Workers Memorial Day 2018: Dossier zu Arbeitsunfällen und Widerstand
Wie in jedem Jahr zum Workers Memorial Day besteht dieses Special des LabourNet Germany aus drei inhaltlichen Teilen: Zum ersten eine sehr unvollständige Sammlung von Schlaglichtern über alltägliche Vorfälle von Arbeitsgefahren und Berufskrankheiten, unter denen Menschen zu leiden haben – unvollständig schon wegen eben dieser Alltäglichkeit, die ja bedeutet, dass ständig irgendwo irgendetwas passiert, das sich vermeiden ließe, ginge es nicht um Maximalprofit und seine Vollstrecker.
6.300 Tote täglich weltweit durch Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sind die Bilanz jener Fälle, die bekannt wurden oder anerkannt, die „Dunkelziffer“ macht ihrem Namen Ehre. Ein Alltagsystem, das stets und immer und seit ewigen Zeiten mehr Todesopfer fordert, als jeder Krieg. Das krank macht, wenn ein Mensch im Arbeitsprozess steht – und auch, wenn nicht. In diesem Jahr 2018 mit Beiträgen zu 12 Ländern aus vier Kontinenten, mit einem Schwerpunkt auf Ereignissen aus dem ersten Quartal dieses Jahres. Beiträge, die deutlich machen sollen, dass diese alltägliche Vernichtungsmaschine weltweit wirkt, in ärmeren wie in reicheren Ländern, in traditionellen wie in neuen Branchen der kapitalistischen Verwertungswirtschaft. Und eben auch in der ganzen „Lebenskette“ der Menschen, die hier ihr Auskommen suchen müssen – nicht nur am Arbeitsplatz selbst, sondern auch etwa auf der Suche danach.
Zum Zweiten, teils in eigenen Beiträgen, teils als Bestandteil der Beiträge zu einzelnen alltäglichen Katastrophen, das Wirken der politischen Instanzen, Behörden, Regierungen und bürgerlichen Parteien, deren Orientierung so schreiend einseitig ist, dass die Worte fehlen. Der „Trend des Jahres“ dabei: In immer mehr kapitalistischen Ländern werden politische Gegenreformen auf den Weg gebracht, die die Entscheidungen über Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz von etwaigen Behörden oder Institutionen direkt in die Hände der Diktatoren, der privaten Eigentümer selbst legen.
Aber, weil wir ausgesprochen parteiisch, aber nicht einseitig sein wollen, haben wir auch einen Beitrag über eine positive Gesetzgebung: In England. Vor 40 Jahren.
Und drittens, wie in jedem Jahr, auch mit einem Fokus auf solche gewerkschaftliche Aktivitäten aus Anlass des Workers Memorial Day, die über Saalveranstaltungen hinausgehen (von denen wir über eine aus den USA, stellvertretend für viele andere berichten). Wobei gerade hier „große Abwesende“ in unserer Sammlung wenigstens zu erwähnen seien, über die wir immer wieder berichtet haben – und wohl leider auch in Zukunft berichten werden: Die zahlreichen Initiativen gegen die immer noch tödliche Asbest-Wirtschaft – von asiatischen Netzwerken bis zur Metrogewerkschaft von Madrid. Der jahrelange Kampf südkoreanischer Opfer gegen die Berufskrankheiten, für die Samsung die alleinige Verantwortung trägt. Und Rana Plaza, das Fanal der asiatischen Textilindustrie, über das wir erst kürzlich, aus Anlass des 5. Jahrestages ausführlich berichteten. Siehe im alljährlichen Dossier Beiträge aus 12 Ländern zum Workers Memorial Day 2018:
- USA: Zum dritten Mal hintereinander mehr Opfer des alltäglichen Kapitalismus in den USA – 15 Tote. Jeden Tag im Jahr 2016
- Brasilien: Alle viereinhalb Stunden: Tod in Brasilien. Vor allem auf den Straßen
- Tschechische Republik: Rumänische Arbeiter sterben in einer Raffinerie in Tschechien. Interessiert das jemand?
- Spanien: Der Tod unterwegs: Warum die Fahrt zur Arbeit in Spanien besonders gefährlich ist
- Großbritannien: 40 Jahre gewerkschaftliche Sicherheitsbeauftragte in Großbritannien: Eine Kampagne bis zum Workers Memorial Day soll die Bedeutung dieser Arbeit deutlich machen
- Türkei: Der neue Flughafen in Istanbul: Erdogans Massengrab
- Italien: Einstündiger Proteststreik in Italiens Häfen nach erneuten Todesfällen
- Georgien: Georgische Bergarbeiter fordern Produktionsstopp: Sechs Tote sind zu viel
- China: Mit der Veränderung der chinesischen Wirtschaftsstruktur verändern sich auch Unfälle und Krankheiten: Weniger Tote in (weniger) Zechen, mehr Berufskrankheiten – beispielsweise bei Fahrrad-Kurieren
- Indien: Keine Zeitungsmeldung wert: Der Tod von vier Arbeitern und einer Arbeiterin in einer indischen Lackfabrik
- Mosambik: Am Rand der Hauptstadt auf Arbeitssuche: 17 Todesopfer beim Erdrutsch einer Abfalldeponie in Mosambik
- Südafrika: Eine andere Textilindustrie in Südafrika?
Siehe für die bisherigen Jahre das Dossier zu 28. April: Workers Memorial Day
Quelle: labournet.de… vom 27. April 2018
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitswelt, Gewerkschaften, Neoliberalismus, Politische Ökonomie, Widerstand
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