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Streiks im faschistischen Italien und im NS-Deutschland

Eingereicht on 1. März 2019 – 15:43

Timothy W. Mason. Das, was sich am Freitag, dem 5. und am Samstag, dem 6. März 1943, in einigen Werkshallen der Turiner Rüstungsindustrie tatsächlich ereignete, wird man wahrscheinlich präzise und im Detail nie erfahren. Die Ereignisse selber waren konfus und verworren, das Gedächtnis der überlebenden Teilnehmer erweist sich als verwirrt – vor allem in Bezug auf den genauen zeitlichen Ablauf der Dinge. Hinzu kommt die rätselhafte Tatsache, daß beinahe sämtliche zeitgenössischen

Dokumente vernichtet oder aus den zuständigen Archiven entfernt worden sind. Die historische Literatur ist reichhaltig aber ungenau. Die minutiöse Rekonstruktion des Geschehens wäre vor allem deshalb aufschlußreich, weil es sich hier um den Anfang, um den Durchbruch einer Streikbewegung handelte, die dann sechs Wochen lang andauern und das gesamte norditalienische Industriegebiet – mit Ausnahme Genuas – erfassen sollte. Die faschistische Diktatur wurde durch den Ausstand schwer erschüttert, die Streiks bereiteten dem konservativen Staatsstreich vom 25. Juli 1943 den Weg und bildeten eine der Voraussetzungen des Partisanenkrieges gegen Mussolinis Republik von Salo und gegen die deutsche Wehrmacht. Die heutige Stärke der KPI [Dieser Aufsatz stammt aus dem Jahre 1984; Anm. maulwuerfe.ch] liegt in den Ereignissen dieser Tage begründet.

Der Arbeiterausstand im norditalienischen Industriegebiet Aber zurück zum 5. März: Man kann wohl davon ausgehen, daß in drei Abteilungen des riesenhaften Fiat-Mirafiori-Werkes und in zwei Abteilungen der kleineren metallverarbeitenden Firma Rasetti Gruppen Arbeiter und Arbeiterinnen vormittags um 10 Uhr beim Probealarm der Luftschutzsirene oder nach der Mittagspause ihre Maschinen abstellten und sich zu Demonstrationen formierten, in deren Verlauf sie Lohnerhöhungen forderten. Diesen Beispielen folgte dann am 6. März die Belegschaft der Firma Microtechnica.

Die Streikenden blieben jeweils innerhalb des Werksgeländes und versuchten, mit ihrer Betriebsleitung direkt zu verhandeln. Die Rolle der illegalen Kommunistischen Partei Italiens (KPI) bei der Auslösung dieser Streikaktionen ist umstritten. Klar ist jedoch, daß die betreffenden Abteilungen und Werke zu jenen gehörten, in denen die insgesamt noch kleine KPI in Turin am stärksten vertreten war. Wahrscheinlich waren es illegal organisierte Kommunisten, die den Zeitpunkt und die Form des Streiks (Arbeitsunterbrechung innerhalb des Betriebs, sog. „weißer“ Streik) bestimmten, und die die ersten Ausstände persönlich anführten. Jene Kader behaupteten hinterher, sie hätten darüber hinaus auch die Plattform mit den Forderungen der Streikenden im Voraus festgelegt.

Ganzen Aufsatz lesen: Timothy W. Mason – Massenwiderstand ohne Organisation. Streiks im faschistischen Italien und im NS-Deutschland

Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung… vom 1. März 2019

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