Schweiz
International
Geschichte und Theorie
Debatte
Kampagnen
Home » Debatte, Geschichte und Theorie

Die postmoderne Querfront. Zu Chantal Mouffes Theorie des Politischen

Eingereicht on 3. Mai 2019 – 14:44

Ingo Elbe. Chantal Mouffes gemeinsam mit Ernesto Laclau erarbeitete ‚postmarxistische‘ Theorie des Politischen ist derzeit der wohl meistdiskutierte Beitrag zum Thema Populismus. Mouffes und Laclaus Theorie stellt ein sowohl für den akademischen als auch den politischen und feuilletonistischen Diskurs attraktives Angebot dar: Sie gibt dem stets nach ‚Paradigmenwechseln‘ und Neologismen hungernden akademischen Betrieb eine neue ‚Beschreibung‘ der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie gibt der politischen Verunsicherung angesichts des vermeintlichen Scheiterns bürgerlicher wie kommunistischer Emanzipations- und Fortschrittsideen sowie des Untergangs ihrer Träger (des rationalen Individuums bzw. der proletarischen ‚Klasse für sich‘) einen ‚kontingenztheoretischen‘ Ausdruck; sie bietet aber zugleich das Versprechen neuer politischer Handlungsfähigkeit, indem sie die mit Ohnmacht assoziierbare Kontingenz und ‚Intransparenz des Sozialen‘ sowie das Fehlen des einen adressierbaren, politisch gestaltenden Subjekts als Möglichkeit neuer ‚hegemonialer Projekte‘ und sozialer Bündnisse begreift. Dieses Versprechen politischer Handlungsfähigkeit ist besonders für eine Linke attraktiv, die sich von der pluralen Version einer neoliberalen Einheitspartei in den Metropolen abwenden und sich zugleich das Erstarken nationalistischer, autoritärer und faschistischer Kräfte erklären will, das unter dem Label des ‚Aufstiegs des Rechtspopulismus‘ gerade in aller Munde ist. Beide Tendenzen – die ‚There is no Alternative-Politik‘ von Sozialdemokratie und klassischen Neokonservativen und das Erstarken der populistischen Rechten – werden insbesondere von Mouffe in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht. Als Heilmittel empfiehlt sie eine ‚antiessentialistische‘ linkspopulistische Strategie, die gegen ‚die neoliberalen Eliten‘ und die völkische Rechte zugleich gerichtet sein soll.

Im Folgenden werde ich diesen postmarxistischen Zugang zum Phänomen des Populismus darstellen und einige seiner Grundannahmen einer Kritik unterziehen. Die Grundthese lautet, dass der postmarxistische Ansatz eine irrationalistische Sozialontologie und ‚essentialistische‘ Massenpsychologie impliziert, die es nicht gestatten, den gegenwärtigen Populismus zu begreifen. Stattdessen bewegt sich Mouffe reflexionslos in populistischen Denkformen und Carl-Schmitt’schen Ideologemen, deren rationale Erklärung einer analytischen Sozialpsychologie in der Tradition der Kritischen Theorie obliegt. Es handelt sich dabei um eine Querfront von linken Theoretikern und Rechtsradikalen auf der Ebene der grundlegenden Beschreibung gesellschaftlicher Verhältnisse, die mit einer Ablehnung von Vernunft und moralischem Universalismus einhergeht und auf der politischen Ebene im Ressentiment gegen den Westen im Allgemeinen, gegen die USA im Besonderen, besteht.

Quelle: rote-ruhr-uni.com… vom 3. Mai 2019

Vollständigen Aufsatz lesen: Die postmoderne Querfront. Anmerkungen zu Chantal Mouffes Theorie des Politischen

Tags: , , ,