Schweiz
International
Geschichte und Theorie
Debatte
Kampagnen
Home » Debatte, Geschichte und Theorie, Kampagnen

Corona-Leugner: Die spirituelle Szene auf politischen (Ab-)Wegen

Eingereicht on 29. August 2020 – 15:27

Ronald Engert. Viele Jahre war die spirituelle Bewegung unpolitisch. Man beschäftigte sich mit dem Weg nach innen, mit Selbstverwirklichung und Erwachen. Die Corona-Krise und das allgemeine politische Klima in der Gesellschaft machen aber auch vor der Szene nicht halt. Politische Meme werden von spirituellen Menschen aufgegriffen und in ihr Weltbild eingebaut. Die Synthese von Spiritualität und Politik ist jedoch nicht so einfach.

Die aktuelle Gefahr der spirituellen Szene besteht darin, dass sie ungewollt rechte Ideologie adaptiert, die eine gewisse Nähe zu mythischen und mystischen Inhalten hat. Es sollen deshalb in diesem Aufsatz einige Positionen des historischen Nationalsozialismus und ihre Nähe zu allgemein spirituellen Ideen aufgezeigt werden und wie diese mit der heutigen Lage korrespondieren.

Zielgruppe dieses Aufsatzes sind sowohl politisch eingestellte Menschen, die die spirituelle Szene besser verstehen möchten, als auch spirituelle Menschen, die eine Orientierung in den politischen und gesellschaftlichen Prozessen suchen. Überzeugte „Corona-Rebellen“[1] werden von diesem Aufsatz sicherlich wenig begeistert sein.

Der Psychologe Wilhelm Reich (1897-1957) macht zu Beginn seines Buches „Massenpsychologie des Faschismus“[2] darauf aufmerksam, dass es nicht ausreiche, die Vertreter der Reaktion lächerlich zu machen. Es sei vielmehr wichtig, ihre Stärken sowie ihre unzweifelhaft existierenden überzeugenden Motive zu erkennen. Reich schrieb sein Werk ab 1930 und veröffentlichte es im September 1933, wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Er ist deshalb ein Zeitzeuge, der die Geschehnisse in den Jahren vor der Machtergreifung direkt miterlebte.

Für ihn ist „plumpe Demagogie […] immer ein Zeichen der theoretischen und praktischen Schwäche und, weil sie nichts erzielt, objektiv konterrevolutionär“ (Reich, S. 7). Dies sagt er mit Blick auf die Gegner der Nationalsozialisten, die deren Stärke unterschätzt hatten. Man hatte damals von linker Seite die Neigung, die Rechten als Spinner oder Psychopathen hinzustellen. Dies war fatal und half den Nazis, die Macht zu ergreifen, da man sie zu lange nicht ernst nahm. Reich vermittelt uns als Zeitzeuge, „dass die Stärke der Nationalsozialisten ihre Überzeugtheit von ihrer göttlichen Sendung war“ (ebd.). Er beschreibt Hitler als einen „ehrlich überzeugten Fanatiker des deutschen Imperialismus“ (ebd.). Sie hätten Ziele, „die der einfache SA-Mann selbst brennend erstrebt: den Sturz des Kapitals; […] Hitler vermeint, das Volk zu befreien“ (8)[3]. Diese Aussagen weisen darauf hin, dass Hitler und seine Partei eine genaue Vorstellung ihrer politischen Ziele hatten und von einem großen Geist beseelt waren.

Laut Reich, einem überzeugten Kommunisten und Antifaschisten, ging es ihnen um die Befreiung vom Kapital, um ehrliche Überzeugung, ja sogar um ein göttliches Sendungsbewusstsein. Man wird Reich wohl nicht apologetische Überhöhung der Nazi-Ideologie unterstellen können. Seine Aussage zeigt indes, dass es sich aus der Sicht der Nationalsozialisten im Ursprung um große Ideen für die Menschheit handelte – natürlich nur für eine bestimmte Menschengruppe, die Deutschen, die andere Menschen, z. B. die Juden, dezidiert ausschloss.

Üblicherweise versteht sich eine nationalistische, imperialistische, sexistische oder rassistische Herrenklasse immer als Repräsentation der gesamten Menschheit. Dabei definiert sie sich nachgerade über den Ausschluss vermeintlich minderwertiger Untermenschen. Die Ideen an sich – Freiheit, Ehrlichkeit, Gottesbewusstsein – sind nicht verwerflich. Das Problem liegt in der Exklusion bestimmter Menschen, denen diese Rechte nicht zuerkannt werden. Da es in diesem Aufsatz um eine ideengeschichtliche Untersuchung geht, bleibe ich bei den Ideen.

Wo stehen wir heute?

Heute hören wir bei den aktuellen Widerstandsbewegungen, d. h. den Corona-Rebellen, den „alternativen Medien“ und ihrer Klientel und generell den Systemgegnern mitsamt den politisch indifferenten Strömungen, die die Unterscheidung von links und rechts ablehnen, ähnliche Töne. Die Rebellen sind überzeugt, „erwacht“ zu sein und verborgene Zusammenhänge zu erkennen, die der schlafenden Mehrheit nicht bekannt sind. Es geht ihnen um die Wahrheit und die Freiheit sowie die Grundrechte und den Sturz des totalitären Systems, wie es u. a. in der Symbolfigur des Bill Gates dargestellt wird. Die aus ihrer Sicht ehrenhaftesten Motive stehen am Ursprung dieser Bewegung.

Wie allerdings bei Wilhelm Reich oben angedeutet, hatten auch die Nationalsozialisten in ihrer subjektiven Wahrnehmung diese Auffassung von ehrenhaften und moralisch korrekten Motiven. Man muss davon ausgehen, dass es den Nazis nicht um eine unmittelbare Destruktivität ging, als die wir sie heute historisch und ideologisch erkennen. Sie wurde damals als eine Bewegung verstanden, die eine neue Welt und eine neue Menschheit anstrebte. Es sei noch mal betont, dass das die Perspektive der Nationalsozialisten ist. Sie soll nicht als objektive historische Wahrheit verstanden werden.

Auch bin ich selbst nicht der Ansicht, dass die Nazi-Ideologie etwas zur Freiheit der Menschheit beizutragen gehabt hätte. Ich interpretiere diese Vorstellung als die subjektive Wahrnehmung der Nazi-Bewegung, bei der „Menschheit“ für die „arische Rasse“ stand. Ich stelle mir jedoch immer wieder die Frage, wieso 30-40 Mio. Deutsche von dieser Ideologie begeistert sein konnten. Das kann nur an der großen Vision liegen, die die Menschen damals darin sahen, bevor sie wussten, wohin es am Ende führte. Dass sie es nicht vorher wussten, sollte uns zu denken geben und bei der heutigen Beurteilung der Rechten entsprechend berücksichtigt werden.

Ein Beispiel für diese Aufbruchsstimmung ist der Begriff vom „Dritten Reich“. In der religiösen Überlieferung war das Dritte Reich das Reich des Heiligen Geistes nach dem Reich des Vaters und des Sohnes, das dritte Element der Trinität und die Vervollständigung des Reichs Gottes auf Erden.4 Die nationalsozialistische Bewegung verstand sich in diesem Sinne als Impuls, das repressive und entfremdete System des Kapitalismus aufzubrechen und die Menschheit in die Freiheit zu führen. Dieses Motiv enthielt starke spirituelle Elemente, wie Wilhelm Reich deutlich macht. Dieser Zusammenhang ist der wesentliche Gegenstand der vorliegenden Arbeit und soll zeigen, wie die heutige spirituelle Szene über diese Brücke von rechten Ideologien unterwandert werden kann.

Rainer Langhans, ehemaliger Aktivist der 68er-Revolution und seit vier Jahrzehnten auf dem spirituellen Weg, liest den Nationalsozialismus als Gegenbewegung zur Aufklärung, deren Versprechen des „ewigen Friedens“5 nicht eingelöst worden war.6 Die Kritik an der Aufklärung sei berechtigt, seiner These nach versäumte es die nationalsozialistische Bewegung jedoch, das Böse und Mörderische in ihrem eigenen Inneren zu sehen und dort die Schattenarbeit der Aufarbeitung zu leisten. Das Böse wurde nach außen auf andere projiziert und führte zum Holocaust an den jüdischen Menschen und mit dem Zweiten Weltkrieg zur Zerstörung des Dritten Reichs.

Das Bedürfnis des spirituellen Erwachens7 ist jedoch auch heute nach wie vor vorhanden. In dem jetzigen Erstarken der systemkritischen Alternativbewegungen, die oft abwertend als Verschwörungstheoretiker bezeichnet werden, sehen wir die Wiederauflage dieses Impulses. Auch heute geht es um die Freiheit und die Wahrheit, die allenthalben ins Feld geführt und den Gegnern, z. B. der „Lügenpresse“ bzw. den „Mainstream-Medien“, sowie generell dem „Mainstream“, der dann auch die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft umfasst, mit Vehemenz bis hin zu Hass entgegengehalten werden. Natürlich fühlt man sich im Recht.

Wilhelm Reich weist darauf hin, „wer die positiv revolutionären Kräfte, die im Nationalsozialismus gebunden sind, nicht zu sehen vermag, der wird auch keine neue Praxis der Revolution entwickeln können“ (8). Der revolutionäre Impuls in der aktuellen alternativen Bewegung ist vorhanden. Damals verstärkte sich dieser Impuls aufgrund der Weltwirtschaftskrise. Dies ist logisch und gehört zur normalen historischen Dialektik. In Krisensituationen entstehen Protestbewegungen und Teile der Bevölkerung radikalisieren sich. Die Corona-Krise des Jahres 2020 ist in diesem Sinne die Miniaturausführung der Weltwirtschaftskrise in den Jahren 1929-33. Wie stark die reaktionäre Alternativbewegung sich diesmal ausbilden wird, wird davon abhängen, wie stark die Krise sein wird.

Reich zitiert den „nationalistisch und metaphysisch denkenden Antikapitalisten“ (15) Otto Strasser. Dieser warf der Linken vor, dass sie keine Erklärung dafür habe, warum „die Massen in der Weltkrise statt nach links nach rechts abschwenkten“ (ebd.), und konstatiert: „Euer Grundfehler ist, dass Ihr die Seele und den Geist leugnet oder verlacht und ihn, der alles bewegt, nicht begreift.“ (Strasser zitiert bei Reich, 15f.) Reich räumt ein (16):

Es ist angesichts der mystischen Affinitäten der Rechten zu Seele und Geist kein Wunder, dass ausgerechnet die spirituelle Szene unbewusst starke Affinitäten zu rechten ideologischen Strukturen hat. Jutta Ditfurth wies bereits in den frühen neunziger Jahren mit ihrem Buch „Entspannt in die Barbarei“8 auf diesen Umstand hin. Ich lehnte ihre These immer ab und war von dem emanzipativen Potenzial der Spiritualität überzeugt. Nun muss ich erkennen, dass eine spirituelle Grundeinstellung nicht vor politischen Abwegen schützt. Das Verhältnis von Spiritualität und Politik ist gespannt, um nicht zu sagen von einer Haltung des Gegensatzes geprägt. Gerade die Menschen aus der spirituellen Szene sind politisch eher schlecht informiert und mit wenig politischer Kompetenz ausgestattet, da sie teils über Jahre und Jahrzehnte hinweg politisch nicht aktiv waren und eine ablehnende Haltung gegen Politik einnahmen.

Die Corona-Krisenlage schwemmte jedoch eine Flut von krypto-politischen Ansichten und Meinungen in die Bevölkerung, vorwiegend über die digitalen sozialen Medien. Diese politischen Meinungen werden von der spirituellen Szene in Form von krypto-spirituellen Glaubenssystemen aufgegriffen. Eine klare Unterscheidung von Politik und Spiritualität sowie ein kompetentes politisches Denken ist in dieser Szene wenig zu erkennen. So werden im schlimmsten Falle demokratische Politiker der USA als Satanisten tituliert (die Verschwörungsmythen von QAnon), im Normalfall wird zumindest von einem Unterschied der Erwachten zu den Schlafschafen gesprochen.

Es ist ein Fehler der politischen Linken, dass sie sich mit den spirituellen Bedürfnissen der Menschen nicht beschäftigt und sich nur auf die äußerlichen sozioökonomischen und politischen Probleme fokussiert. Reich sagt hierzu eindeutig: „Die marxistische Politik hatte, um es kurz vorwegzunehmen, die Psychologie der Massen und die soziale Wirkung des Mystizismus in ihren Kalkulationen und ihre politische Praxis nicht oder unrichtig einbezogen.“

Eine politische Bewegung von links, die auch die spirituelle Dimension integrieren würde, hätte sicherlich eine wesentlich stärkere Wirkung auf die Bevölkerung. Es ist der Vorteil der Rechten, dass sie hier weniger Berührungsängste haben und dieses seelische Bedürfnis adressieren.

Es ist auf der anderen Seite ein Fehler der spirituellen Bewegung, dass sie sich nicht mit politischer Theorie und Sozialwissenschaft beschäftigt, sich nur auf die inneren seelischen und spirituellen Zustände fokussiert und sich auf das Gefühl beruft. Es ist der aktuellen spirituellen Szene nicht klar, dass sie mit ihren Positionen den kollektiven Rechtsruck verstärkt.

Die allerorten hörbare Rede von der Aufhebung des Unterschieds von rechts und links und die Positionierung als weder rechts noch links ist meines Erachtens irreführend. Wir sehen heute diese starke Querfront9, also eine Allianz von linken und rechten Positionen gegen das „System“. Dazwischen tummeln sich die unentschiedenen Menschen, die aus einem Impuls der Menschenliebe heraus für alles offen sein und niemanden verurteilen möchten. Sie handeln in bester Absicht und meditieren beispielsweise gegen die Corona-Verordnungen oder singen spirituelle Lieder für die Freiheit. Es ist bei vielen ein eher humanitärer Impuls, der durch eine Indifferenz gegenüber dem Unterschied von Rechts und Links getragen ist. Gleichwohl gibt es auch die gesellschaftlichen Gruppen mit linken bzw. rechten Positionen.

Was durch eine indifferente Haltung unterstützt wird, sieht man an der Strategie der AfD, die sich als bürgerlich-konservativ anstatt rechts bezeichnet. Dadurch soll erreicht werden, dass sich die politische Mitte nach rechts verschiebt. Was früher rechts war, soll nun die Mitte sein. Wenn rechte Ideologen sich als Mitte oder bürgerlich-konservativ bezeichnen und Menschen ihnen glauben, rückt das gesamte politische Spektrum nach rechts.

Die Wirkung sieht man z. B. daran, dass antisemitische oder rassistische Aussagen, die noch vor einigen Jahren als extrem rechts nicht toleriert wurden, heute salonfähig werden. Auch die Zunahme rechtsextremer Gewalttaten wie der Mord an dem Politiker Walter Lübcke, der Angriff auf eine jüdische Synagoge in Halle und die zehn Todesopfer in Hanau zeigen eine allgemeine gesellschaftliche Tendenz nach rechts.

Zu all diesem kommt die irritierende Ähnlichkeit der Positionen des aktuellen Corona-Widerstands mit Positionen der AfD, der Identitären u. ä. hinzu. In beiden Lagern, dem der Corona-Rebellen und dem der Rechten, hören wir Sprüche wie: „Merkel muss weg!“ – so z. B. vom Chefideologen der alternativen Medien Ken Jebsen -, was symbolhaft die Fundamentalopposition gegen das „System“ ausdrückt, eine Gegnerschaft gegen die „globale Elite“, den „Deep State“ oder die „NWO (New World Order)“10.

Die politischen Positionen dieser Systemgegner sind dystopisch, d. h. sie gehen davon aus, dass das „herrschende System“ dem Untergang geweiht ist, sei es durch einen Finanzcrash, durch einen Umsturz oder durch spirituelle Erlöser wie das „Quantum Financial System“, das im Zusammenhang mit Außerirdischen und dem geistigen Meister St. Germain auf einem extraterrestrischen Satelliten installiert worden sein soll, um das korrupte Zentralbanksystem abzuschalten.11

Diese pseudo-politischen Positionen vertreten die Hypothese eines politisch totalitären Systems, das bekämpft werden muss. Ihre Position ist jedoch selbst totalitär. Es wird eine Dualität konstruiert, in der eine kleine Minderheit der Erwachten einer bösartigen, korrupten, mitunter auch satanischen Elite gegenübersteht.

Die Kräfte des Lichts kämpfen gegen die Kräfte der Finsternis. Es ist dies die alte mythische Konstruktion von Gut versus Böse, ein Schwarz-Weiß-Weltbild, in dem man sich auf der Seite der Guten und als Opfer dieser bösen Mächte wähnt. Als Opfer hat man natürlich alle Rechte, den Gegner zu vernichten. Diese Vernichtung wird aktuell weitestgehend ohne physische Gewalt12, aber mit einem Propaganda- und Informationskrieg geführt, in dem wissenschaftliche Fakten instrumentalisiert werden. Im Zeitalter der Fake News verlieren Tatsachenwahrheiten ihren Sinn. Sie dienen nur noch der eigenen ideologischen Position. Meinungen werden als Fakten stilisiert13Denken wird durch den Glauben abgelöst.

Die ablehnende Haltung der spirituellen Szene gegen das Denken führt nicht zur Transrationalität, sondern zu einem prärationalen, mythischen Bewusstseinszustand (dazu später mehr), in dem leider auch die Betonung des Fühlens eine reaktionäre Wirkung entfaltet. So wichtig das Fühlen ist und so eindeutig die Abspaltung des Gefühls im Rationalismus zu verurteilen ist, so gefährlich ist eine rein gefühlsmäßige Beurteilung politischer Zusammenhänge. Hinter diesem fühlenden Zugang zu politischen und wissenschaftlichen Fakten stehen trotzdem kognitive Positionen wie z. B. die, nicht zu werten, für alles offen zu sein, jeden zu akzeptieren und sich nicht von vorgegebenen Erklärungen bevormunden zu lassen.

Tatsächlich ist gerade die politische Sphäre die Sphäre der Werturteile und der Positionen. Sie widerspricht substanziell wertfreien oder anti-rationalen Ansätzen. In einer echten wertfreien Herangehensweise wäre indes verstehbar, dass es sowohl die wertfreie Sicht als auch die Wertung gibt und beides notwendig ist. In der Politik geht es um die Verhandlung widerstreitender Interessen, um Parteilichkeit und die Regelung materiell und zeitlich bedingter partikularer Positionen. Es geht hier um Wertung, um Urteile und um eine bewusste intellektuelle und rationale Auseinandersetzung. Die überbordende Emotionalität der Debatte um Verschwörungsmythen zeigt hier den hohen Anteil der Irrationalität

Das Bedürfnis nach Irrationalität ist da. Wir müssen diesem Bedürfnis Rechnung tragen. Das Nicht-Rationale ist ein wesentlicher Bestandteil der Realität. Darauf weisen gerade die spirituellen Bewegungen nachdrücklich hin. Es kommt aber darauf an, die verschiedenen Sphären klar zu unterscheiden und jede in ihrer je eigenen Funktionsweise zu verwenden. „Um sie zu vereinigen, darf man sie nicht vermengen“14, bemerkte der große Kabbalist Eliphas Levi.

In der politischen Diskussion bedarf es einer „theoretischen Armatur“15, so der Philosoph und Kulturwissenschaftler Walter Benjamin, mithin einer politikwissenschaftlichen Betrachtung. Diese ist zunächst grob die Differenzierung zwischen linken, gemäßigten und rechten politischen Positionen. Weitere Feinheiten betreffen konservative vs. progressive, liberale vs. autoritäre Positionen, Fragen der demokratischen oder autokratischen Organisation der Gesellschaft, Fragen des Nationalismus, Anarchismus, Kapitalismus oder Sozialismus und dergleichen mehr.

Werden Menschen aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe, ihres Geschlechtes oder ihrer Ethnie diskriminiert? Gibt es eine internationale Solidarität oder besteht eine Tendenz zum nationalen Protektionismus? Welche Rolle spielt der Begriff „Volk“? Wird er in Form einer mythischen Schicksalsgemeinschaft verwendet, oder bezeichnet er einen klassentheoretischen Standpunkt? Was ist der politische Unterschied zwischen Volk und Arbeiterklasse?

Parallelen zwischen damals und heute

Hitler hatte den Volksmassen versprochen, den Kampf gegen das Bürgertum und das Großkapital aufzunehmen. In „Mein Kampf“ schreibt er: „Die bürgerlichen Parteien, wie sie sich selbst bezeichnen, werden niemals mehr die proletarischen Massen an ihr Lager fesseln, da sich hier zwei Welten gegenüberstehen.“ (zitiert nach Reich, 63) Die „bürgerlichen Parteien“ heißen heute „Altparteien“ oder „Mainstream“. Heute spricht auch niemand mehr von „proletarischen Massen“. Dies war damals in den 1920er- und 1930er-Jahren ein stehender Begriff, der von den marxistischen Bewegungen in die Diskussion eingeführt worden war. Hitler hatte sich den Begriff angeeignet.

Heute spricht man nur noch vom „Volk“. Das „Volk“ steht den „Herrschenden“ oder der „Elite“ diametral gegenüber. Dieser Begriff des Volks ist von den meisten Protestierenden aktuell nicht unmittelbar völkisch gedacht.16

Es ist eher ein diffuser Sammelbegriff für alle Menschen, die unten sind und mit ihrer Meinung grundsätzlich gegen das „System“ sind. Der Begriff wird mythisch gebraucht, im Sinne der kleinen Leute, die sich ungerecht behandelt fühlen. Der Begriff wird nicht klassentheoretisch reflektiert. Man beruft sich auf ein Bauchgefühl, auch in nicht esoterisch ausgerichteten Kreisen der Neuen Rechten. Dieses Bauchgefühl ist für die New-Age-Bewegung anschlussfähig, die selbst sehr kritisch gegenüber dem Denken ist und das jeweils eigene Gefühl als Orientierung bevorzugt.

So wusste schon Hitler: „Das Volk ist in seiner überwiegenden Mehrheit so feminin veranlagt und eingestellt, dass weniger nüchterne Überlegungen, viel mehr gefühlsmäßige Empfindung sein Denken und Handeln bestimmt. Diese Empfindung aber ist nicht kompliziert, sondern sehr einfach und geschlossen. Es gibt hier nicht viel Differenzierungen, sondern ein positiv oder negativ, Liebe oder Hass, recht oder unrecht, Wahrheit oder Lüge, niemals aber halb so und halb so oder teilweise usw.“ (Mein Kampf, S. 201, zitiert nach Reich, S. 85)

Auch wenn der Begriff des Volks in den heutigen Verschwörungserzählungen nicht unmittelbar nationalistisch oder rechts gedacht wird, lässt er sich doch auf geradem Wege damit verbinden. So sprach kürzlich ein unpolitischer Corona-Skeptiker von der „ethnischen Gruppe der Kleinunternehmer“, die unter den Corona-Maßnahmen leide. Hier wird nicht das Volk ethnisch gedacht, was ja für einen nationalistischen Denker noch naheliegen würde.

Es ist viel schlimmer: Eine wirtschaftliche Klasse, das Kleinbürgertum, wird ethnisch definiert. Hier fehlt politisches Wissen. Stattdessen betrachtet man die Welt „ethnisch“ und weitet dies sogar auf die Wirtschaft aus. Die Aussage des Corona-Skeptikers verweist auch auf den Kern dieser Bewegung. Sie ist kleinbürgerlich, d. h. der Klassenstandpunkt ist eigentlich ein bürgerlicher.17 Sie gehören zur herrschenden Klasse, sind aber unzufrieden, weil sie nicht genug vom Kuchen abbekommen. Ihr Interesse ist nicht eine proletarische Revolution, sondern die Suche nach einem neuen Führer und/oder einer spirituellen Erlösung. In einem Wahlaufruf der NSDAP zu den Reichspräsidentenwahlen 1932 schreibt Hitler:

Ich glaube, dass ein Volk zur Erhöhung seines Widerstandes nicht nur nach vernunftsmäßigen Gründen leben soll, sondern dass es auch eines geistigen und religiösen Haltes bedarf.

zitiert nach Reich, S. 96

Es stellt sich heute die Frage, ob es überhaupt noch eine proletarische Klasse gibt. Innerhalb Europas spielt sie keine große Rolle. Es gehören dazu z. B. Hilfsarbeiter, Pflegehelfer, einfache Arbeiter. Die Klasse muss vor allem im globalen Maßstab verstanden werden. Sie wird vornehmlich durch die Menschen in den Ländern des globalen Südens repräsentiert, während wir hier im Norden global gesehen die herrschende Klasse sind.

Es ist die Definition des Kleinbürgers, dass er etwas zu verlieren hat und dadurch reaktionär strukturiert ist. Sein Interesse ist die Erhaltung des Bestehenden, so wenig es auch sein mag. Das ist nicht die Haltung des Proletariats, das nichts außer seinen Fesseln zu verlieren hat. Aus diesem Versuch der Erhaltung des Bestehenden erwächst auch die Konkurrenz gegen andere und Fremde, die als Bedrohung des Eigenen wahrgenommen werden. Dem Kleinbürger/der Kleinbürgerin fehlt zudem die Erfahrung von Eigenmacht und Autonomie, wie sie eine großbürgerliche oder aristokratische Person subjektiv erlebt. Dies führt zu einer devoten Haltung nach oben den Autoritäten gegenüber18, die bei allerlei Gelegenheiten in eine emotionale Rebelliov umschlägt. Der eigene Autoritätskonflikt ist nicht gelöst. Man ist emotional und kognitiv von den Autoritäten abhängig, entweder affirmativ oder oppositionell. Ein Mensch, der seinen Autoritätskonflikt verarbeitet hat, muss nicht mehr emotional rebellieren. Die Auflehnung gegen die Autoritäten entspringt oft einer Manipulationserfahrung in der eigenen persönlichen Biografie, die irgendwann in der Vergangenheit traumatisch erlebt worden war. Der emotionale Affekt gegen die Herrschenden ist eine Übertragung der emotionalen Ladung dieser früheren traumatischen Erfahrung auf gegenwärtige Situationen.19 So gesehen wirkt Ken Jebsen wie ein kleiner Junge, der Angst vor seiner Mutter hat.

In der zeitgenössischen Darstellung der Situation 1933 durch Wilhelm Reich finden sich weitere interessante Übereinstimmungen zwischen dem Anfang der nationalsozialistischen Bewegung und heute: „In der Propaganda der NSDAP spielte der Kampf gegen die großen Kaufhäuser eine große Rolle.“ (72) Früher war es z. B. Woolworth, heute ist es die Übermacht von Amazon, Google, Facebook, Bill Gates u. a., die die Kleinbürger auf den Plan ruft. Hitler sagte dazu in einem Gespräch mit dem amerikanischen Politiker Knickerbocker: „Wir werden die deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht von einem Kramladen abhängig machen (gemeint war das Schicksal von Woolworth in Berlin) … Die Existenz derartiger Unternehmungen bedeutet eine Förderung des Bolschewismus … Sie zerstören viele kleine Existenzen.“ (72f.) In einer Fußnote bemerkt Wilhelm Reich, dass nach der Machtergreifung in den Monaten März und April ein Massensturm auf die Kaufhäuser einsetzte, der aber von der Führung der NSDAP sehr bald unterbunden wurde (vgl. S. 73)20. Nach der Machtergreifung änderte sich der Ton und die wahren Absichten kamen zum Vorschein.

„Das Kleinbürgertum rebellierte also ‚gegen das System‘, worunter es die marxistische Herrschaft der Sozialdemokratie verstand.“ (73) Heute nennen die Rechtspopulisten die liberalen und sozialdemokratischen Vertreter des „Systems“ die „Linksfaschisten“ oder die „links-grün Versifften“. Von ultrarechts außen erscheint Merkel, bisher Vertreterin der konservativen bis rechten CDU, als linke Politikerin. Hauptangriffsziel der aktuellen Widerstandsbewegung ist allgemein das „System“, das als „dystopisch und totalitär“, mitunter auch als „faschistisch“ eingestuft wird. Hitler und die Nationalsozialisten positionierten sich sowohl gegen die Kapitalisten21 als auch gegen die Marxisten. Diese Ablehnung des Kapitalismus wie auch des Marxismus ist die Position der rechten Ideologie.22 Auch der heutige diffuse „demokratische Widerstand“ findet seine Hauptmotivation im Kampf gegen den Kapitalismus und das System als Ganzes, das pauschal als verlogen und diktatorisch gelesen wird. Gleichzeitig protestieren sie gegen den „linken Mainstream“. Sie sind also gegen den Kapitalismus und gegen die Linke. Die Linke und die Antifa tun indes durch ihre ebenso demagogischen Pauschalisierungen und ihr aggressives Auftreten alles, um dieses Vorurteil und den Graben zwischen den Systemkritikern und ihnen noch zu vertiefen.

Die neuartige Qualität gegenüber der historischen NS-Bewegung ist, dass die rechten Systemkritiker den Begriff „Faschismus“ als eigenen Kampfbegriff gegen ihre Gegner benutzen. Dies ist jedoch nicht weiter verwunderlich, sondern eigentlich sogar logisch. Die ideologische Verdrehung und der Missbrauch von Wahrheit für die eigene Ideologie verwenden jeden Begriff demagogisch und sie springen natürlich genau auf die Begriffe auf, die die meiste Ladung haben. Der demagogische Missbrauch des Begriffs „Faschismus“ soll den Gegner diffamieren, ist eine Retourkutsche gegen den Faschismusvorwurf vonseiten der Linken und bewirkt en passant noch eine Verharmlosung des historischen Faschismus, wenn nun eine einfache linksliberale Politik schon „faschistisch“ sein soll. Die inflationäre Verwendung des Begriffs verwässert ihn – teilweise auch aufseiten der Linken und der Antifa.

Eine sehr aufschlussreiche und authentische Quelle zu den Überzeugungen früher Nazis sind die Originalinterviews des US-Soziologen Theodore Abel, der im Sommer 1933 unter Mitgliedern der NSDAP die Frage stellte, warum sie in die Partei eingetreten seien. Hier der Bericht eines NS-Mitglieds der frühen Stunde, Heinrich Dörnhaus23:

Ich besuchte Wahlversammlungen, an denen es in der ‚Systemzeit‘ nie fehlte. Vor der Landtagswahl 1929 besuchte ich an einem Abend der Reihe nach folgende drei Wahlversammlungen: eine Deutschnationale, eine Zentrumsversammlung und eine der NSDAP. Die Redner der beiden ersten Versammlungen brachten die üblichen schönen Worte und Erläuterungen zu ihrem Programm. Von einem greifbaren Vorschlag, wie wir aus unserem Elend herauskommen und wieder als Volk zu Ehren kommen könnten, hörte ich nichts. Ganz anders bei dem Redner der neuen Bewegung. An ihm packte mich nicht nur sein temperamentvoller Vortrag, sondern sein aufrichtiges Bekenntnis zum deutschen Volk als Ganzes, dessen größtes Unglück die Zersplitterung in Parteien und Klassen sei. Endlich ein praktischer Vorschlag zur Erneuerung des Volkes. Zerstörung der Parteien! Weg mit den Klassen! Wahre Volksgenossenschaft! Das sind Ziele, für die ich mich restlos einsetzen konnte. Noch an demselben Abend war mir klar, wohin ich gehörte: zur neuen Bewegung. Von ihr allein konnte ich die Rettung des deutschen Vaterlandes erhoffen. Ich trat also in die Hitler-Jugend ein.

Man erkennt hier dieses Narrativ von der mutmaßlichen Spaltung des Volkes durch die Gegner, das auch heute ein beliebtes Thema der Widerstandsbewegung ist. Man hört ständig, dass wir uns nicht spalten lassen sollen. Das Volk wird als eine Einheit gesehen, das Volk als Ganzes, ohne demokratisch-kontroverse Debatte, ohne Parteien und ohne Klassen.

Das größte Unglück soll damals die Zersplitterung in Parteien und Klassen gewesen sein. Heute wehrt man sich gegen die Unterscheidung in rechts und links und sieht sich als Volksganzes, das der herrschenden Elite entgegensteht.

Diese Sichtweise entbehrt einer objektiven politischen Theorie und fördert das rechts-nationale, mythische Theorem, wie es bei Dörnhaus zum Ausdruck kommt. Sie appelliert an Gefühle der Einengung und der Angst und betrachtet das Volk als Schicksalsgemeinschaft, die von Kapitalisten und Diktaturen bedroht ist. Den Feind nennt Dörnhaus damals die „Systemparteien“, so spricht er in dem obigen Zitat auch von der „Systemzeit“, womit im Nazi-Jargon die Zeit der Weimarer Republik gemeint war, als man noch im verhassten „System“ lebte.24

Der gleiche Topos findet sich heute in der sogenannten Widerstandsbewegung. Man bevorzugt heute zwar den Begriff „Mainstream-Parteien“ oder „Altparteien“ gegenüber „Systemparteien“, die grundsätzliche Ablehnung des „Systems“ ist aber in gleicher Weise das tragende Motiv.

Eine weitere Parallele zwischen der historischen NS-Bewegung und den aktuellen rechten Strömungen ist der Bezug auf spirituelle Werte. So sagt Hitler in „Mein Kampf“: „Erst wenn der – politisch durch den organisierten Marxismus geführten – internationalen Weltanschauung eine ebenso einheitlich organisierte und geleitete völkische gegenübertritt, wird sich bei gleicher Kampfesenergie der Erfolg auf die Seite der ewigen Wahrheit schlagen.“ (zitiert nach Reich, 62) Die Wahrheit ist eine der höchsten spirituellen Kategorien, und gerade die „Wahrheit“ ist eines der Hauptmotive der zeitgenössischen Systemkritiker, womit ihr Sendungsbewusstsein und ihre Legitimation über alles gestellt werden können.

Es war allerdings schon immer so, dass jeder die Wahrheit für sich gepachtet hat. Der Begriff der Wahrheit allein als ideologische Forderung bedeutet nicht nur nichts, es sollte sogar misstrauisch machen. Oft sind gerade diejenigen, die solche hohen Werte rhetorisch ständig im Munde führen, die gleichen, die sie missbrauchen. Echte Spiritualität wendet die Wahrheit an, aber posaunt sie nicht lauthals als Worthülse heraus oder benutzt sie als Kampfbegriff, um die Gegner der Lüge zu bezichtigen. Die Wahrheit ist ein philosophisch sehr anspruchsvolles Motiv. Hannah Arendt hat gezeigt, dass Wahrheit und Politik sehr verschiedene Dinge sind.25

Über die psychologischen Grundelemente

Reich als Psychologe betrachtet die gesellschaftliche Situation aus einer tiefenpsychologischen Sicht. Ihm ist klar: „Wir werden auch keinem Faschisten, der von der überragenden Wertigkeit seines Germanentums narzisstisch überzeugt ist, mit Argumenten beikommen, schon deshalb nicht, weil er nicht mit Argumenten, sondern mit gefühlsmäßigen Wertungen operiert.“ (119) Das dürfte eines der Hauptprobleme auch in der heutigen Diskussion sein, dass es eben gerade nicht um Argumente, sondern um gefühlsmäßige Wertungen geht. Argumente werden viele ausgetauscht und beide Lager, die Befürworter der Corona-Maßnahmen wie ihre Gegner, sprechen von den „wahrhaftigen Zahlen“.26 Die Positionen werden jedoch dadurch in keiner Weise beeinflusst. Es sind eher emotionale Schlagabtausche und Zitat- und Link-Bombing zu beobachten.

„Es müssen die energetischen Funktionen aufgesucht werden, die, selbst durch Erziehung und gesamte soziale und gesellschaftliche Atmosphäre bedingt, die menschlichen Strukturen derart umbilden, dass in ihnen Neigungen derart reaktionären Charakters sich bilden können, dass sie sich vor Freiheitseifer heiser schreiend, die Fesseln nicht merken, die ihnen angelegt werden […]“ – so Wilhelm Reichs Einschätzung der Gründe, warum der Großteil der Arbeiterschaft und der Kleinbürger zu den Nationalsozialisten übergelaufen ist. Dem, worauf er mit den „energetischen Funktionen“ hinauswill, ist der größte Teil seines Buches gewidmet. Für ihn ist es die sexuelle Energie, die im Patriarchat und im Kapitalismus unterdrückt wird. Wichtig für unsere Erörterung hier ist, dass die Beweggründe der Menschen eben nicht rationale Argumente, sondern emotionale Stimmungen sind.27

Hitler sah sehr klar, dass die Masse nicht auf Argumente, sondern auf Gefühle anspricht. Reich schreibt: „Hitler betont an vielen Stellen, dass man der Masse nicht mit Argumenten, Beweisen und Bildung, sondern nur mit Gefühlen und Glauben kommen dürfe.“ Viele Menschen aus der aktuellen Widerstandsbewegung fühlen durchaus revolutionär. Wilhelm Reich beschreibt die gleiche Situation für die damalige Zeit um 1933. Viele Arbeiter und Kleinbürger waren von der Sozialdemokratie enttäuscht. Die Nationalsozialisten arbeiteten durchaus mit sozialistischen Ideen.

Interessanterweise sagt Anselm Lenz, der Initiator der Hygiene-Demos in Berlin, in einem Interview mit Jens Lehrich von Rubikon, dass er mehr der Farbe Rot zugeneigt sei. Vielleicht ist das nur ein Zufall, aber auch Hitler und die Nationalsozialisten hatten anfangs derartige Affinitäten. Reich als Zeitzeuge bemerkt hierzu: „Unter den symbolischen Mitteln der Propaganda fällt zunächst das Fahnensymbol auf. ‚Wir sind das Heer vom Hakenkreuz / hebt hoch die roten Fahnen, / der deutschen Arbeit wollen wir / den Weg zur Freiheit bahnen.'“ (148) Die Nazis verherrlichen in diesem Lied die rote Fahne. Schließlich beinhaltete ihre Ideologie auch sozialistische Ideen.

Ein weiteres übereinstimmendes Narrativ besteht in der Idee, dass die herrschende Klasse im Niedergang begriffen ist und nun von den Arbeitern bzw. dem Volk abgelöst wird. So schreibt Hitler in „Mein Kampf“: „Das politische Bürgertum ist eben im Begriff von der Bühne der historischen Gestaltung abzutreten. An seine Stelle rückt der bis heute unterdrückte Stand des schaffenden Volkes der Faust und der Stirne, des Arbeitertums, um seine geschichtliche Mission zu erfüllen.“ (zitiert nach Reich, 149)

Ähnliche Ansichten hören wir heute von den Systemkritikern wie Ken Jebsen oder Anselm Lenz, der die Meinung vertritt, der Lockdown diene nur dazu, den ohnehin stattfindenden Zusammenbruch des Finanzsystems zu verschleiern28. Zur Flagge schreibt Hitler: „Als nationale Sozialisten sehen wir in unserer Flagge unser Programm. Im Rot sehen wir den sozialen Gedanken unserer Bewegung, im Weiß den nationalistischen […]“ (zitiert nach Reich, 148)

Die schwarz-weiß-rote Flagge, gern auch mit Reichsadler, sieht man heute wieder auf den Hygiene-Demos. Eine Vertreterin der politischen Partei „Die Violetten“ die ich am 23.05.2020 in Berlin am Rande der Kundgebung der Patrioten für Deutschland (Reichsbürger) am Reichstag in Berlin traf, hatte damit keinerlei Berührungsängste. Dies resultierte allerdings mehr aus ihrer Unwissenheit, denn meine erschrockene Frage, ob sie wisse, welche Ansichten die Reichsbürger vertreten, beantwortete sie mit einem erschrocken fragenden Blick. Wenn man nicht weiß, was die Fahne bedeutet, denkt man sich natürlich nichts dabei. Dann ist es einfach schön bunt hier.

Faschismus und Religion

Reich beschreibt in seinem Buch die Herleitung der Religion aus der sexuellen Unterdrückung. Er vertritt hier eine durchaus starke These, die näherer Diskussion bedarf. Für die vorliegende Untersuchung sei sie jedoch zunächst als solche akzeptiert, um den Argumentationsgang unserer Analyse zu verdeutlichen, die einen anderen thematischen Schwerpunkt hat.

Die Hauptthese seines Buches bzw. überhaupt seiner psychologischen Forschung besagt, dass durch die Unterdrückung der Sexualität eine Kontrolle über die wirtschaftliche Situation der Menschen im Sinne des Kapitalismus ausgeübt werden kann. Die Organisation des Privateigentums braucht die feste Bindung zwischen Frauen und Männern, um die Nachkommen klar dem Besitz zuordnen und diesen vererben zu können. Sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit würden diese feste Bindung unterwandern. Die erste Instanz, um die sexuelle Hemmung und die sozialökonomische Anpassung an die bürgerliche kapitalistische Gesellschaftsordnung aufrechtzuerhalten, sei die Familie. Die zweite Instanz sei die Religion.

„Die ständige Spannung im psychophysischen Apparat bildet die Grundlage zunächst von Tagträumerei beim Kleinkind und Puberilen, die sich besonders leicht in mystisches, sentimentales und religiöses Empfinden umsetzen und fortsetzen kann.“ Reichs Beobachtung kann man auch als minutiöse Schilderung eines beginnenden Suchtprozesses lesen. Die ständige Spannung im psycho-physischen Apparat entsteht durch die sexuelle Hemmung, die unbewussten Schuldgefühle und die sexuelle Angst. Der Verzicht auf die Sexualität und die Angst- und Schuldgefühle werden durch Tagträumereien oder Fantasien kompensiert. Dies ist bereits eine erste Abspaltung, eine erste Dissoziation von der Realität des eigenen psycho-physischen persönlichen Erlebens wie auch von der Außenwelt. Man begibt sich in einen abgespaltenen, sich in sich selbst drehenden mentalen Raum. Dies ist sehr schmerzhaft für die Seele. In späteren Jahren bei entwickelter Sexualreife wird der Mensch die Sexualität süchtig betreiben. Die Sucht drückt sich entweder in übermäßiger Ausschweifung oder in rigidem Verzicht aus.

Die sexuelle Hemmung bewirkt laut Reich, dass das Kind „mystische Einflüsse des Nationalismus, der Religion, des Aberglaubens jeder Art geradezu aufsaugen muss“ (ebd.). Ich möchte dazu bemerken, das Reich meines Erachtens die Begriffe „mystisch“ und „mythisch“ verwechselt. Was sich als kontraproduktiv für ein freies Bewusstsein erweist, ist das mythische Denken, wie es eben auch heute aktuell in den Verschwörungsmythen zum Ausdruck kommt.

„Mythos“ bedeutet eine Art schicksalsgegebene, idealistische Vorstellung von Einheit, Energie, Bedeutung einer bestimmten Sache. Beispielsweise kann die Vorstellung von „Volk“ mythisch sein, nämlich eine schicksalhafte oder gottgegebene, durch Blutsverwandtschaft und geografische Herkunft („Blut und Boden“) begründete Gemeinschaft, die durch Affekte und sentimentale Vorstellungen getragen wird.29 Hier zeigt sich auch die unheilvolle Nähe von Mythos und Gefühl.

Obwohl weder das Gefühl an sich noch das religiöse Gefühl zwingend zu einem mythischen Bewusstsein führen, aus dem dann nationalistische oder abergläubische Konstrukte entstehen, kann dies dennoch sehr leicht passieren, wenn nicht eine aufgeklärte und vernünftige Denkleistung dazwischengeschaltet ist. Genauso wie die Abspaltung des Denkens vom Fühlen ungesund ist, so ist auch die Abspaltung des Fühlens vom Denken ungesund.

„Mystik“ hingegen bezeichnet das innerste Wissen der Religion, mithin den spirituellen Kern der menschlichen Weisheit, ein ewiges Wissen der Wahrheit, das über alle parteilichen oder ego-getriebenen Meinungen hinausgeht. Mystisches Wissen beruht immer auf der eigenen spirituellen Erfahrung und nicht auf nachgebeteten Aussagen anderer.

Mystik kann in Mythos umschlagen, klassischerweise dann, wenn aus der authentisch gelebten und erlebten spirituellen, d. h. mystischen Erfahrung ein Dogma wird. Ein Dogma ist eine nicht gelebte mentale Konstruktion, die bestenfalls eine Kopie einer einmal erlebten spirituellen Erfahrung darstellt. Der Vorteil des Dogmas ist seine Tradierbarkeit. Das Dogma kann an Nachfolger und Anhänger weitergegeben werden, was zur Stabilisierung einer religiösen oder politischen Bewegung beiträgt. Aus dieser Stabilisierung geht die Institutionalisierung der Bewegung hervor.

Auch das Prinzip der Institution ist nicht per se schlecht. Die Institution ist eine notwendige materielle Form für den Geist/Spirit, um Gruppen und Kollektive zu organisieren. Sie wird jedoch kontraproduktiv, wenn der innere Spirit verloren geht und nur noch die äußere Form weiter existiert. Führendes Prinzip ist immer der Spirit und nicht die Form. Dies ist wie bei einem Fluss mit seinem Flussbett. Der Fluss erschafft das Flussbett, nicht umgekehrt. Der Versuch, vom Ufer aus den Fluss zu regulieren, führt zu Gewalt gegen den Fluss und Widerstand des Flusses gegen diese aufgezwungene Bewegung. Die Regulierung eines Flusses sollte deshalb immer von der Fließbewegung selbst her erfolgen. Im menschlichen Sinne ist dies das authentische Gefühl.

Zurück zu Reich und seiner These, dass die sexuelle Hemmung über die Tagträumereien zu dem religiösen Mythenkomplex führt. Der erste Schritt seiner Argumentation ist seine These, dass Kapitalismus, Nationalismus und Faschismus ihre Fundierung in der Familie haben. Die kleinbürgerliche Produktions-Familie, z. B. bei Bauern, Handwerkern, Geschäften und Dienstleistungsbetrieben, bildet eine kleinkapitalistische ökonomische Einheit und führt zu Protektionismus und Isolationismus gegenüber anderen Familien, wie im großen Maßstab die kapitalistische Einheit der Nation zum nationalistischen Protektionismus und Isolationismus gegenüber anderen Nationen führt, also zu einer Feindseligkeit gegen andere Nationen sowie gegen den Internationalismus als Ganzes.

Wenn Bill Gates dafür eintritt, nationale Schranken aufzulockern und auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten, weil dadurch die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Ressourcen besser genutzt werden können, um Bedrohungen der Menschheit durch eine Pandemie oder Bio-Terrorismus abzuwehren, sowie die afrikanischen Länder darin zu unterstützen, in der wirtschaftlichen Entwicklung aufzuschließen, wird das von nationalistischen und rechten Kräften als Bedrohung angesehen.

Auch das Konstrukt, dass eine globale Elite die ganze Menschheit mittels einer Diktatur versklaven möchte, ist nationalistisch motiviert, und es gibt dort eine, wenn nicht zwingende so doch homogene, Anschlussfähigkeit an die faschistische Denkweise. Während der linke Sozialismus vom Proletariat oder der Arbeiterklasse spricht, die eine internationale Solidarität impliziert, weil es in allen Völkern oder Nationen eine Arbeiterklasse gibt, spricht der rechte Sozialismus vom Volk, das gegen die Herrschenden steht. Die Identifizierung mit dem Volk erfolgt dann eher ethnisch-nationalistisch als klassentheoretisch.

So wie die Familie damit zu einem ideologischen Konstrukt wird, das den Nationalismus unterstützt, wird auch die Religion zu einer solchen Unterstützung des Nationalismus. Es muss wohl tatsächlich konstatiert werden, dass das religiöse Gefühl über die mythische Bewusstseinsstruktur in mythische Vorstellungen von Volk, Gemeinschaft, Rasse, Übermensch usw. führt.

Obwohl ich persönlich der Meinung bin, dass echte authentische Spiritualität emanzipativ ist und nationalistische und völkische Instinkte ausschließt, muss ich doch erkennen, dass die spirituelle Szene eine extrem hohe Affinität zu mythischen Bewusstseinsstrukturen hat. Diese sind prärational und nicht transrational. Der New-Age-Philosoph Ken Wilber nennt dies die „Prä-Trans-Verwechslung“30.

Im Zeitalter der Aufklärung, beginnend mit Descartes um 164031, wurden Vernunft und Rationalität gegen das mittelalterliche klerikale Weltbild gestellt, um „aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit“ (Immanuel Kant32) auszubrechen. Die Aufklärung und Rationalität mit ihrer Bezugnahme auf die eigene Vernunft als Gegenmittel gegen von oben verordnete religiöse Schicksalsmächte war damals ein Befreiungsschlag. Die heutige Ablehnung der Rationalität durch die spirituelle Szene führt laut Wilber nicht selten zu einem Rückfall in voraufklärerische, mythische Vorstellungen anstatt zu einer transzendenzoffenen Rationalität, die die Vernunft beibehält und transrational in die numinose Sphäre erweitert, d. h. Gott und/oder das spirituelle Selbst in das Denken integriert. Die prärationale Herangehensweise stellt eine anti-rationale Grundhaltung dar, die sich der Spiritualität auf mythische anstatt auf mystische Weise bedient.

Wenn Reich aber die Religion und das religiöse Gefühl per se als Wegbereiter des Faschismus sieht33 (es sei an Marx‘ Ausspruch erinnert: „Die Religion ist Opium fürs Volk.“), so ist dem meines Erachtens nicht zu folgen. Es muss die Unterscheidung in Mythos und Mystik eingeführt werden. Nur die mythische Religion, die aus den abgespaltenen Fantasien der Unterdrückungs- oder Misshandlungserfahrungen aus der Kindheit hervorgeht, führt in den Faschismus. Eine echte Mystik hingegen hat ihre Schattenarbeit getan. Es handelt sich bei der lebendigen Mystik nicht um ein moralisch-dogmatisches Gebilde, eine zwanghafte Ideologie, die ein durch Tabus und energetische Hemmungen verlorenes oder abgespaltenes energetisches Lebensgefühl kompensieren muss. Mystik beginnt erst dann, wenn der Mensch befreit ist.

Reich spricht selbst das Phänomen an: „Wir können hier noch nicht auf den naheliegenden Einwand eingehen, dass ja auch der sexualökonomisch lebende mutterrechtliche Primitive34 mystisch fühle.“ (195) Dies betrifft also die Beobachtung, dass in indigenen Gruppen ohne Sexualunterdrückung die spirituelle Ausrichtung dennoch einen hohen Stellenwert hat. Reich führt das in diesem Buch nicht aus, weist aber an gleicher Stelle darauf hin, dass die Spiritualität der indigenen Gruppen, die matriarchal organisiert sind, „ursprünglich im Wesentlichen eine Religion der Sexualität war“ (ebd.). Dies bedeutet, dass das religiöse Gefühl auch innerhalb einer befreiten Sexualökonomie nicht nur existiert, sondern dort auch die Fortsetzung der gesunden sexuellen Körperlichkeit und Emotionalität in die Weisheit ist. Wie einerseits im Faschismus das religiöse Gefühl der Gipfel der Pathologie ist, so ist andererseits im befreiten Bewusstsein das religiöse Gefühl der Gipfel der Gesundheit, mithin das vollständige Ziel der menschlichen Entwicklung. Dies ist echte Mystik.

Viele Vertreter der zeitgenössischen spirituellen Szene verwechseln dies. Sie sind ihrem Gefühl nach alles andere als rechts und fühlen sich nicht verstanden, wenn ihnen eine rechtsoffene Haltung unterstellt wird. Ihre mythische Herangehensweise an die Religion ist aber strukturell mit dem mythischen Denken eines Nationalismus verbunden. Gerade die Abkehr von Rationalität führt zu einer Verstärkung des sentimentalen und romantischen Elements, von dem auch das mythische Bewusstsein getragen ist. Das Problem des mythischen Denkens besteht eben gerade darin, dass die Errungenschaften der Aufklärung ausgesetzt sind.

Die wichtigste Errungenschaft der Aufklärung ist das wissenschaftlich-rationale Denken, das den Menschen vor den Fallstricken eines schicksalhaft mythisch denkenden Bewusstseins schützt, das z. B. in eine Schicksalsergebenheit führen kann, die reales Unrecht verschleiert (Karma) oder auch zu einem fanatischen Sendungsbewusstsein verleitet, das überall Verfolgung und Missgunst wittert – ganz abgesehen von der dualistischen Wirklichkeitskonstruktion Gut-Böse, die die Welt auf zwei gegensätzliche Pole aufspaltet. Die Aufklärung entstand als Revolution gegen die Herrschaft des Klerus, der seine vermeintlich von Gott gegebene Macht dazu ausnutzte, die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Man beobachtet in der spirituellen Szene überall derartige abergläubischen Konstrukte, die auf naivem Glauben beruhen.

Wir erleben heute in der spirituellen Szene eine Verwechslung von prärationaler und transrationaler Bewusstseinslage. Durch die Ablehnung des Denkens und des rationalen Diskurses fallen viele spirituelle Menschen in die mythische, prärationale Bewusstseinslage zurück und pflegen ein Weltbild, in dem Gut und Böse ganz scharf binär geschieden sind. Es gibt die guten Kräfte des Lichts und die bösen dämonischen Kräfte des Satans. Man wähnt sich natürlich auf der Seite des Lichts. Der Staat und die Regierung wiederum gehören zu den bösen Mächten, die dann gern auch die Behauptung über sich ergehen lassen müssen, Satanisten zu sein, wie dies die immer mehr Verbreitung findende Verschwörungsideologie von QAnon behauptet.35

Die Kräfte des Lichts haben natürlich die Wahrheit auf ihrer Seite, und die andere, die dämonische Seite steht dann für die Lüge und den „Verrat am Volk“. Das, was passiert, wird nicht mehr vernünftig oder rational erklärt, sondern geht als geheime Verabredung, absichtlicher Vorwand, perfider Plan hinter den Kulissen – kurz: Verschwörung – in die Erklärung ein. Wenn das, was die Regierung und die Mainstream-Presse sagen, gelogen ist, dann muss dahinter eine Verabredung stecken. Derartige einfache Erklärungen verleihen ein Sicherheitsgefühl angesichts unklarer oder unsichtbarer Bedrohungen, wie sie z. B. ein Virus darstellt.

Die Wirklichkeit ist allerdings genau anders. Niemand anders als Hitler hat uns die treffenden Worte an die Hand gegeben, die weiter oben bereits zitiert wurden: „Das Volk ist in seiner überwiegenden Mehrheit so feminin veranlagt und eingestellt, dass weniger nüchterne Überlegungen, viel mehr gefühlsmäßige Empfindung sein Denken und Handeln bestimmt. Diese Empfindung aber ist nicht kompliziert, sondern sehr einfach und geschlossen. Es gibt hier nicht viel Differenzierungen, sondern ein positiv oder negativ, Liebe oder Hass, recht oder unrecht, Wahrheit oder Lüge, niemals aber halb so und halb so oder teilweise usw.“ (Mein Kampf, S. 201, zitiert nach Reich, 85)

Die Wirklichkeit ist „halb so und halb so oder teilweise“, sie ist fast niemals eindeutig Entweder-oder. Die Wirklichkeit ist komplex, vielgestaltig, dialektisch, und manches kann man nicht kontrollieren. Niemand hat sich das Virus gewünscht. Es ist verführerisch, zu denken, es existiere überhaupt nicht oder sei harmlos. Wenn es aber nun harmlos ist und man ist endlich beruhigt, stellt sich die Frage: Warum diese drastischen Maßnahmen des Lockdowns? Dann bleibt nur noch die eine Antwort: die absichtliche und böswillige Verabredung der Herrschenden. Die andere Antwort – dass das Virus gefährlich ist und die Maßnahmen richtig sind – ist sehr einfach und einleuchtend, aber unbequem. Dann muss man sich den Maßnahmen fügen und sogar noch zugestehen, dass unser politisches System nicht per se böse ist und vielleicht sogar gut funktioniert. Das scheint für manche Menschen so schwierig zu sein, dass sie lieber hoch umständliche und hoch spekulative Verschwörungsnarrative aufbieten. Das ist der eigentliche Hype und die eigentliche Angstmaschine. Sollte es eine solche geheime Verabredung zwischen Regierungen, Konzernen, Wissenschaft und Presse geben, und noch dazu weltweit, so wäre dies meines Erachtens wesentlich angsteinflößender als so ein Virus.

Quelle: Telepolis… vom 29. August 2020

Tags: , , ,