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Die INNSE in Milano als Symbol des Widerstandes der Arbeiterklasse

Eingereicht on 25. Februar 2018 – 16:04

FIOM INNSE. Die Arbeiter der INNSE besetzen seit über einem Jahr zusammen mit ihren Gewerkschaftsdelegierten der FIOM täglich die Tore zum Fabrikgelände der INNSE in Milano. Am 23. Januar fand eine öffentliche Versammlung zur Unterstützung der kämpfenden Arbeiter und Arbeiterinnen statt.

Seit mehreren Jahren liegen die Arbeiter mit der Firma im Streit über die Zukunft der Fabrik und ihrer Arbeitsplätze. In dieser Zeit kam es zu einem Abkommen, das von der nationalen Gewerkschaft FIOM unterzeichnet wurde, aber von den Arbeitern an einer Versammlung zurückgewiesen wurde; dabei handelte es sich um einen Plan zur Veräusserung und nicht zu einer erneuten Produktionsaufnahme. In diesen Jahren kam es zu vielen Mobilisierungen zur Verteidigung der Produktion und des Maschinenparks, Dutzenden von gerichtlichen Streitfällen, Anklagen, zu diffamierenden Artikeln und Erklärungen in der Presse seitens des Unternehmers und sogar zu Drohbriefen, die den Arbeitern nach Hause gesandt wurden. Letztendlich wurden drei Arbeiter als Repressionsmassnahme entlassen.

Ein schwieriger Kampf, der vor Jahren begonnen wurde. Wir alle erinnern uns an den Sommer 2009, als nach 15 Monaten Kampf vier Arbeiter und ein Funktionär der FIOM den Kran bestiegen und über eine Woche auf über zwölf Metern Höhe ausharrten, bis dass garantiert wurde, dass die Fabrik nicht geschlossen werden würde. So wurde die Fabrik an die Gruppe Camozzi übertragen, mit der Garantie der Weiterbeschäftigung der Arbeiter. Dieser Kampf der INNSE-Arbeiter wurde zum Symbol aller Kämpfe gegen die Krise und die laufenden Restrukturierungen. Im ganzen Lande wurde diesem Beispiel gefolgt und verlieh allen Mut, indem damit klar wurde, dass sich der Kampf lohnt, selbst in aussichtslosen Situationen.

Im Verlaufe der Jahre wurden die vom neuen Eigentümer eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten. Heute scheint das Terrain, auf dem die Fabrik steht, eine Archäologie-Museum für Industrie zu sein. Die Zahl der Beschäftigten wurde auf sechzehn halbiert; die anderen sind arbeitslos und der einzige Schichtwechsel, an dem sie sich beteiligen, ist die Besetzung vor den Fabriktoren – gemeinsam mit den drei Entlassenen. Die verbleibende Maschinerie ist aus vielerlei, jedoch nie wirklich erklärten technischen Gründen nie eingeschaltet worden. Die einst herausposaunten Neueinstellungen haben nie stattgefunden.

Das einzige Lebenszeichen neben dem Treiben vor dem Fabriktor scheint die Renovation des Mietshauses für Angestellte zu sein; diese konnte – mit den staatlichen Subventionen – sozusagen kostenlos vorgenommen werden: ein schönes gläsernes Mehrfamilienhaus inmitten von Gestrüpp und verlassenen Hallen; dies scheint eine ganz andere als eine industrielle Nutzung des Geländes zu verheissen.

Dieses Gelände von 3000 m2 wurde 2009 samt dieser Fabrikhalle zum symbolischen Preis von einem Euro (1€!!!) gekauft, in der Tat also geschenkt; dies unter den klaren Bedingungen, dass das Gelände für die industrielle Entwicklung, für die Entwicklung von Arbeitskräften und von Arbeitsplätzen genutzt würde, dem Wachstum des Personals in der Produktion der INNSE zugeführt werden würde. Obgleich sie damals dafür einstand und dies förderte, scheint die Stadt Milano nicht zu bemerken, dass dieser Vertrag über die Jahre, aufgrund des Fehlens eines glaubwürdigen Planes, allmählich ausgehöhlt wurde.

Die INNSE ist einer der wichtigsten Gedenkorte der milanesischen antifaschistischen Arbeiterbewegung; diese versammelt sich alljährlich am 25. April nämlich genau dort, um der nach den Streiks von 1943 in die Konzentrationslager deportierten Arbeiter zu gedenken. Diese Fabrik darf nicht sterben, nicht aufgegeben oder unter andauernden Bauspekulation erstickt werden, wie dies jetzt der Fall ist, und womit Camozzi vermutlich seit je gerechnet hat. Diese Fabrik steht auch symbolisch für die eine oder andere Art der Verteidigung der Arbeit und der industriellen Entwicklung.

Deshalb sind wir weiterhin mit diesen Arbeitern, Mitgliedern der FIOM, die dort immer noch ausharren, sie jeden Morgen stoisch verteidigen; auch wenn sie alleingelassen werden, denn die FIOM Milano und die FIOM der Region Lombardia scheinen sie vergessen zu haben. Seit sechs Monaten haben sich die Sekretärin der FIOM Milano und der Sekretär der FIOM Lombardia an den Fabriktoren nicht mehr blicken lassen.

Auch deshalb harren wir mit ihnen dort aus. Die FIOM ist mit ihnen, die bessere FIOM, die wir gekannt haben, die die gekämpft hat selbst als sie alle gegen sich hatte. Umso mehr sind wir jetzt mit ihnen, da die Arbeitslosenversicherung im März ausläuft und es nun wichtig ist, dort zu sein, um ihnen und ihren Arbeitsplätzen in der INNSE eine Zukunft zu geben.

Wir, die Arbeiter der INNSE, wünschen, nicht alleine gelassen zu werden, wir und die Genossen und Genossinnen des solidarischen, immer zerstreuteren Milanos, das den Konflikt auf irgendeine Art weiterhin verfolgt.

Wir richten nun die Scheinwerfer erneut auf die INNSE, bevor die Arbeitslosenversicherung ausläuft. Wir sehen uns am 23. Februar am Fabriktor, alle, die wir diesen Kampf unterstützen wollen.

Die Strukturen der FIOM und der CGIL erwarten nicht, eingeladen zu werden. Ihre Fahnen werden draussen vor den Toren sein.

Und die FIOM gehört ihren Mitgliedern und ihren Delegierten.

Die Arbeiter und Arbeiterinnen warten noch immer auf sie. Die Adresse ist immer noch die gleiche: via Rubatttino 81, Milano.

Die FIOM auf dem Gelände der INNSE – die Gewerkschaft ist etwas Anderes – Opposition zur CGIL

Quelle: mps-ti.ch… vom 25. Februar 2018; Übersetzung durch Redaktion maulwuerfe.ch

 

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