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#Zero Covid und Widerstand gegen Brexit, Epidemie und Angriffe

Eingereicht on 20. Januar 2021 – 17:51

„… Innerhalb der britischen Regierung wird offenbar über einen weitgehenden Abbau von Beschäftigtenrechten nachgedacht. Das berichtete die in London erscheinende Tageszeitung Financial Times am Freitag. Demnach soll der konservative Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng gemeinsam mit dem Büro von Premierminister Boris Johnson bereits erste Pläne in diese Richtung ausgearbeitet haben. In deren Zentrum soll die Deregulierung von Arbeitszeitbeschränkungen stehen, so der Bericht. Konkret geht es um die EU-Arbeitszeitrichtlinie. Sie beschränkt die zulässige durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden. Mit Inkrafttreten des neuen Handelsabkommens mit der Europäischen Union sowie dem Ende der Übergangsperiode nach dem Austritt Großbritanniens aus der Wirtschaftsunion kann das Königreich nun auch diese Vorgaben ignorieren. Dies wurde bis zu einem gewissen Grad ohnehin schon getan. Viele Unternehmen drängen seit Jahren ihre Beschäftigte zum Unterschreiben »freiwilliger« Erklärungen, um diese so zu Wochenarbeitszeiten von 50 bis 60 Stunden zwingen zu können. Doch durch die Richtlinie war Großbritannien bislang auch zu weiteren Arbeitsschutzmaßnahmen verpflichtet, die die Unternehmen des Landes nicht so einfach umgehen konnten. Dazu gehören etwa verbindliche Aufzeichnungen der von den einzelnen Beschäftigten eines Betriebes tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden. Auch Pausen- und Ruhezeiten werden durch die Direktive geregelt, zum Beispiel das Recht auf eine elfstündige Ruhezeit innerhalb von 24 Stunden. Würden solche Elemente wegfallen, könnten britische Unternehmen die Ausbeutung ihrer Arbeiter noch stärker als ohnehin schon verschärfen…“ – aus dem Beitrag „Attacke auf Arbeiter“ von Christian Bunke am 18. Januar 2021 in der jungen welt, worin auch noch auf etwaige Einschränkungen solcher Pläne durch das Abkommen mit der EU hingewiesen wird. Siehe dazu auch eine Meldung zur wirtschaftlichen Lage des Landes, zwei gewerkschaftliche Stellungnahmen zu diesen neuen Plänen der Rechtsregierung, zwei Beiträge zu alternativen gewerkschaftlichen „zero covid“ Aktivitäten und den Hinweis auf unseren Bericht zum Boykottaufruf der Bildungsgewerkschaft NEU:

„Debatte über Abbau von Arbeitnehmerrechten nach Brexit“ am 15. Januar 2021 beim Spiegel online meldete neben diesen rechten Plänen unter anderem auch noch zu deren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: „… Will Großbritannien seine Post-Brexit-Wirtschaft tatsächlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer am Laufen halten? Klar ist: Die wirtschaftliche Lage ist ernst. Zum Jahresende war die Wirtschaft des Landes nach mehreren Monaten der Erholung vom Brexit-Knick wieder geschrumpft. Das Office for National Statistics meldete für November einen Rückgang um 2,6 Prozent. Unter der wirtschaftlich schlechten Lage leiden bereits viele Briten. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde FCA hatte im Herbst gewarnt, dass zwölf der rund 67 Millionen Britinnen und Briten schon bald Schwierigkeiten haben könnten, ihre Rechnungen zu bezahlen. Die unabhängige Forschungsorganisation Institute for Employment Studies in London prognostizierte für 2020 den Verlust Hunderttausender Jobs…“

„Plan to rip up workers’ rights will be confronted, says GMB“ am 15. Januar 2021 bei der GMB war die erste gewerkschaftliche Stellungnahme nach Bekanntwerden dieser Pläne, worin unterstrichen wird, solche Absichten würden auf massiven gewerkschaftlichen Widerstand stoßen. (Wozu allerdings daran zu erinnern wäre, dass auch diese Gewerkschaft die neue Labour-Führung unterstützt, die durchaus „bürokratische Hemmnisse für Investitionen“ beseitigen will, was immer das dann auch konkret bedeuten soll – wobei aus Unternehmersicht jedes Recht der Beschäftigten natürlich solch ein Hemmnis ist…)

„Workers’ rights under threat“ am 15. Januar 2021 bei Unite ist ebenfalls eine gewerkschaftliche Stellungnahme zu den konservativen Plänen, worin ausführlich auf die „passende“ politische Vergangenheit des neuen Wirtschaftsministers als Vorkämpfer eines antisozialen Neoliberalismus hingewiesen wird.

„Im Interesse der Wirtschaft“ von Christian Bunke am 20. Januar 2021 in der jungen welt ist ein Beitrag, der sich mit dem Rechtsschwenk der britischen Sozialdemokratie unter dem neuen Parteivorstand befasst. Darin ist aber auch ein Exkurs beinhaltet zu den bisherigen gewerkschaftlichen Reaktionen darauf, worin es unter anderem heißt: „… Labour-Chef Keir Starmer möchte seine Partei für stürmische Zeiten als verantwortungsbewusste Regierung im Wartestand positionieren. Labour könne den Status quo besser verteidigen als die Konservativen, so seine Botschaft. Das erzeugt zunehmend Unmut bei den organisatorisch an die Partei angeschlossenen britischen Gewerkschaften. Bereits 2020 reduzierte die große Industriegewerkschaft Unite ihre jährlichen an Labour zu überweisenden Mitgliedsbeiträge. Im kommenden Sommer könnte die mit 20.000 Mitgliedern zwar relativ kleine, politisch aber bedeutsame Nahrungsmittelgewerkschaft BFAWU ähnliche Maßnahmen ergreifen. Zur Debatte steht gar ein kollektiver Parteiaustritt der Gewerkschaft. Im Januar startete eine Konsultation der BFAWU-Mitgliedschaft, die von online abgehaltenen Diskussionen in den Ortsgruppen der Gewerkschaft begleitet wird. Im Mai will der BFAWU-Vorstand eine Empfehlung über Verbleib in oder Austritt aus der Labour-Partei aussprechen. Die Entscheidung soll dann im Juni auf einem Delegiertenkongress abschließend beraten werden. Auf der Homepage der Gewerkschaft erklärte BFAWU-Präsident Ian Hodson, Labours Verteidigung des Status quo spiele bei der Frage eine wesentliche Rolle. Während BFAWU eine »Zero-Covid«- Strategie verfolgt und fordert, nicht essentiell notwendige Tätigkeiten ruhen zu lassen sowie den Infektionsschutz am Arbeitsplatz deutlich zu verbessern, unterstütze Starmer alle wesentlichen Regierungsmaßnahmen. Dieses Festhalten am wirtschaftlichen Normalbetrieb habe unnötigerweise Tausende Menschenleben gekostet. Die Tories hätten bei jeder Maßnahme auf die »volle Unterstützung Starmers« zählen können…“

„The Class Struggle Against the Pandemic“ von Anti-Capitalist Resistance am 19. Januar 2021 in The Bullett ist ein Beitrag, der sich unter anderem mit dem Aufruf der LehrerInnen-Gewerkschaft NEU befasst, aus Sicherheitsgründen die Arbeit zu verweigern (siehe den Hinweis auf unseren Bericht am Ende dieses Beitrags) – worin eingangs der Generalsekretär der NEU Kevon Courtney zitiert wird, der nicht nur diese Verweigerungskampagne als einen Erfolg der Selbstverteidigung bewertete, sondern auch unterstrich, die wesentlichen Schritte im Kampf für mehr Sicherheit seien Gewerkschaftsmitglied zu werden und den Aufruf „zero covid“ umzusetzen… Siehe dazu die „zero covid“-Kampagne in UK sowie dort speziell Covid safety in the workplace  (vgl. unser Dossier zur Kampagne im deutschsprachigen Raum)

#Bild: Logistikarbeiter in London – unorganisierbar?

Quelle: labournet.de… vom 20. Januar 2020

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