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Rechtsextreme „Freedom Convoys“ wollen europäische Hauptstädte besetzen

Eingereicht on 12. Februar 2022 – 10:02

Samuel Tissot & Alex Lantier. Nachdem die kanadische Hauptstadt Ottawa von einem „Freedom Convoy“ besetzt wurde, der die Abschaffung aller Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Covid-19 fordert, plant ein Netzwerk von rechtsextremen und Impfgegner-Aktivisten ähnliche Aktionen in Europa. Für den 11. bzw. 14. Februar sind Besetzungen in Paris und Brüssel, dem Sitz des Europäischen Parlaments, geplant.

Genau wie der kanadische Freedom Convoy, dessen Organisatoren Beziehungen zu rechtsextremen Kräften aus dem Umfeld von Donald Trumps Putschversuch am 6. Januar 2021 in Washington unterhalten, sind auch die europäischen Konvois das Ergebnis einer sorgfältig vorbereiteten Kampagne. Am 26. und 27. Januar wurden eine Reihe von Facebook-Gruppen, Twitter-Seiten und vierundzwanzig Telegram-Kanäle gegründet, um Konvois in europäische Hauptstädte und nach Brüssel zu organisieren. Sie verbreiten Werbevideos, in denen sie die Konvois in Ottawa und an der kanadisch-amerikanischen Grenze verherrlichen und die Ausbreitung der Bewegung nach Europa fordern.

Die treibende Kraft hinter dieser Aktion ist eine Gruppe namens European Freedom Convoy, die auf Twitter Einschränkungen wie die Maskenpflicht in Geschäften und Schulen oder den Impfnachweis in Restaurants als „Kriegsrecht“ verurteilt. Stattdessen fordert sie das Recht, „frei seinen Geschäften nachzugehen“, sowie „nationalen Stolz“ und „spirituellen Glauben“ zu wahren. Darüber hinaus existiert ein Telegram-Kanal namens „World Freedom Convoy“, der die Bewegungen in Nordamerika und Europa miteinander verbindet und in dem es von Beiträgen zu QAnon, antisemitischen und Anti-Impf-Verschwörungstheorien nur so wimmelt.

Diese reaktionäre Bewegung zielt darauf ab, die Abschaffung der Anti-Corona-Maßnahmen zu beschleunigen, die die europäischen Regierungen trotz des wachsenden Widerstands der Jugend und der Arbeiter durchführen.

Nach 1,65 Millionen Todesfällen durch Covid-19 und 140 Millionen Infektionen fegt jetzt ein Infektionstsunami über Europa, ausgelöst durch die Omikron-Variante. Letzte Woche starben mehr als 23.000 Menschen. In Frankreich, wo am 8. Februar mit 691 Todesfällen der höchste Wert seit März 2021 verzeichnet wurde, gab es letzte Woche fast 1,5 Millionen Fälle und 2.302 Todesfälle. Doch die Regierungen in ganz Europa heben die Maskenpflicht und die Regeln für Selbstisolation von Kontaktpersonen auf und öffnen Schulen und öffentliche Veranstaltungsorte wieder. Auf diese Weise ist eine weitere Ausbreitung des Virus gesichert.

Dass der Freedom Convoy behauptet, eine Widerstandsbewegung gegen staatliche Maßnahmen zu sein, ist ein politisches Betrugsmanöver. Sie verurteilen gesundheitspolitische Maßnahmen wie Teil-Lockdowns, die auf Empfehlung von Wissenschaftlern eingeführt wurden, nachdem Arbeiter in ganz Europa Streiks für ihren Schutz vor dem Virus organisiert hatten. Die Freedom Convoys verlangen dagegen eine noch schnellere Umsetzung der Politik des „Lebens mit dem Virus“, die von dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und anderen Regierungen in ganz Europa gefordert wird, um auf Kosten von Menschenleben die Aktienmärkte zu stimulieren.

Obwohl die Freedom Convoys behaupten, „unpolitisch“ zu sein, unterhalten sie Beziehungen zu rechtsextremen Parteien, die letztes Jahr gegen die Impfung agitiert hatten und jetzt die Freedom Convoys unterstützen.

Am Freitag und Samstag sollen im Vorfeld der geplanten Besetzung von Brüssel in ganz Europa Aktionen stattfinden. In den Niederlanden hat der dortige Telegram-Kanal mehr als 32.000 Mitglieder, in Belgien mehr als 12.000, in Spanien mehr als 10.500 und in Österreich mehr als 9.500. In Spanien und Österreich wollen Lastwagenfahrer am Samstag Madrid und Wien besetzen und danach nach Brüssel ziehen. Die Telegram-Kanäle in Großbritannien, Dänemark, Deutschland, Portugal, Italien, Schweden und weiteren Ländern haben einige tausend Mitglieder.

Die rechtsextreme AfD unterstützt die Pläne des Freedom Convoy, Brüssel zu besetzen. Die AfD-Europaabgeordnete Christine Anderson beschimpfte Brüssel auf Twitter als „die Hauptstadt des Wahnsinns, den Ursprung dieses ganzen digitalen grünen Zertifikats-Irrsinns und aller Diskriminierung, Belästigung und repressiver Maßnahmen, die damit einhergehen.“ Sie kündigte an, den Konvoi bei seiner Ankunft in Brüssel zu begrüßen.

Die bisher größten Aktionen fanden in Frankreich statt, wo der Freedom Convoy von Neofaschisten wie den Anhängern der Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen und Eric Zemmour sowie von der „populistischen“ Partei „Unbeugsames Frankreich“ (La France insoumise, LFI) Jean-Luc Melenchons unterstützt wird.

Am Mittwoch brachen Konvois von ein paar Dutzend Lastwagen, Nutzfahrzeugen und Motorrädern aus den südfranzösischen Städten Perpignan, Nizza und Bayonne auf. Sie sind Teil eines dreitägigen Konvois, der am Freitag Paris erreichen wird. Weitere Konvois aus Städten, die näher an der Hauptstadt liegen, sollen am Donnerstag und Freitag aufbrechen.

Zemmours ehemaliger Arbeitgeber, der Fernsehsender C-News des Milliardärs Vincent Bolloré, hat umfassend über den Freedom Convoy und seinen Beginn am Mittwoch berichtet. Deshalb ist die Facebook-Gruppe, die Updates über den Konvoi in Frankreich liefert, seit ihrer Gründung am 26. Januar auf über 320.000 Mitglieder angewachsen.

Ein unabhängiger Journalist mit dem Pseudonym Remi Monde bezeichnet sich als Anführer der französischen Bewegung. In einem Video auf Facebook fragt er: „Können wir alles blockieren?“. Dann erklärt er: „Wir nehmen unser Schicksal selbst in die Hand. Wir sollten zusammen zur Hauptstadt ziehen.“ Zuvor hatte Monde Posts veröffentlicht, in denen er den Führer der rechtsextremen Patrioten-Partei Florian Philippot unterstützte, behauptet aber gleichzeitig, der Freedom Convoy sei unpolitisch.

Philippot twitterte: „Es sieht aus, als würde das Kartenhaus zusammenbrechen, und es beginnt in Kanada! Trudeau versteckt sich! Die Welle wird auf Frankreich übergreifen!“

Am Mittwoch twitterte der Zemmour-Unterstüzer Jean-Frédéric Poisson: „Nach Kanada organisieren sich auch die Lastwagenfahrer in Frankreich und Europa. Unterstützt den Freedom Convoy! Alle auf nach Paris!“

Marine Le Pen erklärte, sie „verstehe“ den Freedom Convoy, da die Globalisierung „unsere Gesellschaften in Dampfkochtöpfe verwandelt hat, die beim kleinsten Anlass explodieren könnten.“ Sie rief ihre Unterstützer jedoch zur „Wahl“ auf und fügte hinzu: „Seine Wut zu demonstrieren, ja natürlich, der Regierung klar verstehen zu geben, ja natürlich. Aber wenn alle fünf Jahre der Zeitpunkt kommt… es ist die Präsidentschaftswahl, da werden die großen Entscheidungen für unser Land wirklich gefällt.“

Um breitere Unterstützung zu erhalten und seine rechtsextremen Wurzeln zu verbergen, behauptet der Freedom Convoy außerdem, er sei eine „unpolitische“ Bewegung gegen die steigenden Lebenshaltungskosten. Dadurch erhielt er die Unterstützung von Jean-Luc Mélenchons populistischer LFI, deren nationaler Organisator Adrien Quatennens den Freedom Convoy am Mittwoch in einem Fernsehinterview mit dem Sender France Info unterstützte.

Quatennens erklärte, LFI unterstützt den Freedom Convoy „natürlich“ und fügte hinzu: „Wir müssen den Impfpass sofort aus der Welt schaffen und auch all diese freiheitsfeindlichen Maßnahmen, die nichts bewirken.“ Weiter erklärte er, wenn Unterstützer der LFI „hingehen wollen, dann rufe ich sie dazu auf“, der Freedom Convoy greife in seinen Forderungen auch andere Probleme wie die Kaufkraft auf.

Die Folgen derart irreführender politischer Propaganda zeigten sich in einem Interview von Paris-Actu mit einem ungeimpften Lastwagenfahrer, der an dem Freedom Convoy teilnehmen will: „Ich arbeite in einer kleinen Firma, ich sehe, wie mein Chef mit den Benzinpreisen zu kämpfen hat, und meine Rechnungen werden immer höher. … Und ich werde als schlechter Bürger angesehen, weil ich nicht geimpft bin.“ Allerdings zögere er noch, sich dem Freedom Convoy anzuschließen: „Ich weiß nicht, wer auftauchen wird, ich hupe nicht gerne zusammen mit der extremen Rechten.“

Die wirtschaftlichen Probleme der Arbeiter können jedoch nicht von rechtsextremen Protesten gelöst werden, durch deren Forderungen die Pandemie und das damit einhergehende Massensterben und das wirtschaftliche Elend endlos weitergehen werden. Der Freedom Convoy ist eine rechtsextreme Provokation, die von pseudolinken Parteien wie LFI Schützenhilfe erhält. Arbeiter müssen dagegen kämpfen und ungeimpfte Arbeiter davon abhalten, sie zu unterstützen. Sie müssen sich den Versuchen der europäischen Bourgeoisie widersetzen, eine faschistische Bewegung aufzubauen, die sich auf eine Politik der Durchseuchung mit Covid-19 stützt.

Quelle: wsws.org… vom 12. Februar 2022

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