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Parteitag in Erfurt: Die Linke unterstützt Nato-Kriegskurs gegen Russland

Eingereicht on 1. Juli 2022 – 14:36

Johannes Stern. „Allgemeine Begeisterung für seine Perspektiven, wütende Verteidigung des Imperialismus, seine Beschönigung in jeder nur möglichen Weise – das ist das Zeichen der Zeit“, schrieb Lenin in seinem Klassiker „Der Imperialismus“. Die Vorherrschaft des Finanzkapitals über die Gesellschaft und der Kampf zwischen den Großmächten um die Aufteilung der Welt im Ersten Weltkrieg hatten, wie der spätere Führer der Oktoberrevolution betonte, „zum geschlossenen Übergang aller besitzenden Klassen auf die Seiten des Imperialismus“ geführt.

Treffender könnte man auch den Parteitag der Linkspartei in Erfurt am vergangenen Wochenende nicht charakterisieren. Inmitten des eskalierenden Nato-Stellvertreterkriegs in der Ukraine, der immer direkter die Gefahr eines Dritten Weltkriegs heraufbeschwört, hat sie selbst ihre rhetorische Kritik an der Nato abgelegt und sich offen als Kriegspartei präsentiert. Den Parteitag prägte eine hysterisch Atmosphäre, in der zahllose Sprecher unter dem Applaus der Delegierten für einen härteren Kurs gegen Russland trommelten.

Dies sind nur einige Beispiele:

Gerhard Trabert, der Kandidat der Linken bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2022, erklärte: „Eins ist mir wichtig. Bitte nicht die, die für Waffenlieferungen sind… verurteilen“, forderte er. „Ich persönlich war als Arzt in so vielen Hilfseinsätzen wo ich die Erfahrung gemacht habe, dass man gerade auch die Zivilbevölkerung gegenüber der Aggressivität eines Despoten nur schützen kann, indem man auch militärisch etwas entgegensetzen kann.“

Ramelow bei einer Rede als Ministerpräsident im Erfurter Landtag (AP-Foto/Jens Meyer)

Bodo Ramelow, der auf dem Parteitag prominent als der einzige „linke“ Ministerpräsident in Thüringen gefeiert wurde, stellte klar, dass sich die Die Linke als Regierungspartei bereits an Waffenlieferungen beteiligt. Keiner solle denken, „dass wir am Ende auf dieser Ebene frei entscheiden können“, gab er zu Protokoll. „Wenn die Frage besteht, ob Waffen bestellt werden – und aus Thüringen kommen Waffen – dann ist die Frage, ob ich mir erlauben kann, das [zu] verweigern.“

Ramelows eindeutige Antwort: „Nein“. Putin und Russland müssten gestoppt werden. Im Stile eines rechten, antirussischen Nato-Militaristen erklärte er: „Ich bin dafür, dass wir an der Seite der Ukraine, aber auch an der Seite von Moldau, Lösungen schaffen müssen. Damit sich Russland nicht Transnistrien holt, niemand dafür eintritt, dass die Krim, Donetsk und Luhansk zu russischem Gebiet wird.“

Seine Rede kulminierte in der Aussage, dass die Welt durchaus „eine deutsche Führungsmacht“ brauche, wenn sie sich denn auf den früheren SPD-Kanzler Willy Brand berufe und Worte wie „Frieden“, Abrüstung“ oder „Nichtangriffspakt“ endlich mal wieder ausspreche.

Auch das ist unmissverständlich. Die Linke unterstützt im Kern den außenpolitischen Kurs der Bundesregierung, die den durch die jahrzehntelange Nato-Offensive gegen Russland provozierten reaktionären Einmarsch Putins in die Ukraine nutzt, um zu einer aggressiven Großmacht- und Kriegspolitik zurückzukehren.

Nur wenige Tage vor dem Linksparteitag hatte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil in einer außenpolitischen Grundsatzrede betont, Deutschland müsse „nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung“ wieder „den Anspruch einer Führungsmacht haben.“ Auch Klingbeil berief sich dabei auf Willy Brand. Schon dieser habe „gewusst, dass die Grundlagen für eine kraftvolle Friedenspolitik auch militärische Stärke und Fähigkeit sind.“

Besonders aggressiv trat eine Schicht von jungen Linkspartei-Mitgliedern aus der Linksjugend Solid auf, die neben „#MeToo“- vor allem auch Kriegs-Hysterie verbreiteten. So bezeichnete etwa die 19-jährige Sofia Fellinger in einer Wutrede alle vorherigen Beiträge, die sich nicht explizit für Waffenlieferungen ausgesprochen hatten, als „unerträglich“. Man spreche immer von „Frieden“. Dieser komme „aber nicht, wenn man die Leute sterben lässt. Frieden kommt nicht von Panzer umarmen.“ Allen „die so realitätsfern“ seien, rate sie „mal zu ihren ukrainischen Genossinnen zu fahren, die gerade kämpfen und sterben“.

#Bild: Ramelow bei einer Rede als Ministerpräsident im Erfurter Landtag (AP-Foto/Jens Meyer)

Quelle: wsws.org… vom 1. Juli 2022

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