Ralf Hoffrogge „Hier in diesem Saale, hier an dieser Stätte, wo ehemals die stärksten Stützen der alten, schuldbeladenen, gestürzten Regierungsgewalt zusammentraten, treten heute die Vertreter der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands zusammen, um das Fundament der deutschen sozialistischen Republik zu legen.“

Mit diesen Worten leitete Richard Müller, Metallarbeiter, Mitorganisator von Massenstreiks gegen den ersten Weltkrieg und seit dem 10. November Vorsitzender des Berliner „Vollzugsrats der Arbeiter- und Soldatenräte“ am 16. Dezember den ersten Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands ein. Die hier zum hundertsten Jahrestag erstmals in lateinischen Lettern vorliegenden Protokolle des Kongresses sind für die Geburt der Weimarer Republik eine Quelle ersten Ranges. Einerseits wegen der Folgenschwere der getroffenen Entscheidungen, aber auch wegen der Akkuratesse der Überlieferung: insgesamt 12 Stenografen und 15 Hilfskräfte erfassten nicht nur jedes Detail der ohne Mikrofon und Tonband gehaltenen Reden, sondern auch die Zwischenrufe. Vielfaches „Bravo!“ signalisierte Zustimmung, „Unruhe“ im Saal wurde ebenso vermerkt wie durch „Hört! Hört!“ ausgedrückte Anteilnahme – ein Jahrhundert später erlaubt diese Detailtreue es den Leserinnen und Lesern, beinahe unmittelbar an der revolutionären Versammlung teilzuhaben. Sogar die Ausstattung des Saals ist überliefert: „Die Präsidial- und Redner-Tribünen waren mit rotem Tuch ausgeschlagen. An den Wänden hingen riesige Kränze aus dunkelgrünem Tannenlaub mit roten Schleifen und goldenen Borten“. Rot war die Farbe der sozialistischen Arbeiterbewegung. Die Veränderung des Ortes war mehr als Dekoration, sondern eine demokratische Landnahme.

Das ganze Vorwort des Buches Allgemeiner Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands. 16.- 20. Dezember 1918 Berlin – Stenografische Berichte  (Die Buchmacherei, Berlin) lesen: Reich, Räte und Republik

Quelle: http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2018/11/raete_hoffrogge.pdf  

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