Wie der amerikanische Imperialismus Angriffskriege plant
Andre Damon. Am 15. März startete das US-Militär Luftangriffe auf Wohngebiete in Sanaa, der Hauptstadt des Jemen. Dabei wurden 53 Männer, Frauen und Kinder getötet. Unter den Opfern waren mehrere politische Führer der Huthi-Regierung. Der Jemen, das ärmste Land im Nahen Osten, leidet seit Jahren unter US-gestützten Bombenangriffen und wird von Saudi-Arabien planmäßig ausgehungert. Das hat bisher zum Tod von mehr als 400.000 Menschen geführt.
Die US-Luftangriffe verstoßen gegen zahlreiche Gesetze und Verträge des Völkerrechts. Diejenigen, die diese Angriffe geplant, ausgelöst und durchgeführt haben, sind der folgenden Kriegsverbrechen schuldig:
- Durchführung eines nicht-provozierten Angriffs unter Verletzung des Gewaltverbots gemäß der UN-Charta und des Römischen Statuts.
- Gezieltes Töten von politischen Führern, die nicht an Kampfhandlungen beteiligt sind. Dies ist ein Verstoß gegen den Schutz der UN-Charta, des Internationalen Vertrags über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) und des Römischen Statuts.
- Der Einsatz von Waffen oder Taktiken, die nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterscheiden. Das stellt einen Verstoß gegen das Verbot wahlloser Angriffe dar, wie es in den Genfer Konventionen und im Römischen Statut festgelegt ist.
Am Montag, zehn Tage nach Beginn dieses Angriffs des US-Militärs auf den Jemen, hat das Magazin Atlantic in einem Bericht enthüllt, dass führende Angehörige der Trump-Regierung versehentlich Jeffrey Goldberg, den Chefredakteur des Magazins, in einen Nachrichten-Thread einbezogen hatten, als sie den Angriff auf den Jemen planten.
So wurde Goldberg unverhofft über eine kriminelle Verschwörung zur Einleitung eines illegalen Angriffskriegs unterrichtet. Wie hat er darauf reagiert? Er zog sich pflichtschuldigst aus dem Nachrichten-Thread zurück, informierte die Verschwörer über ihren Fehler und wartete dann zehn Tage, ehe er ausgewählte Auszüge aus der Diskussion veröffentlichte.
Bei der Demokratischen Partei und den Medien hat das versehentliche Einbeziehen Goldbergs in die Kriegspläne Empörung ausgelöst – nicht etwa wegen des kriminellen Angriffskrieges oder der damit verbundenen, geplanten Kriegsverbrechen, sondern weil die Diskussion außerhalb sicherer militärischer Kanäle verlief.
Der Fraktionsvorsitzende der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, forderte Verteidigungsminister Pete Hegseth zum Rücktritt auf. Er behauptete, seine Handlungen hätten „das Gewissen schockiert“ und „wahrscheinlich das Gesetz verletzt“ – nicht etwa wegen der Ermordung zahlreicher Zivilisten, sondern weil diese Verbrechen versehentlich ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind.
Für die Öffentlichkeit ist jedoch nicht die Plattform der Kommunikation, sondern ihr Inhalt von Interesse. Der durchgesickerte Austausch gibt einen aufschlussreichen Einblick in die Vorbereitung, Durchführung und verlogene Rechtfertigung amerikanischer Angriffskriege. Auch wenn die Vertreter der Trump-Regierung heute wohl neue Techniken nutzen, zeigt der Inhalt die Art und Weise, wie schon frühere Regierungen unzählige Kriege geplant und mit Lügen abgedeckt haben.
Der Thread in der Signal-App dokumentierte eine Diskussion zwischen hochrangigen Mitgliedern der Trump-Regierung, die sich über Zeitpunkt und Zweckmäßigkeit eines neuen Kriegs gegen den Jemen austauschten. Vizepräsident J.D. Vance plädierte für eine Verschiebung, aber Trump, für den sein faschistoider Berater Steven Miller sich äußerte, entschied sich schließlich für einen sofortigen Angriff.
Die Diskussion machte deutlich, dass der Angriff auf eine kleine, arme und wehrlose Nation ein reiner „gewollter Krieg“ war. Er sollte der Welt signalisieren, dass die Vereinigten Staaten nach wie vor die dominierende globale Militärmacht seien.
Verteidigungsminister Pete Hegseth erklärte in dem Nachrichtenverlauf: „Es geht hier nicht um die Huthis“, d. h. das offizielle Ziel des Angriffs. Vielmehr gehe es darum, „die Freiheit der Schifffahrt wieder zu etablieren“ und „die Abschreckung wiederherzustellen“.
In der Öffentlichkeit war der Angriff auf den Jemen damit rechtfertigt worden, dass die jemenitische Huthi-Regierung angekündigt hatte, sie werde israelische Schiffe daran hindern, das Rote Meer zu durchqueren, es sei denn, Israel beende die Blockade von Nahrungsmitteln für den Gazastreifen.
Allein die Aussicht auf einen derartigen Widerstand gegen Israel, den Stellvertreter der Vereinigten Staaten im Nahen Osten, wurde als Herausforderung für den amerikanischen Imperialismus betrachtet. Die USA mussten mit überwältigender Gewalt reagieren, um eine Botschaft an den Rest der Welt zu senden und (in Hegseths Worten) „die Abschreckung wiederherzustellen“.
Von den Hunderten von Kriegen, Militäreinsätzen und Destabilisierungskampagnen, die die Vereinigten Staaten seit ihrem Aufstieg zur imperialistischen Macht geführt haben, wurde jeder einzelne in der Öffentlichkeit als Reaktion auf eine unmittelbare Bedrohung gerechtfertigt. Wenn das US-Militär nicht handle, „werden Menschen sterben“, wurde der Öffentlichkeit immer wieder suggeriert. Aber das Jemen-Leak, der durchgesickerte Austausch über den Angriff auf den Jemen, machte deutlich, dass es eine solche „unmittelbare Bedrohung“ gar nicht gab.
In dem Austausch schrieb Joe Kent (Trumps Kandidat für die Leitung des Nationalen Zentrums für Terrorismusbekämpfung): „Der Zeitplan ist nicht von zeitlichen Gründen abhängig. In einem Monat haben wir die gleichen Optionen.“ Hegseth fügte hinzu: „Ein paar Wochen oder einen Monat zu warten, ändert nichts grundlegend an der Kalkulation.“
Die vordringliche Frage, die sich aus den aufgedeckten Kriegsplänen der Trump-Regierung ergibt, lautet: Welche anderen „gewollten Kriege“ bereitet die Regierung derzeit vor?
Mehrere Teilnehmer der Diskussion über den Angriff auf den Jemen haben schon früher deutlich gemacht, dass das zentrale Ziel der militärischen Aggression der USA China ist. In Hegseths Worten ist China das einzige Land der Welt, „das die Fähigkeit und die Absicht hat (…) unsere nationalen Kerninteressen zu bedrohen“.
Anfang dieses Monats fuhr Elon Musk, der reichste Mann der Welt und CEO des führenden Rüstungskonzerns SpaceX, ins Pentagon, um an einer geheimen Besprechung über die Kriegspläne der USA gegen China teilzunehmen. Dabei sollte es auch um konkrete Angriffsziele gehen. Berichten zufolge, wurde das Treffen schließlich abgesagt, nachdem die Presse davon erfahren hatte.
Aber allein die Tatsache, dass ein solches Treffen geplant war, wirft die Frage auf: Hat die Trump-Regierung einen Zeitplan für einen Krieg mit China, dem Land mit der größten Bevölkerung und Wirtschaft der Welt und dem drittgrößten Atomwaffenarsenal?
Im Januar 2023 veröffentlichte der Vier-Sterne-General Mike Minihan, Chef des Air Mobility Command der Luftwaffe, ein internes Memo, in dem er einen Krieg zwischen den USA und China bis 2025 voraussagte. In Bezug auf den chinesischen Präsidenten Xi Jinping schrieb er: „Xis Team, Vernunft und Möglichkeiten sind alle auf 2025 ausgerichtet.“ Er forderte die Soldaten auf, „ihre persönlichen Angelegenheiten zu überdenken“ und das „Schießen auf ein 7-Meter-Ziel“ zu üben, und betonte: „Am wichtigsten ist unerbittliche Tödlichkeit. Zielen Sie auf den Kopf.“
In der Diskussion über den Angriff auf den Jemen äußerte Vance vor allem die Sorge, dass „die Öffentlichkeit dies nicht versteht oder nicht weiß, warum es notwendig ist“.
Dies ist zweifellos ein zentrales Thema in der Kriegsplanung der Trump-Regierung gegen China: Wie kann man die amerikanische Bevölkerung dazu bringen, einen Krieg am anderen Ende der Welt zu akzeptieren – einen Krieg, der mindestens den Tod einer großen Anzahl von US-Soldaten und im schlimmsten Fall die nukleare Vernichtung großer amerikanischer Städte bedeuten, jedenfalls Hunderte Milliarden Dollar verschlingen würde?
Die aktuelle Ausgabe von Foreign Affairs wirft genau diese Frage auf. In einem Artikel mit dem Titel „Würden die Amerikaner gegen China in den Krieg ziehen?“ argumentiert die führende Zeitschrift für US-Außenpolitik folgendermaßen: „Zwar sagen die meisten Amerikaner, dass sie sich aus der Welt zurückziehen wollen“ – was bedeutet, dass sie weniger Kriege führen wollen. Die öffentliche Meinung könnte sich jedoch ändern, wenn ein Krieg mit China als defensive Reaktion auf einen Angriff auf die Vereinigten Staaten hingestellt würde.
In dem Artikel heißt es: „Eine Umfrage, die wir im Juli unter einfachen Amerikanern sowie ehemaligen US-Politikern durchgeführt haben, ergab jedoch, dass eine klare Mehrheit einen Angriff auf China unterstützen würde, falls die Volksbefreiungsarmee US-Schiffe im Südchinesischen Meer angreifen sollte.“
Diese Argumentation deckt sich mit den Ansichten von Elbridge Colby, Trumps Kandidat für den Posten des stellvertretenden Verteidigungsministers. In seinem 2021 erschienenen Buch, „The Strategy of Denial“, argumentiert Colby, dass die USA sicherstellen müssen, dass jeder Krieg mit China so aussieht, als hätte Peking „den ersten Schuss abgegeben“. Washington, so schrieb er, müsse „China bewusst dazu bringen, die Entschlossenheit der Koalition zu stärken“. Mit anderen Worten, man müsse eine Reaktion provozieren, die dazu genutzt werden könne, einen Krieg gegenüber der Bevölkerung und den Verbündeten der USA zu rechtfertigen.
Colby erklärt:
Der vielleicht deutlichste und mitunter wichtigste Weg, zu erreichen, dass China so gesehen wird, besteht einfach darin, dafür zu sorgen, dass es als erstes zuschlägt. Kaum eine menschliche moralische Intuition ist tiefer verwurzelt als die, dass derjenige, der angefangen hat, der Aggressor ist und dementsprechend vermutlich auch die größere moralische Verantwortung trägt.
Mit anderen Worten: Damit die Vereinigten Staaten erfolgreich öffentliche Unterstützung für einen Krieg mit China mobilisieren können, müssten sie eine 21.–Jahrhundert–Version jenes Vorfalls im Jahr 1898 inszenieren, als der Untergang der USS Maine als Rechtfertigung für die Eroberung Kubas, Puerto Ricos und der Philippinen durch die USA diente. Oder auch des Zwischenfalls im Golf von Tonkin, der 1964 als Rechtfertigung für die direkte Beteiligung der USA am Vietnamkrieg diente.
Die durchgesickerte Diskussion über den Angriff auf den Jemen muss als Warnung dienen. Die Trump-Regierung steht an der Spitze einer räuberischen und kriminellen Finanzoligarchie, die von einer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise geplagt wird. Sie ist mit wachsendem Widerstand im eigenen Land konfrontiert. Sie ist zu jedem Verbrechen fähig, auch zur Entfesselung eines umfassenden globalen Angriffskriegs.
Quelle: wsws.org… vom 27. März 2025
Tags: Dritter Weltkrieg, Imperialismus, Jemen, Palästina, Politische Ökonomie, Repression, Saudi-Arabien, USA, Zionismus
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