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Wahlen in Griechenland : Zeichen der Entmutigung

Eingereicht on 22. September 2015 – 14:40

Andreas  Sartzekis. Am Ende eines doch eher öden Wahlkampfes, mit einer kämpferischen Linken, die die grössten Schwierigkeiten hatte, die Bevölkerung von der Möglichkeit eines sozialen und politischen Sieges gegen die vergangenen und zukünftigen Memoranden zu überzeugen, sind die Ergebnisse der Parlamentswahlen recht deprimierend.

Sicher übertrifft der Sieg von Syriza alle Erwartungen: Die Ablehnung der Rechten und insbesondere der Nazis war ausschlaggebend in einem Sieg, der sich als sehr breit herausstellt. Syriza erringt 35.47 % der Stimmen gegenüber von 36.34 % im Januar und kommt damit auf 145 Parlamentssitze gegenüber 149 im Januar. Um diesen erstaunlichen Wahlausgang zu verstehen, sei auf den tiefverwurzelten Hass gegen die beiden Parteien ND und Pasok hingewiesen. Diese haben während Jahrzehnten abgesahnt, was ihnen die wenn auch kritische Unterstützung so beispielhafter Aktivistinnen wie K. Kouneva, dieser von den Handlangern der Unternehmer wegen ihrer kämpferischen Orientierung angefeindeten Gewerkschafterin, entzogen hat. Darin liegen wichtige  Gründe für die «linken» Stimmen vom 20. September.

Mit einem Schlag sah sich die Rechte der Tatsache gegenüber, dass sie trotz der Hoffnung mit einer neuen Führungsfigur, die weniger unbeliebt war als der ehemalige Premier Minister Samaras, keinen Fortschritt machen konnte: 28.9 % mit 75 Abgeordneten, gegenüber 27.8 % und 76 im Januar.

Dann aber beginnen die eher deprimierenden Ergebnisse, insbesondere der offensichtliche Vormarsch der Nazis: Chryssi Avgi erreicht gegen 7.2 % und 19 Abgeordnete (6.05 % und 17 im Januar). Nun, lediglich die Chefs dieser Mörderbande sehen einem Prozess entgegen, sind aber auf freiem Fuss und ihr Führer hat unmittelbar vor den Wahlen die «politische Verantwortung» für die Ermordung des Rappers Fyssa beansprucht, der vor zwei Jahren durch einen ihrer Aktivisten getötet wurde, der dann vom Chef – ein grosser Klassiker solcher mafiösen Banden – lediglich als «Sympathisant» der Schreckenshorden dargestellt wurde. Klar ist, dass dieses Resultat eine starke, entschlossene und sofortige Aktion gegen die Mörder erfordert, die in der Kampagne linke Militante überfallen haben.

Wenn die KKE schlussendlich nicht vom Malaise der Linken profitiert (5.55 % und 15 Sitze, gleiches Ergebnis wie im Januar) hat, so haben die kleinen Pro-Memorandum Parteien einen kleinen Gewinn gemacht: Die Pasok, die im Januar niedergewalzt wurde (4.68 % und 13 Sitze) errang mit 6.28 % 17 Sitze; die gehässige Pro-Memorandum orientierte Potami fällt leicht zurück ( 4.09 % und 11 Sitze gegenüber 6.05 % und 17 Sitze), dies lässt nun jedoch einfach mehr Platz für eine Partei desselben Typs, die auch Faschisten einschliesst, Enosi ton Kentroon, die mit 3.43 % 9 Sitze eroberte. Was die Partei der äussersten Rechten anbelangt, Anel, die mit Syriza regierte, so schaffte sie die 3 % Hürde für den Einzug ins Parlament und erreichte 3.43 % und 9 Sitze (4.75 % und 13 im Januar).

Die Volkseinheit (LAE), die Gruppierung, die in diesem Sommer aus Syriza hervorgegangen ist, erringt 2.86 %. Es wäre zu wünschen gewesen, dass sie die 3 % Hürde schafft, damit dieses Parlament über eine wirklich linke aber nicht zu sektiererische Stimme verfügen würde. Auf jeden Fall aber ist klar, dass diese Gruppierung in ihrem Versuch gescheitert ist, sich als «natürliche Nachfolgerin» des Syriza-Projektes zu positionieren. Daraus muss man die Bilanz ziehen:  Zur Zeit der Abspaltung von Syriza mit 25 Abgeordneten im Parlament vertreten (die drittgrösste Fraktion) und noch Ende August mit 8 % der geschätzten Stimmen, ist es ihr aus verschiedenen Gründen nicht geglückt, sich als eine glaubwürdige linke Alternative darzustellen. Und dies wohl gerade deshalb, weil es ihr im Grunde an einer radikalen Kritik am Syriza-Projekt mangelte.

Diese Kritik wird von der Gruppierung Antarsya seit langem vorgebracht, die sich für den Aufbau eines unabhängigen antikapitalistischen Bündnisses entschieden hat. Aufgrund der Weigerung der Führung von Volkseinheit, mit Antarsya ein Wahlbündnisses einzugehen, hat Antarsya zusammen mit der Gruppe EEK in den sozialen Bewegungen eine Kampagne geführt, die von den Medien ignoriert wurde und ist mit einer autonomen Liste in die Wahlen gegangen. Das Wahlresultat (0.84 % gegenüber 0.65 % im Januar) ist für die antikapitalistische Formation, an der unter anderen OKDE-Spartakos, Sektion der IV. Internationale beteiligt ist, überhaupt nicht vernachlässigbar. Es versetzt sie in die Lage, der Anti-Memorandum Linken  (wovon ein Teil für Syriza gestimmt hat) Initativen zur Blockierung der Massnahmen voranzubringen, wie sie vom «Quartett» vorgeschrieben werden. Angesichts der Ergebnisse dieses Wahlganges wird die Dringlichkeit dafür offensichtlich, und wir haben ein vitales Interesse, in diesem Zusammenhang zentrale Elemente einer Arbeitereinheitsfront einbringen zu können!

Zwei Bemerkungen: Einerseits haben 6.41 % der Wählerinnen und Wähler für eine Partei gestimmt, die gegenwärtig nicht im Parlament vertreten sein wird (die VE, Antarsya, …). Und  noch beunruhigender: Die Wahlenthaltung ist spektakulär angestiegen, auf 43.4 % gegenüber 36.4% im Januar. Dies ist ein Anzeichen der Entmutigung angesichts der erneuten Rückkehr von Syriza in die Regierung aber auch der mangelnden Glaubwürdigkeit der Anti-Memorandum Linken, sei dies nun die KKE, die VE oder Antarsya. In einem solchen Zusammenhang gilt es daran zu erinnern, dass die Hälfte der Stimmberechtigten – die Nicht-Wählenden, die Ungültig-Wählenden und die erwähnten 6.41 % – in diesem Parlament nicht repräsentiert werden! Und darunter offensichtlich sehr viele junge Leute. Von daher drängt sich die Feststellung auf: Es ist dringend notwendig, die Kämpfe neu aufleben zu lassen. Wie es sich auch mit der kommenden Regierung verhalten mag: Die entscheidenden Dinge werden noch weniger als früher im Parlament vor sich gehen.

Athen, 21. September um 09’00 Uhr.

Quelle: npa2009.org vom 21. September 2015. Übersetzung Redaktion maulwuerfe.ch

Der Autor ist Mitglied der Führung von OKDE-Spartakos, welche dem breiten antikapitalistischen Bündnis Antarsya angehört.

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