Im Zeichen des Zorns gegen Macron und seine Bosse
Hansgeorg Hermann. In Frankreich demonstrieren 200.000 Menschen gegen Zerstörung und Privatisierung der öffentlichen Dienste.
Mehr als 200.000 Menschen haben am Donnerstag in allen großen französischen Städten gegen die »Reformen« des neoliberalen Staatschefs Emmanuel Macron demonstriert. Macron und sein rechtskonservativer Ministerpräsident Édouard Philippe wollen in den nächsten vier Jahren mehr als 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Die mit 50 Milliarden Euro verschuldete staatliche Eisenbahngesellschaft SNCF soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, die »Cheminots« (Eisenbahner) sollen ihren Beamtenstatus verlieren, der sie bisher vor Entlassung aus »wirtschaftlichen Gründen« schützte. Die Gewerkschaften kämpfen zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder als »vereinigte Bewegung« gegen die Regierung.
Geschlossen zeigten sich nach ihrer bösen Wahlniederlage im Mai und Juni des vergangenen Jahres auch die verschiedenen Lager der politischen Linken. Kommunisten, die »Neue Antikapitalistische Partei« (NPA), Kader der Bewegung »La France insoumise« (Unbeugsames Frankreich) mit Jean-Luc Mélenchon und die Führung des von politischer Bedeutungslosigkeit bedrohten Parti Socialiste (PS) marschierten am Nachmittag gemeinsam in dem langen Pariser Demonstrationszug. Macron hatte vor einigen Tagen erklärt, er sehe »bisher keinen Zorn im Volk«. Der Wortführer des NPA, Olivier Besancenot, erwiderte vor Kameras: »Nun, er wird ihn ab heute erleben!«
An den von teilweise brutalem Polizeieinsatz begleiteten Demonstrationen und Streiks beteiligten sich landesweit Menschen aller Berufsgruppen. Nach offiziellen Angaben legten bis zu 40 Prozent der 149.000 Eisenbahner die Arbeit nieder. Gestreikt wurde auch in Schulen und in den Verwaltungen des Landes. Lohnabhängige der bereits jetzt von schwerem Personalmangel geplagten öffentlichen Krankenhäuser verlangten von Macrons Regierung »Hilfe statt Entlassungen«. Der erste Sekretär der größten Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, erklärte im Fernsehen: »Macron will also modernisieren; das heißt aber nicht, dass Posten gestrichen werden müssen, sondern dass man den Beschäftigten die Mittel gibt, ihre Arbeit korrekt zu verrichten.«
Nach Ansicht der Gewerkschaftsführer wird die Streichung von Stellen auch im Gesundheitsdienst zwangsläufig zu Privatisierung führen. Das Programm der »neoliberalen« Herrschaft im Élysée-Palast und im Hôtel Matignon, dem Sitz des Ministerpräsidenten, weise auf die Zerschlagung der Sozialdienste und der staatlichen Unternehmen insgesamt hin.
Macron und Philippe wollen die von ihnen so genannten Reformen zudem ohne große Beteiligung des Parlaments exekutieren: Staatschef Macron wird sie, wie er ankündigte, in der Positur eines Alleinherrschers per Dekret beschließen und sie anschließend von seiner absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung nur noch abnicken lassen. Ein Verfahren, das ihm der Artikel 49.3 der französischen Verfassung zwar erlaubt, inzwischen aber sogar seine eigenen Wähler und das bisher still gebliebene rechtskonservative Lager gegen ihn aufbringt.
Die von den Gewerkschaften angekündigte »nationale Erhebung« soll drei Monate dauern. Für Mélenchon eine »sehr mutige Aktion – das hier ist kein Spiel; wir wollen, dass die Regierung zurückzieht«.
Quelle: jungewelt.de… vom 23. März 2018
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitswelt, Frankreich, Gewerkschaften, Neoliberalismus
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