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Berlin, Mall of Shame: Der Kampf der Wanderarbeiter gegen Entrechtung

Eingereicht on 14. Januar 2021 – 9:31

Hendrik Lackus & Olga Schell. Der 2014 von den Bauarbeitern begonnene Kampf richtete sich gegen die Arroganz und Ignoranz, mit der Wanderarbeiter*innen und prekär lebende, migrantische Arbeitskräfte im wohlhabenden Deutschland ausgebeutet werden. Mit ihrem Protest machten die kämpfenden Arbeiter die Ausbeutungspraktiken auf (deutschen) Baustellen sichtbar. Sie durchkreuzten rassistische Stereotype von bettelnden Roma und die Debatte um die drohende Armutseinwanderung aus Südosteuropa. Es ging ihnen in ihrem Kampf nicht nur um den Lohn, sondern auch um ihre Würde und Identität!

Fast alle am Protest beteiligten Arbeiter waren das erste Mal nach Deutschland zum Arbeiten gekommen. Der Ruf zur Baustelle am Leipziger Platz in Berlin hatte sie über informelle, familiäre Kanäle erreicht. Sie und ihre zurückgelassenen Familien hatten einen Arbeitsvertrag und einen festen Stundenlohn erwartet. Stattdessen erhielten sie zunächst geringe Lohnzahlungen und wurden dann komplett um ihren Lohn geprellt.

Mit ihrer hartnäckigen Präsenz verwiesen sie auf die andere Seite des Reichtums und der sauberen Konsumtempel: der Ausbeutung von Arbeitskräften, der Migrant*innen – in unterschiedlichem Ausmaß – am stärksten ausgesetzt sind.

Die Lohnprellerei und die extremen Ausbeutungsverhältnisse und dazu, das wütende Aufbegehren der Arbeiter und ihre öffentliche Anklage waren besonders und mobilisierend für viele Menschen. So erhielten die Arbeiter in ihrem Kampf viel Aufmerksamkeit, Zuspruch und Solidarität. Sie wurden schon bald von solidarischen Netzwerken und der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU2 Berlin unterstützt, deren Mitglieder sie wurden.

Gemeinsam wurde wochenlang der eisigen Kälte getrotzt, vor den Büros der verantwortlichen Firmen und dem inzwischen eröffneten Wohn- und Einkaufzentrum protestiert und die Öffentlichkeit über die Arbeitsbedingungen informiert. Ein lautstarker Höhepunkt war eine Demonstration am 6. Dezember 2014 mit ca. 500 Teilnehmer*innen, die den Konsumtempel umkreiste und den weihnachtlichen Einkaufsrummel mit den Rufen störte: „Mall of Shame – pay the workers!“

Aus der Einleitung von » Mall of Shame – Kampf um Würde und Lohn # Rückblicke, Hintergründe und Ausblicke erschienen bei Die Buchmacherei, Berlin.

Quelle: labournet.de… vom 14. Januar 2021

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