Widerstand gegen die rücksichtslose Politik von Amazon
„… Unsere französische Schwestergewerkschaft CNT-AIT berichtet von einem Streik bei mehreren Amazon-Lagern. Eine konstruktive, praktische und nicht-ideologische Information darüber, wie bestimmte ArbeiterInnen in Frankreich auf die Situation der Corona-Virus-Epidemie reagieren. ArbeiterInnen von drei unterschiedlichen Amazon-Standorten in Frankreich (Nord, Ost und Süd-Ost) haben einen wilden Streik begonnen, um das Fehlen von Schutzmaßnahmen (keine Seife, keine angemessenen Handwaschgelegenheiten mit berührungslosen Wasserhähnen, keine hydroalkoholischen Gels, kein Einhalten des 1,5 Meter-Sicherheitsabstands am Arbeitsplatz, …) anzuprangern. Streik ist die Waffe der ArbeiterInnen. Die Bosse wollen, daß wir durch die Arbeit sterben, wir bevorzugen Direkte Aktionen und Streiks für unsere Leben!...“ – aus der Meldung „Frankreich: Streik in Amazon-Lagern“ am 20. März 2020 bei Emrawi über die Streiks bei Amazon in Frankreich – die keineswegs die einzigen Streiks und Widerstandsaktionen der letzten Tage waren, was eine Reaktion von zunehmend mehr Belegschaften auf den Kurs des Unternehmens ist, seine „Chance“ mit dem Versandgeschäft während der Epidemie konsequent profitabel auszunutzen und dafür immer intensiver die Arbeitsbelastung zu erhöhen. Siehe dazu auch Streikberichte aus Italien und den USA, zwei Meldungen über das Vorgehen des Unternehmens, sowie zwei Beiträge zu gewerkschaftlichen Gegenaktivitäten aus Polen und der Slowakei:
„Amazon, più tutele in due stabilimenti su tre“ von Patrizia Pallara am 19. März 2020 bei Rassegna Sindacale berichtet auch aus Italien von Streiks in drei Lagern Amazons – von denen zwei bereits erfolgreich waren, indem die jeweiligen Leitungen Zugeständnisse machen mussten, was Ausstattung mit Hygienemitteln, Bedingungen in Arbeitspausen und Abständen von Personen während der Arbeit betrifft.

„Amazonians United Wins PTO for all Amazon Workers“ am 22. März 2020 bei Amazonians United berichtet von den erfolgreichen Aktivitäten – rund um eine neue Initiative von Beschäftigten aus Chicago – für zusätzliche bezahlte freie Zeit im Angesicht aktueller Mehranforderungen: Eine Aktion, die sowohl in Chicago, als auch in Sacramento erfolgreich war und dies aufgrund (bei Amazon Aktionen durchaus nicht selbstverständlicher) massiver Beteiligung der jeweiligen Mehrheit der Belegschaft.
„Coronavirus: Kritik und Proteste gegen Amazon Frankreich“ von Markus Gärtner am 20. März 2020 beim Amazon-Watchblog berichtet zu den Bedingungen in Frankreich und anderen Ländern: „… Einerseits profitiert Amazon durch die steigenden Online-Bestellungen vom Coronavirus, andererseits greift die Pandemie auch die Struktur des E-Commerce-Riesen an. Die ersten Coronafälle bei Mitarbeitern in spanischen und US-amerikanischen Verteilzentren sind aufgetreten. Amazon steht dort wegen des vermeintlich nachlässigen Umgangs mit der Gefahr bereits in der Kritik: Die spanischen Logistiklager wurden einfach weiter betrieben, in den USA klagten Mitarbeiter unter anderem über unzureichenden Schutz vor dem Coronavirus. Auch in Frankreich haben Mitarbeiter und Gewerkschaften sich über Druck und fehlende Schutzmaßnahmen von Amazon beschwert, wie der Radiosender France Inter berichtet. Der Vorwurf: Amazon drohe den Mitarbeitern in den Lagern mit Verdienstausfall, wenn diese aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu Hause blieben. Auch der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat sich eingeschaltet und wettert gegen Amazon: „Dieser Druck ist inakzeptabel, und wir werden es Amazon wissen lassen“. Im Amazon-Lager Saran bei Orleans protestierten rund 300 Mitarbeiter gegen die Bedingungen und forderten eine Schließung des Amazon-Zentrums, wie Reuters berichtet. „Wir fühlen uns wirklich unsicher und ich habe Kollegen, die mit Angst zur Arbeit erscheinen“, sagt Richard Vives von der Gewerkschaft CAT. Laut dem Gewerkschafter Julien Vincent befänden sich 30 bis 40 Prozent der französischen Amazon-Mitarbeiter in den Verteilzentren derzeit nicht auf Arbeit – entweder aus Angst vor dem Virus oder weil sie ihre Kinder betreuen müssen. Amazon sucht in Frankreich nach Zeitarbeitern und bietet an, auch die Löhne in der Coronakrise zeitweise erhöhen, heißt es...“
„Unerträglicher Druck“ von Hansgeorg Hermann am 23. März 2020 in der jungen welt direkt zu den Entwicklungen bei Amazon in Frankreich: „… Die Chefs der französischen Filiale des Onlinegiganten hatten ihren Lohnabhängigen in den vergangenen Tagen mit Abmahnung und Entlassung gedroht, falls sie ihren Arbeitsplatz wegen der Bedrohung durch das Virus verlassen würden. Die Beschäftigten am Standort Lille im Norden des Landes hatte Amazon mit einer Botschaft per E-Mail gewarnt: »Die hygienischen Bedingungen entsprechen den Regeln, die Arbeitssituation enthält keinerlei schwere oder unmittelbare Gefahr, unsere Position entspricht jener der Regierung.« Das von Staatschef Emmanuel Macron und seinem Premier Édouard Philippe zu Wochenbeginn vielfach zitierte »Recht auf Rückzug« werde von Amazon als »unerlaubtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz« eingestuft und mit Entlassung bedroht, erklärte Tatiana Campagne von der Gewerkschaftsvereinigung SUD...“
„Amazon Poland: management puts staff at risk“ am 21. März 2020 bei Labour Solidarity ist die Dokumentation des Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerkes für Solidarität und Kampf einer – gemeinsamen – Stellungnahme der polnischen OZZ Inicjatywa Pracownicza und der NSZZ Solidarność gegen das Verhalten der Unternehmensleitung in den polnischen Amazon Lagern, die, anstatt der Forderung nach Schließung nachzukommen, stattdessen provokativ und gefährdend einen (minimalen) Bonus für Überstunden in Polen anbot…
„Témoignages du syndicat Moderné Odbory Amazon et qui sont implantés sur l’entrepôt Amazon de Sered“ am 20. März 2020 ebenfalls bei Labour Solidarity dokumentiert den Bericht der alternativen Betriebsgewerkschaft Moderne Odbory über die Entwicklungen im slowakischen Amazon-Lager Sered. Auch hier wurde die verbreitete Forderung nach Schließung nicht nur rundweg abglehnt, sondern auch weiterhin der Arbeitsdruck erhöht. Es gab zwar einige kleinere Zugeständnisse, die Ziele des Unternehmens aber sind deutlich – auch hier werden Zeitarbeits-Beschäftigte gesucht…
Quelle: labournet.de… vom 23. März 2020
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitskämpfe, Arbeitswelt, Covid-19, Deutschland, Frankreich, Gewerkschaften, Neoliberalismus, Polen, Repression, USA
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