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Volkswagen kuschelt in Brasilien wieder mit Faschisten

Eingereicht on 15. Mai 2019 – 15:28

Niklas Franzen. Aktivist*innen kritisieren bei der VW-Hauptversammlung fehlende Aufarbeitung der Militärdiktatur – und die Nähe zu Präsident Bolsonaro.

Auch mit dem ultrarechten Gouverneur von Rio de Janeiro, Wilson Witzel, hat Volkswagen keine Probleme. Im März besuchte Witzel Deutschland und traf sich in Berlin mit dem CEO von VW Bus and Trucks in Brasilien, Roberto Cortes. Russau meint: »Dass Cortes auf Firmenkosten nach Deutschland fliegt, um Witzel die Hände zu schütteln, ist ekelhaft.« Erst vergangene Woche ist Witzel bei einem Hubschrauberflug der Polizei mit geflogen, bei dem Scharfschützen Schüsse auf eine Favela abfeuerten. Vor wenigen Tagen wurde Witzel vor der UN wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.

Die Zusammenarbeit von VW mit autoritären und faschistischen Kräften in Brasilien hat Tradition. Volkswagen ist seit 1953 in Brasilien aktiv und beschäftigt aktuell rund 20.000 Menschen dort. In einem der größten Auslandswerke des Konzerns ließ VW während der Militärdiktatur (1964 bis 1985) Mitarbeiter*innen ausspionieren und lieferte Informationen an die Geheimagenten der Diktatur. Mehrere Mitarbeiter*innen wurden daraufhin verhaftet und gefoltert. Eines der damaligen Opfer, Lúcio Bellentani, erklärte, dass der VW-Werkschutz nicht nur seine Verhaftung, sondern auch seine Misshandlung durch die Politische Polizei auf dem Werksgelände geschehen lassen habe.

Ermittlungen haben gezeigt, dass die damaligen Chefs von VW do Brasil, Wolfgang Sauer und Werner Paul Schmidt, über die Folterpraktiken Bescheid wussten. Eine im vergangenen Jahr präsentierte Studie des von VW beauftragten Historikers Christopher Kopper belegt die Verstrickung von Volkswagen do Brasil in die Gräueltaten der Militärdiktatur. Eine Entschuldigung ist bis heute ausgeblieben. Mehrere Folteropfer, wie der VW-Mitarbeiter Heinrich Plagge, sind gestorben, bevor sie entschädigt wurden. Am Montag demonstrierten in Brasilien Folteropfer und forderten: »Wir wollen Gerechtigkeit, bevor wir tot sind.«

Auch Russau findet klare Worte: »Sie sollten sich ihrer historischen Verantwortung stellen, um Entschuldigung bitten, Entschädigungen zahlen und vor allem: Sie sollten mit den Faschisten dieser Welt nicht mehr kooperieren.« Daraufhin fordert Russau den VW-Vorstand auf, sich in Gedenken an die Opfer zu erheben. Niemand kommt der Aufforderung nach. Als der Berliner die gleiche Forderung den Aktionär*innen stellt, erheben sich rund 50 Aktionär*innen. Nach seiner Rede sagt der Aktivist dem »nd«: »Diejenigen, die sich geweigert haben aufzustehen, verbleiben in ihrer geldfixierten Arroganz. Saubande.«

Quelle: neues-deutschland.de… vom 15. Mai 2019

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