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Der US-israelische Krieg gegen den Iran

Eingereicht on 26. Juni 2025 – 15:02

Karin Leukefeld. „Letzte Woche verhandelten wir mit den USA, als Israel beschloss, diese Diplomatie zu sprengen. Diese Woche sprachen wir mit den E3/EU, als die USA beschlossen, diese Diplomatie zu sprengen. Welchen Schluß würden Sie daraus ziehen?” Das schrieb der iranische Außenminister Abbas Araghchi am Sonntagmorgen (22.6.2025) auf „X“, vormals „Twitter“. Großbritannien und die EU-Kommission forderten vom Iran, an den Verhandlungstisch „zurückzukehren“, aber, so Araghchi weiter: „Wie soll der Iran zu etwas zurückkehren, das er nie verlassen, geschweige denn gesprengt hat?“

Wenige Stunden zuvor hatten die USA mit einem medial hochprofessionell inszenierten Angriff auf nukleare Einrichtungen im Iran auch die UN-Charta, internationales Recht, den NPT-Vertrag (Nicht-Verbreitung von Nuklearwaffen) und die Genfer Konvention gesprengt. Der israelische Ministerpräsident, der mit internationalem Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das humanitäre Völkerrecht gegen die Palästinenser gesuchte Benjamin Netanyahu, hatte schon vor dem US-Angriff seine Dankesbotschaft an US-Präsident Donald Trump auf ein Video gesprochen.

US-Präsident Donald Trump trat in der Nacht zum Sonntag im Weißen Haus in Washington vor die Kameras und bedankte sich und beglückwünschte (den israelischen) Ministerpräsidenten „Bibi Netanyahu. Wir haben als Team gearbeitet. Vielleicht hat noch niemals ein Team so zusammengearbeitet“, so Trump, der noch eine Woche zuvor betont hatte, nichts mit dem Angriff Israels gegen Iran zu tun zu haben. Zusammen hätten sie „einen langen Weg zurückgelegt, um diese schreckliche Bedrohung für Israel zu beseitigen.“ Iran sei „der Tyrann im Mittleren Osten und muss jetzt Frieden schließen. Wenn er das nicht tut, werden zukünftige Angriffe noch sehr viel stärker und einfacher sein.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, „Iran darf nie die Bombe bekommen“, Respekt für das internationalen Recht sei „entscheidend“, jetzt müsse der Iran sich für eine „glaubwürdige diplomatische Lösung engagieren,“ so von der Leyen auf „X“, vormals Twitter.

Der britische Premierminister Peir Starmer erklärte für die E3 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien), man habe die „jüngsten Entwicklungen im Mittleren Osten“ diskutiert und wiederhole die Verpflichtung „für Frieden und Stabilität für alle Staaten der Region. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Sicherheit Israels.“ Iran dürfe „nicht länger eine Bedrohung für die regionale Stabilität sein“ und – bezugnehmend auf die Angriffe der USA auf die iranischen Nuklearanlagen Fordow, Natanz und Isfahan – hieß es weiter: „Unser Ziel wird weiterhin sein, dafür zu sorgen, dass Iran keine Nuklearwaffe bekommt.“ Iran müsse ein „für alle Seiten annehmbares Abkommen verhandeln“ und dürfe “keine weiteren Aktionen unternehmen, die die Region destabilisieren” könnten.

Freitag, 20.06.2025

Am Freitag (20.6.2025) hatten sich die Außenminister der E3 und die EU-Außenbeauftragte mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi in Genf getroffen. Araghchi hatte dort vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf gesprochen und die Verurteilung des israelischen Krieges gegen sein Land gefordert. Am Nachmittag war Araghchi mit den Außenministern der so genannten E3 (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zu einem mehrstündigen Gespräch zusammengetroffen. Bei einer anschließenden Erklärung vor der Presse sagte Araghchi, Iran sei von Israel angegriffen worden und nehme sein international verbrieftes Recht auf Verteidigung wahr. Verhandlungen seien möglich, wenn Israel seine Angriffe einstelle. Die (militärischen) Möglichkeiten Iran, seine Interessen und das iranische Volk zu verteidigen, seien nicht verhandelbar.

Die E3-Außenminister hatten erklärt, Iran dürfe niemals eine Atomwaffe besitzen und müsse an den Verhandlungstisch mit den USA zurückkehren. Berichten zufolge forderten die E3 zusätzlich, dass Iran sein ballistisches Raketenprogramm einstellen müsse.

Am Tag zuvor (19.6.2025) hatte der bekannte US-amerikanische Journalist Seymour Hersh unter dem Titel „Was man mir gesagt hat, was auf den Iran zukommt“, einen „ursprünglichen Schlachtplan für einen neuen Krieg“ veröffentlicht. Noch am bevorstehenden Wochenende würden die USA mit B2-Bombern und mit bunkerbrechenden Bomben die Nuklearanlagen im Iran angreifen, so Hersh. Er nannte als Quellen für seinen Bericht „israelische Insider“ und „amerikanische Offizielle“, altgediente US-Offizielle hätten bestätigt, dass „alles unter Kontrolle“ gebracht werde, sobald der oberste iranische Revolutionsführer Ali Khamenei „verschwunden“ sei.

Während Araghchi mit den europäischen Außenministern zusammensaß, wurden erste Nachrichten über den Flugbefehl für US-amerikanische B2-Bomber verbreitet. Die Medien stellten das teuerste Kampfflugzeug der Welt des US-Herstellers Northrop Grumman, den Tarnkappenbomber B2 (Stealth B2 Bomber) zum Stückpreis von ca. 737 Millionen US-Dollar (Angabe 1997) ausgiebig in Print, Funk und Fernsehen vor.

Samstag, 21.6.2025

Der iranische Außenminister reiste von Genf nach Istanbul, wo am 21./22. Juni 2025 die Außenministerkonferenz der 54 islamischen und arabischen Staaten, OIC (Organization of Islamic Cooperation) stattfand. Der Unterstützung der arabischen und islamischen Staaten ist Iran sicher. Die Außenminister der Arabischen Liga erklärten bereits am Vorabend der OIC-Sitzung (Istanbul 20./21.6.2025), dass der nicht vom Iran provozierte Angriff von Israel sofort beendet und das internationale Recht, die UN-Charta und der NPT-Vertrag eingehalten werden müssten. Am Samstag (21.6.2025) traf Araghchi mit zahlreichen Außenministern der islamischen Staaten zusammen. Unter Leitung des türkischen Präsidenten Recep Tayyib Erdogan fand ein gesondertes Treffen zur Lage im Iran statt, bei dem sowohl Erdogan als auch weitere Staaten ihre Bereitschaft erklärten, als Vermittler für den Iran aktiv werden zu wollen.

Iran sei der Organisation der Islamischen Staaten Kooperation dankbar für die umfassende und einstimmige Unterstützung angesichts der israelischen Aggression, erkläre Araghchi auf X, vormals Twitter. „Während der Westen angesichts der israelischen Grausamkeiten – nicht nur gegen Iran, sondern gegen Muslime in der ganzen Region – wegsieht, gibt es beispiellosen Zorn und breite Solidarität in der islamischen Welt. Der Westen sollte das zur Kenntnis nehmen, er hat seinen moralischen Kompass komplett verloren.“

Sonntag, 22.6.2025

Nach dem US-Angriff auf drei nukleare Anlagen im Iran – Fordow, Isfahan and Natanz – in den frühen Sonntagmorgenstunden, bezeichnete Araghchi in einer kurzen Erklärung auf X (vormals Twitter) die Angriffe als „ungeheuerlich“ und warnte vor „dauerhaften Folgen“.

„Letzte Woche verhandelten wir mit den USA, als Israel beschloss, diese Diplomatie zu sprengen. Diese Woche sprachen wir mit den E3/EU, als die USA beschlossen, diese Diplomatie zu sprengen.“ Welchen Schluß würden Sie daraus ziehen?” Das schreibt der iranische Außenminister Abbas Araghchi am Sonntagmorgen (22.6.2025) auf „X“, vormals „Twitter“. Großbritannien und die EU-Kommission forderten vom Iran, an den Verhandlungstisch „zurückkehren“, aber, so Araghchi weiter: „Wie soll der Iran zu etwas zurückkehren, das er nie verlassen, geschweige denn gesprengt hat?“

Bei einer Pressekonferenz am Sonntagmorgen in Istanbul erklärte Araghchi, der Iran fordere eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates, „um unmißverständlich das kriminelle Verhalten der Vereinigten Staaten gegen Iran zu verurteilen“ und die USA „für diese ungeheuerliche Mißachtung internationalen Rechts und der Grundprinzipien der UN-Charta“ zur Verantwortung zu ziehen.

Er werde nach Moskau weiterreisen und am Montag mit dem russischen Präsidenten Putin zusammentreffen, teilte Araghchi mit. Russland und China hätten eine Resolution für den UN-Sicherheitsrat vorbereitet, die angesichts der US-Eskalation gegen Iran neu beraten werde.

Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates wies der russische UN-Botschafter Vassily Nebenzia am Sonntag (NY Ortszeit) darauf hin, dass das Gremium erst noch am vorherigen Freitag deutlich zur Deeskalation und einer Verhandlungslösung aufgerufen habe, doch die USA hätten die Position der gesamten internationalen Gemeinschaft ignoriert und sich „von Israel leiten lassen, anstatt es in die Schranken zu weisen und zu zwingen, die Eskalationsspirale zu stoppen“. Die Russische Föderation, China und Pakistan hätten einen „genauen und ausgewogenen Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrates ausgearbeitet und in Umlauf gebracht, in dem ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand und die Suche nach einer diplomatischen Lösung für das iranische Atomprogramm gefordert werden.“ Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, sei eine „klare und prinzipielle Haltung des Rates unausweichlich“, so der russische UN-Botschafter Nebenzia. Alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sollten „verantwortungsvoll“ handeln und den Resolutionsentwurf unterstützen.

Montag, 23.6.2025

Fernsehaufnahmen der kleinen Gesprächsrunde zwischen dem iranischen Außenminister Araghchi und Russlands Präsident Putin im Kreml zeigten am Montag ernste Gesichter. Der russische Präsident wurde von Außenminister Sergej Lavrov begleitet, Übersetzer saßen ebenfalls dabei. Putin versicherte Araghchi, die „nicht provozierte Aggression“ Israels und der USA auf den Iran sei „grundlos“ und „nicht gerechtfertigt, die Angriffe seien „illegitim“ und verstießen gegen internationales Recht“, berichtete der Sender Russia Today, der in Deutschland und in der EU verboten ist. Gemeinsam werde man „die drängenden Fragen erörtern und über einen Ausweg aus der derzeitigen Situation nachdenken“, wird Putin zitiert. Araghchi erklärte, Russland stehe „auf der richtigen Seite der Geschichte und des internationalen Rechts. Iran greife Ziele in Israel an, weil es seine Souveränität gegen die israelischen Angriffe verteidige, das sei sein Recht.

Am Montagabend wurde bekannt, dass die Iranische Armee gemeinsam mit den Iranischen Revolutionsgarden Raketenangriffe auf US-amerikanische Militärbasen in der Region begonnen haben. Der Nachrichtensender Al Jazeera berichtete von Angriffen auf die US-Basis al Udeid in Katar, die größte US-Militärbasis in der Region. Auch US-Militärbasen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Bahrain, Kuwait, Irak und in Syrien seien Ziele, die angegriffen würden. Die betroffenen Staaten und möglicherweise auch die US-Armee waren offenbar über den bevorstehenden Angriff informiert, der Luftraum wurde gesperrt.

Auf zahlreichen US-Militärbasen in der Region sind auch Soldaten verschiedener anderer NATO-Staaten stationiert, aus Frankreich, Großbritannien, aus Deutschland. Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass der zuständige Minister Boris Pistorius mit „Einsatzkontingenten“ in den jeweiligen Stützpunkten in Jordanien (Azrak), Irak (Bagdad, Erbil) und Katar (Al Udeid), bei der UNIFIL im Libanon und in Israel telefoniert habe. Auf die Frage, wie es den „Soldatinnen und Soldaten“ gehe, hieß es, „sehr gut“ und alle seien „hochmotiviert“. Manche hätten in den letzten Tagen mehrfach Schutzräume aufgesucht, weil es „Flugkörperüberflug im Luftraum gegeben habe“. Man habe „die internationalen Entwicklungen fest im Blick und wisse, wie wir – abgestimmt mit unseren Partnern – auf Lageveränderungen reagieren können.

Some Food for Thought – Denkanstöße

Trita Parsi, Vizepräsident des Quincy Instituts für verantwortliche Staatsführung wies die Angabe aus dem Weißen Haus, der Angriff der USA sei eine Reaktion auf eine existenzielle und unmittelbare Gefahr für die USA durch den Iran gewesen, zurück. Es gebe „absolut keinen Beweis“ dafür, dass es irgendeine Gefahr für die USA aus dem Iran gegeben habe, so Parsi. „Weder existenziell noch unmittelbar.“ Tatsache sei, dass zwei Länder, die über Atomwaffen verfügten, ein drittes Land angegriffen hätten, das keine Nuklearwaffen habe. „Israel wurde nicht vom Iran angegriffen, Israel hat den Krieg begonnen. Die USA wurden nicht vom Iran angegriffen, die USA haben diese Konfrontation begonnen.“

Kommentar von William Robert (USA): Der Westen will, dass der Iran etwas Großes tut. Er will, dass er aus dem Atomabkommen austritt, dass er die Inspektoren rauswirft. Er will, dass der Iran regionale US-Stützpunkte angreift und die Straße von Hormuz sperrt. Er will, dass der Iran überreagiert, damit er den Konflikt auf die nächste Stufe eskalieren kann.  Die nächste Stufe beinhaltet natürlich den möglichen Einsatz von Atomwaffen gegen den Iran und eine opportunistische Hinwendung zu China, einschließlich der Einleitung des seit langem geplanten Embargos gegen China. Dies könnte Wochen, Monate oder auch nur Tage dauern, je nachdem, wie der Iran auf die eskalierenden Provokationen reagiert. Die nächste Provokation wird mit Sicherheit die Ermordung des obersten iranischen Führers sein. Wenn der Westen ihn ausfindig machen kann, wird er versuchen, ihn zu töten … erneut, um eine starke iranische Reaktion zu provozieren, die als Vorwand für die Eskalation dienen kann. (WhatsApp-Gruppe)

Mehdi Hassan, Journalist, erinnert auf seinem Instagram-Kanal ebenfalls daran, dass der Iran keine Nuklearwaffen hat, Israel sehr wohl. Iran sei Unterzeichnerstaat des NPT-Abkommens, Israel nicht. Iran habe Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde, IAEA, ins Land gelassen, Israel nicht. Das sei „nukleare Heuchelei“, so Hassan weiter. Er habe in seiner Fernsehshow (Head to Head, Al Jazeera Englisch, 20.7.2018) den ehemaligen stellvertretenden israelischen Außenminister Danny Ayalon einmal gefragt, wie viele Atomwaffen Israel habe: „Experten sagen, es seien zwischen 80 und 400“, sagt Hassan. Ayalon sah ihn herablassend lächelnd an und antwortete: „Na und?“

Er frage sich, so der Journalist Hassan nach dem Einblenden der Sequenz in einem Videoclip, warum westliche Medien, die „jede Menge israelische Interviewpartner in ihren Sendungen haben, diese nie nach den israelischen Atomwaffen fragen?“ Für ihn sei das „nukleare Heuchelei“.

(Private Korrespondenz): „Es erinnert ja sehr viel an das Vorgehen im Irak. Da wird wieder ohne triftigen Grund ein Krieg begonnen und hinterher alles im Chaos hinterlassen.“

(Red.) Und jetzt ist Donald Trump echt sauer, weil nicht alles genau so läuft, wie von ihm gewünscht – siehe dieses Video!

Quelle: globalbridge.ch… vom 26. Juni 2025

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