Generalstreik in Kolumbien gegen neoliberale Reformen – verlängert
“Unter dem Motto “Für Leben, Frieden, Demokratie, gegen das neue Schwindelpaket Duques und die Steuerreform” mobilisieren Gewerkschaften, politische und soziale Organisationen für landesweiten Streik (…) Das Nationale Streikkomitee (Comité Nacional de Paro, CNP) ruft in Kolumbien erneut zu Protesten gegen die Politik der ultrarechten Regierung und geplante Wirtschaftsreformen von Präsident Iván Duque auf. Der Generalstreik am 28. April soll dabei den Auftakt landesweiter Mobilisierungen bilden, welche die Forderungen aus dem Mega-Streik von 2019 erneuern (amerika21 berichtete). Aufgrund der Pandemie und den damit einhergehenden Ausgangssperren kam der Generalstreik im März 2020 zum Erliegen. Der Verhandlungstisch mit der Regierung wurde ohne Ergebnisse aufgelöst. “Die Motivation, die wir bei dieser außerordentlichen Mobilisierung am 21. November 2019 hatten, ist heute genau dieselbe: Für das Leben und gegen die Massaker, für den Frieden. Verbunden mit der Forderung an die Regierung, den Friedensvertrag zu erfüllen und nicht weiter dagegen vorzugehen. Natürlich fordern wir auch, dass die Regierung nicht weiter das bisschen reduzierte Demokratie zerstört, welches wir noch haben. (…) Dem Aufruf des CNP schlossen sich die größten Gewerkschaften des Landes, der Zusammenschluss politischer und sozialer Organisationen “Kongress der Völker” (Congreso de los Pueblos), Studierende, Kleinbäuer:innen-Organisationen, oppositionelle Parteien sowie feministische und indigene Verbände an…” Beitrag von Dennis Schlömer vom 24. April 2021 bei amerika21 und neu dazu:
- Kolumbien: “Duque erklärt dem Streikkomitee den Krieg” / In Solidarität mit der kämpfenden Bevölkerung Kolumbiens
- Kolumbien: “Duque erklärt dem Streikkomitee den Krieg”
“Im Zuge der Gespräche mit dem Streikkomitee (CNP) hat die Regierung von Iván Duque am Montag die Forderungen der Streikenden abgelehnt und verstärkte Polizeieinsätze angeordnet. Das Streikkomitee hatte der Regierung am Sonntag ein Dokument mit 19 Punkten vorgelegt, das unter anderem den Rückzug der polizeilichen Sondereinheit Esmad und des Militärs bei den Protesten forderte. Die Ankündigung im Fernsehen von Duque über “den maximalen Einsatz” der Polizei gegen die Streikblockaden, während seine Delegierten mit dem Streikkomitee immer noch am Gesprächstisch saßen, versteht das CNP als eine Kriegserklärung gegen den Generalstreik. Tatsächlich hat die Polizei ihre gewaltsamen Einsätze auch nach dem Start der Gespräche der Regierung mit dem CNP fortgesetzt. In der Nacht von Sonntag auf Montag war sie in Yumbo, einem Vorort von Cali einmarschiert. Dabei warf sie Tränengas in die Häuser der Bewohner und jagte Jugendliche. 29 Menschen wurden verletzt und drei junge Männer offenbar getötet. In Yumbo blockieren Protestierenden die Landstraße nach Cali während des Generalstreiks…” Artikel von Hans Weber vom 19.05.2021 in amerika21 - Kolumbien: SOS Yumbo
“Über soziale Netzwerke berichteten Aktivistinnen zusammen mit Bewohnerinnen der Gemeinde Yumbo im Cauca-Tal von Zusammenstößen zwischen Demonstrant*innen und Esmad in der beliebten Nachbarschaft La Estancia, die sich in der Nähe der örtlichen Ecopetrol-Anlage befindet, von der aus Treibstoff in den Südwesten des Landes verteilt wird. Offenbar wurde der Konflikt ausgelöst, als die Sicherheitskräfte dazu übergingen, die Straße, die die Gemeinde mit der Hauptstadt des Cauca-Tals, Cali, verbindet, zu räumen: 3 der 4 Barrikaden, die von Esmad entfernt wurden, provozierten eine Reaktion von Demonstrant*innen und Aktivist*innen in der Gemeinde. Yumbo, eine Industriestädtchen 20 Minuten von Cali entfernt, verfügt über Ecopetrol-Lagertanks für die Benzinversorgung des Südwestens von Kolumbien. Die Spannungen zwischen Anwohnerinnenn und Sicherheitskräften sind der Auftakt zu einem Dialog zwischen zivilen Behörden und Vertreterinnen des Nationalen Komitees, der für 9:00 Uhr an diesem Montag, 17. Mai, einberufen wurde. Dieser Montag, der 17. Mai, ist der 20. ununterbrochene Tag des landesweiten Streiks in Kolumbien…” Bericht mit Videos dokumentiert am 17. Mai 2021 bei Enough14D - In Solidarität mit der kämpfenden Bevölkerung Kolumbiens
“Die Welt blickt heute auf Kolumbien; seine Straßen und Autobahnen waren die Bühne, auf der das Volk seine würdevolle Wut in einem ungestümen Schrei entlud, der widerhallt und nicht unbemerkt bleiben kann. Der soziale Protest, der seit dem 28. April ununterbrochen andauert, ist die Antwort auf die sich verschlimmernde Armut und die Prekarität des Lebens (unvermeidliche Folgen des neoliberalen Modells), die sich inmitten der Gesundheits-, Wirtschafts- und Sozialkrise niederschlägt in 1,7 Millionen kolumbianischen Haushalten, welche nur zweimal am Tag etwas zu essen haben, in einer Arbeitslosenquote von 14,2% und in einer Armutsquote, die mit 42,4% fast die Hälfte der Bevölkerung umfasst. Ähnliche Situationen erleben die Menschen in verschiedenen Regionen der Welt. (…) Diejenigen, die für die Krise bezahlen, sind nicht deren Hauptverursachende, sondern die verarmten und ausgebeuteten Menschen. In diesem Zusammenhang haben sich in Kolumbien Tausende von Menschen mobilisiert, vor allem die Jugend der armen Bevölkerungsteile. In den Stadtvierteln, auf den Straßen und Autobahnen leisten sie Widerstand und halten den Protest mit Barrikaden, Töpfen und Versammlungen aufrecht. Der gerechte Kampf, den das kolumbianische Volk heute führt, nährt die Welle der Proteste und Revolten, die sich seit 2019 in Lateinamerika als störende Momente entwickelt haben und welche die Basisorganisationen des Volkes reaktivieren. Der kolumbianische Staat seinerseits hat, wie es alle Staaten tun, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen, mit Repression und unverhältnismäßiger Gewalt geantwortet. Die Zahlen sind erschreckend und sprechen für sich: Bis zum 8. Mai wurden 47 Menschen getötet (39 durch Polizeigewalt), 451 verwundet (32 mit Augenverletzungen und 32 durch Schusswaffen), 12 Menschen wurden Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt, 548 verschwanden und 963 Menschen wurden festgenommen (Daten entnommen von der Campaña Defender la Libertad: Asunto de todas, ONG Temblores und Defensoría del Pueblo Colombia). Angesichts der brutalen Repression der Regierung von Ivan Duque gegen die Kämpfenden in Kolumbien rufen wir zu aktiver Solidarität auf, um in allen Gebieten Protesttage zu organisieren und mit allen möglichen Mitteln das anzuprangern, was das kolumbianische Volk heute heimsucht. Internationalistische Solidarität ist der Schutz der Kämpfe, die wir schmieden, deshalb unterstützen wir heute die Forderungen des nationalen Streiks: Stoppt die staatliche Gewalt, nehmt die Gesundheitsreform zurück und garantiert ein universelles Grundeinkommen!”Gemeinsame internationalistische Erklärung veröffentlich am 14. Mai 2021 bei anarkismo.net
- Kolumbien: “Duque erklärt dem Streikkomitee den Krieg”
- Spendenkampagne: Support revolution in Colombia
„The narco government of Ivan Duqe is killing us, using the armed forces to rob the people even more in the middle of a pandemic. Help us fight back against this government who is killing us. (…) We are using this campaign to ask you to help us improve our organizing efforts. Help us buy supplies for the protesters: water, food, medical supplies etc. Pay for legal support for our arrested comrades. Helping the families who are sufferiung during this situation. Giving psychological aid for the victims of sexual violence or any other comrade, whose mind have suffered during this conflict. Buying protective gear, especially for those in the first line of the protests…“ Spendenkampagne bei FIREfund - Lage der Menschenrechte in Kolumbien weiter dramatisch, Proteste halten an
“Ein Toter und zahlreiche Verletzte bei Demonstrationen gegen sexuelle Gewalt seitens der Polizei. Esmad zielt mit Munitionswerfern auf Protestierende. Nach 19 Tagen des sozialen Protests in den kolumbianischen Städten steigt die Zahl der Verletzten und Toten weiter. Auch die zunehmenden Übergriffe auf Medienschaffende sind alarmierend. Laut der “Kampagne Freiheit verteidigen, eine Angelegenheit Aller” sind 49 durch Polizeigewalt getötete Demonstrant:innen im Zuge der Proteste seit dem 28. April zu verzeichnen. In Popayán, der Hauptstadt des Departamento Cauca, eskalierte die Gewalt bei mehreren Demonstrationen am Freitag. Vorausgegangen war der Selbstmord der Minderjährigen Alison Meléndez, die nach ihrer Festnahme berichtet hatte, von Mitgliedern der Sondereinheit für Aufstansbekämpfung Esmad sexuell missbraucht worden zu sein. Vier Beamte wurden inzwischen suspendiert, gegen sie wird ermittelt. Bei den Protesten gegen sexuelle Gewalt seitens der staatlichen Sicherheitskräfte kam ein Student durch ein Polizeigeschoss ums Leben, mindestens 30 Demonstrant:innen wurden bei den Einsätzen der Esmad verletzt…” Bericht von Markus Lenz vom 17.05.2021 bei amerika21 - Kolumbien: Der Fall von Johan Moreno, von der Polizei gefolterter Menschenrechtsverteidiger
“… Moreno ging seiner Arbeit als Strafverteidiger nach, als er von mehreren Polizeibeamten, darunter Kapitän Andrés Perez, in die Enge getrieben wurde. Diese verhafteten ihn mit der Begründung, dass er angeblich Straftaten des Angriffs auf einen Staatsbediensteten und der Körperverletzung begangen habe. Während seiner Inhaftierung wurde er von der Polizei gefoltert. Er hatte eine 4 cm tiefe offene Wunde am Kopf, eine geprellte Schulter, Arm und Knie. In der Immediate Response Unit der Staatsanwaltschaft wurden ihm grundlegende Notwendigkeiten wie der Gang zur Toilette und das Trinken von Wasser verweigert, und seine Hände wurden während der gesamten Dauer seiner Inhaftierung in Handschellen gelegt. Das Pueblos Legal Team reichte eine Gegenklage wegen Habeas Corpus gegen Hauptmann Andres Perez, Streifenpolizist Anibal Mejia Fuentes und den Ombudsmann von Piedecuesta, Fredy Gomez, ein…”Meldung bei Colombia Informa in deutscher Übersetzung von Riot Turtle am 15. Mai 2021 bei enough-is-enough14 - Protest in Kolumbien: “Euer Ausnahmezustand ist unser Normalzustand”
“Jugend verlässt Verhandlung mit Regierung. Proteste schaffen neue soziale Räume. Blockaden sind Auffangstationen für Marginalisierte und Jugendliche (…) Der “Pakt” wurde von vornherein kritisiert, viele 1. Reihen waren erst gar nicht zum Termin erschienen. Einige von ihnen hatten sogar explizit geäußert, dass sie nicht verhandeln werden. Der “Pakt” sollte laut Innenminister Daniel Palacios vor allem die Räumung der Blockaden erreichen, um “die Normalität in Cali wiederherzustellen”. Daraufhin äußerte Miguel, einer der Jugendlichen, deren Gruppe nicht zur Verhandlung bereit ist, gegenüber amerika21: “Normalität gibt es in unseren Vierteln nie. Hier ist immer Ausnahmezustand. Was die Oberschicht jetzt erlebt, ist bei uns normal.” (…) Die Stadt ist das Erbe einer Sklavenhaltergesellschaft, die es nie geschafft hat, mit diesem ungleichen Verhältnis zu brechen. Rassifizierte Bevölkerungsgruppen werden systematisch marginalisiert. Daher sind Dutzende von Kollektiven, Organisationen und Bürger:innen bereit, weiterhin auf der Straße auszuharren. Bis zu 15 Tage könnten sie weiter blockieren, sagen Demonstrierende an den Blockadepunkten. Diese sind mittlerweile zu wichtigen sozialen Räumen Hinter den Barrikaden finden Konzerte statt, es gibt immer ein warmes Essen, selbst die Haare werden kostenlos geschnitten. Zudem gibt der Protest vielen der Jugendlichen eine Struktur: “Ich stehe das erste Mal morgens früh auf und weiß, was ich zu tun habe,” sagt Miguel. Zudem sei er hier sicherer als zu Hause. Denn die unsichtbaren Grenzen im Viertel sind aufgehoben und die Auseinandersetzungen zwischen Banden vollkommen ausgesetzt. Viele der jungen Teilnehmer:innen fühlten sich zum ersten Mal aufgehoben und bekämen Anerkennung. Die Gruppen der Blockaden sind bestens organisiert und schaffen es, die logistische Herausforderung zu meistern. Täglich werden Hunderte Essen ausgegeben und Hunderte Kranke behandelt. Allerdings fehlt es dem Protest an einer klaren Perspektive…“ Artikel von Ariana Pérez vom 14.05.2021 in amerika21 - Kolumbien: “Der Streik hört nicht auf ”
“Um über die aktuelle Situation und die künftige Entwicklung zu reden”, hat Carlos Aznárez einen Sprecher des Volkskongresses (Congreso de los Pueblos), Jimmy Moreno, interviewt (Übersetzung Klaus E. Lehmann für amerika21 am 14. Mai 2021). Jimmy Moreno: “… Der landesweite Streik in Kolumbien ist in vollem Gange und findet in verschiedenen Städten des Landes statt, wie in Valle de Cauca, und er ist vor allem in Cali enorm, das weiterhin starken und würdigen Widerstand leistet. Auch im Cauca mit den Aktivitäten der Bauernbewegungen, und seit Montag auch der indigenen Bewegung und der Transportarbeiter. Ein weiterer Punkt ist der Chocó, wo die indigenen und afrokolumbianischen Bewegungen der Region Straßen blockieren. In Zentralkolumbien leistet das Volk seit dem 28. April Widerstand. (…) Infolge dieses landesweiten Streiks hat die Regierung die Steuerreform zurückgezogen, die mehr Steuern für die Armen und mehr Vorteile für die Reichen vorsah. Es ist ein Sieg, das kolumbianische Volk bleibt auf der Straße. Der Finanzminister mit seinem gesamten Team ist zurückgetreten, weil die Rücknahme der Steuerreform eine Niederlage für die nationale Regierung ist. Aber wir sagen: “Der Streik hört nicht auf “. Der Streik wird weitergehen, weil wir es mit einer schlechten Regierung zu tun haben, einer korrupten, kriminellen Regierung, die nicht auf die Leute hört und weiter das verstärken will, was wir “Duques Mogelpackung” nennen. Damit beabsichtigt er, die Privatisierung des Gesundheitswesens, die Militarisierung, die Kriminalisierung mittels der Justiz und die brutale Repression fortzusetzen und möglicherweise eine weitere Steuerreform zu präsentieren. Wir fordern die Auflösung der Esmad. (…) In der Tat besteht diese große Masse aus jungen Leuten, die sich gegen jene apathischen Politiker und gegen die Art der Gestaltung der Politik, insbesondere diese Wahlpolitik und diese liberale Demokratie richten. Es sind junge Menschen, die unter den Auswirkungen dieser Politik zu leiden hatten, und es sind junge Menschen, denen die Hoffnung im Leben genommen wurde, weil es keine Möglichkeit für Arbeit, keine Möglichkeit zum Studium, keine Aussicht auf eine angemessene Rente gibt. In diesem Sinne sind sie die Hoffnung unseres Landes und haben verstanden, dass man auf der Straße seine Rechte einfordern muss und nicht zulassen darf, dass sie einem weiterhin von den politischen Parteien und den verschiedenen Regierungen, sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene, weggenommen werden…” - Kolumbien: Mit Gewalt gegen die Aussöhnung
“… Während sich Regierungen und Behörden landesweit bemühen, die Pandemie mit Hilfe strenger Hygienemaßnahmen und Ausgangssperren in den Griff zu bekommen, gerät der Friedensprozess im Lande nicht nur aus dem Blick, sondern gefährlich ins Wanken. Verantwortlich dafür sind der amtierende Präsident Iván Duque, der den Prozess der Aufklärung und Versöhnung gezielt sabotiert, eine überforderte UN-Mission, die zunehmend selbst in den Strudel der Gewalt gerät, sowie eine korrumpierte, brutal agierende Polizei, die in der Gesellschaft kaum Vertrauen besitzt…” Artikel von Stephan Kroener in der Mai-2021-Ausgabe der Blätter - [Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)] Solidarität mit dem Generalstreik in Kolumbien und seinen gerechten Forderungen! Stoppt das Morden!
“Seit dem 28. April haben kolumbianische Bauernverbände und Gewerkschaften durch ihren Generalstreik gegen die extreme Verarmung und rücksichtslose Umweltzerstörung durch die rechte Duque-Regierung protestiert. Die Hauptforderungen der kämpfenden Bevölkerung richten sich u.a. gegen die aktuelle Steuerreform und die Wiedereinführung der flächendeckenden Besprühung der Anbauflächen von Kleinbauern mit dem Sprühgift Glyphosat von BAYER/MONSANTO. Die massenhafte Besprühung großer Flächen aus der Luft mit dem umweltgiftigen Glyphosat des Leverkusener BAYER Konzerns, das laut aktuellen Studien eine Krebsgefahr für den Menschen darstellt, soll ausgerechnet jetzt in Kolumbien wiedereingeführt werden – angeblich zur Bekämpfung des Koka-Anbaus. Faktisch soll damit u.a. sozialer Protest auf dem Land unterdrückt werden. Es geht dem kolumbianischen Staat beim geplanten Glyphosateinsatz um die militärische und wirtschaftliche Kontrolle des Drogengeschäfts, in das die selbst tief verwickelt ist. Das Krebsrisiko für die kolumbianische Landbevölkerung und der Ökozid durch die Massenbesprühung sind BAYER und Präsident Duque unwichtig, ihnen geht es um Profite und Macht. Für die Erreichung ihrer Ziele gehen sie über Leichen. Die Antwort der kolumbianischen Regierung auf die landesweiten Massenproteste waren Mord und Terror: dutzende Demonstrant*innen wurden seitdem von Polizei, Armee und Paramilitärs ermordet, mehr als 100 Menschen wurden entführt bzw. “verschwunden gelassen” (Stand 7.Mai 21). Das muss sofort aufhören! Nur zu gut erinnern wir uns, wie der BAYER-Konzern den Diktator Somoza in Nicaragua mit Millionen und Abermillionen fütterte. Somozas Diktatur beutete unter Anwendung von brutalem Zwang die dortige Bevölkerung aus, im Dienst von internationalen Großkonzernen wie BAYER. Ähnliches wiederholt sich heute in Kolumbien. Der BAYER-Konzern ist für die Völker der Welt eine Geißel. Schon 1945 gab es den Versuch, im Rahmen des Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunals in Nürnberg, Konzerne wie BAYER zu bestrafen und zu entmachten – aber die Konzerne haben sich durchgesetzt und ihre Macht erhalten. Im am 10. Mai 2021 in Frankreich zu Ende gegangenen Prozess von Opfern der Chemiewaffe „Agent Orange“ aus dem Vietnam-Krieg hat erneut ein Gericht eine Klage von Kriegs-Opfern eines BAYER-Monsanto-Produkts abgewiesen und setzt so die Straflosigkeit fort. Wir fordern von der kolumbianischen Duque-Regierung: Stopp der Massaker und Entführungen. Freiheit für die politischen Gefangenen des Generalstreiks! Stopp des Kürzungspakets rund um die Steuerreform! Stopp der Wiedereinführung der flächendeckenden Glyphosat-Besprühung aus der Luft! Wir fordern von deutscher Regierung und EU-Kommission: Glyphosat – Stopp jetzt! insbesondere: AUSFUHRVERBOT für BAYERs Sprühgift Glyphosat nach Kolumbien! Stopp der Zusammenarbeit mit der ultra-rechten Duque-Regierung, insbesondere Waffenexporte! Klare Verurteilung der Massaker statt des zustimmenden Schweigens!” Presse-Information vom 11.05.21 der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) (per e-mail) - Kolumbien – Droht dem Karibikland eine neue Spirale der Gewalt?
“In Kolumbien herrscht in diesen Tagen, fern der Aufmerksamkeit großer deutschsprachiger Medien, Gewalt und schiere Verzweiflung auf den Straßen der Städte des Landes. Ausgelöst durch Reformpläne der Regierung. Es war abzusehen, dass die geplanten Reformen der kolumbianischen Regierung sofort Proteste auslösen würden. Sie beinhalteten nicht nur eine Steuerreform, sondern auch eine Gesundheits- und Rentenreform. Die Steuerreform würde zu Lasten der dünn gesäten Mittelschicht und der Armen gehen, während Großkonzerne, Banken und die Oberschicht des Landes verschont bleiben würden. Die Rentenreform sieht vor, die noch wenigen öffentlichen Krankenhäuser zu privatisieren. Dadurch werden die Menschen gezwungen sich privat zu versichern, was kaum jemand kann, weil diese Versicherungen zu teuer sind. Im Endeffekt würde das heißen, dass nur Menschen mit viel Geld Zugang zu einer ausreichenden medizinischen Versorgung hätten. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der IWF die Reformen zur Bedingung gemacht hatten, um die Kredite zu genehmigen, die die kolumbianische Regierung beantragt hatte, um die Kosten der Pandemie einigermaßen abzufedern. Als die Pläne bekannt wurden, löste das landesweit Proteste aus, die Bevölkerung lebte schon ohnehin durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie am Limit. (…) Am 2. Mai kündigte Präsident Duque an, dass auf Grund angeblicher gewaltsamer Übergriffe seitens der Demonstrant_innen, das Militär der Polizei bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in den Städten Hilfe leisten würde. Auch unter Einsatz scharfer Munition und anderer Kriegswaffen. Den Einsatz von Kriegswaffen hatte der ehemalige Präsident Kolumbiens Álvaro Uribe ins Spiel gebracht. Er gilt als der eigentliche Machthaber im Land, während Duque lediglich als eine Marionette angesehen wird. Uribe gilt als korrupt und ihm wird vorgeworfen, Verbindungen zur Drogenmafia und zu den Paramilitärs zu haben, die über Jahrzehnte eine der am Bürgerkrieg teilnehmende Partei war. (…) Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Artikel geschrieben wird, sind 24 Tote, hunderte Verletzte und über 70 Vermisste zu verzeichnen. Die Verzweiflung innerhalb der Bevölkerung ist groß, weil sie so gut wie keine Anlaufstelle hat, die gegen diese Verhältnisse vorgehen könnte. Sowohl die Gerichtsbarkeit als auch die Polizei und große Teile der militärischen Führung gelten als korrupt. Die Rufe innerhalb der Bevölkerung Kolumbiens nach Einflussnahme von außen, beispielsweise seitens der UNO, USA und der EU, werden immer lauter, weil die Gefahr eines Abgleitens in eine neue Spirale der Gewalt sehr groß ist…” Gastbeitrag von Jairo Gomez Garcia am 11. Mai 2021 bei unsere-zeitung.at - In Kolumbien sind während des Generalstreiks über 400 Menschen verschwunden
“Die Zahl der vermissten Personen ist im Zuge der tagelang anhaltenden Proteste rasant gestiegen. Die Direktorin der kolumbianischen Sucheinheit für verschwundene Personen (UBPD), Luz Marina Monzón, spricht von über 400 gemeldeten Vermissten im Zusammenhang mit den Protesten seit dem 28. April. Die nationale Ombudsstelle ihrerseits hat einen Anstieg von 145 auf 359 Verschwundene allein zwischen dem 6. und dem 7. Mai gemeldet. Protestierende sehen die Verschleppung von Menschen als eine Ergänzung zu den Scharmützel-Taktiken der Polizei: “Sie wollen unser Durchhaltevermögen brechen, indem sie Chaos anrichten. Sie kommen in kleinen Gruppen und attackieren uns. Von ihren Motorrädern aus schießen sie auf uns. Die Verschleppungen werden zudem von zivilen Einheiten durchgeführt, indem Protestierende bis nach Hause verfolgt und vor ihren Wohnhäusern abgefangen werden. Anschließend pfercht man sie in zivile Wagen, und ab dann verliert sich jede Spur.“ Dies berichtete ein Demonstrant der “Ersten Reihe” gegenüber amerika21 aus dem durch massive Polizeigewalt betroffenen Gebiet Puerto Resistencia in Cali. Die “Erste Reihe”ist ein Selbstverteidigungskollektiv, der die Protestteilnehmer:innen vor den polizeilichen Angriffen schützt. Immer öfter melden Demonstrant:innen landesweit den Einsatz von bewaffneten Zivilpersonen, die auf Protestierende schießen. (…) Doch für viele Menschen steht fest: Sie wollen weiterhin Präsenz auf der Straße zeigen. Jeden Tag gehen die Streikenden landesweit weiter auf die Straßen. Die von der Regierung angekündigte Gesprächsbereitschaft mit dem nationalen Streikkomitee reicht für viele Demonstrant:innen nicht mehr aus. Längst geht es um mehr. “Wir wollen die Regierung Duque stürzen”, sagt ein Demonstrant aus Bogotá gegenüber amerika21. Inzwischen gibt es Militärangehörige, die ihre Waffen nicht gegen Demonstrant:innen richten wollen. So zirkulierte am Freitag in den sozialen Netzwerken ein Videoclip von Soldaten im Departamento Cauca, die ihre Sympathien für die Proteste kundtaten. Vor ihnen sangen Protestierende: “Das Volk gibt nicht auf, verdammt” (el pueblo no se rinde carajo). Einer der Soldaten kommentierte: “Dem Volk unsere volle Unterstützung”. Ein anderer sagte: “Gegen das kolumbianischen Volk richte ich nicht die Waffen”. Dann fügte er hinzu: “Das Volk kommt vor der Regierung.”” Artikel von Markus Lenz vom 09.05.2021 in amerika21 - Kolumbien im Ausnahmezustand
“Seit Tagen protestieren in Kolumbien große Teile der Bevölkerung gegen Steuerreformpläne der Regierung und für grundlegende sozialpolitische Veränderungen. Mancherorts sind sie dabei massiver staatlicher Repression ausgesetzt. (…) Die Lage in der Stadt spitzt sich derzeit weiter zu. Militär- und Polizei-Hubschrauber kreisen rund um die Uhr über den Vierteln. Tränengas und Rauch hängen in der Luft, immer wieder sind Schüsse zu hören. Busstationen liegen in Schutt und Asche, ausgebrannte Busse stehen auf den Straßen, Banken wurden entglast und in den Automaten ist kein Bargeld mehr vorhanden. Geschäfte und Apotheken öffnen, wenn überhaupt, nur unregelmäßig, Lebensmittel werden knapp. Vor den wenigen offenen Läden bilden sich lange Schlangen. Viele Menschen bleiben in ihrer Wohnung und gehen gar nicht mehr auf die Straße. (…) Die breite Unzufriedenheit über das Krisenmanagement der Regierung und die Angst vor dem sozialen Abstieg treibt die Menschen in Massen auf die Straße, die Brutalität der Polizei hat den Unmut noch verstärkt. Die massive Unzufriedenheit der Bevölkerung kulminiert nun in der Forderung nach Duques Rücktritt. (…) Der Tod von Nicolás und vielen anderen Demonstrierenden bestärkt viele Menschen in ihrem Aktivismus. «Sie sollen nicht umsonst gestorben sein», steht auf dem Schild einer neuen Bibliothek, die sich in einer abgebrannten Polizeistation befindet. «Nachdem bei Protesten die kleinen Stadtteilstationen der Polizei angezündet wurden und die Polizist*innen die Orte geräumt haben, richten wir Büchertauschorte ein. Die Nachbar*innen kommen und reden, tauschen und schenken Bücher», beschreibt eine junge Frau, was vor sich geht. Die bisher vielleicht wichtigste Erfahrung besteht in solchen neuen solidarischen Netzwerken. Nachbar*innen spenden nicht nur Bücher, sondern schmieren auch Sandwiches für die Jugendlichen in der ersten Reihe der Blockaden. Einer der jungen vermummten Männer bestätigt: «Hinter den Barrikaden werden wir besser mit Lebensmitteln versorgt als zu Hause.» Volksküchen werden organisiert, und viele Menschen sammeln Spenden zur Versorgung der freiwilligen Sanitäter*innen. Zwischen den Blockaden und Auseinandersetzungen, den zu betrauernden Opfern von Gewalt und der Hoffnungslosigkeit vieler Kolumbianer*innen eröffnen sich neue Räume in Form von Nachbarschaftstreffs für Kultur, fürs Kennenlernen und fürs Erleben einer anderen, solidarischen Gemeinschaft. Heute zeigt sich: Die kolumbianische Gesellschaft, die sich seit 60 Jahren im Krieg befindet, verlangt eine grundlegende Veränderung – und sie benötigt diese auch.” Ein Bericht vom 07.05.2021 bei der RLSüber die aktuellen Proteste gegen die Steuerreformpläne (Aus Sicherheitsgründen und wegen zunehmender Repression können die beiden Autor*innen dieses Textes nicht genannt werden.) - Siehe auch eine Karte mit Fotos von Solidaritätsaktionenvon einer Soli-Aktion, es geht darum, Fotos mit Solidaritätsbekundungen zu machen und sie auf einer Karte hochzuladen, um zu zeigen, von wo aus überall Unterstützung kommt.
- Proteste in Kolumbien unaufhaltsam: Verhängung des Ausnahmezustands möglich
“37 Tote. Große Demonstrationen am Mittwoch. Brutale Angriffe in Medellín. Internet-Blockaden. Sicherheitskräfte von Neo-Nazi unterrichtet. Oppositionelle haben am Mittwochabend über eine bevorstehende Erklärung des Ausnahmezustands durch Präsident Iván Duque berichtet. (…) Menschenrechtler:innen befürchten, dass die extreme Gewalt der letzten Tage gegen die Protestbewegung dadurch aufrechterhalten wird. Seit dem ersten Tag des Generalstreiks hat die Polizei Berichten zufolge landesweit 37 Personen getötet und 87 sind verschwunden. Zwar hat Duque am Mittwoch einen “nationalen Dialog” angefangen, jedoch nicht mit Sprecher:innen des Generalstreiks. Mit ihnen will er sich am Montag treffen. Aufgrund dessen erhob der Senator Iván Cepeda die Frage, ob die Regierung “einen echten Dialog mit der sozialen Bewegung will oder ein nutzloses Gespräch, um den Streik zu schwächen, während er das Dekret zum Ausnahmezustand vorbereitet”. Trotz der starken Polizeigewalt der Vortage strömten am Mittwoch wieder Gewerkschaften, Studierende, Indigene, Kleinbäuer:innen und viele Jugendliche friedlich auf die Straßen und Plätze des Landes. Sie lehnten die “schlechte Regierung Duques” ab, forderten das Ende der staatlichen Gewalt, die Abschaffung der Sonderpolizeieinheit Esmad sowie die Rücknahme der Gesundheitsreform, die sie genauso problematisch sehen wie die Steuerreform, die den Generalstreik in Gang setzte…” Artikel von Hans Weber und Markus Lenz vom 07.05.2021 in amerika21 - [„Sie schießen, um zu töten“] Dutzende Tote durch Polizeigewalt bei Massenprotesten
“Die Repression der kolumbianischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstrationen gegen die geplante Steuerreform könnte bereits 27 Todesopfer und 124 Verletzte gefordert haben. Diese vorläufige Bilanz nannte das Nationale Streikkomitee in Kolumbien am Montag, 3. Mai. Insgesamt seien seit Beginn der Proteste am 28. April über 1.000 Fälle von Polizeigewalt registriert worden, hieß es. Von den 27 toten Demonstrant*innen seien allein zwölf in Cali registriert worden, der Hauptstadt des südwestkolumbianischen Departments Valle del Cauca. Von den über 100 Verletzten hätten 13 Augenverletzungen erlitten, teilte das Streikkomitee mit. Außerdem seien sechs Fälle sexualisierter Gewalt und 726 Festnahmen registriert worden. Allerdings handelt es sich um vorläufige Angaben, da die Repression in Cali auch Montagnacht weiter ging – vor allem im Viertel Siloé, wo Menschenrechtsgruppen den Tod zweier weiterer Personen meldeten. Die größten Demonstrationen und gewaltsamen Zwischenfälle wurden aus Bogotá, Cali, Medellín, Palmira und Manizales gemeldet. „Sie schießen, um zu töten“, rufen Anwohner*innen der Stadt Cali in einem der Videos, die in den sozialen Netzwerken zirkulieren. (…) Die Sprecher*innen des Komitees kündigten jedoch an, weiter gegen die Militarisierung der Städte zu protestieren. Zudem fordern sie die Rücknahme der Gesundheitsreform, die Auflösung der besonders umstrittenen Aufstandsbekämpfungseinheit der Polizei ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios), die für unzählige Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, sowie eine massenhafte Impfung gegen Covid-19. Für Mittwoch, 5. Mai, riefen die Gewerkschaftsdachverbände und mehrere soziale Bündnisse zu einem weiteren landesweiten Protesttag auf…” Meldung vom 4. Mai 2021 beim Nachrichtenportal Lateinamerika - Siehe für aktuelle Meldungen die Kolumbienkampagne Berlin auf Twitter
und auch “Was ist gerade in Kolumbien los? #SOSColombia” “Hört euch auch bitte den Bericht von unserer Kommilitonin Malú Tello an, die aus Cali, Mittelpunkt der Proteste, berichtet…” Video der Kolumbienkampagne Berlin vom 05.05.2021 bei youtube
- Proteste in Kolumbien: Ungleichheit tötet
„Lieber an Covid sterben als an Hunger“: In Kolumbien gehen seit Tagen Tausende auf die Straßen. Sie protestieren gegen die jüngste Steuerform – und bezahlen das teils mit ihrem Leben. Mehrere Tote, hunderte Verletzte: In Kolumbien protestieren seit Tagen Tausende im ganzen Land – Auslöser ist die neueste Steuerreform und das mangelhafte Covid-Management der Regierung. Aber die Gründe für den Unmut der Bevölkerung liegen tiefer. Videos zeigen Polizisten, die nach kurzer Diskussion Menschen mitzerren, Polizisten, die aus geringer Entfernung auf Menschen schießen und auf ihre Köpfe zielen. In mehreren Städten werden Menschen von der Polizei in Sportstätten geschleppt und dort festgehalten. Die Bilder wecken Erinnerungen an die Folterlager lateinamerikanischer Diktaturen. (…) María Fernanda Valdés, Steuer-Expertin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bogotá, analysiert die Situation so: „Der Reform-Vorschlag ist sehr grausam gegenüber der Mittelschicht und fordert nicht genug von den Reichen.“ Es sei vor allem die Mittelschicht, die jetzt auf der Straße protestiere. Aber die Bezeichnung „Mittelschicht” trügt: In Kolumbien gehören zu dieser „clase media“ rechnerisch die Menschen, die nicht unmittelbar in Gefahr sind, in die Armut abzusacken – unter ihnen ist schon die „clase vulnerable“, die vulnerable oder armutsgefährdete Schicht“. „Zur Mittelschicht gehören 15 Millionen Menschen, von denen die meisten nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn verdienen“, sagt Valdés. Die kolumbianische „Mittelschicht“ hat ein monatliches Pro-Kopf-Einkommen zwischen umgerechnet 158,80 und 304,59 Euro. Mit den zusätzlichen Einnahmen aus der Reform sollen vor allem Haushaltslöcher gestopft werden, aber auch unter anderem eine dauerhafte Unterstützung von maximal 80.000 Pesos (umgerechnet 18 Euro) im Monat für die Ärmsten eingerichtet werden. „Das klingt nach wenig, aber vier Millionen Kolumbianerïnnen leben von 76.000 Pesos im Monat“, sagt Steuer-Expertin María Fernanda Valdés. Präsident Iván Duque nennt die Reform deshalb nur „Gesetz zur nachhaltigen Solidarität“. Duque will Schulden abbauen, unter anderem, damit die internationalen Rating-Agenturen nicht Kolumbiens Kreditwürdigkeit herabstufen. Doch der Weg dazu ist laut Valdés falsch: Sie empfiehlt, die Reichen deutlich höher zu besteuern. Die Steuerform hatte das zumindest ein Bisschen vorgesehen: Das reichste eine Prozent der Bevölkerung sollte mit 41 Prozent besteuert werden. „Das wäre der höchste Spitzensteuersatz in Lateinamerika. Aber darüber hat die Regierung niemals öffentlich gesprochen, nicht einmal der Finanzminister, als er die Reform vorstellte”, sagt Valdés. Ihre Vermutung ist, dass die Regierungspartei ihre wohlhabende Anhängerschaft nicht verschrecken wollte. Derzeit sieht es so aus: „Das reichste ein Prozent erhält etwa 21 Prozent der Einnahmen – und dieses Prozent zahlt auf etwa 88 Prozent der Einnahmen keine Steuern“, ergänzt Diego Carlo Barón vom Zentrum für Steuerpolitik an der Universidad Nacional…” Artikel von Katharina Wojczenko vom 04.05.2021 bei den Riff-Reportern - Polizei in Kolumbien beschießt UNO, “Bürgerkriegsszenen” in der Stadt Cali
“Cali komplett militarisiert. Weiterhin Barrikaden. Massaker in Stadtteil Siloé. 31 Tote landesweit durch Polizeigewalt. Proteste gehen weiter. Die kolumbianische Polizei hat am 3. Mai eine Beobachtungsmission der Vereinten Nationen mit Schusswaffen angegriffen. Die Vertreterin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Juliette de Rivero, erklärte am folgenden Tag, es sei niemand verletzt worden. Ihre Kollegin Marta Hurtado sagte: “Wir sind zutiefst beunruhigt über die Entwicklungen in der Stadt Cali in Kolumbien, wo die Polizei über Nacht das Feuer auf Demonstranten eröffnete, wobei Berichten zufolge mehrere Menschen getötet und verletzt wurden. (…) Die massive Militarisierung der Stadt führte zum bisher traurigen Höhepunkt der Proteste in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai. Offizielle Zahlen sind noch nicht bekannt, da nicht einmal Menschenrechtsorganisationen sich an die Orte der Auseinandersetzungen begeben können. Zeugenberichte gegenüber amerika21 gehen von mindestens 15 Toten aus. Alleine im Stadtviertel Siloé wurden sechs Menschen getötet. Laut Beobachtern spielen sich “Szenen wie im Bürgerkrieg” und “Massaker an der Zivilbevölkerung” ab. (…) Trotzdem sind täglich Tausende Menschen auf Demonstrationen und bei den Blockaden. Vor allem Jugendliche und die Mittel- und Unterschicht verschaffen ihren Forderungen auf viele Arten Gehör. Obowhl Präsident Duque am Sonntag die Rücknahme der Steuerreform ankündigte und der Finanzminister am Montag zurücktrat, gehen die Proteste weiter…” Artikel von Ani Dießelmann, Cali, am 5.5.2021 bei amerika21 - Generalstreik in Kolumbien siegt: Präsident Duque nimmt Steuerreform zurück
“Präsident Iván Duque hat die Rücknahme der Steuerreform aus dem Kongress angekündigt. Die Eröffnung kam nach vier Tagen massiver Mobilisierungen gegen die Reform und heftiger Repression. “Die kolumbianische Bevölkerung hat gewonnen. Dieser Sieg gehört ihr”, twitterteder oppositionelle Senator Gustavo Petro. Mindestens 15 Menschen hatte die Polizei seit dem 28. April im Rahmen der Proteste getötet. Elf davon in Cali. Dies geht aus Berichten der Menschenrechtsorganisation “Erdbeben” (Temblores) und Pressemeldungen Human Rights International vermutet sogar 35 Tote. In circa 600 Städten und Gemeinden fanden Kundgebungen, Hafen- und Straßenblockaden und riesige Demonstrationen statt. (…) Trotz der Polizeigewalt der ersten drei Tage des Streiks strömten weiterhin landesweit Protestlerende in Massen zur 1. Mai-Demo. Präsident Duque verkündete daraufhin die Militarisierung der Städte, “bis die gravierenden Störungen der öffentlichen Ordnung aufhören”. Die unzufriedene Bevölkerung ließ sich am Samstag von den lebensbedrohlichen Angriffen der Polizei in den Vortagen jedoch nicht aufhalten. Städte wie Barranquilla, Medellín und Bucaramanga starteten ihre Demonstrationen sehr früh. Auch die Ausgangssperren, die in mehreren Orten verhängt wurden, konnten die Proteste nicht stoppen. Die Demonstrierenden füllten die Straßen und Plätze von Bogotá, Cali, Cúcuta, Popayán, Pasto, Pereira und der Region Catatumbo massiv, wie sie selbst es lange “nicht mehr gesehen hatten“…” Artikel von Hans Weber vom 03.05.2021 in amerika21
Siehe zur aktuellen Situation auch: “Die Ereignisse überschlagen sich in #Kolumbien. In der Nacht auf heute musste der Finanzminister nach massiven andauernden Protesten zurücktreten. Der nächste Erfolg der Bewegung, die am Tag zuvor schon die neoliberale Steuerreform zu Fall gebracht hatte…” Thread von Lukas Oberndorfer vom 4. Mai 2021 und wegen der massiven Polizeigewalt:
- Aufruf zur Unterstützung des Kampfes der Arbeiter*innen in Kolumbien gegen die brutale Repression
Die Regierung von Iván Duque hat dem kolumbianischen Parlament einen Gesetzesvorschlag für eine Steuerreform vorgelegt, mit der u.a. die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und die Lohnsteuer erhöht werden sollen. Dagegen haben die Gewerkschaftsdachverbände für den 28. April zu einem landesweiten Protesttag aufgerufen. Der größte Protest fand in Cali statt. Dort gaben die Regierung und der Bürgermeister den Befehl, gegen die Protestierenden vorzugehen, nachdem Ex-Präsident Uribe in einem Tweet „das Recht von Polizisten und Soldaten, ihre Waffen einzusetzen“ gefordert hatte. In Cali, Ibagué und Bogotá wurden um die 35 Menschen erschossen, mehr als 400 wurden festgenommen, mehr als 150 erlitten Schussverletzungen durch staatliche Kräfte und sechs Jugendliche verloren Augen, womit das Vorgehen der mörderischen Carabineros ion Chile kopiert wird. In den drei Jahren der Regierung Duque wurden mehr als Tausend Menschen bei sozialen Kämpfen ermordet – Menschenrechtsverteidiger*innen, demobilisierte Guerillero/as der FARC, Gewerkschafter*innen und Menschen, die um Land kämpfen. Das internationale Netzwerk „Red Sindical Internacional de Solidaridad y Luchas“ verurteilt die brutale Repression in Kolumbien und den Angriff der Regierung Duque und des Parlamentes mit ihrer vorgeschlagenen Steuerreform. Wir schicken den sozialen Kämpfer*innen, Jugendlichen und Arbeiter*innen, die auf der Straße für ihre Rechte kämpfen, unsere internationale Solidarität. So die Zusammenfassung des Aufrufs vom 4. Mai 2021(auf Spanisch) beim alternativen gewerkschaftliche Netzwerk für Solidarität und Kampf (dem auch LabourNet Germany angehört), siehe auch:- Sindicatos globales junto a centrales hacen un llamado para poner fin a la violencia en Colombia. Soli- und Protestnote der UNI vom 4.5.2021
- Aufruf der Gewerkschaftskoordination „Coordinadora Sindical de Solidaridad“ aus Cartagena
Angesichts dieser Situation rufen wir die Arbeiter der Welt auf, vor den Botschaften und Konsulaten des Landes öffentliche Protestkampagnen gegen diese mörderische Regierung, Boykottkampagnen gegen in diesem Land hergestellte Produkte, an denen Arbeiterblut klebt, sowie alle anderen möglichen Aktionen wie Videos usw. zu organisieren. Videos und Solidaritätserklärungen können an folgende Mailadresse geschickt werden: coorsolcar@gmail.com– Mailadressen für Protestschreiben:- Präsident von Kolumbien: contacto@presidencia.gov.co/ soporteccc@mintic.gov.co
- Kolumbianisches Parlament: presidencia@senado.gov.co/ atencionciudadanacongreso@senado.gov.co / judiciales@senado.gov.co / general@senado.gov.co
- jeweils mit Kopie an coorsolcar@gmail.com
- Generalstreik in Kolumbien: “Regierung gefährlicher als das Virus” – mehrere Menschen getötet und zahlreiche Demonstrant:innen verletzt
“Landesweiter Aufmarsch sozialer Organisationen. Allgemeine Unzufriedenheit ist groß. Steuerreform, Menschenrechtslage und Gesundheitspolitik im Fokus. Seit Mittwoch finden im ganzen Land zahlreiche Demonstrationen mit mehreren Millionen Teilnehmenden statt. Die Kritik an der Politik der Regierung von Präsident Iván Duque steht dabei im Vordergrund. Am Abend des ersten Streiktages haben die Dachverbände der Gewerkschaften und der Gewerkschaft der Bildungsarbeiter:innen trotz der aktuell hohen Anzahl von Coronafällen in Kolumbien den Streik um einen Tag verlängert und weitere Proteste für den Monat Mai angekündigt. Die Streikationen gingenauch am Freitag weiter. Zahlreiche Solidaritätsaktionen haben auch im Ausland stattgefunden, unter anderem in Spanien, Deutschland, Australien sowie den USA. Der unmittelbare Aufhänger für die Demonstrationen ist die angekündigte Steuerreform, welche vor allem Nachteile für den einkonmmensschwachen Teil der Bevölkerung sowie für die Mittelschicht mit sich bringen würde. Einerseits soll die Umsatzsteuer auf viele Produkte des täglichen Bedarfs, zum Beispiel Mehl, Salz, Zucker, Eier, Benzin, von sechs auf 19 Prozent erhöht werden, andererseits werden viele Produkte zu Luxusgütern erklärt, welche bislang als tägliche Bedarfsgüter Steuerfreiheit genießen. Kritiker:innen der Steuerreform wie Fabio Arias Giraldo vom Gewerkschaftsdachverband CUT sind der Ansicht, dass stattdessen vor allem die Steuerbefreiungen für große Unternehmen abgeschafft und Steuerflüchtlinge verfolgt werden sollten. Auch kritisiert er die seiner Meinung nach unnötige Anschaffung 24 neuer Kampfflugzeuge. (…) Laut dem Streikkomitee verlangt die Bevölkerung, dass soziale Aktivist:innen effektiv geschützt, die Vereinbarungen des Friedensabkommens eingehalten sowie die Gesundheitsversorgung gestärkt werden. Weitere Punkte sind unter anderem eine schnellere Impfung, die Garantie eines Basiseinkommens, die Gratisimmatrikulation für Studierende sowie eine Hilfe für kleine Unternehmen. (…) Die größten Demonstrationen fanden in Bogotá, Cali und Medellin statt. Proteste gab es jedoch auch in zirka 600 kleineren Städten und Gemeinden. Das Streikkomitee schätzt, dass um die fünf Millionen Protestierende auf den Straßen waren. “Wenn das Volk in der Pandemie auf die Straße geht, ist es, weil die Regierung gefährlicher als das Virus ist”, lautete einer der immer wieder skandierten Sprüche. Vornehmlich in Bogotá und Cali kam es zu massiven Ausschreitungen. Landesweit wurden im Zuge der Demonstrationen mehrere Menschen getötet und zahlreiche Demonstrant:innen verletzt. Menschenrechtsorganisationen berichten von mindestens acht Toten…” Artikel von Hans-Peter Schmutz vom 01.05.2021 bei amerika21, siehe auch:- das Video im Thread von BlxckMosquito vom 1.5.21: “Die Unterdrückung der Demonstranten in Kolumbien geht weiter. Die Bevölkerung demonstriert den 3. Tag in Folge gegen eine Steuerreform. #ParoNacional #NoALaReformaTributaria #Kolumbien #Columbia…” und : “Bilder des Generalstreiks am 1. Mai in Cali / Kolumbien. Im ganzen Land kommt es bei dem Generalstreik zu Ausschreitungen mit der Polizei.”
- und mehrere Videos im Thread von th1an1 vom 28.4.21
Quelle: labournet.de… vom 19. Mai 2021
Tags: Arbeiterbewegung, Arbeitswelt, Gewerkschaften, Kolumbien, Neoliberalismus, Widerstand
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