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Prigoschin als der „nützliche Idiot“ des Westens

Eingereicht on 28. Juni 2023 – 10:42

Andreas Korybko. Hätte Präsident Putin anders auf Prigoschins Putsch reagiert, dann hätte sich der Unionsstaat bereits auflösen können, nachdem die NATO offiziell in Weißrussland einmarschiert wäre und Russland in einen Bürgerkrieg gestürzt hätte, der mit Kiews Wiederaufnahme der gescheiterten «Frühjahrs»-Offensive hätte zusammenfallen können.

Zwei Entwicklungen am Dienstag untermauern den Verdacht, dass Prigoschin mit seinem Putschversuch am Wochenende als „nützlicher Idiot“ des Westens fungierte. CNN zitierte ungenannte US-Quellen, die ihnen mitteilten, dass die Geheimdienste ihres Landes „äußerst detaillierte“ Kenntnisse über seine Pläne hatten, „einschließlich der Frage, wo und wie Wagner vorgehen wollte“. Nach dem Beginn des Marsches forderten die USA ihre Verbündeten auf, „zu schweigen und Putin keine Gelegenheit zu geben“, sie für den bewaffneten Aufstand verantwortlich zu machen.

Die Insider-Quellen des Blattes behaupteten auch, dass „die Ukrainer von den Verbündeten gewarnt wurden, die Situation nicht zu provozieren“, weil „man einfach nicht das Narrativ begünstigen will, dass dies von uns initiiert wurde“. Diese Enthüllungen deuten sehr stark darauf hin, dass der Westen beabsichtigte, Prigoschin als seinen „Agenten des Chaos“ gegen Russland zu instrumentalisieren, weil sie erwarteten, dass er viel Blutvergießen provozieren würde, eine Vorhersage, die von einer anderen ungenannten Quelle von CNN in einem früheren Bericht nach dem Ende des Vorfalls geteilt wurde.

Mit anderen Worten: Sein Staatsstreich wurde „intern“ geplant, ohne dass es eine ausländische Absprache gab – es sei denn, die russischen Sicherheitsdienste finden Beweise für das Gegenteil –, aber er wurde von US-Spionen im Voraus entdeckt, die sich weigerten, Moskau darüber zu informieren, damit die USA ihren Rivalen destabilisieren konnte. Während des gesamten Verlaufs seines versuchten Regimewechsels verlangten die USA von ihren Vasallen, nicht „das Boot zu schaukeln“, wie es die CNN-Quellen formulierten, um zu verhindern, dass Prigoschin innehält, wenn er erkennt, dass er als ihr „nützlicher Idiot“ fungiert.

Diese Erkenntnis sollte Beobachter dazu veranlassen, ihre Meinung von Mitte des vergangenen Monats zu überdenken, als die Washington Post (WaPo) behauptete, bisher nicht veröffentlichte Dokumente aus den Pentagon-Leaks erhalten zu haben; darin wurde behauptet, Prigoschin stecke heimlich mit Kiew unter einer Decke. Nach dem, was die Quellen von CNN jetzt enthüllt haben, war dies wohl eine Informationsprovokation, die darauf abzielte, die Rivalität zwischen Wagner und dem Verteidigungsministerium (DM) zu verschärfen.

Prigoschin könnte gedacht haben, dass das DM diese falsche Geschichte ausgeheckt hat, die später angeblich von US-Spionen aufgeschnappt wurde, um einen Vorwand für seine Inhaftierung zu schaffen; das DM hinwiederum gedacht haben könnte, dass etwas Wahres dran sei und sie genau das so schnell wie möglich tun sollten. Darüber hinaus wollten die USA durch die Verbreitung von Behauptungen, die Prigoschins Ruf schadeten, ihn aus der Sicht des Durchschnittsrussen, der das Gegenteil von dem glaubt, was die USA sagen, in einem positiven Licht darstellen.

Der Verdacht, dass er der „nützliche Idiot“ des Westens war, erhärtet sich noch mehr, wenn man sich anhört, was der belarussische Präsident Lukaschenko am selben Tag gemäss dem neuesten CNN-Bericht sagte. Er informierte alle über seine Warnung vom Anfang des Monats bezüglich der Pläne des Westens, einen weiteren Putschversuch gegen ihn zu unternehmen, um sie darüber zu informieren, dass dieses Szenario am Wochenende in Gang gesetzt, aber gestoppt wurde. Es ist offensichtlich, dass der Zeitpunkt des belarussischen Staatsstreichs mit dem von Prigoschin in Verbindung gebracht werden sollte.

Da er als „nützlicher Idiot“ des Westens fungiert und die Geheimdienste seine Pläne weit im Voraus bis ins Detail kannten, so dass sie wussten, wo und wie er vorgehen wollte, macht es durchaus Sinn, dass sie einen ergänzenden Putschversuch in Weißrussland koordinierten, der mit seinem zusammenfallen sollte. Dies war auch aus strategischer Sicht nicht unvernünftig, da sie laut der von CNN zitierten Quelle fälschlicherweise davon ausgingen, dass es in Russland ein großes Blutvergießen geben würde.

Ausgehend von der Vorhersage, dass Russland auf unbestimmte Zeit zutiefst destabilisiert sein würde oder zumindest einen so starken strategischen Schlag gegen seine Stabilität erleiden würde, so dass es gezwungen wäre, seinen Fokus um zu überlebn sofort nach innen zu richten, beschlossen sie, ihre belarussischen Putschpläne für diese Zeit vorzuziehen. Es ist unklar, was schiefgelaufen ist und warum keiner ihrer Stellvertreter dort etwas Ähnliches wie Prigoschin versucht hat, aber es könnte sein, dass sie damit bis Samstagabend warten wollten.

Immerhin kam es zu keinen ernsthaften Zusammenstößen zwischen Wagner und den Streitkräften, abgesehen davon, dass erstere einige ihrer Piloten abgeschossen hatten, wie Prigoschin später am Montag zugab, woraufhin Präsident Putin die Gefallenen in seiner Ansprache am selben Abend ehrte. Da es auf dem Marsch von Wagner auf Moskau zu keinem größeren Blutvergießen gekommen war, wurde den belarussischen Verschwörern wahrscheinlich gesagt, sie sollten sich zurückhalten, bis Russland vollends ins Chaos gestürzt sei.

Was der Westen nicht erwartet hatte, war, dass Präsident Putin Prigoschin gnädigerweise eine letzte Chance gab, sein Leben zu retten, indem er mit seinen Kollaborateuren nach Weißrussland ins Exil ging, was den russischen Interessen in mehr als einer Hinsicht diente, wie in dieser Analyse erläutert wurde. Durch diesen Deal wurden die Feinde des Russischen Unionsstaates überrumpelt, nachdem ihre Experten die Öffentlichkeit bereits auf die schlimmsten Szenarien vorbereitet hatten, weshalb der Westen seine weißrussischen Helfer zurückrief und daraufhin seine inländischen bevollmächtigten Stellen beauftragte, Verschwörungstheorien in Umlauf zu setzen.

Wäre Prigoschins Staatsstreich am Samstagabend nicht unblutig zu Ende gegangen, wären sowohl Russland als auch Weißrussland gleichzeitig destabilisiert worden, vielleicht sogar bis zu dem Punkt, an dem es in Unterstützung der «Reellen» zu Belgorod-ähnlichen Stellvertretereinfällen gekommen wäre, vor denen Lukaschenko ebenfalls in diesem Monat gewarnt hatte. Das absolut schlimmste Szenario wäre gewesen, wenn Russland in einen Bürgerkrieg hineingeraten und somit nicht in der Lage gewesen wäre, seinen OVKS-Verbündeten in Weißrussland zu schützen, nachdem die NATO möglicherweise eine formelle Invasion begonnen hätte.

Diese Abfolge von Ereignissen sollte dadurch ausgelöst werden, dass Prigoschin nach seinem Putsch als „nützlicher Idiot“ des Westens aufgetreteb wäre. Präsident Putin hingegen war zu klug, um in diese Falle zu tappen, indem er überreagiert hätte und seinen Streitkräften befohlen hätte, den Wagner-Chef und seine Söldner mit tödlicher Gewalt zu stoppen, wie es der Westen fälschlicherweise vorausgesagt hatte. Stattdessen blieb er ruhig und beherrschte die Situation, indem er die Lage deeskalierte; dies wiederum ermöglichte es seinem Amtskollegen Lukaschenko, eine Einigung mit Prigoschin zu vermitteln.

Hätte Präsident Putin anders reagiert, hätte sich der Unionsstaat bereits auflösen können, wenn die NATO offiziell in Weißrussland einmarschiert wäre und Russland in einen Bürgerkrieg gestürzt hätte, was mit der Wiederaufnahme der gescheiterten Gegenoffensive Kiews zur Rückeroberung aller verlorenen Gebiete hätte zusammenfallen können. Der globale systemische Übergang zur Multipolarität, der durch die militärische Sonderoperation stark beschleunigt wurde, wäre zu einem plötzlichen Ende gekommen; diese Sonderoperation war aus Russlands Sicht eine Notwendigkeit zur Verteidigung seiner Souveränität.

Die Multipolarität hätte also von niemand anderem als den Helden von Noworossija selbst, wie Präsident Putin Wagner in seiner Ansprache an die Nation am Samstag nannte, auf tragische Weise den Todesstoß erhalten können, wenn Prigoschins Coup nicht gestoppt worden wäre. Seine „aufgeblähten Ambitionen und persönlichen Interessen“, wie der russische Staatschef seine Motive in der besagten Rede nannte, machten ihn blind für die beschämende Tatsache, dass er als der potentiell destabilisierendste „nützliche Idiot“ des Westens in der Geschichte fungierte.

Quelle: korybko.substack.com… vom 28. Juni 2023; Übersetzung durch die Redaktion maulwuerfe.ch

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