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Erneute Entlassungen bei Manor: Profit vor allem Anderem!

Eingereicht on 22. August 2020 – 9:40

Nach einem Sommer des Wartens schlägt die Unternehmensleitung im seit Jahren anhaltenden Prozess der Unternehmensumstrukturierung und -neugestaltung erneut zu. Selbstverständlich werden mit diesen Entscheidungen, die den Abbau von Arbeitsplätzen und Angriffen auf die Arbeitsbedingungen (Löhne, Arbeitszeiten usw.) beinhalten, auch die allgemeinen Auswirkungen der Pandemie auf die Situation der Unternehmen sichtbar.

Wir wissen jedoch, dass die Pandemiekrise in vielen Sektoren einfach nur den Funken darstellte, der die Reorganisations- und Umstrukturierungsprozesse beschleunigte, die bereits früher in Gang gesetzt oder jahrelang vorbereitet wurden. Die Unternehmer – als «Charaktermasken des Kapitals» – sind bei «Strafe ihres Untergangs» immer darauf aus, das Profitniveau zu verteidigen und zu steigern. Nun versuchen sie den Pandemieschock zu ihren Gunsten zu nutzen.

Wie Recherchen der BFS ergaben, wurde es den Angestellten von Manor streng verboten, gegen aussen über die Abbaumassnahmen und die Entlassungen zu sprechen. Dies ist zwar keine Ausnahme in der demokratischen Schweiz, wo der Alltag der Lohnabhängigen und damit der Bevölkerung durch die Diktatur der Unternehmer bestimmt wird. Dies ist auch kein Wunder angesichts von Gewerkschaftsführungen, die sich mit der Sozialpartnerschaft seit über einem Jahrhundert dieser Diktatur unterwerfen.

Das Verhalten von Manor, die den Abbau von 5% (476 Stellen) der Belegschaft der Gruppe beschloss, erinnert an das Verhalten anderer Konzerne, die in jüngster Zeit bereits ähnliche Entscheidungen getroffen haben, sowohl im industriellen Sektor (Georg Fischer Konzern mit AGIE und Precicast, Mikron, usw.) als auch im tertiären Sektor (man denke nur an die verschiedenen Umstrukturierungsprozesse und den Stellenabbau, die vom Bankensektor angekündigt und umgesetzt wurden). Manor selbst schreibt: «Wir befinden uns im ersten Jahr eines Transformationsprozesses, der Ende 2019 begann und mehrere Jahre dauern wird. Die Coronavirus-Krise hat den Einzelhandelssektor hart getroffen, gleichzeitig aber auch als Katalysator gewirkt».

Tatsächlich hatte die Manor-Gruppe bereits in den letzten Monaten Entlassungen und Umstrukturierungen von Geschäftszweigen vorgenommen, als erste Schritte eines Prozesses der Umstrukturierung und Gewinnmaximierung.

Der Umstrukturierungsprozess wird im reinsten Manor-Stil durchgeführt, ohne dass die Lohnabhängigen oder ihre Interessenvertretungen (Manor hat keinen Tarifvertrag unterzeichnet) in irgendeiner Weise an dieser Entscheidung beteiligt waren. Das Geschwätz ist das klassische: Ankündigung von Entlassungen und eines Sozialplanes (den wir uns wie immer mehr als bescheiden vorstellen).

Die Pandemiekrise hat erneut deutlich gezeigt, dass die Verteidigung der Profite und der Interessen der Unternehmer an erster Stelle steht: angefangen bei der Gesundheit der Lohnabhängigen; aber nach der akutesten Phase zeigt sich, dass das ganze Gerede über den so genannten «Neustart» nichts als rhetorische Kunstgriffe sind. Unternehmen restrukturieren und reorganisieren ihre Aktivitäten in der alleinigen Logik der Verteidigung von Profiten. Es versteht sich von selbst, dass sie in diesem Zusammenhang – wie immer –ihre vorgeschützte «soziale Verantwortung» fallen lassen.

Angesichts all dessen muss versucht werden, ein Minimum an Widerstand gegen die Vernichtung von Arbeitsplätzen zu organisieren und alternative Lösungen voranzutreiben, wie z.B. die Verkürzung der Arbeitszeit, die neben der Rettung von Arbeitsplätzen auch eine Umverteilung des Reichtums darstellen würde. In dieser Perspektive müssen sich die Gewerkschaften bewegen (vorausgesetzt, sie verfügen noch über ein Mindestmass an Interventionskapazität), indem sie Entlassungen ablehnen und versuchen, die Lohnabhängigen zu mobilisieren.

Manor sagte, dass «der gesamte Prozess in verantwortungsvoller Weise und in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern und den lokalen Behörden durchgeführt wird». Es ist nicht hinnehmbar, dass in einem Kontext des Druckes auf Beschäftigungslage und der sozialen Abwärtsdynamik, wie dies im Tessin der Fall ist, die «lokalen Behörden» diese Massnahmen akzeptieren. Wir fordern ein Eingreifen der Öffentlichkeit, um Druck auszuüben und einen weiteren Beschäftigungsrückgang gerade im Tessin zu verhindern.

Quelle: mps-ti.ch…; Übersetzung Redaktion sozialismus.ch mit leichten Änderungen

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