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Agrarkonzern Socfin: Steueroptimierung in der Schweiz

Eingereicht on 5. November 2021 – 10:30

Der Agrarkonzern Socfin verschiebt Gewinne aus der Rohstoffproduktion in den Tiefsteuerkanton Freiburg. Diese Steuervermeidung geht Hand in Hand mit Profitmaximierung auf Kosten der Bevölkerung in den betroffenen Regionen in Afrika und Asien. Ein Bericht von Brot für alle, Alliance Sud und des Netzwerks Steuergerechtigkeit zeigt erstmals auf, wie diese Praxis genau funktioniert. Mitverantwortlich dafür ist auch die Schweiz: Ihre Dumping-Politik in der Konzernbesteuerung ist eine der Stützen dieses ungerechten Systems. Der in Luxemburg registrierte Konzern Socfin besitzt in zehn Ländern Afrikas und Asiens Konzessionen für mehr als 380 000 Hektar Land, was fast der Fläche des Schweizer Ackerlandes entspricht. Auf 15 Plantagen produziert er Palmöl und Kautschuk und verkauft dieses auf den globalen Märkten. Die Struktur des Konzerns ist komplex. Klar ist jedoch, dass ein grosser Teil des Kautschuks über die in Freiburg ansässige Tochterfirma Sogescol FR gehandelt wird. Die ebenfalls in Freiburg domizilierte Socfinco FR kümmert sich derweil um das Management der Plantagen und stellt konzernintern Dienstleistungen zur Verfügung. (…) Die satten Gewinne in der Schweiz sind eine Seite der Medaille, die Situation auf den Plantagen im Süden die andere. Socfin profitiert dort von sehr vorteilhaften Landkonzessionen, während der Konzern die betroffene Bevölkerung nur ungenügend kompensiert, minimale Löhne für harte Arbeit zahlt und die versprochenen sozialen Investitionen nur unvollständig umsetzt…” Medienmitteilung vom 20.10.2021 von Brot für alle, Alliance Sud und des Netzwerks Steuergerechtigkeit – siehe frühere Meldungen im LabourNet zum Gebahren von Socfin und nun dazu:

  • Steuergerechtigkeit: Die nützlichen Töchter aus Freiburg 

Das globale Steuersystem kommt in Bewegung – bisher ohne Verbesserungen für die Länder des Globalen Südens. Das liegt auch an der Schweiz, wie das Beispiel des Agrarkonzerns Socfin zeigt.
“Die Nachricht klingt gut: Am G20-Gipfel, der letztes Wochenende in Rom stattfand, einigten sich die wichtigsten Wirtschaftsmächte auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent, die 2023 eingeführt werden soll. Die Steuer ist zentraler Bestandteil einer von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) koordinierten globalen Reform, die den Steuerwettbewerb zwischen den Staaten eindämmen und grossen Konzernen die Steuervermeidung erschweren soll. Der designierte deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach dem Treffen von einem «enormen Erfolg für uns alle». Genau das stellt Dominik Gross, Steuerexperte der entwicklungspolitischen NGO Alliance Sud, infrage: «Für den Globalen Süden bringt die Reform fast keine zusätzlichen Steuereinnahmen.» Dafür sei der vorgesehene globale Mindeststeuersatz von 15 Prozent viel zu tief – angesichts der aktuellen Steuersätze im Süden, die meist zwischen 25 und 30 Prozent liegen. Viele Länder würden unter Druck geraten, ihre Steuersätze auf den Mindestsatz zu senken, so Gross. «Um dieses ‹race to the minimum› zu verhindern, bräuchte es einen Satz von mindestens 21 Prozent.» Vor allem aber würden die neuen Mechanismen Gewinnverschiebungen von einem Land ins andere innerhalb multinationaler Konzerne nicht unterbinden – zum Nachteil des Globalen Südens, so Gross. Exemplarisch dafür stehe der Agrarkonzern Socfin. (…) Ende Oktober publizierte Alliance Sud gemeinsam mit der Schweizer NGO Brot für alle und dem deutschen Netzwerk Steuergerechtigkeit einen umfangreichen Bericht, der am Beispiel von Socfin nachzeichnet, mit welchen Methoden Gewinne aus dem Rohstoffabbau im Globalen Süden in die Schweiz verschoben werden. Socfin, ein börsenkotierter Konzern mit Sitz in Luxemburg, unterhält vor allem in Westafrika sowie in Südostasien Kautschuk- und Palmölplantagen. Er beschäftigt 48 300 Mitarbeiter:innen und verwaltet auf einer Gesamtfläche von 193 000 Hektaren sechzehn Plantagen. Der belgische Agronom Adrien Hallet gründete den Konzern im Jahr 1909. Davor hatte Hallet im damaligen Freistaat Kongo, einer systematisch ausgeplünderten Privatkolonie des belgischen Königs Leopold II., erste Kautschukplantagen aufgebaut. Heute sind der belgische Geschäftsmann Hubert Fabri und der französische Mischkonzern Bolloré die wichtigsten Aktionäre. Firmenchef Vincent Bolloré hat als Medienmogul übrigens massgeblich am aktuellen politischen Aufstieg des rechtsextremen französischen Publizisten Éric Zemmour mitgewirkt, der nächstes Jahr voraussichtlich für das Präsidentschaftsamt kandidiert. (…) Die mangelhaften Regeln des globalen Steuersystems würden es den Unternehmen erlauben, grosse Teile der Wertschöpfung zentralen Funktionen wie Patenten, Finanzierung oder Management zuzuordnen, die oft im Globalen Norden angesiedelt seien, während die Arbeit im Globalen Süden weniger stark gewichtet werde. «Dies verstärkt die Ungleichheit und ähnelt in der Art und Weise, wie der Reichtum systematisch vom Globalen Süden in den Globalen Norden transferiert wird, kolonialen Strukturen», so Lieberherr.
..” Artikel von Jan Jirát in der Woz Nr. 44/2021 vom 04.11.2021

Siehe zu Socfin im LabourNet Germany:

Quelle: labournet.de… vom 5. November 2021

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