Schweiz
International
Geschichte und Theorie
Debatte
Kampagnen
Home » Debatte, International

Ukraine militärisch und politisch in der Krise und der 28 Punkte Plan

Submitted by on 24. November 2025 – 15:23

Andre Damon. Die Ukraine ist militärisch in der Sackgasse, und Wolodymyr Selenskyj steckt tief in einem Korruptionsskandal. Am Donnerstag hat die Trump-Regierung Kiew einen 28-Punkte-Plan für eine Verhandlungslösung mit Russland vorgelegt.

US-Heeresministers Daniel Driscoll, neuer Sondergesandter für die Ukraine, hat den Plan an der Spitze einer Delegation des US-Militärs in Kiew vorgelegt.

Der Plan, den die Nachrichtenwebsite Axios in voller Länge publiziert hat, stellt eine deutliche Abkehr von früheren Positionen der USA dar und verdeutlicht, dass sich der Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland in einer immer tieferen Krise befindet.

Laut dem Dokument soll „die Nato nicht weiter expandieren“, und die Ukraine muss „in ihrer Verfassung verankern, dass sie der Nato nicht beitreten wird. Die Nato stimmt zu, eine Bestimmung in ihre Statuten aufzunehmen, die einen zukünftigen Beitritt der Ukraine ausschließt. (…) [Sie stimmt außerdem zu], keine Truppen in der Ukraine zu stationieren.“

Im Jahr 2008 wurde auf dem Nato-Gipfel in Bukarest festgestellt, dass die Ukraine und Georgien „Mitglieder der Nato werden“. Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin waren die Versuche der Ukraine, sich in die Nato zu integrieren, erklärtermaßen der Hauptgrund für den russischen Einmarsch 2022.

In dem Dokument heißt es weiter: „Die Krim, Lugansk und Donezk werden – auch von den Vereinigten Staaten – de facto als russisch anerkannt.“

Russland hatte die Krim im Jahr 2014 annektiert, und ein Hauptziel der Nato-Mächte, als sie 2022 den Krieg mit Russland provozierten, war die Rückeroberung der Halbinsel. Im Jahr 2023 erklärte Generalstabschef Mark Milley, die Nato werde eine „Offensive“ der Ukraine unterstützen, „um die von Russland besetzte Ukraine zu befreien“. Derzeit hält Russland auch einen Großteil von Lugansk und Donezk besetzt, jedoch nicht das gesamte Gebiet.

Das Abkommen sieht außerdem vor, dass „die Ukraine innerhalb von 100 Tagen Wahlen abhält“, was praktisch den Sturz des Selenskyj-Regimes sicherstellt, welches derzeit mit Notstandsverordnungen regiert.

Der Plan der Trump-Regierung sieht außerdem vor, dass „Russland wieder in die Weltwirtschaft integriert wird [und dass] Russland eingeladen wird, wieder der Gruppe der G8-Staaten beizutreten“, aus der es 2014 ausgeschlossen wurde.

Europäische Regierungsvertreter erklärten gegenüber US-Zeitungen, sie seien zu dem Plan nicht konsultiert worden, und verurteilten ihn öffentlich und nahezu unverhohlen. So erklärte der französische Außenminister Jean-Noël Barrot am Donnerstag: „Frieden darf keine Kapitulation sein. Wir wollen keine Kapitulation der Ukraine.“

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski fügte hinzu: „Europas Sicherheit steht auf dem Spiel, daher erwarten wir, konsultiert zu werden.“ Auf die Frage, ob irgendwelche europäischen Regierungsvertreter bei der Formulierung des Vorschlags konsultiert worden seien, antwortete Sikorski: „Meines Wissens nicht.“

Die Außenbeauftrage der Europäischen Union, Kaja Kallas, erklärte: „Kein Friedensplan kann funktionieren, wenn Ukrainer und Europäer nicht zustimmen.“ Sie fügte hinzu, sie sähe „keine Zugeständnisse von russischer Seite“.

Ein ukrainischer Regierungsvertreter erklärte gegenüber der New York Times, die Trump-Regierung habe Kiew bei den Verhandlungen „nicht einbezogen“, und die Bedingungen des Plans seien für Kiew „inakzeptabel“. Michailo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, nannte den Vorschlag eine „bedingungslose Kapitulation“ und fügte hinzu, eine Annahme käme einer „Unterwerfung“ gleich.

Der ukrainische Politiker Roman Kostenko erklärte, das Abkommen bedeute „für die Ukraine, für Europa und für Amerika die Kapitulation“.

Während Selenskyjs Berater den Vorschlag deutlich verurteilten, akzeptierte die Regierung ihn offiziell als Ausgangspunkt für Gespräche. Selenskyj erklärte auf Telegram: „Unsere Teams – die Ukraine und die USA – werden an den Punkten des Plans zur Beendigung des Kriegs arbeiten. Wir sind zu konstruktiver, ehrlicher und schneller Arbeit bereit.“

Die Financial Times berichtete, US-Regierungsvertreter strebten ein extrem kurzes Zeitfenster für die Umsetzung des Abkommens an:

Die ukrainischen Regierungsvertreter erklärten, die Trump-Regierung habe Selenskyj und anderen Mitgliedern seines Teams mitgeteilt, das Weiße Haus arbeite mit Hochdruck an der Finalisierung des Vorschlags, um den Krieg vor Jahresende zu beenden. Sie fügten hinzu, dass US-Regierungsvertreter von Selenskyj erwarten, dass er das Abkommen noch „vor Thanksgiving“ am nächsten Donnerstag unterzeichnet, damit Ende des Monats ein Friedensplan in Moskau vorgelegt werden kann. Anfang Dezember soll der Prozess abgeschlossen sein.

Im Innern der Ukraine wird die Selenskyj-Regierung von einem ausufernden Korruptionsskandal wegen eines millionenschweren Schmiergeldsystem erschüttert, in dessen Mittelpunkt Selenskyjs engste Vertraute stehen. Die nationale Antikorruptionsbehörde der Ukraine erhob letzte Woche den Vorwurf, Selenskyjs Geschäftspartner, Timur Minditsch, habe ein System organisiert, durch das dem staatlichen Atomenergiekonzern innerhalb von 15 Monaten mehr als 100 Millionen US-Dollar gestohlen wurden.

Angesichts des Skandals mussten Justizminister Herman Haluschenko und Energieministerin Switlana Hryntschuk von ihren Ämtern zurücktreten.

Die Partei des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko bezeichnete das Verhalten der Selenskyj-Regierung letzte Woche in einer Erklärung als „unprofessionell und korrupt“.

Die New York Times zitierte Kostiantyn Jelisjew, einen ehemaligen Außenpolitikberater des Präsidenten, mit den Worten: „Die Ukraine befindet sich derzeit nicht in einer starken Position, und das sieht man nicht nur bei uns im Land, sondern auch bei unseren Partnern, einschließlich der USA, und natürlich beim Aggressor.“

Russland rückt auf dem Schlachtfeld stetig und regelmäßig vor, u.a. in der Stadt Pokrowsk, deren Eroberung vermutlich unmittelbar bevorsteht.

Am Donnerstag wurde Putin von dem russischen Generalstabschef Walerij Gerasimow unterrichtet, dass russische Truppen die ukrainische Stadt Kupiansk sowie große Teile der Stadt Pokrowsk eingenommen hatten.

Laut offiziellen Schätzungen der USA wurden in dem Krieg bisher 1,2 Millionen Menschen getötet oder verwundet, womit er der tödlichste Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ist. Die tatsächliche Zahl dürfte noch deutlich höher liegen.

#Titelbild: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) im Gespräch mit US-Heeresminister Dan Driscoll in Kiew, 20. November 2025 [AP Photo/Ukrainian Presidential Press Office ]

Quelle: wsws.org… vom 24. November 2025

Tags: , , , , ,