demonstration am Dienstag beendet werde, die gemeinsamen mit weiteren kämpfenden Belegschaften aus dem Großraum Madrid durchgeführt werde. Ein Notwendigkeit transnationaler Aktionen sahen die Gewerkschaftssprecher bereits in der bekannten Taktik des Unternehmens, Standorte, an denen der Widerstand der Belegschaft gegen die Arbeitsbedingungen bei Amazon besonders groß sei, durch die Eröffnung neuer Niederlassungen im nahen Ausland zu schwächen – wie es etwa der Fall sei im neuen Zentrum in Barcelona, das auch dafür gedacht sei, zumindest einen Teil des „Marktes“ in Frankreich zu „bedienen“. Siehe dazu auch einen Beitrag zu Solidaritäts-Aktionen mit dem Streik und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur Streikbewegung bei Amazon Madrid (inklusive des damaligen Aufrufes zur europaweiten Aktion) und die Meldung über den Streik bei Amazon in der BRD:
In Spanien festgenommene Amazon-Streikposten wieder frei – in der BRD streikten am Dienstag 2.400 Beschäftigte bei Amazon – mehr als je zuvor
„Mit bundesweiten Streiks hat die Gewerkschaft Verdi den Sonderverkaufstag Primeday beim Internet-Händler Amazon begleitet. Beteiligt hätten sich rund 2400 Mitarbeiter, berichtete ein Gewerkschaftssprecher in Berlin. Nach seiner Einschätzung sei das Streikziel eines wirtschaftlichen Schadens erreicht worden, auch wenn Amazon mit Ersatzmannschaften den Betrieb aufrecht erhalte. In den Zentren Graben und Rheinberg seien die Manager aufgefordert worden, selbst mit Hand anzulegen. In Leipzig wollten die Gewerkschafter auch am Mittwoch weiterstreiken, wie der lokale Verdi-Fachbereichsleiter Jörg Lauenroth-Mago ankündigte. “Arbeitskräfte sind nicht zum Schnäppchenpreis zu haben”, sagte er…“ – aus der dpa-Meldung „Verdi: Hohe Streik-Beteiligung zum Prime Day von Amazon“ hier am 17. Juli 2018 bei der Augsburger Allgemeinen Zeitung, worin auch noch berichtet wird, dass die Unternehmensleitung – wie immer und überall – betonte, der Streik habe keine Auswirkungen… Siehe dazu auch aktuelle Beiträge aus Spanien und Polen:
- „Solidarnie ze strajkującymi w Amazon Hiszpania i Niemcy“ von rotzbratorg am 16. Juli 2018 bei You Tubeeingestellt ist ein kurzes Video über eine Solidaritätsaktion in Polen mit dem Amazon – Streiks in Spanien und der BRD (zur Erinnerung: In Polen selbst sind die Beschäftigten am diesjährigen Sonderverkaufstag zum „Dienst nach Vorschrift“ aufgerufen).
- „Concentración por detenidos de AmazonEnLucha“ am 17. Juli 2018 im Twitter-Kanal von Elena Sevillano(Podemos-Stadträtin) ist ein Video von dem Protest vor dem (Polizei?)Gebäude in San Fernando, in dem die festgenommenen Streikposten festgehalten wurden – zum Zeitpunkt ihrer Freilassung am späten Nachmittag. (Zur Festnahme und dem gesamten Polizeiüberfall auf die Amazon Streikposten am Nachmittag des 17. Juli siehe unseren Bericht weiter unten).
- „En muchas ocasiones los piquetes y la solidaridad tienen su efecto“ am 17. Juli 2018 im Twitter-Kanal von Poder Popularist ein Videobericht über einen der – zahlreichen – LKW Fahrer, die angesichts der Streikposten sich weigerten, deren Linie zu überqueren.
- „CGT condena la violencia policial contra la plantilla en huelga de Amazon“ am 17. Juli 2018 bei CGT MAD4(Facebook) ist die Erklärung der Amazon-Betriebsorganisation der CGT in San Fernando zum Polizeiüberfall auf die Streikposten. Darin wird auch der Vorgang genauer beschrieben, der damit begann, dass die Polizei meinte, die Streikposten hätten kein Recht, auf der Straße zu stehen.
Amazon Arbeiter_innen bestreiken den Prime Day
“Am Amazon Prime Day 2018 haben über 1.500 Arbeiter_innen in Spanien gestreikt, um die umsatzstärkste Periode des Unternehmens zu stören. Auch in Italien, Deutschland und Polen störten Arbeiter_innen den reibungslosen Ablauf während des 36 Stunden dauernden “Prime Days”, um gegen Ausbeutung und die Verhindung gewerkschaftlicher Organisierung zu kämpfen. (…) In der BRD sind am Dienstag, den 17. Juli 2018, 10 Warenlager in den Streik getreten, und ver.di hat Amazon aufgefordert, Verhandlungen für einen Tarifvertrag aufzunehmen. In Polen haben in der anarchosyndikalistischen Inicjatywa Pracownicza (IP) organisierte Arbeiter_innen einen Bummelstreik organisiert, indem sie sich entsprechend der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften verhalten haben, die Amazon normalerweise ignoriert. Amazon Geschäftsführer Jeff Bezos’ Netttovermögen stieg allein am Montag um weitere 2,25 Milliarden US Dollar, während seine Arbeiter_innen weiterhin unter brutalen Arbeitsbedingungen schuften. Dieses Jahr streiken Amazon Arbeiter_innen öfter als je zuvor und werden zunehmend selbstbewußt und internatinal koordinierter, wie wir an diesen Amazon PrimeDay gesehen haben.” Video bei labournet.tv (span. mit dt. ut | 1 min | 2018)
Zweiter Streiktag bei Amazon Madrid: Polizeiüberfall!
Gegen 15 Uhr am Nachmittag des 17. Juli 2018 hat die Polizei die Streikposten bei Amazon in San Fernando bei Madrid überfallen: Drei Kollegen wurden festgenommen, ein Vierter musste ins Krankenhaus eingeliefert werden – ein Video, das den Überfall dokumentiert wurde innerhalb einer Stunde bereits über 8.000 Mal betrachtet und entsprechend auch zahlreiche Solidaritätsbekundungen nach dem Motto „Jetzt erst recht“ an die Streikenden geschickt. Die hatten auch am zweiten Streiktag faktisch den gesamten Betrieb lahm gelegt – nur 60 von rund 900 Festbeschäftigten der Früh- und Mittagsschicht erschienen zur Arbeit (in allen drei Schichten arbeiten insgesamt 1.100 Festbeschäftigte und rund 900 ZeitarbeiterInnen, die eine Streikbeteiligung von knapp der Hälfte haben – ein Ergebnis der weit über 100 „Nichtverlängerungen“ von Verträgen nach dem letzten Streik). Weiteres Ergebnis des Polizeiüberfalls ist, dass zahlreiche zusätzliche gewerkschaftliche und demokratische Organisationen ihre Beteiligung an der für Morgen geplanten regionalen Demonstration (gemeinsam mit anderen bestreikten Betrieben) bekannt gemacht haben. Siehe dazu zwei aktuelle Videos zum Polizeiüberfall und einen Artikel zum zweiten Streiktag:
- „Segunda jornada de la Huelga Amazon – carga policial en San Fernando de Henares“ am 17. Juli 2018 bei Contexto(Twitter) ist ein kurzer Videofilm über den Polizeieinsatz gegen die Streikposten kurz zuvor, der nicht nur in Spanien rasant in den sozialen Netzwerken verbreitet wird und den nach anderthalb Stunden bereits fast 10.000 Menschen angesehen haben…in diesem Tweet gibt es auch noch eine Reihe weiterer Kurzvideos…
- „Marc Blanes, delegado del comité de empresa, denuncia la carga policial“ ebenfalls am 17. Juli 2018 bei Contextoist ein Video mit der Stellungnahme des Sprechers des gewerkschaftlichen Betriebskomitees Marc Blanes (CGT), der den Überfall der „Amazon-Polizei“ kritisiert und darauf verweis, dass es bereits den ganzen Tag über einzelnen Provokationen seitens der Polizei gegeben habe. Dem verletzten Kollegen gehe es „den Umständen entsprechend“ gut.
- „Seguimiento masivo de la huelga en Amazon“ am 17. Juli 2018 beim Gewerkschaftsbund CCOOist ein Bericht vom zweiten streiktag, der die abermalige starke Beteiligung unterstreicht – auch der ZeitarbeiterInnen. In einem Update zum Polizeiüberfall wird darauf verwiesen, dass Streik und Streikposten verfassungsmäßige Rechte sind.
Auch in Deutschland: Streik am verkaufsträchtigen Schnäppchentag bei Amazon
“Am Dienstag streiken die Beschäftigten von Amazon. Am traditionellen Schnäppchentag des Konzernriesen, an dem bis um Mitternacht Preise millionenfach gesenkt werden und die Gewinne sprudeln, wollen die Beschäftigten die Arbeit niederlegen und für einen Gesundheitstarifvertrag demonstrieren. „Die Botschaft ist klar: Während der Onlineriese sich bereichert, wird an der Gesundheit der Beschäftigten gespart“, sagte Stefanie Nutzenberger, für den Handel zuständiges Bundesvorstandsmitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Nicht anders sei zu verstehen, warum Amazon sich einem Tarifvertrag verweigere. (…) Dagegen finden die Streiks am Dienstag in Bad Hersfeld, Leipzig, Graben (Bayern), Rheinberg, Werne und Koblenz statt. Auch in Spanien und Polen finden Aktionen der Beschäftigten statt, um auf ihre Arbeitsbedingungen hinzuweisen. In Polen finden am Dienstag Safe Package Aktionen (Dienst nach Vorschrift-Aktionen) statt, in denen besonders auf ordnungs- und sachgemäße Behandlung der Pakete geachtet wird. In Spanien rufen die Gewerkschaften zum Streik bis Mittwoch auf.” ver.di-Pressemitteilung vom 16.07.2018
- „Amazon Prime Day: A Union Walkout in Spain Is Prompting Activists to Boycott“ von Kat Tenbarge am 12. Juli 2018 bei Inverseist ein Beitrag, der diesen verkündeten Streik in Spanien als Ausgangspunkt nimmt, um verschiedene Solidaritäts-Aufrufe von Initiativen vorzustellen, die auf unterschiedliche Weise ihre Unterstützung für den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen ausdrücken wollen.
- Siehe dazu zuletzt: „Neuer Streik bei Amazon Madrid – und ein Aufruf zur europaweiten Aktion zum Amazon Prime Day am 16./17. Juli 2018“ am 23. Mai 2018 im LabourNet Germany
Quelle: labournet.de… vom 18. Juli 2018
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitskämpfe, Arbeitswelt, Deutschland, Gewerkschaften, Spanien, Widerstand
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