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Sozialistische Alternative DDR 89. Die Initiative für eine Vereinigte Linke

Eingereicht on 1. September 2020 – 15:12

Christoph Kelz, Hendrik Mayer und Erhard Weinholz. 30 Jahre danach sind viele Geschichten über die politische Wende in der DDR und insbesondere über den Weg in die deutsche Einheit noch immer nicht erzählt. Dabei stehen individuelle Erfahrungen weiterhin nicht selten im Gegensatz zum offiziellen Erinnerungsdiskurs. Ich erinnere mich beispielsweise an das damalige Tempo der gesellschaftlichen Veränderung und dass es manchmal schwerfiel, Schritt zu halten.

Ich erinnere mich an die vielen neuen Parteien und Bewegungen, die in dieser Zeit entstanden sind und die heute keine oder kaum noch eine Rolle spielen. Ich erinnere mich an die Runden Tische, an denen die unterschiedlichsten politischen Akteure um den künftigen Weg stritten und neue Demokratieerfahrungen sammelten. Ich erinnere mich an die Aufbruchsstimmung, die Stefan Heym bereits auf der großen Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz am 4. November 1989 in die Worte fasste, es war, «als habe einer die Fenster aufgestoßen nach all den Jahren der Stagnation, der geistigen, wirtschaftlichen, politischen, den Jahren von Dumpfheit und Mief, von Phrasengewäsch und bürokratischer Willkür, von amtlicher Blindheit und Taubheit». Es gab eine kurze Zeit, in der alles möglich schien – sogar ein demokratischer Sozialismus.

Wie engagiert an den Runden Tischen und später in der letzten Volkskammer der DDR um Mehrheiten gerungen wurde, habe ich selbst miterlebt. Die Atmosphäre und das Arbeitspensum, das die Abgeordneten bis zum 3. Oktober 1990 bewältigten, sind heute kaum vermittelbar. Dabei wäre es durchaus lohnenswert, wissenschaftlich zu ergründen, welche Formen politischer Meinungsbildung, Demokratie und Partizipation in den Aufbrüchen 1989/90 erfolgreich ausprobiert wurden. Leider ist vieles davon auf dem Weg in die deutsche Einheit auf der Strecke geblieben. Einige Mitstreiter*innen aus der Zeit der revolutionären Um- und demokratischen Aufbrüche in der DDR sind auch heute noch aktiv, andere haben sich, oft enttäuscht von den Möglichkeiten realer Einflussnahme, zurückgezogen. Die damaligen Friedens-, Umwelt und Menschenrechtsgruppen gehörten zu den politischen Hauptakteuren in der Wendezeit und viele von ihnen sind im offiziellen «Einheits-Gedächtnis» als Bürgerbewegungen weiterhin präsent.

Nicht so die Initiative für eine Vereinigte Linke (VL), die ab Herbst 1989 aktiv war. Sie trat für eine Reform des Sozialismus unter Beibehaltung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln ein und lehnte den Beitritt der DDR zur BRD ab. Sie kämpfte sozusagen sowohl gegen Politbüro als auch gegen Kapitalherrschaft. Ihr Ziel war ein basisdemokratisch verfasstes sozialistisches Gemeinwesen. Ich erinnere mich noch an die engagierten Beiträge von Thomas Klein, der für die VL in der letzten DDR-Volkskammer saß.

Heute, 30 Jahre später, sind die Initiative für eine Vereinigte Linke, ihre Forderungen und Aktivitäten nur noch wenigen bekannt. Im Unterschied zu den Bürgerbewegungen, die zum großen Teil in den etablierten Parteien des bundesdeutschen Systems aufgingen, ist von der VL nur wenig überliefert.

Ganze Broschüre lesen: Materialien34_Sozialistische_Alternative_web

Quelle: rosalux.de… vom 1. September 2020

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