Streik bei Nissan bei Barcelona gegen Schliessungsplan
Seit Montag, 04. Mai 2020 befindet sich die Belegschaft von Nissan in Montcada (Sonderwirtschaftszone in der Nähe von Barcelona) im Streik: Seit über einer Woche nunmehr. Dabei geht es darum, dass Belegschaft und Gewerkschaften befürchten, die offensichtlich beabsichtigte Werksschließung könne „durchgezogen“ werden – das Unternehmen will dies großzügigerweise in ein paar Monaten (im Sommer, wie aus der nachfolgenden Meldung hervorgeht) mitteilen. Obwohl im Betriebskomitee mehrere Gewerkschaften vertreten sind, die durchaus unterschiedliche Orientierungen haben und verfolgen, ist der Streik eine von allen getragene Aktion, an der sich auch alle der 1.300 Beschäftigten beteiligen, wie es aus verschiedenen Quellen hervorgeht. So auch aus dem kurzen Bericht „El comité de empresa de Nissan inicia este lunes una huelga indefinida“ am 04. Mai 2020 bei Cope, aus dem auch noch deutlich wird, dass für den Tag des Streikbeginns, also am 4. Mai, das Unternehmen eigentlich den Beginn der allmählichen Wiederaufnahme der Produktion vorgesehen hatte, was dann eben nicht geschah.
Die Auswirkungen dieses Streiks im Raum Barcelona könnten sich aber sehr schnell auch auf andere Standorte und Niederlassungen in Spanien auswirken, da sie alle in unterschiedlichem Umfang von hier aus beliefert werden. Wie dabei die gewerkschaftlichen Reaktionen aussehen werden, bleibt bisher unklar – da es keinen gemeinsamen „Betriebsrat“ gibt, wie in anderen Autokonzernen in Spanien, sondern jede Einheit ihr eigenes Komitee hat, die alle sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind. Siehe dazu auch weitere aktuelle Meldungen und einen Bericht über die Wahl des Betriebskomitees 2019 sowie neu:
- Die neue Streikwoche bei Nissan Barcelona beginnt mit Aktionen in der Stadt – will sich Renault – Nissan – Mitsubishi ganz aus Europa zurückziehen? Die nunmehr seit über drei Wochen im Streik befindlichen ArbeiterInnen von Nissan Barcelona wollen in dieser Woche (unter anderem) auf den Straßen in der Mitte der Stadt verschiedene Aktionen organisieren, um noch breitere öffentliche Solidarität mit ihrem Kampf zu schaffen, so die Mitteilung „Los comités de Nissan harán una acción en Barcelona para reivindicar el futuro de la multinacional en Catalunya“ am 26. Mai 2020 beim Gewerkschaftsbund CCOOüber diese Vorhaben. Die erste dieser Aktionen fand am 26. Mai in der Innenstadt Barcelonas bereits statt und es sollen weitere folgen. Denn der japanische Autokonzern versuche nach wie vor, die Streikenden in Unklarheit zu lassen, um ihre Entschlossenheit zu schwächen – während Gewerkschaften und Belegschaft die Position vertreten, mit einer potenziellen Werksschließung würden insgesamt über 20.000 Jobs bedroht, was eben für die ganze Stadt eine spürbare negative Veränderung bedeuten würde . Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge verschiedener beteiligter Gewerkschaften, darunter auch ein erster Aktionsbericht der angekündigten „Stadt-Aktionen“:
- „Avui des de la Plaça Sant Jaume“ am 26. Mai 2020 im Twitter-Kanal der CGT Catalunyaist einer von zahlreichen Tweets (inklusive vieler Fotos), mit denen über die oben angekündigten Aktionen in der Innenstadt von Barcelona informiert wird – ein Aktionstag, der als insgesamt ausgesprchen erfolgreich bewertet wird.
- „UGT ve una estrategia de Renault-Nissan-Mitsubishi para “hacer desaparecer” a Nissan en Barcelona“ am 24. Mai 2020 beim Gewerkschaftsbund UGTinformiert – ein bisschen im Gegensatz zur Überschrift – dass es Dokumente gebe, die deutlich machen würden (im Gegensatz zu den Beteuerungen der Geschäftsleitung), dass es dem Verbund Renault – Nissan – Mitsubishi nicht nur um Barcelona gehe, sondern im Zuge der „Neuordnung“ der Geschäfte Nissan sich zur Gänze aus Europa zurückziehen solle.
- Während die Konzern-Leitung von Nissan versucht, die Streikenden von Barcelona zu täuschen – werden ihre Pläne bekannt und die Gewerkschaften reagieren mit Aufruf zu verstärkter Solidarität
„… Einer der größten Automobilhersteller Japans, Nissan Motor Co., plant im Rahmen einer Restrukturierung mehr als 20.000 Arbeitsplätze in aller Welt zu streichen. Dies meldet am Freitag die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf Quellen. Der drittgrößte Autokonzern Japans plant vor allem die Mitarbeiter in Europa und in den Ländern mit Schwellenmärkten zu entlassen. Die Quellen gaben keine weiteren Angaben dazu an, um welche Staaten es dabei gehe. Darüber hinaus plane das Unternehmen eine Restrukturierung seiner Produktion auf dem Territorium Japans. Hauptgrund für solche Maßnahmen ist die Reduzierung von Verkäufen vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie. (…) Laut aktuellen Angaben der Johns-Hopkins-University wurden in Japan mehr als 16.000 Corona-Fälle und 777 Todesopfer registriert…“ – so die Meldung „Nissan Motor plant Entlassung von mehr als 20.000 Mitarbeitern“ am 22. Mai 2020 bei den Sputnik News onlineüber die Agenturen, die die Pläne der Konzernleitung in die Öffentlichkeit gebracht haben. Siehe dazu auch einen neuen Solidaritätsaufruf:- „Apoyo a los huelguistas de Nissan en Cataluña“ am 15. Mai 2020 beim Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf(dem auch LabourNet Germany angehört) ist der erneuerte Solidaritätsaufruf mit dem nun seit drei Wochen stattfinden Streik von Nissan Barcelona, wie er von der CGT Kataloniens verbreitet wurde. Darin wird auch generell darauf verwiesen, dass wie Nissan, auch andere Konzerne die Epidemie-Maßnahmen nutzen, um Ziele der Profitjagd zu verwirklichen, die sie bereits vorher verfolgt hatten…
- Nach 18 Tagen Streik bei Nissan Barcelona – kommt aus Tokio die Mitteilung der Konzernleitung: Alles noch im Stadium der Überlegungen… Von den Gewerkschaften: Europaweites Manifest zur Unterstützung des Streiks
Ein europaweites Manifest zur Unterstützung des Streiks bei Nissan Barcelona wurde unter anderem von der Metallgewerkschaft FIOM (CGIL Italien), FIEQUIMETAL (CGTP Portugal), POEM (Griechenland), der FTM (CGT Frankreich) und UNITE aus Großbritannien unterzeichnet, wie in der Mitteilung „Una decena de federaciones sindicales europeas de la industria se suman a la pelea de los “camaradas” de Nissan Barcelona“ am 19. Mai 2020 bei der CCOO Industrias dokumentiert wird. Darin unterstreichen die unterzeichnenden Gewerkschaften, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würden um die „größtmögliche Zahl von Arbeitsplätzen zu retten“. Diese Erklärung wird in der Mitteilung eingeordnet in eine ganze Reihe von Unterstützungs- und Protesterklärungen vielfältiger Organisationen und Personen, vor allem, aber nicht nur, in Spanien angeführt, die den Streikenden auch nach 18 Tagen weiter den Rücken stärkten. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge – darunter eine Videoaufzeichnung einer CGT-Veranstaltung und die Meldung, in der die Konzernleitung zitiert wird mit der Aussage es handele sich nur um „Überlegungen“ (was bisher absolut nicht so gesagt worden war):- „Los sindicatos de Nissan se conjuran para llevar la huelga hasta el final“ am 18. Mai 2020 bei La Vanguardiameldet, dass (nach wie vor) allem im Betrieb wirkenden Gewerkschaften sich in einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung darauf verpflichtet hätten, den Streik bis zu einem erfolgreichen Ende fortzusetzen.
- „Chacón avisa a Nissan que cerrar resulta muy caro“ am 16. Mai 2020 ebenfalls bei La Vanguardiameldet, dass eine Sprecherin von Nissan Spanien vor den Medien bekannt gegeben habe, man habe die Zentrale in Tokio darüber informiert, dass eine Werksschließung „sehr teuer“ werden könne – und diese habe darauf geantwortet, es handele sich ja nur um „Überlegungen“ und nicht um Beschlüsse…
- „#FuturoParaNissanYA“ von Fetim-CGT am 19. Mai 2020 bei You Tube eingestelltist die Videodokumentation einer Online-Veranstaltung der anarchosyndikalistischen Metallgewerkschaft zum Kampf für den Erhalt des Nissan-Werkes (in dessen Betriebskomitee sie vertreten ist).
- „La huelga indefinida de la planta de Nissan de Montcada provocará la paralización del resto de instalaciones“ am 05. Mai 2020 bei kaosenlaredist eine Meldung, in der unterstrichen wird, dass der Streik sich auf alle weiteren Standorte – von denen sich fünf andere in Katalonien befinden – auswirken wird. So ist es, laut einem darin zitierten Sprecher der CCOO im Betrieb auch beabsichtigt.
- „Esta tarde se suman a la huelga de Nissan alrededor de 20 trabajadores del centro de Sant Andreu“ am 12. Mai 2020 im Twitter-Kanal der CCOO Nissanist eine von mehreren Meldungen aus den letzten Tagen, in der über die Ausweitung des Streiks auch auf kleine Niederlassungen und Zwischenlager berichtet wird.
- „A la Nissan seguim amb els piquets“ am 12. Mai 2020 im Twitter-Kanal der CGT Catalunyaist eine der Meldungen der CGT Nissan, in denen knappe Einblicke in die Entwicklung und Durchführung des Streiks in Zeiten des Abstandsgebotes gegeben werden.
- „#FuturoParaNissanYA“ ist der Hashtagunter dem die Meldungen sowohl der beteiligten betrieblichen Gewerkschaften, als auch viele über die zahlreichen Solidaritätsaktionen in der ganzen Region dokumentiert werden. Darin wird auch verschiedentlich darauf hingewiesen, dass eine Betriebsschließung Auswirkungen auch auf zahlreiche Zulieferfirmen hätte, was insgesamt die Gefährdung von rund 25.000 Jobs bedeuten würde. Siehe auch #HuelgaIndefinida und #VagaNissan
- „Usoc gana las elecciones sindicales en Nissan Barcelona y UGT renueva su victoria en Ávila“ am 01. März 2019 bei Europapresswar die damalige Meldung über das Ergebnis der Wahlen zum Betriebskomitee bei Nissan Barcelona, von dessen 27 Mitgliedern die USOC 10, die CCOO acht, UGT sieben und CGT 2 stellen, andere Listen erreichten keine Sitze.
Quelle: labournet.de… vom 27. Mai 2020
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitskämpfe, Arbeitswelt, Gewerkschaften, Neoliberalismus, Sozialdemokratie, Spanien, Widerstand
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