SolidaritéS, 20. März 2020. Im Anschluss an die Pressekonferenz des Bundesrates vom Freitag, 20. März, stellt SolidaritéS fest, dass der Bundesrat selbst jetzt noch nicht die notwendigen Entscheidungen trifft. Mehrere Nachbarländer, vor allem Österreich und Italien, haben angesichts der ernsten Gesundheitssituation nicht gezögert, viel weiter gehende Maßnahmen zu ergreifen. Wir wiederholen, dass die wiederholten Forderungen nach individueller Verantwortung einfach nicht akzeptabel sind, wenn sie nicht von durchgreifenden strukturellen Maßnahmen in Bezug auf nicht wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten und in Richtung einer Stärkung des Gesundheitssystems begleitet werden. 

Für den Bundesrat ist es auch heute noch vorrangig, «alles zu tun, um ein möglichst ausreichendes Aktivitätsniveau aufrechtzuerhalten». Auch wenn die Wirtschaft des Landes derzeit noch zu 80% läuft, ist eine solche Aussage ein weiterer Beweis dafür, dass in seinen Augen unser Leben immer noch weniger wert ist als ihre Profite. Die Prekärsten, darunter Obdachlose, Sexarbeiterinnen und Flüchtlinge, werden von den Behörden völlig ignoriert. In der gegenwärtigen Situation sind sie jedoch diejenigen, die vorrangig finanziell und personell unterstützt werden müssen. 

Die Zahl der gemeldeten Fälle von Covid-19 in der Schweiz liegt heute jedoch bei 4840, d.h. fast 1000 zusätzliche Fälle an einem Tag. In einigen Kantonen stehen die Krankenhäuser bereits an der Schwelle zur Sättigung. In Genf lassen die Krankenhäuser nun Personal mit Symptomen wegen unzureichender Personalausstattung zur Arbeit kommen. Massive finanzielle und personelle Ressourcen müssen sofort und ohne weitere Verzögerung zur Verfügung gestellt werden, um unserem Gesundheitssystem zu helfen. Andernfalls muss das Krankenhauspersonal unter sehr unsicheren Bedingungen eine unmenschliche Arbeitsbelastung auf sich nehmen. Sie wären auch mit einer unerträglichen emotionalen Belastung konfrontiert: derjenigen, Tausende von Menschen sterben zu sehen und gezwungen zu sein, einige ihrer Patienten sterben zu lassen. Die Schweiz verfügt über ausreichende Mittel, um einen massiven Plan für die Entwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens und der sozialen Dienste zur Überwindung dieser gesundheitlichen und sozialen Krise bereitzustellen. 

Gemeinsam mit den Gewerkschaften fordert SolidaritéS die weitgehende und sofortige Schliessung aller öffentlichen und privaten Tätigkeitsbereiche, die für das Leben der Gesellschaft nicht wesentlich sind. Die Priorität ist nicht die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit um jeden Preis, sondern im Gegenteil die Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung durch die Einstellung der Produktion von allem, was nicht gesellschaftlich unentbehrlich ist und die Organisation der Produktion zur Bereitstellung der notwendigen Mittel. Wenn in den kommenden Tagen nicht solche Maßnahmen ergriffen werden, wird ein breiter Streik an allen Orten, an denen die Arbeit nicht unterbrochen wird, das einzige verfügbare Mittel des Kampfes sein. solidaritéS unterstützt bereits jetzt die Lohnabhängigen, die in den letzten Tagen in diesem Sinne gestreikt haben.

Angesichts der aktuellen Dringlichkeit, und um der gegenwärtigen Krise zu begegnen, fordert SolidaritätS als oberste Priorität: 

• Die sofortige Schließung aller Betriebe, die für die öffentliche Gesundheit und das Mindestfunktionieren der Gesellschaft nicht wesentlich sind.
• Die Bereitstellung aller finanziellen und personellen Ressourcen, die notwendig sind, um die Versorgung und kostenlose Durchführung aller Präventivmaßnahmen, Tests und Pflege im Zusammenhang mit Covid-19 zu gewährleisten und gleichzeitig die Versorgung anderer kranker und verletzter Personen zu garantieren.
• Die massive und sofortige Stärkung der öffentlichen Gesundheitsdienste und die Unterstellung des privaten Gesundheitssektors unter öffentliche Kontrolle, um das Recht auf die beste Behandlung für alle und die gleiche Versorgung aller Patienten sowie bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal zu gewährleisten.

Quelle: solidarites.ch… vom 21. März 2020; Übersetzung durch Redaktion maulwuerfe.ch

Tags: Arbeitswelt, Covid-19, Gesundheitswesen, Gewerkschaften