Bundesregierung hat kein Problem mit Werbeveranstaltungen des Asow-Bataillons
Florian Rötzer. Deutscher Generalkonsul wirbt für das rechtsnationalistische Asow-Bataillon, dessen Vorbild Nazi-Kollaborateur Bandera und seine Ukrainische Aufstandsarmee ist. Alles gedeckt durch die Solidarität mit der Ukraine, wie die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen von der Bundesregierung erfuhr.
Wenn es um die Geschlossenheit gegenüber dem Feind geht, fallen Ausdifferenzierungen weg. Jede Nähe zu einer Position, die auch der Feind vertritt, muss offenbar wegen Ansteckungsgefahr vermieden werden. Da werden dann auch diejenigen, die man innenpolitisch bekämpft, zu Partnern, wenn sie gegen den Feind kämpfen.
Ein Beispiel dafür war die Abstimmung über die wiederholt von Russland und anderen Staaten im Dritten Ausschuss der UN-Vollversammlung vorgelegte Resolution gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus, gegen Neonazismus und Rassismus. Hatten bislang im Wesentlichen nur die Ukraine und die USA dagegen gestimmt, schlossen sich jetzt die Nato- und EU-Staaten an. Trotzdem stimmte die Mehrheit der Staaten mit Ja (105) und enthielten sich 15. Das zeigt nebenbei erneut, dass die antirussische Koalition keineswegs die Weltöffentlichkeit repräsentiert, sondern ein Block mit eigenen geopolitischen Interessen ist.
Um geschlossen gegen Russland aufzutreten und vor allem die bedingungslose Solidarität mit der Ukraine aufrechtzuerhalten, lehnte also der Westblock die Resolution zur Bekämpfung der Verherrlichung des Nationalsozialismus ab, wohl wissend, dass in der Ukraine ungehindert der Nazi-Kollaborateur Bandera als Held der Nation oder auch die SS-Waffen-Division Galizien gefeiert werden, während bewaffnete ultranationalistische Freiwilligenverbände wie Asow oder Rechter Sektor, Parteien wie National Corps oder Neonazi-Gruppen wie C14 offen agieren oder in staatliche Strukturen integriert sind.
Wie die Bundesregierung sich hinter dem antirussischen Block der anderen westlichen Staaten wegduckt, um die Geschlossenheit zu wahren und jede Kritik an der Ukraine zu vermeiden, hat nun die Linke-Abgeordnete Sevim Dagdelen mit einer Frage an die Bundesregierung aufgedeckt. Seit einiger Zeit touren Vertreter des einst berüchtigten, mittlerweile zu Helden geadelten und im Westen weißgewaschenen Asow-Regiments, das Mariupol verteidigt und sich lange in Asovstal verschanzt hatte, durch die USA (Totgeschwiegenes Thema: Wen unterstützt der Westen, wenn er vorbehaltslos „die Ukraine“ unterstützt). Asow-Frauen und -Männer in Uniform haben Kongressabgeordnete und das Pentagon besucht, treten auch an Hochschulen auf, werben für ihren Freiwilligenverband, der pro forma der Nationalgarde angehört, und versuchen, Spendengelder einzusammeln („To support AZOV is to support Ukraine“) und überhaupt mehr Waffen einzutreiben.
Anlass der Frage war die Teilnahme des deutschen Generalkonsuls in Chicago an einer vom Ukrainian Congress Committee of America (UCCA) organisierten Veranstaltung mit Vertretern des rechtsextremen ukrainischen Asow-Bataillons. Dagdelen wies darauf hin, dass die UCCA „im Anführer der nationalistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten, Stepan Bandera, „one of Ukraine’s most devoted heroes and patriots“ sieht. Die von Bandera gegründete Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) hat während des Zweiten Weltkrieges zeitweise mit den Nazis kollaboriert und zahlreiche Morde an jüdischen und polnischen Zivilisten begangen. Dagdelen fragte, ob die Teilnahme an der Veranstaltung mit Wissen oder im Auftrag der Bundesregierung stattfand und welche Kontakte der deutsche Generalkonsul in der Vergangenheit mit Vertretern des UCCA unterhalten hat. Die UCCA feiert auch den Jahrestag der Gründung der UPA.
Die Antwort der Bundesregierung, die kuk vorliegt. Der Vorfall ließe sich als petitesse einordnen, die Antwort nicht: „Der deutsche Generalkonsul in Chicago wurde gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern weiterer Mitgliedstaaten der Europäischen Union von seinem ukrainischen Amtskollegen zu der erwähnten Veranstaltung eingeladen. Die Teilnahme erfolgte als Geste der Solidarität mit der Ukraine vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs.
Das Ukrainian Congress Committee of America (UCCA) ist die offizielle, von der US-Regierung anerkannte Vertretung der ukrainischen Diaspora in den Vereinigten Staaten. Es unterhält über Parteigrenzen hinweg breite Kontakte in die US-amerikanische Politik und Zivilgesellschaft. In diesem Rahmen hatte auch der deutsche Generalkonsul in Chicago Kontakt zum UCCA.“
Offenbar schließt, so muss man der Antwort entnehmen, die „Geste der Solidarität mit der Ukraine“ die Würdigung von Asow und die Verehrung von Bandera und der Ukrainischen Aufstandsarmee ein. Das kann man offenbar machen, weil ja auch andere Vertreter der EU eingeladen wurden, hinter denen man sich verstecken kann. Gemeinsam geht halt mehr. Verweigert wird die Beantwortung der Frage nach Asow. Da spricht man lieber nicht darüber, obgleich die Freiwilligenverbände wie Asow auch mit westlichen Waffen beliefert werden. Dass mit den Spendengeldern weiter Milizen mit einer zumindest extrem nationalistischen Ideologie gefördert und gestärkt werden, die nach dem Krieg wie schon seit 2014 auch eine politische Größe bleiben werden, wird auch mit Schweigen übergangen. Und wenn eine Organisation von der US-Regierung anerkannt wird, muss ja alles gut für die deutsche feministische und wertegeleitete Außenpolitik sein.
Sevim Dagdelen kommentiert die Antwort der Bundesregierung: „Es ist erschreckend, wie das Grünen-geführte Außenministerium sich als Weißwäscher des rechten Asow-Bataillons betätigt. Es spricht dem Kampf gegen Antisemitismus Hohn, sich noch dazu mit einer Organisation wie UCCA gemein zu machen, die den ukrainischen Nazikollaborateur Bandera verherrlicht. Ein Verein, der faschistischen UPA-Schlächtern Platz bietet, die als Kollaborateure im Holocaust Tausende ermordet haben, darf kein Partner der Bundesregierung sein.“
#Bild: Deutscher Generalkonsul Mössinger nahm an der „bewegenden“ Werbe- und Propagandaveranstaltung des Asow-Bataillons teil.
Quelle: overton-magazin.de… vom 13. November 2022
Tags: Deutschland, Faschismus, Grüne, Imperialismus, Sozialdemokratie, Ukraine, USA
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