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Gegen die imperialistischen Aufteilungspläne in Rojava!

Eingereicht on 25. Oktober 2019 – 9:23

BFS Zürich und BFS Jugend Zürich. Mit dem Abzug der US-amerikanischen Truppen hat Trump seinem NATO-Partner Erdogan den Weg für die lang ersehnte Invasion in Nordsyrien geebnet. Seither führt Erdogan, unbehelligt von der sogenannteninternationalen Gemeinschaft, einen blutigen Vernichtungskrieg gegen das selbstverwaltete kurdische Gesellschaftsprojekt in Rojava. Die EU greift nicht ein, um die wirtschaftliche Partnerschaft mit der Türkei und den «Flüchtlingsdeal» nicht zu gefährden. Sie nimmt damit in Kauf, dass tausende Menschen sterben und hunderttausende vertrieben werden. Und nun wurde bekannt, dass Erdogan und Putin vereinbart haben, Nordsyrien unter sich, Assad und den USA aufzuteilen.

Erdogans nationalistische Pläne helfen dem IS

Die Türkei pochte seit Monaten darauf, in der Grenzregion eine «Sicherheitszone» einzurichten. Das Sicherheits-Argument ist aber nur vorgeschoben, denn eigentlich geht es um die Zerstörung der kurdischen Autonomie. Erdogan steht innenpolitisch unter Druck und sieht im Krieg gegen Rojava unter anderem ein Mittel, um seine Macht zu sichern. Mit einem türkisch besetzten Korridor in Syrien treibt er einerseits die kurdische Bevölkerung Syriens und der Türkei geografisch auseinander. So behindert er die stärkere Annäherung der kurdischen Bewegungen, die nach jahrzehntelanger Unterdrückung ein unabhängiges, freies Kurdistan aufbauen wollen. Andererseits schürt Erdogan damit die antikurdischen Ressentiments in der Türkei. Dies sichert ihm längerfristig die Unterstützung der nationalistischen Kräfte in der Türkei.

Bis anfangs Oktober 2019 haben die USA dieses Vorhaben verhindert. Zu gross waren die Bedenken, dass der Einmarsch der Türkei zum Wiedererstarken des IS führen würde. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass diese Bedenken nicht unbegründet waren. Seit Kriegsbeginn sind hunderte inhaftierte IS-Kämpfer aus den Gefängnissen und Geflüchtetenlagern geflohen, die die kurdischen Kräfte nicht mehr bewachen konnten. Zudem hat die Türkei verschiedene dschihadistische Milizen rekrutiert, um die Region zu destabilisieren und die kurdischen Kräfte zusätzlich zu schwächen. Bereits kam es zu islamistischen Anschlägen und einige Dörfer in Nordsyrien sind wieder unter Kontrolle des IS.

Imperialistische Aufteilungspläne

Nach den völkerrechtswidrigen Einmärschen der Türkei in der Region rund um Al-Bab 2016 und Afrin 2018 im Nordwesten Syriens, die ebenfalls von kurdischen Kräften kontrolliert wurden, geht die Türkei nun also noch weiter. Dieser von der Türkei geführte Krieg ist verheerend für die Region, die sich nach der Zeit der islamistischen Terrorherrschaft noch im Wiederaufbau befindet. Hunderttausende Menschen sind zur Flucht gezwungen. Die Bemühungen zur Zerschlagung des IS, welche zehntausende Tote gekostet haben, werden zunichte gemacht.

Mittlerweile ist bekannt geworden, dass Putin und Erdogan eine Vereinbarung zur Aufteilung Nordsyriens getroffen haben: Die Türkei annektiert de facto Afrin und die Gebiete um die Städte Azaz, Mare und Jarabulus im Nordosten, die Gebiete um Tal Abayd/Gire Spi und Ras al-Ain/Serekaniye im mittleren Norden. Das Assad-Regime übernimmt die dicht besiedelten Gebiete um Kobane und Qamishlo/Qamishli sowie Derik/Al-Malikiyah ganz im Nordosten.

Diese Gebiete sind von Kurd*innen, Araber*innen, Assyrer*innen und weiteren Volksgruppen besiedelt. In den Grenzgebieten im Norden bis 10km von der Grenze entfernt sollen türkische und russische Truppen stationiert sein. Die Syrian Democratic Forces (SDF, kurdisch dominiertes Militär- und Verteidigungsbündnis) und die Kräfte der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ müssen sich hinter eine Zone von 30km von der türkischen Grenze zurückziehen. In einigen Gebieten weiter südlich sind noch lokale Militärräte der örtlichen Bevölkerung zugelassen. Die SDF würden demnach nur noch dünn besiedelte und sehr trockene Gebiete kontrollieren. In diesen Gebieten sind aber die wichtigsten Ölquellen und hier wollen US-Truppen weiterhin stationiert bleiben.

Folgen der Aufteilungspläne

➡️ Die demokratische Selbstverwaltung verliert die militärische Kontrolle über alle dicht besiedelten Gebiete.

➡️ Die imperialistischen Mächte der USA, Russland und in Europa sowie ihre (wechselnden) Partner der autoritären Regimes in der Türkei, Syrien und Iran sind sich einig: Sie wollen keine demokratische Selbstbestimmung der Menschen vor Ort. Sie wollen Kontrolle und Herrschaft.

➡️ Die gesamte Operation wird eine riesige Fluchtbewegung auslösen. Flüchtende Menschen «stören» in den Augen der Mächtigen allerdings nur, wenn sie in die imperialistischen Länder wollen.

➡️ Da das Projekt der demokratischen Selbstverwaltung aber vor allem ein zivilgesellschaftliches ist, werden ihre Strukturen in den Gebieten im Norden weiterhin existieren. Es ist allerdings absehbar, dass sie vom syrischen Regime stark bedroht werden.

Unsere Pflicht: Gegen den Krieg!

In ganz Europa und darüber hinaus gibt es seit Wochen Demonstrationen und Aktionen gegen die Invasion der türkischen Regierung, die Passivität der internationalen Gemeinschaft und die imperialistischen Aufteilungspläne der Grossmächte. Die internationale Solidaritätsbewegung muss sich auf eine lange Auseinandersetzung einstellen und die demokratische Selbstverwaltung der Kurd*innen, Assyrer*innen und Ararber*innen weiterhin unterstützen. Hierbei gilt es die ökonomischen Interessen der großen türkischen und europäischen Konzerne direkt anzuprangern. Der Aufbau einer gezielten Boykottbewegung gegen den türkischen Staat und ebensolche großen Konzerne, die mit dem türkischen Staat Geschäfte machen oder mit ihm verbunden sind, kann langfristig wirksam sein. Erinnern wir uns an den Boykott gegen das Apartheid-Regime in Südafrika in den 1980er Jahren.

Der Krieg gegen Rojava ist ein Krieg gegen die Idee der demokratischen Selbstbestimmung, gegen die Freiheit und gegen die Befreiung der Frauen*. Wehren wir uns gegen den sogenannten «Flüchtlingsdeal» zwischen Erdogan und der EU. Bekämpfen wir das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei. Zeigen wir den europäischen Regierungen und Konzernen, dass wir nicht einverstanden sind, wenn sie aus reiner Profitgier Rüstungsgüter an mordende Staaten liefern. Zeigen wir den kurdischen Aktivist*innen und Kämpfer*innen, dass sie nicht alleine sind – denn überall ist Rojava, überall ist Widerstand!

Stoppen wir Erdogans Angriffskrieg auf Rojava!

Nein zu den imperialistischen Aufteilungsplänen!

Solidarität mit der betroffenen Bevölkerung und ihren Verteidigungseinheiten!

Flyertext für die schweizweite Demonstration gegen den Krieg in Rojava am Samstag, 26. Oktober 2019

Quelle: sozialismus.ch… vom 25. Oktober 2019

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