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Ausliefern im Krieg: Widerstand der Kuriere der Gig Economy in Kiew

Eingereicht on 6. Mai 2022 – 14:54

In der Hauptstadt der Ukraine finden trotz Krieg weiterhin Lieferungen statt und auch Auseinandersetzungen mit international operierenden Plattformanbietern wie Glovo. Lisa Fickenscher schreibt im NYPost vom 31. März 2022  („Food-delivery app Glovo is taking orders across 23 war-torn cities in Ukraine“): „… Die mehr als 2.000 Kuriere, die sich für die Arbeit von Glovo in dem vom Krieg zerrütteten Land gemeldet haben, sind inzwischen auf 23 Städte verteilt, wo sie Lebensmittel, Restaurantgerichte und Rezepte an Menschen ausliefern, die oft auf das Nötigste angewiesen sind…“ Seit 2019 gibt es regelmäßig Streiks und Auseinandersetzungen mit dem Unternehmen wie Sergey Movchan am 30. Juli 2019 („Ukraine’s precarious delivery workers protest for the first time“) und Vitaliy Dudin am 3. September 2019 („No return: precarious delivery workers in Ukraine look to Spain for inspiration; From Zaragoza to Kyiv, the transnational fight against precarity in the delivery sector is hotting up”) bei Open Democracy schreiben. Im Folgenden dokumentieren wir unterschiedliche Arbeits- und Organisierungsfragen, die Organizer:innen in der Branche momentan beschäftigen siehe dazu auch:

  • In Lviv protestieren Rider gegen Lohnkürzungen

„In Lviv kommen Lieferfahrer:innen in das Büro eines der größten Platform Unternehmen, um einen Dialog zu suchen und stellen fest, dass „es Plünderung ist, während des Ukrainekrieges die Löhne zu kürzen“. Tweet von Labor Initiatives vom 5. Mai 2022 (engl.).

  • Bei dem ukrainischen Youtube Channel Labour Initiatives (engl.), das direkt aus Kiew sendet, wurde jetzt eine neue Sendeserie aufgesetzt: „Wartime labor diary“. Darin werden in regelmäßigen Abständen ukrainische Kolleg:innen über die aktuelle Situation in ihren Sektoren interviewt und auch immer direkt nach ihrer Meinung zu dem neuen Arbeitsgesetz befragt. In der ersten Sendung wurde „Genosse Gromov“ vorgestellt, einer der Hauptorganizer der Glovo Lieferdienste in der ukrainischen Hauptstadt. „Alles ist wie in Vorkriegszeiten: die Plattformen zahlen nicht oder nicht rechtzeitig.“ Gleichzeitig bezahlt Glovo den Ridern momentan aber eine Gefahrenzulage, die der Konzern während des Kriegs auch einige Male erhöht hat. Glovo und andere Plattformen haben ihre Kontakte in der Stadt den Ridern über Telegram zugänglich gemacht, wodurch diese Zugang zu schwer erhältlichen Medikamenten oder anderen Produkten bekommen. Diese können sie dann an Bedürftige, wie ältere Bewohner:innen der Stadt die sich momentan nicht in die Apotheken trauen, ausliefern. Das Ganze passiert wiederum auf unbezahlter ehrenamtlicher Basis. In dem sehr sehenswerten Video werden auch die kürzlich neu eingeführten Arbeitsgesetze diskutiert. Diese beinhalten die Schleifung des Kündigungsschutzes und verschiedener Sozialleistungen. Der Aktivist und Organizer „Genosse Gromov“ kommentiert die Gesetze in dem Video folgendermaßen (engl.): „Kuriere können nichts verlieren, wir hatten eh keine Rechte. Aber alle anderen Arbeiter:innen werden jetzt spüren, wie es ist in unserer Situation zu sein… Das bedeutet auch einen Rückschritt für uns, für unsere Rechte zu kämpfen, denn für welche Rechte soll man kämpfen, wenn es überhaupt keine mehr gibt?“ Er drückt die Hoffnung vieler aus, dass die aktuelle Beschneidung der Arbeitsrechte nur auf die Zeit des Krieges beschränkt sein werde.
  • „…Seit der Wiederaufnahme des Betriebs in der Ukraine wurden in einer einzigen Woche fast 10.000 Bestellungen ausgeliefert, wobei bisher fast 1.000 aktive Geschäfte und mehr als 700 Kuriere tätig waren. Um die Sicherheit der Nutzer:innen, Kuriere und Partner:innen zu gewährleisten, hat Glovo zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und -protokolle eingeführt. Ursprünglich in Spanien gegründet, hat Glovo eine enorme Expansion erlebt, und die Mehrheit der Anteile wurde Anfang 2022 von Delivery Hero in Deutschland erworben …“ Meldung von EuroWeeklyNews am 9. März 2022 (“Delivery group Glovo has partially resumed operations in Ukraine”)

Siehe auch im LabourNet Germany:

Quelle: labournet.de… vom 6. Mai 2022

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