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Nicaragua: Der tiefe Fall einer Revolution

Eingereicht on 2. November 2021 – 16:11

Hendrick Bollinger. 42 Jahre nach der sandinistischen Revolution hat sich in Nicaragua vieles ins Gegenteil verkehrt. Was bleibt übrig? Ein Land in Armut, eine Grossteil der Nicaraguaner:innen, die in den 1980er Jahren und darüber hinaus für ihre Befreiung vom Joch des Imperialismus kämpften, ein diktatorisches Ehepaar und eine kleine Flamme des Widerstands in Form einer Generation, die unter dem heutigen Regime aufwuchs und 2018 gegen diese beklemmenden Verhältnisse auf die Strasse ging. Ein Reisebericht aus dem Juli 2021 über zerstörte Hoffnungen, politische Illusionen und ein brutales Regime.

Sapo ist das spanische Wort für Kröte. Schlägt man die Bezeichnung des Tieres im Wörterbuch nach, gelangt man ebenfalls zu folgenden Übersetzungen ins Deutsche: gerissene Person, Polizist, Spitzel, Verräter oder Denunziant. Gerade weil sapo diese Nebenbedeutungen anhaften, wird es in Nicaragua verwendet, um die Anhänger:innen des früheren Guerilla-Kommandanten und heutigen Präsidenten Nicaraguas, Daniel Ortega, zu bezeichnen. Sie werden ebenfalls Danielistas oder Orteguistas genannt. Daniel ist die unangefochtene Führerfigur des Frente Sandinista (FSLN[1]), also der Sandinistischen Bewegung[2], welche 1979 die Diktatur von Somoza stürzte und eine ähnliche Ausstrahlung hatte wie 20 Jahre zuvor die kubanische Revolution. Doch diese hoffnungsvolle Zeit des Aufbruchs, in der eine der grausamsten Militärdiktaturen Lateinamerikas besiegt, ein ganzes Land alphabetisiert und eine Bodenreform durchgeführt wurde, ist lange her. 1990 wurden die Sandinistas abgewählt. Es folgten 16 Jahre neoliberale Regierungen. Seit 2007 sind Daniel und der Frente wieder an der Macht. Seine Anhänger:innen weiterhin bloss als Sandinistas zu bezeichnen – was sie selbst freilich tun –, ist jedoch nicht mehr angemessen, wenn man erkennt, dass die Parteiführung des FSLN rund um Daniel Ortega und seine Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo die Ideale der Revolution längst verraten haben. Das Ehepaar Ortega-Murillo steht heute an der Spitze eines selbstgefälligen Regimes, welches seit 2007 immer autoritärer wurde. Was aus der Revolution der 1980er Jahre noch übrig bleibt, ist hauptsächlich die antiimperialistische Rhetorik. Deshalb wird in diesem Text von Danielistas auf der einen und Dissident:innen, also Ortega-kritischen Sandinistas, auf der anderen Seite gesprochen.

2018 kam es zu einem mehrmonatigen Volksaufstand, welcher das Regime Ortega-Murillo ernsthaft ins Wanken brachte. Auf zunächst moderate Proteste gegen Rentenkürzungen reagierte die Regierung mit massiver Repression. Studierende besetzten ihre Fakultäten und die Polizei wurde immer brutaler und in ihren Gewaltorgien von FSLN-Schlägertrupps unterstützt. Landesweit wurden als Protestform dutzende Strassensperren (im nicaraguanischen Spanisch tranques genannt) errichtet. Zwischenzeitlich war es unklar, ob sich Ortega an der Macht halten könnte. Heute sitzt er wieder fest im Sattel. 2018 gab es je nach Quelle zwischen 300 und 400 Todesopfer. Die allermeisten wurden durch die Polizei und militante Anhänger:innen der Regierung umgebracht. Die Unterdrückung des Aufstands von 2018 war das Gewalttätigste, was sich Ortega seit seiner Wiederwahl 2006 geleistet hat. Viele sprachen davon, Nicaragua sei 2018 am Rande eines Bürgerkriegs gewesen. Doch die Opposition hatte niemals den bewaffneten Kampf in Erwägung gezogen, sondern immer auf einen verfassungskonformen Regierungswechsel gesetzt. Linke Oppositionelle, das heisst dissidente Sandinistas, werden seither systematisch mundtot gemacht. Der Unmut grosser Teile der Bevölkerung ist derzeit zwar zum Schweigen gebracht worden. Die Wut kann sich aber jederzeit erneut entladen.

Dieser Reisebericht stellt dar, wie ich Nicaragua im Sommer 2021 wahrgenommen habe. Ich befasse mich seit rund zehn Jahren mit der Politik des Landes und dem Sandinismus. Vor dem Aufstand von 2018 war ich schon mehrfach im Land gewesen. Es mag sein, dass der Bericht vieles wiederholt, was andere Texte zur Kritik an Autoritarismus, Dogmatismus, Stalinismus und Campismus[3] schon geleistet haben. Er soll als Ergänzung zu anderen Texten, welche in der Antikap und auf sozialismus.ch bereits veröffentlicht wurden, gesehen werden. Insbesondere der Artikel Das Versagen der «progressiven» Regierungen bietet eine Analyse der Entwicklung seit der Jahrtausendwende. Für weitere Informationen zum Aufstand von 2018 und seinem Hintergrund wird der zweiteilige Artikel Aufstand gegen Ortega empfohlen.

Der vorliegende Text bietet weniger eine umfassende Analyse dessen, was aus dem Sandinismus geworden ist. Ich erhoffe mir jedoch durch den Reisebericht einen Beitrag dazu zu leisten, anhand der von mir erlebten Situationen beispielhaft aufzuzeigen, in welche Tragödie sich das einst so hoffnungsvolle politische Projekt des Sandinismus entwickelt hat.

19. Juli in Managua: 42 Jahre nach der Revolution

Jedes Jahr wird der triunfo gefeiert, der Tag an dem die Guerillatruppen des Frente Sandinista 1979 siegreich in der Hauptstadt eingezogen sind. Zwei Tage zuvor musste der Militärdiktator Somoza nach Miami flüchten. 2021 treffe ich tausende feiernde Danielistas und vor allem extrem viel Polizei an. Die Massenaufläufe sollen früher viel grösser gewesen sein. Im Juli 2018, als der Aufstand gerade erst vorbei war, wurde Daniel an seiner Feier fast alleine stehen gelassen. Das Polizeiaufgebot, welches ich antreffe, erstreckt sich über die 1.5 Kilometer lange Avenida Bolívar. Am einen Ende ist die Rotonda Hugo Chávez, ein grosser Verkehrskreisel. Am anderen Ende befinden sich die Seepromenade und kurz dahinter die Plaza de la Revolución, wo Ortega und Murillo am Abend ihre üblichen Reden halten werden. Alle 10 bis 20 Meter steht mindestens ein:e Polizist:in. Viele davon sind mit Kalaschnikows oder Schrotflinten bewaffnet. Schusswaffen sind im Strassenbild Zentralamerikas viel üblicher als in Europa. Doch ein derart grosses Polizeiaufgebot habe ich in Nicaragua noch nie gesehen. Die meisten Polizist:innen haben eine blaue Standarduniform. Es sind aber auch viele schwarz uniformierte Antimotines – die Bereitschaftspolizei zur Aufstandsbekämpfung –  vor Ort.

Der FSLN ist durch diverse fahnenschwenkende Toyota Hilux Pick-Up Trucks[4] und Ordner:innen, welche die Polizei unterstützen, präsent. Zum Beispiel steht rund um die Plaza de la Revolución ein Cordon von einheitlich mit weissen Shirts und Baseballmützen gekleideten Parteimitgliedern. Sozusagen das Fussvolk im Sicherheitsaufgebot. Parteiintern gilt es vermutlich als Privileg, den Präsidenten schützen zu dürfen. In einem anderen Kontext ist ein parteieigener, linker Ordnungsdienst ja durchaus sinnvoll. Im Gesamtbild des FSLN von 2021 trägt es zum Bild ihrer Sektenhaftigkeit bei. Letztere liess sich in der Vergangenheit zum Beispiel daran erkennen, dass sich die Zuschauer:innen des präsidialen Festakts auf Geheiss von Rosario Murillo in Form eines Pentagramms aufstellen mussten.

Weiter sind organisierte Verbände der Juventud Sandinista (JS, Sandinistische Jugend; Jugendorganisation der Partei) präsent, die sich während meinem Aufenthalt Richtung Plaza de la Revolución bewegen. Dort dürfen sie als handverlesene Gäste der offiziellen Feier samt Hauptredner Daniel Ortega beiwohnen.

Ansonsten sind die Grenzen zwischen einer unorganisierten Teilnahme der Danielistas, zum Teil auch mit Toyota-Hilux, kollektiv angereisten FSLN-Quartiergruppen und dem aufgebotenen Parteidispositiv fliessend und für aussenstehende kaum auseinanderzuhalten. Sichtbar wird die organisierte parastaatliche Parteistruktur dahinter beispielsweise, wenn sich jemand mit Funkgerät aus einem Hilux lehnt und den JS-Mitgliedern Anweisungen erteilt, wo sie sich einordnen sollen.

Wegen Covid war der 19. Juli 2021 seit langem die grösste Veranstaltung im Land. Die Leute haben auf der Avenida und auf der riesigen nach dem ehemaligen Papst benannten Plaza de la Fe Juan Pablo II Abstand eingehalten. Jede Demo in der Schweiz, die ich seit Beginn der Pandemie besucht habe, war dichter gedrängt. Generell fällt mir auf der ganzen Reise auf, dass die Nicas, wie sich die Nicaraguaner:innen umgangssprachlich nennen, die Maskenpflicht ernster nehmen, als es in der Schweiz der Fall ist.

Eine Sache sollte man jedoch nicht vergessen, wenn man über die Pandemiepolitik dieser Regierung spricht. Bis Mitte 2020 behauptete Ortega ernsthaft, Masken seien nur was für die Bourgeoisie. Deshalb liess er Leute auf der Strasse, welche Masken trugen, und sogar Krankenhauspersonal verfolgen. Unterdessen ist er eingeknickt und in Nicaragua sind Masken gang und gäbe. Nachdem an Ostern 2020, als das Virus Zentralamerika bereits erreicht hatte, weiterhin die üblichen Prozessionen mit Menschenmassen stattfanden, gibt sich die Regierung unterdessen zumindest verbal als Covid-sensibilisiert. Es ist in einem Land wie Nicaragua schwierig zu sagen, welche Schutzmassnahmen aufgrund der Infrastruktur überhaupt umsetzbar wären. Dazu kommt, dass die Covid 19-Pandemie im globalen Süden lediglich eine unter vielen Bedrohungen darstellt. Natürlich ist das Virus deshalb nicht weniger gefährlich. Ganz im Gegenteil, denn es sind weniger Beatmungsgeräte als im globalen Norden vorhanden.

Sehr fragwürdig ist, weshalb die drei Einkaufszentren Managuas und alle grossen Volksmärkte seit Pandemiebeginn durchgehend geöffnet waren. Von den Einkaufszentren dürfte höchstens Plaza Inter, das Günstigste, Relevanz haben, da die anderen aufgrund der Preise weitgehend leer sind. Es ist ein Rätsel, weshalb die Regierung die Verteilung mit Grundnahrungsmitteln nicht anders organisiert. Viele Nicas kaufen trotz ihrer Angst vor dem Virus auf den Märkten ein, da es kaum Alternativen gibt. In diesem Punkt gleicht Nicaraguas Pandemiepolitik jener in Europa. Beide Orte sind durch und durch auf die Sicherung der Profite ausgerichtet.

Das Regime behauptet, in den Nachbarstaaten gäbe es viel mehr Covid-Infektionen. Nicaraguas offizielle Zahlen tendieren gegen Null, da sie kaum gemessen werden. Das liegt sicherlich auch an der Strukturschwäche, für welche diese Regierung wenig kann. Aber es liegt auch an ihrem Unwillen. Verstorbene werden nicht als Covid-Tote deklariert und Murillo behauptete ernsthaft, Nicaragua sei Dank Gottes Hilfe weitgehend verschont geblieben. Ein ganzes Land muss die Konsequenzen solcher Hirngespinste aushalten.

Vor Beginn des offiziellen Abendprogramms am 19. Juli begebe ich mich zurück in meine Unterkunft, um mir Ortegas Rede im Fernsehen anzusehen. Zu Beginn der Rede hätte ich beinahe Mitleid mit ihm bekommen, würde es sich nicht um einen Autokraten handeln. Denn er wirkt sehr altersgeschwächt. Die Annahme, dass Ortega altersbedingt alles andere als klar im Kopf und seine Frau und Vizepräsidentin der eigentliche Kopf der Regierung ist, ist weit verbreitet. Für einige Allgemeinplätze von Daniel aus der Sparte Antiimperialismus und Lobpreisungen der eigenen Sozialprogramme reicht es jedoch. Am Ende der Rede baut Ortega doch noch etwas Pathos auf, jedoch auf bedrohliche Weise. Er schliesst seine Rede mit dem Satz «El pueblo armado, jamas será aplastado» («Das bewaffnete Volk wird nicht erdrückt werden»). Das stammt zwar nicht von ihm, sondern ist eine Adaption vom chilenischen «El Pueblo unido jamas será vencido» («Das vereinte Volk wird nicht besiegt werden») und wird ansonsten von sozialen Bewegungen verwendet. Dass ein totalitärer Herrscher, der erst vor drei Jahren noch einen Aufstand blutig niederschlagen liess, sowas verkündet, ist eine Kriegserklärung an die Opposition.

Dissidente Sandinistas: Im Exil, im Knast oder ohne grösseren Einfluss

Einige Zeit nach dem 19. Juli treffe ich einen Mann der früher sandinistisches Kader war, wozu ihn ein internationales Studium in der Zeit vor der Revolution qualifizierte. Nach dem Sieg über den Militärdiktator kam er zurück nach Nicaragua, um beim Aufbau seines Landes mitzuwirken. Er hat in den 1980ern in verschiedenen Ministerien gearbeitet und war als Offizier im Contra-Krieg[5] an der Front. Er ist bis heute FSLN-Mitglied, da er sich weigert seinen Parteiausweis abzugeben. Er kritisiert Ortega-Murillo jedoch aufs Schärfste.

Mein Gesprächspartner ist der Meinung, dass diese Regierung nicht nur autokratisch sei, sondern durchaus die Bezeichnung Diktatur verdiene. Als Begründung nennt er Folgendes:

  • Undemokratisches Parteiregime: 1993 hat Ortega den Parteikongress abgeschafft. Seither existiere der FSLN eigentlich nicht mehr als Partei, sondern sei bloss noch eine Hülse und diene vor allem der Machtsicherung Ortegas. Nach 2007 wurde das Wahlgesetz dermassen ausgehöhlt, dass es für den FSLN in Kombination mit seiner allumfassenden Herrschaft fast unmöglich wurde, Wahlen zu verlieren. Auch der oberste Gerichtshof wird vom Präsidenten kontrolliert.
  • Verifikation des Wähler:innenregisters: Unser Gespräch fand kurz vor dem Wochenende statt, an welchem sich alle Staatsbürger:innen in ihrem Quartier als wahlberechtigt verifizieren lassen können. Durch persönliches Erscheinen kann so gewährleistet werden, dass das Register für die Wahlen im November 2021 aktuell ist. An sich in einem Land wie Nicaragua ein übliches Prozedere. Allerdings bietet dies der Regierungspartei eine Gelegenheit, um unbequeme Personen an der Registrierung zu hindern. In einer von einer einzigen Partei dominierten Gesellschaft wie Nicaragua wären wohl bereits hier internationale Wahlbeobachter:innen notwendig. Diese lässt die Regierung aber nicht einmal für die Wahlen selbst zu.
  • Wahlfälschung: Es wird auch richtig gefälscht. Mein Gesprächspartner geht davon aus, dass diverse verstorbene Familienangehörige von FSLN-Mitgliedern registriert werden. Weiter ist es möglich, die Registrationsnummern von Oppositionellen zu notieren und ihre Stimmen bei den Wahlen verschwinden zu lassen. Ausserdem ist es bereits vorgekommen, dass Wahllokale in FSLN-kritischen Quartieren gar nicht erst geöffnet wurden.
  • Politische Gefangene: Je nach Zählart sind 20-30 bekanntexponent:innen der Opposition im Gefängnis (Stand Ende Juli 2021, unterdessen sind es mehr). Offiziell weiss niemand, wo sie sind. Auf Nachfrage durch Familienangehörige heisst es jeweils, es gehe ihnen gut. Jedoch können sie nicht mit der Aussenwelt kommunizieren. Es gibt nur Vermutungen, dass sie sich in El Chipote befinden würden, einem Gefängnis, in welchem bereits Militärdiktator Somoza Gefangene einsperrte und folterte. Insgesamt nennt mein Gesprächspartner 130 politische Gefangene.
  • Erzwungenes Exil: Wie praktisch alle Nicas kennt er Leute, die das Land verliessen, da sie bedroht wurden. Eine Europäerin in seinem Umfeld, welche hier mit ihrer Familie lebte und arbeitete, erhielt Morddrohungen.
  • Aufrüstung: Russland baut derzeit seine militärische und nachrichtendienstliche Infrastruktur in Nicaragua massiv aus. Dazu gehören russische Abhöranlagen an der Karibikküste sowie jüngst zum Beispiel eine Lieferung von rund 60 Panzern an die Streitkräfte.
  • Zensur: Nachdem Ortega am 19. Juli seine Rede, wie erwähnt, mit der Kriegserklärung an die Opposition beendete nahm das Regime sämtliche ausländische TV-Sender weg vom Netz. Offensichtlich fürchtet sich die Regierung davor, dass Nicas die Kommentare ausländischer Stationen, zum Beispiel aus Mexiko, zu Ortegas Propaganda-Rede hören können.

Die verbleibende FSLN-Basis: Um jeden Preis für Daniel

Die Nacht auf den 19. Juli sei wie Silvester für Sandinistas, wird mir gesagt. Es gibt ein grosses Feuerwerk. Eigentlich hätten es die Errungenschaften der 1980er Jahre verdient, zelebriert zu werden. Doch jenen Sandinistas, welche gegen Daniel sind, ist nicht nach Feiern zu Mute. Mir auch nicht.

Dafür kam ich mit der danielistischen Basis in Kontakt. Ich unterhalte mich lange mit einem Familienvater und seiner Tochter. Die Lage ihres Hauses war 2018 durch tranques (Strassensperren) tangiert, was zum Problem wurde, da die Parteiloyalität der Familie allgemein bekannt ist. Das hat an sich aber noch nicht viel zu bedeuten. Millionen von Menschen identifizieren sich mit dem FSLN, nur eine Minderheit davon ist Teil von Partei-Schlägertrupps[6] oder der paramilitärischen Verbände, die 2018 wie aus dem Nichts auftauchten. Der Grossteil dieser Danielista-Basis dürfte die Gewalt von 2018 wohl nicht legitimieren, sondern sie schlichtweg leugnen. Es fragt sich, was schlimmer ist.

Lange bevor die Revolutionsregierung Mitte der 1980er Jahre notgedrungen die Wehrpflicht einführen musste, ging der Familienvater, mit dem ich mich unterhalte, freiwillig an die Front. Er war von den Idealen der Revolution überzeugt, die ihn in seiner Jugend vom Joch der Militärdiktatur befreit hatte. Wie Unzählige seiner Generation hat er in den 1980er Jahren sein Leben für die Revolution aufs Spiel gesetzt. Viele seiner Compañer@s sind an der Front umgekommen. Seine Tochter ist Mitglied der Juventud Sandista. In der JS aktiv zu sein, ist meistens etwa gleich harmlos wie ein:e Pfadfinder:in zu sein. Klar ist man in einer Vorfeldorganisation der Partei und trägt selbst zur Verbreitung von deren Propaganda bei. Ebenfalls wurden JS-Verbände schon dafür eingesetzt linksoppositionelle Demos (8. März) zu blockieren. Doch meine Gesprächspartnerin erzählt mir von Tätigkeiten wie zum Beispiel dem Organisieren von Charity-Aktionen für Hurrikan-Opfer.

Eines Nachts 2018 sei eine bewaffnete Gruppe auf Motorrädern zu ihnen nach Hause gekommen und habe versucht das Haus anzuzünden, während die Familie schlief. Der mittlere Sohn bemerkte, dass sich jemand an ihrem Haus zu schaffen machte. Der Vater konnte die Angreifer in die Flucht schlagen, da er, wie sehr viele Nicas, im Besitz einer Schusswaffe ist. Ebenfalls in dieser Zeit des Aufstands bekam die Tochter diverse Nachrichten, in denen ihr gedroht wurde, man würde sie überfallen und vergewaltigen, da sie in der JS sei.

Ich gebe diese haarsträubende Geschichte nicht wider, um die Opposition von 2018 zu diskreditieren. Leider arbeitet die Propagandamaschinerie von Ortega-Murillo mit solchen Anschuldigungen gegen alle Oppositionellen inklusive der Student:innen. Es geht mir darum zwei Aspekte dieses Konflikts aufzuzeigen.

  • Erstens: Während eines Aufstandes mischen die verschiedensten Gruppierungen mit. Bereits an einer Demonstration, die zur Strassenschlacht mit der Polizei ausartet – sei es in Europa oder in Zentralamerika –, hat niemand die absolute Kontrolle darüber, welche Akteur:innen genau beteiligt sind. 2018 in Nicaragua herrschte über Wochen hinweg Ausnahmezustand. Es liegt also auf der Hand, dass Kleinkriminelle ebenfalls mitmischten. Glaubt man Ortega, so wurden alle Strassensperren von skrupellosen Banden organisiert. Doch gilt eine politische Protestaktion als weniger legitim, nur weil einige Trittbrettfahrer:innen Wegelagerei betreiben? Viele junge Leute in Zentralamerika werden kriminell, da ihnen der legale Arbeitsmarkt keine Perspektive bietet.
  • Zweitens: Diese instabile Sicherheitslage macht es für dissidente Sandinistas der Revolutionsgeneration und der 2018 entstandenen Student:innenbewegung unglaublich schwierig, das Regime Ortega-Murillo zu kritisieren und eine politische Alternative dazu aufzuzeigen. Die jetzige FSLN-Regierung gilt als Garantin für Stabilität, auch wenn sie mit eiserner Hand herrscht und sich selbst bereichert. Doch vor 2007 war das Land unsicherer. Sich fortzubewegen, insbesondere als Frau, ist viel sicherer als in El Salvador oder Honduras, wo Überfälle an der Tagesordnung sind. Und wer heute aufgrund eines Einbruchs die Polizei ruft, bekommt in der Regel Hilfe.[7] In einer Gesellschaft, in welcher fast alle täglich damit beschäftigt sind, sich ökonomisch über Wasser zu halten, ist es klar, dass diese relative Stabilität vielen relevanter scheint als ein visionäres politisches Projekt. Letzteres braucht Zeit. Der FSLN selbst war fast 20 Jahre im Untergrund aktiv, bevor Somoza gestürzt wurde. Nicaraguas Stabilität hat aufgrund der Niederschlagung des Aufstands jedoch gelitten und gilt nur für jene, die sich Ortegas Regime fügen.

Diese Familie hat wie Millionen andere Nicas ökonomisch von der FSLN-Regierung profitiert. Vorsichtig stelle ich im Gespräch Fragen nach dem Privatvermögen des Ortega-Clans. Dies führt zu vehementen Abwehrreaktionen. Vater und Tochter behaupten, es sei eine Unterstellung des Imperialismus, der politischen Rechten und abtrünniger Sandinistas, dass Ortega steinreich sei. Einer der Lieblingsbegriffe der Danielistas scheint «guerra de desinformación» (Desinformationskrieg) zu sein. Natürlich war nach Lesart der FSLN-Propaganda der gesamte Aufstand von 2018 ein von langer Hand geplanter Staatsstreich. Doch im Gegensatz zu Venezuela, wo die Unterstützung für Guaidó und davor für Capriles durch die USA nicht zu übersehen ist, bleiben Ortega-Murillo bis heute die Beweise schuldig, inwiefern 2018 geplante und externe Einflussnahme stattgefunden habe und es somit kein spontaner Volksaufstand gewesen sei. Dies zu beweisen wäre das Mindeste, was man von einem Staat erwarten kann, der einen derart grossen Sicherheitsapparat unterhält.

Ortega und sein Vermögen scheinen unantastbar. Man hinterfragt als Danielista öffentlich gar nicht, ob Ortega alles benötigt, was er besitzt. Was er macht, wird halt irgendwie schon zum Wohle der Nation sein. Dabei ist die Selbstbereicherung des Ortega-Clans total offensichtlich, sobald man parteiunabhängige Medien konsumiert. Allerdings sind fast alle Medien in der Hand von Ortegas nächsten Verwandten.

Ich werde gefragt, ob ich denn Beweise für Ortegas Reichtum hätte? Einer der Beweise steht nur wenige Kilometer entfernt. Das Ehepaar Ortega-Murillo lebt und regiert in ihrer Residenz El Carmen mitten in Managua. Seit 2018 ist das circa einen Quadratkilometer umfassende Quartier rund um El Carmen militärisch abgeriegelt. Es ist wohlgemerkt ihre Privatresidenz und nicht der staatliche Präsidentensitz. Viele Nicas fahren täglich daran vorbei. Doch Beweise hätten mir wohl auch nichts gebracht. Egal, ob ich CNN oder Le Monde Diplomatique als Quelle genannt hätte, es sind angeblich immer Falschinformationen, um Nicaragua zu destabilisieren. Diese Mauer der Ignoranz fühlt sich an wie in einer Sekte.

Es wird wohl nie geklärt werden, wer 2018 diese danielistische Familie angriff. Vielleicht war es eine apolitische Bande. Vielleicht waren es Schergen einer der alten Oppositionsparteien. Auch wenn diese rechten Parteien heute weitgehend bedeutungslos sind, dürften sie 2018 erfolglos versucht haben, ihren früheren Einfluss zurückzugewinnen. Ihr Personal ist höchstens in ideell breit gefächerten Zusammenschlüssen der Opposition mitvertreten. Doch auch diese können Ortega bei weitem nicht die Stirn bieten.

Abschliessend sei erwähnt, dass dieses Familienschicksal in krassem Kontrast zu den Ereignissen von 2018 als Ganzes steht. Die Opposition ist zu mindestens 99 Prozent friedlich. Es gibt keine unabhängigen Berichte, dass Anhänger:innen der Regierung ins Ausland fliehen mussten, dass sie entführt wurden, oder ähnliches,. Gleichzeitig ist die Verfolgung von Oppositionellen kaum zu übersehen.

Das Leben unter Ortega: Instrumentalisierung und nachvollziehbare Verdrängung

Bei anderer Gelegenheit spreche ich mit einer jungen Frau, welche für einen staatlichen Betrieb arbeitet. Sie engagiert sich nicht politisch. Die Teilnahme an Veranstaltungen von Ortegas Propagandazirkus wird von ihr aber erwartet. Wir sprechen darüber, wie sie die Auswirkungen der aktuellen Regierung in ihrem Alltag wahrnimmt. Unter den rechten Regierungen zwischen 1990-2007 waren tägliche Stromunterbrüche im ganzen Land üblich. Mit Ortega kamen Handelsbeziehungen nach Venezuela, billiges Erdöl und somit Strom. In den letzten Jahren ist der Ausbau des mobilen Datennetzes dazugekommen. Auch der Zugang zu fliessend Wasser und der Strassenbau hat den Zuspruch für den Frente Sandinista gefördert. Immer mehr Quartiere der Hauptstadt sind flächendeckend asphaltiert. Jedoch haben Strom und Internet einen stolzen Preis. Am Mobilfunk verdienen sich die Konzerne Claro aus Mexiko und Tigo aus Kolumbien eine goldene Nase. Und Nicaragua – das  ärmste Land Zentralamerikas – hat die höchsten Strompreise. Dazu eine Anekdote zu Ortegas Rede am 19. Juli. Durch den Fernseher hört man Ortega mit viel Pathos sagen: «Die einfachen Bauern auf dem Land wissen, dass sie Elektrizität haben.», worauf eine Zuschauerin in die Menge rief: «Ja genau! Und sie wissen auch, dass sie den Strom bezahlen müssen.»

Die junge Staatsangestellte meint, dass alle Regierungen die Bevölkerung ausbeuten würden.[8] Doch Ortega-Murillo habe wenigstens diese materiellen Verbesserungen umgesetzt. Sie sieht den FSLN also als geringeres Übel. Im Gegensatz zu politisch stabilen Ländern wie der Schweiz oder Deutschland kann die Vergabe staatlicher Stellen in Nicaragua von Parteiloyalität abhängen. In vielen Fällen ist diese angebliche Zustimmung zu Ortega-Murillo nur vorgegaukelt.

Was ich auf dieser Reise oft höre: «Alles, was wir wollen, ist in Frieden zu leben!» Ich kann es nachvollziehen, dass sich viele mit der FSLN-Regierung abfinden. Wer der Propaganda zwar nicht auf den Leim geht, die Regierung aber trotzdem unterstützt, verdrängt die brutale Verfolgung der Opposition vermutlich. Denn alle kennen jemanden, der:die im Gefängnis war, ins Ausland flüchtete, oder ermordet wurde. Aber schliesslich müssen sich Lohnabhängige in jedem Land mit den herrschenden Bedingungen arrangieren, um ihr Leben erträglicher zu machen. Es wäre jedoch ein Trugschluss, als Linke daraus eine politische Legitimation für Ortega-Murillo abzuleiten. Denn auch unter bürgerlichen und rechten Regierungen verfolgen die Lohnabhängigen genau dieselben ökonomischen und psychologischen Überlebensstrategien. Und keine linke Strömung würde deshalb auf die Idee kommen, die politische Rechte für ihren Ausbau der Infrastruktur zu loben.

Wieso gilt Ortega eigentlich immer noch als links?

Das Wirtschaftssystem als solches, welches die nationale Bourgeoisie unterstützt und die Emanzipation der Lohnabhängigen unterdrückt, bleibt unter Ortega genauso unangetastet, wie dies unter den progressiven Regierungen in Venezuela, Brasilien, Ecuador und Bolivien der Fall war oder immer noch ist. Nicaragua ist im Gegensatz zu den 1980er Jahren ganz einfach nicht der Ort, an dem eine Perspektive zur Überwindung des Kapitalismus erkennbar ist. Man sollte sich jedenfalls nicht blenden lassen, wenn FSLN-Funktionäre hohle Phrasen über Sozialismus von sich geben. Vor allem nicht, da die esoterisch-religiöse Vizepräsidentin Murillo vor allem von Liebe und Gottes Gnaden faselt. Die Regierung Ortega ist ein Regime der kapitalistischen Modernisierung.

Die Wirtschaftspolitik dieser Regierung hat nichts mit Antikapitalismus zu tun. Ortegas Regierung bietet keine Alternative zur Austeritätspolitik, sondern kooperiert mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Zwar hat sich das BIP zwischen 2007 und 2017 verdoppelt und die extreme Armut wurde unter Ortega deutlich reduziert.[9] Doch die Klassengegensätze haben ebenfalls massiv zugenommen. An Managuas zentral gelegener Strasse Carretera Masaya sind protzige Konsum- und Vergnügungspaläste aus dem Boden geschossen. Gleichzeitig arbeiten viele Nicaraguaner:innen in Maquilas (Sweatshops) für den Export in die USA. Dafür wurden Sonderwirtschaftszonen errichtet. Es scheint, als wolle Nicaragua dorthin, wo Vietnam heute bereits ist. Marktwirtschaft und Wirtschaftswachstum um jeden Preis, dekoriert mit antiimperialistischer Symbolik, die als Nationalidentität herhalten muss. Im Unterschied zu bürgerlich-demokratischen Ländern wird das wirtschaftspolitische Gefüge jedoch von einer einzelnen Partei kontrolliert. Das Wirtschaftswachstum wurde ab 2018 stark gebremst, da Ortega geopolitisch weitgehend isoliert dasteht. Nicaragua ist ein armes Land mit wunderschönen neuen Polizeiautos. Für den Sicherheitsapparat kratzt das Regime seine verbleibenden Mittel zusammen.

Egal ob in Venezuela Proteste von Juan Guaidó, dem Aushängeschild einer faschistoiden Partei[10] aus der herrschenden Klasse, angeführt oder Nicaragua von einem spontanen Volksaufstand ergriffen wird. In der Logik der Campist:innen sind es immer instrumentalisierte Massen im Dienst der CIA. Es ist nie eine selbst denkende und handelnde Bevölkerung, die sich dagegen wehrt, in einem autoritären Staat zu leben. Die Linke müsste dabei eigentlich auf der Seite der Unterdrückten stehen. Auch wenn der Unterdrücker ein zum Autokraten gewordener Ex-Guerillero ist.

Es gibt auf dem gesamten amerikanischen Kontinent kaum einen Herrscher, welcher eine derart umfassende Machtfülle besitzt, wie Ortega. Er und Rosario Murillo kontrollieren die Regierung, das Parlament, die Gerichtsbarkeit, den Wahlrat, die Polizei und das Militär. Bereits vor den letzten Wahlen von 2016 schrieb die WOZ (Nr. 44, 2016, S. 13), es gebe kaum ein formal demokratisches Land, in welchem der Wahlsieg des Machthabers so klar vorhersehbar sei. 2021 ist noch viel eindeutiger, dass Ortega gewinnen wird.

Ausserdem existiert im Hintergrund eine Ortega treu ergebene, gut trainierte und bestens ausgerüstete paramilitärische Truppe, die bereit steht, um jederzeit gewaltsam gegen die Bevölkerung vorzugehen, wenn es das Herrscherpaar für nötig halten sollte. Laut dem dissidenten FSLN-Kader wurde beispielsweise Dora-Maria Tellez, eine frühere Kampfgefährtin Ortegas, diesen Juni nicht von der offiziellen Polizei verhaftet. Es sollen Söldner:innen in Polizeiuniformen gewesen sein, da befürchtet wurde, die Polizei würde das Vorgehen gegen eine Heldin der Revolution allenfalls verweigern. Tellez wurde verhaftet, da sie gegen Ortega bei den Präsidentschaftswahlen antreten wollte. Seither sitzt sie im Gefängnis.

Nationale Befreiungsbewegungen, die einen bewaffneten Arm besitzen, sind stets mit einem Dilemma konfrontiert. Um die Somoza-Diktatur zu besiegen, war der bewaffnete Kampf zweifelsohne unerlässlich. Somoza liess keinerlei friedliche Opposition zu. Ab 1979 wurde das Ziel verfolgt, Nicaragua zu demokratisieren. Das Dilemma besteht darin, wie man mit einer in Kriegszeiten notwendigen militärischen Führungsstruktur in einer fortan demokratischen Gesellschaft umgeht. Die Ursprünge des heutigen Autoritarismus von Ortega-Murillo stammen aus den1980er Jahren. Es wurde viel unternommen, um den Staat zu demokratisieren. Die Demokratisierung des Frente Sandinista liess allerdings zu wünschen übrig. Der FSLN hielt in den 1980er-Jahren keinen einzigen Parteikongress ab. Die Macht konzentrierte sich hauptsächlich in den Händen der neun Comandantes der Revolution. Daniel Ortega war einer dieser Comandantes und stets an der Staats- und Parteispitze.

Momentan ist keine organisierte emanzipatorische Kraft sichtbar, welche Daniel Ortega, Rosario Murillo und ihrem System die Stirn bieten können. Die als Studierendenproteste bekannt gewordene Jugendbewegung von 2018 – es waren bei weitem nicht nur Student:innen, die am Aufstand teilnahmen – zeigte Ansätze eines Umbruchs auf. Als ich einen Teenager fragte, ob er glaube, dass es nach Ortegas Wiederwahl im November 2021 zu neuen Protesten kommen werde, sagte er nur «hoffentlich».

Endnoten

[1] Frente Sandinista de Liberación Nacional (Sandinistische Front für die Nationale Befreiung). Die Guerillaorganisation wurde 1961 gegründet, konnte durch eine Kombination aus guevaristischer Guerillastrategie, einem Volksaufstand in den Städten und geschickter Diplomatie 1979 den Diktator Somoza stürzen. Nachdem der FSLN an der Macht war, wurde er mehr und mehr von Guerilla zur Partei.

[2] Benannt nach Augusto César Sandino, welcher in den 1920/30er Jahren den Widerstand gegen die US-Besatzung in Nicaragua anführte.

[3] Campismus bedeutet Lagerdenken und ist ein Überbleibsel des Kalten Krieges, als sowjetuniontreue Kommunist:innen weltweit Regime und Bewegungen unabhängig von deren Ideologie unterstützt haben, solange sich diese nur gegen den US-Imperialismus zur Wehr gesetzt haben.

[4] Diese Pick-Up Trucks spielen eine wichtige Rolle. Denn für die allermeisten Nicaraguaner:innen wären sie unerschwinglich. Als treuer Parteisoldat kriegt man sie vom FSLN. Dadurch wird die Basis mobil gemacht.

[5] Schon bald nach der Machtübernahme des FSLN fingen rechtsextreme und von den USA unterstützte Contras (vom spanischen contrarrevolucionario) an, die neue Regierung zu bekämpfen. Militärisch konnten sie sich zwar nicht durchsetzen. Sie destabilisierten aber das Land und waren mitverantwortlich, dass der FSLN 1990 abgewählt wurde.

[6] Oft wird innerhalb der ideell sehr breiten Oppositionsbewegung für die Schlägertrupps der Begriff «turbas sandinistas» (Sandinistischer Mob) verwendet. Aus Respekt vor dem Sandinismus in seiner ursprünglichen Form, verwende ich diesen Begriff nicht.

[7] Das gilt zumindest für Managua. Über andere Städte und Regionen kann ich keine konkreten Aussagen machen. Klar ist jedoch, dass man an abgelegenen Orten weitgehend auf sich alleine gestellt ist.

[8] «te roban todos» auf Deutsch: «sie stehlen alle von dir»

[9] Es gibt diverse klientelistische Hilfsprogramme, die ja auch der Grund dafür sind, dass Ortega immer noch eine Massenbasis hat.

[10] Gemeint ist die Partei Voluntad Popular des ultrarechten Politikers Leopoldo Lopez. Guaidó war bis 2020 und somit während seinem gescheiterten Versuch, auf abenteuerliche Weise Präsident Venezuelas zu werden, deren Mitglied.

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