Schweiz: Keine gesicherte Altersvorsorge im Kapitalismus
Willi Eberle. Die Altersvorsorge in der Schweiz ist mit dem sogenannten 3-Säulenprinzip in ihrer Geschichte und in ihrer Ausgestaltung eng verbunden mit der Struktur der Klassenzusammenarbeit; und entsprechend wird die Schaffung einer einigermassen ausreichenden und krisenfesten Altersvorsorge für alle nur durch die Entwicklung starker sozialer Kämpfe möglich werden, die die Mauern des politischen Konkordanzmodells und der Sozialpartnerschaft aufbricht. Die Altersvorsorge entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine kleine Minderheit von Staatsangestellten und von bessergestellten Arbeitern und vor allem Angestellten der Exportindustrie, der Banken und Versicherungen als firmenbasierte, sozialpartnerschaftliche Vorsorge-Einrichtungen.
Im Generalstreik von Anfang November 1918 wurde die Schaffung einer für alle EinwohnerInnen der Schweiz tragfähigen staatlichen Altersvorsorge, einer Volkspension, zu einer zentralen Forderung. Zu diesem Zeitpunkt war nur eine kleine Minderheit von ca. 11% der Lohnabhängigen mit einer betrieblichen Altersvorsorge, das heisst einer Pensionskasse, versehen. Diese Pensionskassen deckten v.a. in der Privatwirtschaft nur einen kleinen Teil (ca. einen Viertel) des letzten Lohnes ab, beim Staat etwas mehr als die Hälfte. Die Streikleitung, das Oltener Aktionskomitee, kapitulierte damals bedingungslos, ohne dass auch nur eine der der zehn Forderungen, ausser dem Proporzwahlrecht, erfüllt worden wäre. Führende Mitglieder des Oltener Aktionskomitees spielten denn auch in den dreissiger Jahren eine entscheidende Rolle bei der Etablierung des bedingungslosen Arbeitsfriedens (Konrad Ilg) und der Regierungszusammenarbeit (Robert Grimm).
Diese Forderung einer einheitlichen gesicherten Altersvorsorge für alle erlag fortan dem Druck der verschiedenen Kräfte aus Unternehmerverbänden, konservativer Milieus (z.B. der Bauern und der Gewerbetreibenden), der Mittelschichten und der Banken und der Versicherungen. Dabei spielte die Illusion, dass sich ein wesentlicher Teil der Altersvorsorge durch die Äufnung eines individuellen oder mit dem Anstellungsverhältnis verknüpften Kapitalstocks, der zweiten und der dritten Säule, billiger zu haben sei. Dieses 3-Säulenmodell setzte sich in der Volksabstimmung vom Dezember 1972 – vorläufig endgültig – gegen die Forderung einer Volkspension durch
Mittlerweile zeigen sich die düsteren Wolken der sich vertiefenden kapitalistischen Krisendynamik über dieser Illusion. Entsprechend werden die Angriffe auf die Renten in der zweiten Säule immer unausweichlicher. Allerdings sind die heute in die helvetische Konkordanz und in die Sozialpartnerschaft eingebundenen politischen Kräfte nicht in der Lage, diese Angriffe abzuwehren. Denn die Altersvorsorge wird in den nächsten Krisenschüben gerade in der zweiten Säule immer weiter in eine ausweglose Situation geraten. Es sind klassenkämpferische praktische politische Ansätze notwendig, um eine Perspektive von einigermassen gesicherten Altersrenten für alle entwickeln zu können.
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Tags: Altersvorsorge, Antikapitalistische Linke Schweiz, Gewerkschaften, Sozialdemokratie, Strategie
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