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Viele Russen verlieren wegen internationaler Sanktionen ihre Arbeit

Eingereicht on 8. Juni 2022 – 14:23

Der Krieg in der Ukraine trifft nicht nur die Ukrainer. Die internationalen Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges treffen auch Russen hart. Vor allem die junge Generation leidet unter der Perspektivlosigkeit. (…) Die Sanktionen betreffen viele Bereiche: vom Finanzsektor bis zum Export von Metallprodukten, vom Lieferverbot für Drohnen bis zur Sperrung des deutschen Luftraums für russische Flugzeuge. Der Westen verbot auch den Verkauf, die Lieferung oder den Transfer von Flugzeugen und Ersatzteilen nach Russland. (…) Viele Russen haben ihre Arbeit verloren und finden kurzfristig keine neue, weil die Nachfrage nach allen Fachkräften sinkt. „Bald wird es Branchen treffen, die für die Produktion Teile aus dem Ausland brauchen: zum Beispiel die Automobilbranche, die Pharmaindustrie und die Landwirtschaft, weil Saatgut auch im Ausland gekauft wird.“ Unternehmen werden schließen und Mitarbeiter entlassen müssen. „Die Gesamtbevölkerung wird ärmer werden.“…“ Beitrag von Irina Chevtaeva vom 23.05.2022 beim Migazin und dazu:

  • Sanktionen gegen Putin: «Wir sollten der russischen Bevölkerung die Hand reichen» Am Weltwirtschaftsforum in Davos dominierte der Ruf nach härteren Sanktionen gegen Russland. Kenneth Roth, Chef von Human Rights Watch, warnt davor, das ganze Land ins Visier zu nehmen. (…) Es ist zweifellos richtig, hochrangige Kremlbeamte oder Militäroffiziere ins Visier zu nehmen, um Sie von Ihrer Invasion der Ukraine abzubringen. Solche gezielten Sanktionen haben eine ganz klare Absicht. Ich beobachte derzeit jedoch eine Verschiebung in der Rhetorik und teilweise auch in der Praxis: Zunehmend wird die gesamte russische Bevölkerung als Feind behandelt. Und das ist ein riesiger Fehler. (…)  Die Menschen in Russland sollten als potenzielle Alliierte betrachtet werden. (…) Wenn die Sanktionen die ganze Bevölkerung als Feind behandeln, werden sie sich hinter die russische Flagge stellen. (…) Ich will mich nicht zu einzelnen Firmen äussern. Aber eine Firma, die nur Konsumgüter in Russland verkauft, bestraft durch ihren Abzug lediglich die russische Bevölkerung. Befürworter solcher Rückzüge glauben, dass damit die Bevölkerung dazu bewogen wird, sich gegen den Krieg zu stellen. Es bewirkt jedoch eher das Gegenteil: Die Bevölkerung wird sich angegriffen fühlen. Der Westen muss auf den Kreml zielen und gleichzeitig der russischen Bevölkerung die Hand reichen…“ Interview von Yves Wegelin in der WoZ vom vom 02.06.2022
  • Russlands ökonomische Krise trifft auch zentralasiatische Arbeitsmigranten: Exploitation oder Exodus
    „… Seit Russlands Angriff auf die Ukraine kriselt die Wirtschaft des Landes. Zahlreiche internationale Firmen haben sich vom russischen Markt zurückgezogen und Hunderttausende gut ausgebildete Menschen haben das Land wegen der Folgen der wirtschaftlichen Sanktionen oder der politischen Repression verlassen. Doch auch Millionen an Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan, die in den vergangenen 30 Jahren zu einer wichtigen Quelle billiger Arbeitskraft für die russische Dienstleistungs- und Landwirtschaft sowie den Bausektor geworden sind, sind von der drohenden Rezession betroffen. Auch wenn es kaum verlässliche Statistiken gibt, arbeiten schätzungsweise eine Million kirgisische, mindestens ebenso viele tadschikische und über drei Millionen usbekische Migrantinnen und Migranten in Russland. Einkünfte, die diese an ihre Familien zu Hause überweisen, sind eine wichtige Stütze für deren verarmte Herkunftsländer. Das Bruttoinlandsprodukt Kirgistans und Tadschikistans besteht zu rund 30 Prozent aus solchen Rücküberweisungen, mit die höchsten Quoten weltweit. Die russische Krise ist damit auch die ihrige. »In Russland verschwinden die Arbeitsplätze, es wird gesagt, dass es ab jetzt nur noch für Russen Arbeit geben wird«, erzählt Atai Omursakow. (…) Der Krieg hat die Arbeitsmigration nach Russland weniger lukrativ gemacht hat, doch die in Russland Arbeitenden haben meist keine Alternative. »Zurückzukehren löst nicht das Problem, keine Arbeit zu haben. Das geht höchstens vorübergehend«, sagt die kirgisische Politikwissenschaftlerin Asel Doolotkeldiewa. Sie hält eine große Rückkehrwelle für eher unwahrscheinlich. Ihrer Meinung nach könnte sogar eine entgegengesetzte Tendenz eintreten, da Familien versuchen könnten, geringere Einkünfte zu kompensieren, indem weitere Angehörige zum Arbeiten nach Russland fahren. Das Hauptproblem ist Doolotkeldiewa zufolge, dass die Rücküberweisungen nach Kirgistan in Zukunft stark schrumpfen dürften. »Etwa 70 Prozent des überwiesenen Geldes wird für den Einkauf von Lebensmitteln ausgegeben«, sagt sie. (…) Was Doolotkeldiewa am meisten Sorgen bereitet, ist, dass die kirgisische Regierung das Problem nicht ernst nehme; sie betrachte die Arbeitsmigration nach Russland als einen praktischen Ausweg, um die sozialen Probleme im Land nicht selbst angehen zu müssen. »Es ist unglaublich, die reden nicht mal groß drüber. Jedes Jahr mahnen Organisationen, die sich mit der Migrationsfrage beschäftigen, dass wir zumindest die Zielländer unserer Migrationsströme diversifizieren sollten. Und jedes Jahr antwortet die Regierung ‚ja, ja‘ und vergisst es sofort wieder«, sagt sie frustriert…“ Artikel von Volodya Vagner vom 25. Mai 2022 in der Jungle World 2022/21

Quelle: labournet.de… vom 8. Juni 2022

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