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Covid-19: Die rechten Putschisten in Bolivien zeigen ihr Gesicht

Eingereicht on 5. Juni 2020 – 16:36

„… Die zentrale Forderung der Gewerkschaftsverbände an die De-facto-Regierung von Añez ist die “Lockerung der Quarantäneregelungen aus humanitären Gründen”. Des Weiteren verlangen sie politische Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung unter Berücksichtigung der kleinen und mittleren Unternehmen und die Ausarbeitung eines Notfallplans für Schüler jeder Altersstufe, um ihren Lernfortschritt nicht zu gefährden. Ein Gesetz zur Aussetzung der Zinsforderung der Banken für sechs Monate seit Beginn der Quarantäne soll beschlossen und der Staatshaushalt durch das Parlament geprüft werden. Anfang der vergangenen Woche hatten in Cochabamba Demonstranten die Lockerung der Quarantänebestimmungen gefordert und den Zugang zur Mülldeponie im Süden der Stadt blockiert. In einigen Teilen der Stadt kam die Müllabfuhr zum Erliegen. Die Demonstranten prangerten die Untätigkeit der Stadtverwaltung an, die der Bevölkerung eine kostenlose Versorgung mit Lebensmitteln zugesichert hatte, und forderten eine Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln.Rodríguez wandte sich bei der Pressekonferenz auch an die Wahlbehörde und forderte sie auf, einen Termin für nationale Wahlen bekanntzugeben. “Die Gesundheits- und Wirtschaftskrise erfordert eine staatliche Politik durch eine vom bolivianischen Volk demokratisch gewählte Regierung”, so der Gewerkschafter…“ – aus dem Beitrag „Bolivien: Gewerkschaften in Cochabamba rufen Notstand aus und fordern Wahlen“ von Annalisa Neher am 30. Mai 2020 bei amerika21.de über die Opposition gegen die „Epidemie-Politik“ der Putschregierung in Bolivien. Siehe dazu fünf weitere aktuelle und Hintergrundbeiträge

Weder Medikamente noch Ausrüstung in den Spitälern, aber Tränengas und Kugeln für alle

 meldet, was die rechtsradikalen Putschisten ausser Repression noch in ihrem Katalog zur Epidemie haben: Die anbefohlene Schließung von sieben Krankenhäusern…

  • „Keine Medikamente, aber Tränengas für alle“ bereits am 31. März 2020 beim NPLAmeldete: „… Am 21. März erklärten die Leiter der acht Krankenhäuser des Klinikkomplexes Miraflores in La Paz den Ausnahmezustand und teilten mit Besorgnis mit, dass keine Maßnahmenpläne für den Umgang mit Covid-19 vorlägen, außerdem fehle es an Material und Ausrüstung: „Unseren Mundschutz müssen wir uns selbst basteln“. Alle beklagten sich über die Anweisungen der Regierung und die Kündigungs- und Strafandrohungen, falls diese nicht umgesetzt würden. „Der Punkt ist, dass wir gar nicht die Mittel haben, um diese Auflagen einzuhalten“, so die Klinikleiter. Wenige Tage zuvor hatte Fernando Romero, selbst Arzt und Generalsekretär der Gewerkschaft für medizinische Berufe (Sindicato de Ramas Médicas de Salud Pública – Sirmes) berichtet, das renommierte Krankenhaus Hospital de Clínica in La Paz könne aufgrund von Personalmangel keine intensivmedizinischen Dienste anbieten. Es gehe um 310 Stellen, die nicht besetzt würden. Verantwortlich seien Weimar Arancibia, Leiter des Gesundheitsamts, und Luis Larrea, Präsident der Ärztekammer La Paz. Sie verzögerten die Besetzung der Stellen mit dem Argument, es fehlten die beruflichen Examen. „Mein Krankenhaus braucht 21 Fachkräfte für die Intensivmedizin. Die fehlt uns hier derzeit komplett. Es gibt sechsmal die notwendige Ausstattung, aber wir haben keine Leute.“ Mit seiner Entscheidung nehme „der Sedes-Direktor den Tod Tausender Menschen in La Paz in Kauf“. Die kubanischen Ärzt*innen wurden des Landes verwiesen. Auch das Angebot Havannas, Medikamente und Ausrüstung zu senden, wurde trotz der Intervention des MAS-Kandidaten Luis Arce Catacora abgelehnt. „Hier zeigt sich, dass Stolz immer noch eine größere Rolle spielt als die Gesundheit der Bolivianer*innen“, so Gesundheitsexpertin María Bolivia Rothe Caba, unter der Regierung Morales 14 Jahre lang Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums, im Gespräch mit Radiosender FM La Boca...“
  • „Militarisierung in Bolivien im Kampf gegen Covid-19“ von Andreas Hetzer am 16. April 2020 bei amerika21.deüber die repressiven „Krisenmaßnahmen“ unter anderem: „… Seit Dienstag um Mitternacht sind die Bezirksgrenzen der Stadt Santa Cruz vollständig geschlossen. Lediglich Personen mit einer Sondergenehmigung dürfen sich motorisiert fortbewegen. Verstöße werden mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet. Zur Gewährleistung der Nahrungsmittelversorgung bleiben einige Verkehrskorridore geöffnet. Die Bürger dürfen weiterhin gemäß ihrer Ausweisnummer an bestimmten Tagen das Hause verlassen und lebensnotwendige Dinge erledigen. Die Einhaltung der Auflagen wird von Polizei und Militär kontrolliert und erfolgt in enger Abstimmung mit der Zentralregierung in La Paz. Das Militär darf demnach Personen- bzw. Fahrzeugkontrollen durchführen und unterstützt die örtliche Polizei bei der Überwachung von städtischen Räumen mit besonders hohem Ansteckungsrisiko. Dies gilt insbesondere für die acht Großmärkte, die nach wie vor zur Versorgung der Bevölkerung geöffnet sind. Die Entscheidung zum Einsatz des Militärs wurde von der nationalen und den regionalen Regierungen gemeinsam getroffen. Der “Plan für eine sichere Stadt” sei notwendig, weil die bisherigen Anordnungen nicht vollständig befolgt würden. Stellvertretend für die Rechtfertigung von Regierungsvertretern äußerte sich der Entwicklungsminister Wilfredo Rojas: “Wir befinden uns im Krieg gegen einen unsichtbaren Feind, und deshalb gibt es keine Diskussionen, die Bürger haben in Kriegszeiten schlichtweg zu gehorchen.” (…) In La Paz wurden unterdessen Überwachungsmaßnahmen anderer Art gebilligt. Der Notstandausschuss der Regierung verabschiedete in der vergangenen Woche die Einführung von elektronischen Fußfesseln zur Überwachung der Ausgangssperre von Infizierten bzw. von Verdachtsfällen. Die vorerst 500 Geräte seien mit einem Chip zur GPS-Überwachung ausgestattet, sodass die Polizei die Bewegungsprofile der entsprechenden Personen erfassen könne. Die ursprünglich für Verurteilte mit alternativem Strafmaß angedachte Technologie könne laut dem Interimsminister für Justiz, Álvaro Coimbra, nun dazu verwendet werden, die Mobilität in Zeiten des Coronavirus zu kontrollieren...“
  • „„Ungehorsam, dank dir werde ich überleben““ von Maria Galindo am 21. Mai 2020 bei Enough is Enoughdokumentiert die Gegenposition: „… Ich warte auf eine Erleuchtung, die uns erklärt, was wir zu tun haben und die uns, und da bin ich mir sicher, über die schwachen, fiebrigen Körper erreichen wird. Währenddessen werde ich mit meinen Schwestern Desinfektionsmittel herstellen und verkaufen und damit zwar das Verbot missachten, aber auch wir müssen überleben. Gleichzeitig werde ich meine Bücher über traditionelle Medizin herauskramen, um eine Abreibung für die Atemwege gegen das Virus herzustellen. Wie in den Zeiten der von Mujeres Creando aufgebauten Gemeinschaftsapotheke am Rande der Stadt. Ich denke an das Absurde.Ist es jetzt, wo es schon die Ausgangsperre gibt, denen verboten zu überleben, die davon leben, nachts zu arbeiten? Die bolivianische Gesellschaft ist eine proletarisierte Gesellschaft, ohne Lohn, ohne Arbeitsplätze, ohne Industrie, wo die große Masse auf der Straße überlebt, in einem sozialen Geflecht, das unüberschaubar und ungehorsam ist. Nicht eine der kopierten Maßnahmen passt zu unseren realen Lebensumständen, es sind nicht nur die Schulden, nein, es ist das Leben selbst. Keine der kopierten Maßnahmen hat mit unserer wirtschaftlichen Situation zu tun, sie schützen uns nicht vor der Infektion, sie wollen uns bloß unsere Formen des Lebensunterhalts, unser Leben selbst verbieten. Uns bleibt nur die Möglichkeit, uns gedanklich auf die Infektion vorzubereiten. Die Ansteckung zu kultivieren, uns der Infektion auszusetzen und ungehorsam zu sein, um zu überleben. Das ist kein suizidaler Akt, es handelt sich um einen Akt des gesunden Menschenverstands, vielleicht der wirksamste Sinn, den wir entwickeln können…“
  • „Ein Tag in La Paz“ von Björn Brunner und Araceli Gómez am 30. Mai 2020 in der jungen weltist eine Reportage über informell arbeitende Menschen in La Paz, die abschließend zusammen fasst: „… In Bolivien schuftet ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung sowohl im »formellen« als auch im »informellen« Sektor unter prekären Bedingungen. Die rechtliche Grundlage für Thanias Arbeitsvertrag bildet das bolivianische Arbeitsgesetz, welches eine tägliche Höchstarbeit von acht Stunden pro Tag vorschreibt. Trotzdem macht sie regelmäßig bis zu vier unbezahlte Überstunden pro Tag. Häufig bekommt sie zu hören, sie solle doch »glücklich sein, einen festen Vertrag zu haben«. Bei dieser übermäßigen Inanspruchnahme von Mehrarbeit sind Krankenversicherung und die wenigen Urlaubstage im Jahr nur ein scheinheiliger Trost. Für Cecilia sind Zwölfstundenschichten gang und gäbe – als Pflegerin fällt sie nicht unter das Arbeitsgesetz. Im Hamsterrad gefangen, rennen Mario und Juan Carlos von einer Befristung zur nächsten, ohne konkrete Perspektive auf ein gesichertes Einkommen. Dabei fehlt ihnen jegliche soziale Absicherung für sich und ihre Familien. Private wie staatliche Betriebe bedienen sich dieser Praktik, um Profite nicht durch lästige Lohnnebenkosten reduzieren zu müssen. Besonders hart treffen die von der De-facto-Regierung in La Paz zur »Eindämmung der Pandemie« verhängten Maßnahmen die Arbeiterinnen im informellen Sektor, dem mit 65 Prozent der arbeitenden Bevölkerung die deutliche Mehrheit der Beschäftigten angehört. Die Angst von Verkäuferinnen wie Doña Juana, sich und ihre Familien nicht mehr ernähren zu können, führt nicht selten dazu, dass sich die Spannungen und die Konkurrenz untereinander ungemein steigern. Nur sehr eingeschränkt können sie derzeit ihre Waren anbieten, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, Repressionen durch die Staatsorgane zu erleiden. Hinzu kommt, dass die Arbeiterinnen weiterhin mehrheitlich die Last der unbezahlten Haus-, Care- und Erziehungsarbeit übernehmen müssen...“

Quelle: labournet.de… vom 5. Juni 2020

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