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Der Krieg und die Linken

Eingereicht on 27. Dezember 2023 – 10:16

Peter Wahl. Der Krieg in der Ukraine hat die gesellschaftliche Linke tief gespalten. Inzwischen hat der neue Krieg im Nahen Osten weitere Bruchlinien hervorgerufen, z.T. quer zu jenen beim Ukraine-Krieg. Das trifft die Linke in einer Situation, in der sie ohnehin schon in der Krise steckt. Der Niedergang und die Spaltung der Partei DIE LINKE sind nur die Spitze des Eisbergs. Vieles davon findet sich auch in der außerparlamentarischen Linken.

Dass Krieg die Linke spaltet ist allerdings nicht neu. Das erste große Trauma kam mit dem Ersten Weltkrieg – mit welthistorischen Folgen: der Spaltung der Linken in eine sozialdemokratische und eine kommunistische Strömung.

Der Sieg der Oktoberrevolution brachte dann die Staatswerdung der kommunistischen Bewegung in Form der Sowjetunion – und damit einen neuen Typus von Akteur, nämlich eine Staatsmacht mit progressivem oder explizit linkem Anspruch. Damit kam aber auch ein neuer Typus von Problemen und spezifischen Widersprüchen in die Welt. Denn ein Staat ist kategorial etwas anderes als eine Partei oder soziale Bewegung. Kombiniert mit linkem Anspruch kommt etwas heraus, das sich nicht einfach in die traditionellen Kategorien von Internationalismus, Antimilitarismus und linker Friedenspolitik passt. Mit diesem Problem schlägt sich die Linke bei zwischenstaatlichen Kriegen seither herum, vom sog. Hitler-Stalin-Pakt bis zu den Kriegen zwischen Vietnam und Kambodscha 1978/79 oder den sowjetischen Afghanistan Krieg in den 1980ern.

Die mehr oder minder intensive Parteinahme von Teilen der Linken mit einem Staat führt regelmäßig in Dilemmata. So wenn das ursprünglich nationalistische »Right or Wrong my Country« zu »Right or Wrong my Sowjetunion, my DDR, my Nicaragua« wird  – und bei einigen inzwischen auch zu »my Ukraine« und »my Israel«. Dem Objekt der Identifikation wird eine besondere Legitimität verliehen – heute zwar nicht mehr als links, aber zumindest als Opfer, wenn nicht sogar als moralisch überlegen im Kampf gegen das Böse, von dem geglaubt wird, es sei in Schurken(staaten) verkörpert.

Die Umbrüche im internationalen System – Stichwort: Herausbildung einer multipolaren Weltordnung und Ende der 500-jährigen Epoche der Dominanz Europas und seines nordamerikanischen Ablegers über den „Rest der Welt“ – erfordern eine Erneuerung linker Außenpolitik auf der Höhe des 21. Jahrhunderts.

Notwendig dafür ist zunächst, sich mit dem intellektuellen und affektiven »Betriebssystem« auseinanderzusetzen, das viele Linke angesichts des Ukraine-Krieges, des Kalten Kriegs 2.0. und des neuen Nahostkriegs antreibt. Wichtige Komponenten dieses Betriebssystems sind:

  • das Fremdeln gegenüber der machtpolitischen Struktur und Dynamik des Internationalen Systems, also das, was unter den Begriff »Geopolitik« fällt,
  • das weitgehende Fehlen einer eigenständigen Analyse der Eskalationsgeschichte der Konflikte. Die Mehrheit der Linken befassen sich erst seit dem 24. Februar 2022 mit der Ukraine, rsp. dem 7. Oktober 2023 mit dem Nahostkonflikt,
  • ein Überschuss an affektgesteuertem, emotionalem und moralbasiertem Umgang mit Krieg,
  • viel Unkenntnis der inneren Verhältnisse der Ukraine und Russlands, rsp. Israels und der palästinensischen Gebiete, was zur Abhängigkeit von den staatstragenden Medien und interessengeleiteter Experten aus dem Mainstream führt.

Die Linken und die Geopolitik

Dass die Linke ein distanziertes Verhältnis zu Geopolitik hat, ist insoweit verständlich, als der Begriff ursprünglich aus einer veralteten Theorie der internationalen Beziehung des 19. Jahrhunderts stammt, die das außenpolitische Verhalten eines Landes aus seiner geografischen Lage ableitete. Demnach würde z.B. aus der Insellage Englands die Notwendigkeit einer Kriegsflotte folgen. Solche Konstruktionen dienten als Rechtfertigung für imperialistische Außenpolitik. Bei den Nazis fand die Theorie Anwendung im Mythos vom »Volk ohne Raum«.[1]

Heute ist mit dem Begriff Geopolitik die Struktur und Dynamik des internationalen Systems in machtpolitischer Perspektive gemeint. Der nüchterne Umgang mit Machtpolitik und den Ungeheuerlichkeiten von Militärischem und Krieg befremdet allerdings viele, die mit heißem Herzen deren Überwindung wollen. Aber die Trennung von sachlicher Analyse der bestehenden Verhältnisse der Weltordnung einerseits, und der normativen Orientierung zu deren Veränderung andererseits ist eine notwendige – wenn auch nicht hinreichende -Bedingung erfolgreicher linker Außenpolitik.

Wenn die Ausblendung des geopolitischen Kontextes des Krieges beim offiziellen Bellizismus folgerichtig ist – alles andere würde die Moral an der Heimatfront untergraben – so ist es eine intellektuelle Bankrotterklärung, wenn Linke das tun. Es ist so, als ob man über den Ersten Weltkrieg sprechen und über die imperialistischen Rivalitäten jener Zeit schweigen würde. Die Genese und der geopolitische Kontext der Konflikte werden ausgeblendet, die Sicht auf den Krieg schrumpft zum singulären One-Off Event: den 24. Februar 2022 und für den Nahen Osten der 7. Oktober 2023. Auch wenn es sich bei beidem um einen qualitativen Sprung in der Eskalationsdynamik handelt, bleibt auch danach die Geschichte nicht stehen. In der Ukraine wandelt sich der Krieg durch den massiven Einstieg des Westens vom regionalen zum internationalen Stellvertreterkrieg. Und die israelische Reaktion auf das Massaker der Hamas wird zum Rachefeldzug, der vor allem palästinensische Zivilisten trifft. Der Krieg ist nicht mehr der gleiche, der er am Anfang war.

Affekte, Moral und Kriegsschuld

Das Problem der bellizistischen Linken sind aber nicht nur ihre analytischen Defizite, sondern die Reduktion der Komplexität von Konflikt und Krieg auf Affekte und Moral – sei es, dass es zu mehr bei ihnen selbst nicht reicht, sei es, dass sie Emotionen und Moral skrupellos instrumentalisieren.

Sicher, militärische Gewaltanwendung ist eine extreme Grenzüberschreitung. Es ist daher völlig normal und verständlich, dass sie heftigste Affekte hervorruft, darunter nicht nur Mitgefühl mit den Opfern, sondern auch gesteigerte Aggressionsbereitschaft, Kriegsbegeisterung, Hass und Rachegefühle. Das ist menschlich verständlich und gilt auch für Linke. Selbst jemand, der sich wie kein Zweiter mit der Psyche des Homo Sapiens auskannte, Sigmund Freud, schrieb zu Beginn des Krieges 1914: »Meine ganze Libido gehört Österreich Ungarn».[2]

Aber linke Friedenspolitik kann nicht auf Wut und Empörung gründen. Hass und Rache rufen wiederum Hass und Rache hervor und schaukeln sich so wechselseitig immer höher. Und Hass macht blind. Das geflügelte Wort aus Schillers Wallenstein »Der Krieg ernährt den Krieg« gilt gerade auch für seine emotionale Seite. Hinzu kommt, dass all diese Emotionen von kriegstreiberischen Interessen und Profiteuren des Militarismus skrupellos benutzt werden – meist schon vor dem Krieg, wenn Feindbilder über Jahre hinweg aufgebaut werden und der Gegner entmenschlicht und dämonisiert wird.

Demgegenüber kommt es darauf an, dass ein nüchterner, rationaler, analytischer Umgang mit Krieg nicht von überschäumenden Affekten erstickt wird. Schon Gramsci hat sich mit dem Problem beschäftigt. Für ihn ist es generell Aufgabe linker Politik, vom »Fühlen zum Verstehen, zum Wissen« zu gelangen, um handlungsfähig zu werden.[3] Unter den Bedingungen der Vernichtungskraft moderner Militärtechnik und der atomaren Bedrohung hat diese Maxime eine neue Qualität gewonnen. Krieg und Frieden sind eine zu ernste Sache, als dass sie Affekten und der Absolutheit von Moral überlassen werden dürften.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht darum, Moral prinzipiell in Frage zu stellen. Als normative Orientierung, als Kompass für die Richtung, in die politische Praxis entwickelt wird, ist sie nicht nur legitim, sondern unabdingbar. Insofern ist Moral eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Bedingung, um die Welt zu verstehen und zu gestalten. In unserem Kontext ist z.B. das Friedensgebot der UN-Charta eine solche Norm, sowie die Verpflichtung, wenn es dennoch zum Krieg gekommen ist, diesen so schnell wie möglich durch »friedliche Beilegung des Konfliktes zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel« zu beenden, wie es in der Resolution der UNO-Vollversammlung vom März 2022 heißt, in der 143 Mitgliedsstaaten den russischen Einmarsch verurteilen.

Auch die Befürworter eines Verhandlungsfriedens argumentieren moralisch, wenn sie auf die Opfer des Krieges verweisen. Offenbar haben wir es mit einer Kollision verschiedener moralischer Prinzipien zu tun. Solche Widersprüche tauchen in entsprechenden Diskussionen häufig auf, und die Morallehre, die Ethik, kennt unzählige Beispiele dafür. Es gibt aber nicht die eine und einzige Moral. In den meisten Konflikten stehen Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen moralischen Werten, wobei dann aber die eine Seite der anderen gern Unmoral unterstellt.

Der letztlich entscheidende Grund für das Auftreten moralischer Dilemmata liegt in der Struktur moralischen Denkens, das nur mit zwei grundlegenden Parametern arbeitet: gut und böse, Wir und die Anderen, richtig und falsch, schwarz und weiß. So primitiv das klingt, einflussreiche Politiker scheuen sich nicht, so zu reden, etwa wenn der ehem. polnische Regierungschefs sagt: »Europa muss eine Kathedrale des Guten und eine Universität der Wahrheit sein«,[4] und die ehemalige UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, zum Ukraine-Krieg schlicht meint: »Es geht um den Unterschied zwischen Gut und Böse[5] Die Realität ist aber komplexer, eher grau in grau und lässt sich meist nicht auf ein bipolares Schema reduzieren.

Nur Moral erspart also eine Analyse der strukturellen und historischen Zusammenhänge, aus denen heraus Krieg entsteht. Statt um Kriegsursachen, deren Verständnis erst Friedenslösungen ermöglichen würden, dreht sich alles um Kriegsschuld. Der Begriff Schuld kommt aus der Sphäre der Religion – »Herr vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern« -, der Moral und des Rechts, wo ein Richter einen Schuldspruch fällt, und ein Täter bestraft wird. Das Problem ist allerdings, dass es im internationalen System keinen allgemein anerkannten obersten Gerichtshof gibt. Der UN-Sicherheitsrat, dem ursprünglich eine solche Funktion zugedacht war, ist blockiert. Deshalb funktioniert die Regelung von Konflikt und Gewalt im internationalen System nicht so wie innerhalb von Gesellschaften, sondern folgt den machtpolitischen Kräfteverhältnissen. Je mächtiger ein Spieler ist, umso mehr neigt er im Zweifelsfall zu der alten Sponti-Parole: „Legal, illegal, scheißegal!“ Das gilt auch für jene, die so gern die Parole von der wertebasierten Außenpolitik auf den Lippen führen.

Moral hat noch einen weiteren Vorteil: Sie verleiht ihren Anhängern ein Gefühl der Überlegenheit – die sprichwörtliche moralische Überlegenheit. Wer sich auf Moral beruft, hat das angenehme Gefühl der Unangreifbarkeit.

Moral hat aber auch einen großen Nachteil: Sie ist unteilbar. Wer selber immer mal wieder andere Länder überfällt, wird unglaubwürdig, wenn er das Böse nur bei anderen sieht. Moral wird Doppelmoral. Das gilt auch für die Ukraine, die 2003 mit 1.600 Soldaten das sechstgrößte Truppenkontingent (von 36) in George W. Bushs Koalition der Willigen im Irak-Krieg stellte. Im Sound der moralischen Beurteilung der aktuellen Kriege könnte man das »einen verbrecherischen, menschenverachtenden Überfall« nennen.

Allerdings trifft der Vorwurf der Doppelmoral in der Regel nicht jene Linken, die sich heute für Waffenlieferungen, einen ukrainischen Siegfrieden und/oder für Solidarität mit Israel „ohne Wenn und Aber“ aussprechen. Die meisten von ihnen lehnten die Kriege des Westens in Jugoslawien, im Irak, in Libyen und anderswo ab. Dennoch stellen sich auch für sie moralische Probleme:

  • Ist es moralisch vertretbar, auf unkalkulierbare Zeit eine unkalkulierbare Zahl von Menschen in der Ukraine in den Tod zu schicken, um die Kriegsziele Kiews oder auch nur eine günstige Verhandlungsposition zu erreichen? Ist es moralisch, den Tod der anderen, von dem Anführer, Könige, Herrschende schon immer meinten, dass sie das Recht hätten, ihn einfordern zu können, für moralisch zu halten? Ist es moralisch vertretbar, den Gaza-Streifen in die Steinzeit zu bombardieren?
  • Der Absolutheitsanspruch von Moral ist ein Hindernis für Kompromiss und Diplomatie. Werte sind der Moral unantastbar. Sie empfindet es als Kapitulantentum von Maximalzielen abzurücken, Zugeständnisse zu machen und Kompromisse zu suchen – alles Tugenden, für die die Demokratie zu Recht gerühmt wird. Moral wird dann zur Kampfmoral an der Front oder der Moral an der Heimatfront, für deren Aufrechterhaltung jedes Mittel recht ist.

Welche außenpolitische Strategie der Linken für das 21. Jahrhundert?

Die Linke steht vor der Herausforderung, emanzipatorische Alternativen zur herrschenden Kriegs- und Konfrontationspolitik zu formulieren. Sie kann dabei auf nach wie vor gültige Prinzipien zurückgreifen: Diplomatie, Entspannung, Kooperation, friedliche Koexistenz, kollektive Sicherheit, politische Konfliktlösung. Sie mögen so manchem bellizistischen Linken altmodisch vorkommen, aber „das Schlachthaus der Geschichte“ (Heiner Müller) ist leider immer noch voll in Betrieb.

Allerdings ist es mit allgemeinen Prinzipien nicht getan. Die Komplexität und Widersprüchlichkeit im internationalen System verlangen immer wieder, sich auch zu konkreten Ereignissen zu verhalten. Alternativen heißt zuallererst, sich deutlich vom derzeitigen Kurs des herrschenden Blocks zu unterscheiden und als eigenständige Position sichtbar zu sein. Für eine autonome Positionierung stehen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, folgende Fragen auf der Tagesordnung:

  • Gebraucht wird die kritische Auseinandersetzung mit der Außenpolitik der USA. Das hat nichts mit Anti-Amerikanismus zu tun, sondern man kann das internationale System nicht verstehen, wenn man nicht weiß, wie das größte und einflussreichste Element darin funktioniert. Die Linke braucht wieder viel mehr USA-Versteher.
  • Ähnliches Wissen braucht sie über China und Russland und ggf. andere große Spieler. Allerdings ohne in ein schematisches Äquidistanzdenken zu verfallen, in dessen Nacht alle Katzen grau, bzw. alle Großmächte böse sind, sodass man sich möglichst aus deren Händel raushält.
  • Und da das Gegenteil eines Fehlers meist wieder ein Fehler ist, darf man sich auch nicht schematisch in das eine oder andere geopolitische Lager einordnen.
  • Was freilich nicht ausschließt, nach Einzelfallprüfung auch eine Initiative eines Landes oder einer Ländergruppe zu unterstützen. Die Bemühungen des türkischen Präsidenten beim Zustandekommen des erste Getreidedeals können Linke unterstützen, auch wenn man seine Politik gegenüber den Kurden und der Opposition im Land ablehnt.
  • Die Überwindung der US-Dominanz durch eine polyzentrische Weltordnung ist ein Ansatz zur Demokratisierung des internationalen Systems, an den linke Außenpolitik andocken kann. Wohlgemerkt: Ansatz. Denn die Verschiebung an der Spitze der globalen Hierarchie muss für sich genommen kein Fortschritt sein, wenn es nur darum ginge, den einen Hegemon durch einen anderen zu ersetzen. Auf was es ankommt, ist die Abflachung der internationalen Hierarchie durch eine progressive, inhaltlich-politische Orientierung zu ergänzen. In der Abschlusserklärung des ersten BRICS-Gipfels 2009 wird das durchaus als Ziel formuliert »eine multipolare Weltordnung, die demokratischer und gerechter ist, basierend auf der Anwendung des Völkerrechts, des gegenseitigen Respekts, der Kooperation, gemeinsamen Handelns und kollektiver Entscheidung aller Staaten.«[6] Das ist natürlich erst mal nur eine Absichtserklärung. Sollte sie Wirklichkeit werden, wäre das in der Tat eine neue Weltordnung, die die volle Unterstützung der Linken verdient.
  • Bei der Frage nach strategischer Autonomie der EU, wie u.a. von Macron 2017 in die Diskussion gebracht, kann es nicht darum gehen, die EU als klassische Großmacht neben den USA und China zu etablieren. Nur eine Autonomie, die mit einem anderen Politiktypus einhergeht, der auf Frieden, Koexistenz, Abrüstung und Kooperation beruht, wäre auch ein linkes Projekt.
  • Gleiches gilt für die deutsche Außenpolitik. Hier liegt eine besondere Verantwortung der deutschen Linken, die ihr niemand in der Welt abnehmen kann. Ihre Aufgabe ist es, der Militarisierung der Gesellschaft, der Aufrüstung und den Großmachtambitionen des herrschenden Blocks mit ihren verheerenden Folgen für Soziales, Demokratie und Umwelt entgegenzutreten. Dazu gehört auch, dämonisierenden Feindbildern entgegenzutreten, die erst Kriegsbereitschaft erzeugen.

Mit einem solchen Profil könnte die Linke eine Alternative zum bellizistischen Highway to Hell aufzeigen. Der neue Militarismus ist noch nicht mehrheitsfähig, wie Umfragen belegen. Anscheinend ist zumindest eine post-heroische Mentalität recht weit verbreitet, was durchaus als zivilisatorische Errungenschaft gewertet werden kann. Gerade hier liegt ja auch der Grund für die atemberaubende Propagandawalze, die durch die staatstragenden Medien rollt, um Konformismus an der Heimatfront zu erzwingen.

Aber wenn man mit internationalistischem Blick auf die Lage blickt und sich die Positionen des Globalen Südens anschaut, dann wird klar, dass konsequente Friedenspolitik für das 21. Jahrhundert keineswegs auf verlorenem Posten steht.

[1] Geografie ist auch heute nicht völlig bedeutungslos geworden. In Verbindung mit anderen Faktoren spielt sie nach wie vor eine Rolle. So ist es nicht unerheblich, ob man eine Großmacht zum Nachbarn hat. Wenn die Großmacht dann eine quasi kontinentale Insellage hat, wie die USA, dann ist das geopolitisch natürlich sehr viel angenehmer, als wenn man, wie Russland, mehrere Tausend Kilometer Landgrenze mit dem NATO-Gegner hat. Das etabliert Asymmetrien.

[2] Sigmund Freud, Briefe 1907–1926, Frankfurt a.M. 1965. S. 180.

[3] Antonio Gramsci, Gefängnishefte, Band 6, H. 11, §67, herausgegeben von Klaus Bochmann und Wolfgang Fritz Haug. Hamburg 1999.

[4] Rede Morawieckis an der Universität Heidelberg, 20.3.2023.

[5] www.telepolis.de/features/Republikaner-Debatte-Blutbad-ueber-die-Ukraine-und-was-ist-mit-China-9283499.html.

[6] BRICS (2009), Joint Statement of the BRIC Countries’ Leaders, June 16, 2009, Yekaterinburg. archive.kremlin.ru/eng/text/docs/2009/06/217963.shtml.

#Titelbild: Marinka, Oblast Donezk, vor wenigen Tagen. Screenshot

Quelle: overton-magazin.de… vom 27. Dezember 2023

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