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Spanien: Streik bei Nissan gegen den Schließungsplan samt Kurzarbeit

Eingereicht on 27. Juli 2020 – 13:59

Seit Montag, 04. Mai 2020 befindet sich die Belegschaft von Nissan in Montcada (Sonderwirtschaftszone in der Nähe von Barcelona) im Streik: Seit über einer Woche nunmehr. Dabei geht es darum, dass Belegschaft und Gewerkschaften befürchten, die offensichtlich beabsichtigte Werksschließung könne „durchgezogen“ werden – das Unternehmen will dies großzügigerweise in ein paar Monaten (im Sommer, wie aus der nachfolgenden Meldung hervorgeht) mitteilen. Obwohl im Betriebskomitee mehrere Gewerkschaften vertreten sind, die durchaus unterschiedliche Orientierungen haben und verfolgen, ist der Streik eine von allen getragene Aktion, an der sich auch alle der 1.300 Beschäftigten beteiligen, wie es aus verschiedenen Quellen hervorgeht. So auch aus dem kurzen Bericht „El comité de empresa de Nissan inicia este lunes una huelga indefinida“ am 04. Mai 2020 bei Cope, aus dem auch noch deutlich wird, dass für den Tag des Streikbeginns, also am 4. Mai, das Unternehmen eigentlich den Beginn der allmählichen Wiederaufnahme der Produktion vorgesehen hatte, was dann eben nicht geschah. Die Auswirkungen dieses Streiks im Raum Barcelona könnten sich aber sehr schnell auch auf andere Standorte und Niederlassungen in Spanien auswirken, da sie alle in unterschiedlichem Umfang von hier aus beliefert werden. Wie dabei die gewerkschaftlichen Reaktionen aussehen werden, bleibt bisher unklar – da es keinen gemeinsamen „Betriebsrat“ gibt, wie in anderen Autokonzernen in Spanien, sondern jede Einheit ihr eigenes Komitee hat, die alle sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind. Siehe dazu auch weitere aktuelle Meldungen und einen Bericht über die Wahl des Betriebskomitees 2019 sowie neu:

  • Schließung von Nissan verschoben – ein erster Erfolg des Kampfes in Barcelona. Dem ein zweiter folgen soll: Parlamentarische Initiative für Enteignung und Einleitung einer Verkehrswende 

Die Meldungen und Berichte in den Mainstream-Medien Spaniens waren eindeutig: Auch das jüngste Treffen von Unternehmensleitung und „Betriebsräten“ sowie Gewerkschaften bei Nissan sei erfolglos geblieben, es habe keinerlei Annäherung gegeben. Was durchaus zutrifft – aber wobei eine keineswegs geringfügige Entscheidung „übersehen“ wird: Dass die – ursprünglich für den Sommer 2020 vorgesehene – endgültige Schließung des Werkes in der Sonderzone von Barcelona auf 2021 verschoben wurde. Was auf Seiten der Gewerkschaften und KollegInnen eine einhellige Bewertung hervorrief: Ein erstes Ergebnis des nunmehr seit Monaten andauernden Streiks, der sich nachwievor breiter Unterstützung in der Öffentlichkeit erfreut – und dies trotz der harten Linie des Unternehmens in Bezug auf diktierte Kurzarbeit. Zur breiten und anwachsenden öffentlichen Unterstützung gehört auch eine Initiative der katalonischen linken Partei CUP, gemeinsam mit einigen der im Unternehmen aktiven Gewerkschaften eine Debatte im Regionalparlament festzulegen, auf der über ein Gesetzesprojekt zur Enteignung des Unternehmens und der darauf folgenden beabsichtigten Produktionsumstellungen (auf E-Autos für kollektive Verkehrseinsätze) beschlossen werden soll. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge zur Reaktion auf die Verschiebung der Schließung, den Auswirkungen des langen Streiks auf andere Werke von Renault-Nissan und zur Vorstellung der politischen Initiative zur Enteignung und Produktionsumstellung:

  • „La lucha de la plantilla de Nissan obliga a la empresa a aplazar el cierre“ am 22. Juli 2020 bei kaosenlaredmeldet die durch den Kampf erzwungene Entscheidung, die Werksschließung nicht im Sommer 2020 vorzunehmen. Bis Dezember 2020 wird es zudem keine Entlassungen geben. Die Gewerkschaften begrüßten diesen „Mini-Schritt“, machten aber auch gleichzeitig deutlich, dass es keine Grundlage für Verhandlungen um die Betriebsschließung gebe – und, solange das diktatorische Kurzarbeitsprogramm aufrechterhalten werde – auch nicht über jedes andere Thema.
  • „La huelga de Nissan Barcelona paraliza la segunda planta de Renault en Europa por falta de abastecimiento“ von Andrea Robles am 23. Juli 2020 beim OK Diarioberichtet vom nunmehr schon zweiten Renault-Werk, das aufgrund des monatelangen Streiks in Barcelona nicht mehr weiter arbeiten kann, weil die benötigten Teile fehlen. Nach dem Werk im nordfranzösischen Maubeuge ist es nun auch jenes im britischen Sunderland.
  • „Proponen nacionalizar la Nissan para crear un parque público de coches compartidos eléctricos“ von Gessami Forner am 23. Juli 2020 bei El Salto Diarioberichtet von der gemeinsamen Pressekonferenz von CGT, CUP und Anticapitalistas zur Initiative, die Verstaatlichung und anschließende Produktionsumstellung im Parlament zu diskutieren und beschließen. Die Vorlage sieht staatliche Investitionen von 950 Millionen Euro jährlich auf die Dauer von 10 Jahren vor – die durch Einnahmen in diesem Zeitraum mindestens ausgeglichen werden könnten. Die Produktion von Elektroautos soll Ergebnis der anvisierten Produktionsumstellung sein, inklusive der Kontrolle der benutzten Materialien auf ihre Sozialverträglichkeit hin. Ziel wäre es dabei dann, für öffentlich nutzbare „Fuhrparks“ zu produzieren, für deren Entwicklung es verschiedene Modelle gebe, die auch ansatzweise bei der Pressekonferenz vorgestellt wurden und mit einem umfangreichen städtischen „Car Sharing“-Programm beginnen. Dem dabei vorgestellten Konzept haben sich inzwischen auch andere gewerkschaftliche Gruppierungen und Strömungen angeschlossen (wie etwa die organisierte linke Opposition im Gewerkschaftsbund CCOO).
  • Zahlreiche weitere Aktionen der Nissan-ArbeiterInnen von Barcelona bis Madrid gegen Zwangs-Kurzarbeit  und Schließung – sowie das Zusammenwachsen mit der Bewegung in den Subunternehmen 
    Am Mittwoch, 15. Juli 2020, haben sich etwa 2.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der Nissan-Werke in Barcelona an der Demonstration in Madrid beteiligt, zu der alle in den Betrieben präsenten Gewerkschaften aufgerufen hatten. Bei der Demonstration zum Parlament wurde vor allem von den politischen Verantwortlichen gefordert, den Paragraphen 51 des Arbeitsstatuts abzuschaffen – der nach den Gegenreformen von 2012 es den Unternehmen erlaubt, Maßnahmen wie Zwangs-Kurzarbeit ohne Genehmigung der Behörden und ohne Verhandlungen mit Gewerkschaften oder Betriebsräten zu diktieren. In der Meldung „La plantilla de Nissan se manifiesta en Madrid contra el cierre de las plantas en Catalunya“ am 15. Juli 2020 beim Gewerkschaftsbund CCOOwird weiterhin berichtet, dass diese Föderation von der Regierung einen industriellen Plan fordert, um Beschäftigung zu sichern… Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge, darunter eine Meldung über das weitere Zusammenwachsen der Aktionen von Beschäftigten bei Subunternehmen mit jenen der Nissan-ArbeiterInnen, sowie einem Bericht über die weiter wachsende öffentliche Unterstützung für diesen Kampf:
  • Neue Mobilisierungs-Initiative der klassenkämpferischen Gewerkschaften bei Nissan Barcelona: Sofortige Enteignung statt Kurzarbeit bis zur Schließung 
    Zu ihrem Schließungsplan hat die Unternehmensleitung von Nissan in Spanien nun einen konkreten Schritt unternommen (nachdem sie bisher meist eher nebulös blieb, wenn es um konkrete Maßnahmen ging) und einen Antrag auf Kurzarbeit gestellt, der direkter Bestandteil des Schließungsplanes ist. Als Reaktion darauf haben die in den Betrieben aktiven klassenkämpferischen Gewerkschaften, die sich in der Taula Sindical zusammen geschlossen haben, den Aufruf „Paremos el ERE y frenemos el chantaje: Expropiación de la Nissan“ hier am 09. Juli 2020 bei kaosenlareddokumentiert verbreitet. Darin fordern CGT, IAC, CNT, COS, Co.bas und Solidaritat Obrera die Enteignung Nissans, das trotz jahrelanger Subventionen schließen wolle (die in dem Aufruf nochmals zusammen gefasst werden, von Investitionsbeihilfen und Steuererleichterungen hin zu politisch gewollten staatlichen Bestellungen) – und es werden darin auch nochmals die Folgen einer solchen Schließung zusammen gefasst in der Hervorhebung, dass die Produktion bei Nissan rund 7% der gesamten katalonischen Industrieproduktion darstelle. Für diese Gewerkschaften erst recht ein Grund, Nissan zu enteignen, um so eine Basis für eine andere Industriepolitik und eine andere Verkehrspolitik legen zu können.
  • Auslieferungslager von Nissan Barcelona von Streikenden blockiert 
    Am Freitag, 03. Juli 2020, wollte Nissan einen Materialtransport von einem Auslieferungslager in Barcelona zur Niederlassung in Avila vornehmen – wie immer, wenn solche Unternehmen geschlossen werden sollen, soll aber bis zum letzten Tag malocht und Profit gemacht werden. Die Streikenden bei Nissan verhinderten diese Aktion mit einer Blockade des Lager, die die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CGT organisiert hat. „CGT paraliza la salida de camiones de los almacenes de Nissan en Barcelona“ am 05. Juli 2020 bei kaosenlareddokumentiert ist die Presseerklärung (mit Videobericht) der CGT Nissan zu dieser Aktion (an der sich die anderen Gewerkschaften nicht beteiligen wollten) in der unterstrichen wird, dass „keine Schraube“ Nissan-Einrichtungen in Barcelona verlassen werde und zur Unterstützung der weiterhin stattfindenden Aktion aufgerufen wird
  • Seit 60 Tagen im Streik: Die „Solidaritätsreise“ der Streikenden bei Nissan in Barcelona auf dem langen Weg nach Kantabrien 
    Bis nach Santander in Kantabrien, am „entgegengesetzten“ Nordende Spaniens ging die Reise einer Delegation der Streikenden von Nissan Barcelona, mit zahlreichen Stationen auf dem Weg von rund 800 Kilometern. Und, wo sie auch immer hinkamen, waren sie begeistert von der Unterstützung, die sie für ihren Kampf bekamen, auch von Kräften, von denen sie es nicht unbedingt erwartet hätten. Der Tweet am Abend des 02. Juli 2020 im Twitter-Kanal der CCOO Nissan: „Hoy cumplimos 60 días de HuelgaIndefinida, seguimos haciendo historia. Unos a más de 800 km en Cantabria y otros defendiendo nuestro Campamento La Resistance“   ist einer von den vielen über diese Reise – und unterstreicht, dass gleichzeitig die Aktionen im „heimischen“ Protest-Zeltlager ebenfalls fortgesetzt werden.  Siehe dazu auch einen Hintergrundbeitrag und ein Interview mit einem Nissan-Arbeiter über die Anliegen der Belegschaft und ihren Kampf:
    • „Nissan, hay partido“ von Joan Coscubiela am 29. Juni 2020 in El Diarioist ein Beitrag, der den „Fall Nissan“ im Zusammenhang mit der Industrialisierung Spaniens in Zeiten der Diktatur behandelt: Die heute so genannten „Investoren“ waren meist internationale Konzerne, bei denen von vorne herein für die politischen Institutionen Spaniens keine Möglichkeit bestand, auf Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen. Dies sei, so der Autor, auch die bis heute fortgesetzte Tradition der politischen Rechten in Spanien geblieben, wie es sich unter anderem anhand der Privatisierungspolitik der Rechtsregierung Aznar seit 1996 gezeigt habe. Eine Politik im Übrigen, die stets massiv vom katalonischen Bürgertum unterstützt und mitgetragen worden sei. Höhepunkt all dieser Entwicklungen sei die „Reform der Arbeitsgesetze“ von 2012 gewesen, die den Unternehmen – natürlich auch hier mit der Begründung, so würde (miese) Beschäftigung geschaffen – alle Freiheiten gab und Belegschaften und Gewerkschaften zahlreiche Rechte nahm…
    • Nissanarbeiter im Kampf – Interview mit einem Kollegen von Nissan“ am 27. Juni 2020 beim Roten Morgenist eine (leicht bearbeitete) Übersetzung (Andy Habicht) eines Beitrags bei der PCE,ML vom 19. Juni – worin es zur Orientierung des Kampfes der Nissan-Belegschaft unter anderem heißt: „… Nissan-Arbeiter fordern, dass sie mit Respekt behandelt werden und dass nicht versucht wird, sie davon zu überzeugen, dass die Opfer immer von den Arbeitern selbst übernommen werden. Wir fordern außerdem die Verwaltung auf, die Vereinbarungen zu respektieren und die letzte Minute der Verhandlungen zu erreichen, mit der Möglichkeit, die Vereinbarungen zu erzielen, die für alle Arbeitnehmer und Unternehmen am vorteilhaftesten sind. Es ist nicht logisch, bereits verhandelte Themen neu zu verhandeln, zu denen bereits eine Reihe von Vereinbarungen getroffen wurden. In letzter Zeit überprüfen wir dies, bei den Verhandlungen im Werk in Kantabrien, in denen die Arbeitnehmer um weitere Opfer gebeten werden, einschließlich der Neuverhandlung eines bereits unterzeichneten Abkommens, abgesehen von einem Verlust von Löhnen und dem Verlust erworbener Rechte...“
  • Wie die Beteiligung der LeiharbeiterInnen am Kampf bei Nissan/Barcelona zustande kam: Durch Eigeninitiative, nicht durch die Gewerkschaften – die nun unter Zugzwang geraten 
    Mindestens 8 größere Subunternehmen stehen bei Nissan in Barcelona unter Vertrag – und etwa 1.400 Menschen arbeiten angeblich für sie – in Wirklichkeit für Nissan – wovon alleine knapp die Hälfte bei Acciona beschäftigt ist. Auch in den meisten gewerkschaftlichen „Rechnungen“ tauchen sie nicht auf – da ist in der Regel von 3.000 Beschäftigten bei Nissan und weiteren 22.000 bei Zulieferbetrieben die Rede, selten von den LeiharbeiterInnen. Bereits in unserem letzten Beitrag zum Kampf bei Nissan (siehe unten) hatten wir über Proteste der LeiharbeiterInnen, die Gleichbehandlung fordern, berichtet. In dem Beitrag „Los invisibles de Nissan“ von Pedro Antunez am 19. Juni 2020 bei kaosenlaredwird nun nachgezeichnet, wie die Mobilisierung zustande kam: Die Gewerkschaften selbst kümmerten sich zumeist nur – wenn überhaupt – um ihre (relativ wenigen) Mitglieder in diesen Unternehmen. Der Argentinier Walter Massaro, der seit 15 Jahren in Barcelona lebt und bei dem Subunternehmen Magnetic Marelli arbeitet, ist eigentlich Delegierter der UGT in seinem Werk. Weil er aber damit ausgesprochen unzufrieden war, dass seine Gewerkschaft sich nicht wirklich dabei engagierte, die LeiharbeiterInnen zu mobilisieren, tat er sich mit einigen Kolleginnen und Kollegen zusammen – und sie nahmen das in die eigenen Hände und bildeten ein gewerkschaftsübergreifendes Komitee. Was wiederum dazu führte, dass die UGT nun versucht, ihre Mitglieder in den verschiedenen Unternehmen gemeinsam zu organisieren – gemeinsam aber nur eben diese eigenen Mitglieder, was zu erheblichen Spannungen führt mit dem Komitee und auch mit den UGT-Mitgliedern, die da aktiv sind…
  • Über anderthalb Monate Streik bei Nissan Barcelona: Verstaatlichen, um die Produktion zu verändern – und in Subunternehmen fordern LeiharbeiterInnen Gleichbehandlung 
    „… Seit Anfang Mai befinden sich die Beschäftigten bei Nissan in Barcelona im unbefristeten Streik. Rund 3.500 Beschäftigte sind dort direkt angestellt. Weitere 20.000 arbeiten für Subunternehmen. Nissan hatte beschlossen, die Produktion in andere Länder auszulagern. Vorgeblich, weil die Werke durch die aktuelle Krise im Automobilsektor nicht mehr rentabel seien. Die katalanische Regierung hat in den letzten Jahren allerdings mehr als 25 Millionen Euro für das Unternehmen bereitgestellt und hat weitere 300 Millionen Euro angekündigt, um Nissan zum Bleiben zu bewegen. Die mitregierende Esquerra Republicana de Catalunya (ERC), die republikanische Partei Kataloniens, sprach sogar von Verstaatlichung, um das Werk zu erhalten. Ihr Plan war, über den Aktienerwerb Teilinhaber zu werden und über weitere öffentliche Gelder den Erhalt des Unternehmens sicherzustellen. Andere Parteien in Katalonien und auch die spanischen Zentralregierung wollten von diesem Plan jedoch erst gar nichts wissen. Sie verwiesen auf die Hunderten Millionen, die sie Nissan in den letzten zehn Jahren bereits an Unternehmenshilfen gezahlt hatten. Ohnehin hätte dieser Plan nur den aktuellen Status Quo beibehalten und weitere Hilfsgelder für den Konzern notwendig gemacht – ohne die Sicherheit, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben…“ – so beginnt der Überblicksartikel über den wochenlangen Kampf bei und um Nissan „20.000 Beschäftigten droht wegen Schließung bei Nissan die Arbeitslosigkeit“ von Bastian Schmidt am 11. Juni 2020 bei Klasse gegen Klasse, der auch die Wochen des Kampfes noch einmal knapp nachzeichnet. Siehe dazu auch drei weitere aktuelle Beiträge, darunter ein Interview mit einem CGT-„Betriebsrat“, ein Video vom Besuch der heftig kritisierten alternativen Bürgermeisterin Barcelonas bei den Streikenden und einen Überblick über die bisherigen Aktionen während des Streiks sowie schließlich einen Bericht über Aktionen der rund 1.400 LeiharbeiterInnen:
    • „»Notfalls neue Gesetze zur Verstaatlichung«“ am 11. Juni 2020 in der jungen weltist ein Interview von Joachim Jachnow mit Joaquín Cano, CGT Betriebsrat bei Nissan/Barcelona, worin dieser unter anderem ausführt: „ …[Warum wird dieser auch über Nissans definitive Entscheidung zur Schließung hinaus fortgeführt?] Wir haben uns vom ersten Moment an an einem Streikaufruf beteiligt, der mit den Arbeitern aller Betriebsstandorte – in der Zona Franca, in Montcada, in Sant Andreu de la Barca, in Estruch sowie das Distributionszentrum im Hafen der Stadt – vereinbart wurde. Wir haben eine gemeinsame Front aller Beschäftigten bilden können, um die Aufgabe der Produktion von Nissan zu verhindern. Vor zwei Wochen gab das Management aber seine endgültige Entscheidung bekannt, die Produktionsstandorte in Barcelona dichtzumachen. Trotz des geschlossenen Streiks und der immensen Solidarität großer Teile der Bevölkerung. Die Situation ist jetzt natürlich überaus angespannt. Um den Kampf auch über die nächsten Monate hinweg aufrechtzuerhalten, haben wir eine Streikkasse eingerichtet, die es uns ermöglicht, einen unbefristeten Arbeitskampf zu überstehen. (…) [Existieren internationale Allianzen im Kampf um die Rettung der Fabriken in der EU?] Die wären dringend notwendig: Heutzutage gibt es große solidarische Unterstützung. Aber die Herstellung eines echten internationalen Zusammenschlusses der Arbeiter gegen die Aggressionen der multinationalen Automobilkonzerne wäre unbedingt erstrebenswert, um gemeinsam für unsere Rechte und Löhne zu kämpfen. Im Automobilsektor hat es immer wieder Momente gegeben, in denen wir Arbeiter selbst unsere Rechte beschnitten haben, um gegen andere Fabriken um die Vergabe der Produktion zu konkurrieren. Am Ende haben dann alle Beschäftigten das Nachsehen. [Wie könnte die Zukunft der Produktion in Barcelona und darüber hinaus aussehen?] Es ist klar, dass wir eine Veränderung in bezug auf die Mobilität brauchen. Das Auto muss ein nachhaltiges »Werkzeug« sein, diese Debatte wird in Spanien genauso geführt wie anderswo. Aber das Problem ist doch, dass ein tatsächlicher Wandel von den Unternehmen nicht eingeleitet wird. Es ist eine Art Vakuum entstanden, in dem die multinationalen Automobilkonzerne Produktionskapazitäten vernichten und nicht transformieren“.
    • Los trabajadores de Nissan recibieron a Ada Colau con abucheos, un sindicalista tuvo que salir a defenderla“ am 12. Juni 2020 bei kaosenlaredist ein Video vom Besuch der Bürgermeisterin Barcelonas Ada Colau bei den Streikenden – die die linksalternative Politikerin mit Buhrufen empfingen, wegen der reaktionären Äußerungen ihrer Stellvertreterin, die von ihr nicht kritisiert worden waren. Jetzt mussten Gewerkschaftsfunktionäre „in den Ring“, um die Bürgermeisterin zu verteidigen…
    • „Quinta movilización en dos semanas de la plantilla de #NissanNoSeCierra: “Mantener las plantas de Barcelona es una apuesta segura”“ am 12. Juni 2020 bei der CCOO Industrieist ein kurzer Bericht von der neuerlichen Großaktion am Vortag, die abermals Tausende, mehr als die Belegschaft, auf die Straße brachte – und es ist gleichzeitig ein Überblick über die Reihe der Aktionen seit Streikbeginn, vor allem eben der letzten beiden Wochen davor, in denen es gleich fünf große Protestaktionen gegeben hatte.
    • „Les treballadores subcontractades per Nissan reivindiquen les mateixes condicions que la plantilla“ von Roger Jimenez am 08. Juni 2020 bei Directaist ein Bericht über Proteste bei den diversen Subunternehmen von Nissan in der Region Barcelona: Neben den 3.500 bei Nissan Beschäftigten arbeiten in den verschiedenen Nissan-Werken auch beinahe 1500 LeiharbeiterInnen – von Teilefertigung bis Reinigungsaufgaben werden da erledigt. Diese haben nun in mehreren Aktionen „Gleichbehandlung“ gefordert, was für alle Fälle gelten soll, sowohl eine etwaige Fortbeschäftigung, als auch, im schlechtesten Fall, bei entsprechenden Entschädigungs-Zahlungen.
  • Eine Autokarawane der Nissan-Belegschaft und ihrer UnterstützerInnen legt Barcelona lahm: Die Werksschließung wird nicht hingenommen 
    In der Avenida Diagonal von Barcelona trafen sich Autokarawanen aus mehreren Niederlassungen von Nissan in Katalonien: Vor dem japanischen Konsulat. Und bereiteten dem Verkehr für zweieinhalb Stunden ein Ende. Unterstützt wurden sie dabei sowohl von einer breiten Mobilisierung der Gewerkschaften CCOO und CGT, als auch von Zusammenschlüssen von weiteren Betroffenen und auch der Taxifahrer von Barcelona, sowie verschiedensten linken Gruppen und Organisationen. Das gemeinsame Ziel, so unterstrichen es alle beteiligten Seiten, sei es, dass das Unternehmen den jüngst vorgelegten Beschluss zur Schließung in Spanien zurück nehme – wobei sie unter anderem darauf verweisen, dass in den Werken nahe Barcelona die E-Autos des Unternehmens gebaut würden, die weltweit Absatz fänden. In dem Bericht „Una masiva caravana de vehículos en protesta contra el cierre de Nissan colapsa el centro de Barcelona“ am 04. Juni 2020 bei kaosenlaredwerden auch zahlreiche kürzere Videos dokumentiert, die deutlich machen, dass die Aktion rundherum gelungen war.  Siehe dazu auch einen weiteren Aktionsbericht vom 03. Juni bei Renault und eine Erklärung der Basisgewerkschaft CGT:
  • Nissan gibt Verzögerungstaktik auf: Alle Niederlassungen in Spanien sollen definitiv geschlossen werden – jetzt brennen die Reifen auf der Autobahn und CGT fordert Enteignung 

Nach mehrwöchigem Hin und Her – die genauen Pläne seien noch gar nicht endgültig beschlossen war die Grundhaltung der Konzernleitung, um die herum sie mehrere verschiedene Meldungen lancierte – haben die Nissan-Bosse jetzt ihre Karten auf den Tisch gelegt: Das Werk bei Barcelona soll definitiv geschlossen werden, wenn es nach ihnen geht. In der Meldung „Nissans Shutdown“ am 29. Mai 2020 in der jungen welt heißt es zu den Entwicklungen am Donnerstag, 28. Mai unter anderem: „…Wie der Konzern am Donnerstag bekanntgab, fiel zum Bilanzstichtag am 31. März ein heftiger Verlust von 5,7 Milliarden Euro an. Die globalen jährlichen Produktionskapazitäten sollen im Rahmen eines bis März 2024 laufenden »Transformationsplans« um 20 Prozent auf 5,4 Millionen Autos gesenkt werden. Die Produktion in Europa werde sich künftig auf das britische Werk in Sunderland konzentrieren, hieß es. Einzelheiten zu der angekündigten Werksschließung in Barcelona wollte Konzernchef Makoto Uchida nicht nennen. In Barcelona kam es gestern zu heftigen Protesten von Nissan-Arbeitern, die mit brennenden Reifen und Barrikaden die Werkszufahrten blockierten. Die Produktion steht schon seit Anfang Mai wegen des Arbeitskampfs um die Fortführung des Werks still. Die Generalsekretärin der Gewerkschaft USOC, María Recuero, warf Nissan vor, die während der Coronakrise bestehenden wirtschaftlichen Probleme und Einschränkungen der Protestmöglichkeiten auszunutzen. Die USOC steht allerdings in der Arbeiterschaft ihrerseits immer mehr aufgrund ihrer Kompromisslerei in der Kritik. In den Gewerkschaften werden die Stimmen, die die Nationalisierung und Arbeiterkontrolle des Nissan-Werkes fordern, lauter. Basisgewerkschaften versuchen wiederum auf den etwas kämpferischen Gewerkschaftsbund CGT Druck in diese Richtung auszuüben. Migrantenorganisationen wie Sindillar und Papeles para Todos (»Dokumente für alle«) haben in den vergangenen Tagen mehrfach ihre Solidarität mit den Nissan-Arbeitern demonstriert und sich den Sozialisierungsforderungen angeschlossen…“ wobei vermutlich die Comisiones Obreras damit gemeint sind, auf wen Druck ausgeübt werden soll zum Zwecke verstärkten Kampfes. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge – in denen sowohl der gesamte Schließungsplan für Spanien dargestellt wird, als auch – und vor allem – Reaktionen von Belegschaft und Gewerkschaften, von brennenden Reifen bis zur Enteignungskampagne:

Quelle: labournet.de… vom 27. Juli 2020

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